Protocol of the Session on May 30, 2013

ten des Zolls in das Bundespolizeibeamtengesetz aufzunehmen. Getan hat sich seitdem allerdings nichts. Im Juli des vergangenen Jahres unternahm die Gewerkschaft der Polizei einen neuerlichen Vorstoß in der Angelegenheit. Sie bat die Innenminister und Innensenatoren der Länder sowie die innenpolitischen Sprecher der Fraktionen in den Landesparlamenten um Unterstützung. Ziel natürlich auch hier ist eine bundesweit einheitliche Regelung in der Frage der Eilzuständigkeit zur Abwehr unmittelbarer Gefahren, wobei alles dem Anspruch geschuldet sein muss, dass sich Zoll und Polizei wechselseitig unterstützen. Eine Reaktion des Bundes erfolgte bislang nicht, zumindest wurde uns keine bekannt.

Immerhin sollen sich jene Länder, die eine Änderung ihrer Polizeigesetze im Hinblick auf die Übertragung der Eilzuständigkeit auf Zollbeamte bislang ablehnten, dem genannten GdP-Vorschlag gegenüber aufgeschlossen gezeigt haben, wäre doch auf diese Weise eine Änderung der Landespolizeigesetze nicht erforderlich.

Das Bundespolizeibeamtengesetz betreffend ist dabei zunächst ein Paragraf von Bedeutung. Im Paragrafen 1 heißt es derzeit: „Dieses Gesetz gilt für die Polizeivollzugsbeamten in der Bundespolizei, im kriminalpolizeilichen Vollzugsdienst des Bundes und für den Inspekteur der Bereitschaftspolizeien der Länder. Polizeivollzugsbeamte im Sinne des Satzes 1 sind die mit polizeilichen Aufgaben betrauten und zur Anwendung unmittelbaren Zwanges befugten Beamten; welche dieser Beamtengruppen im einzelnen dazu gehören, bestimmt der Bundesminister des Innern durch Rechtsverordnung.“ Zitatende.

Meine Damen und Herren, Angehörige des Zollvollzugsdienstes unterliegen als überwiegend bewaffnete Beamte den gleichen Bedingungen wie ihre Kolleginnen und Kollegen bei der Polizei. Infolge des Wegfalls der Grenzkontrollen vor nunmehr fünfeinhalb Jahren haben sich die vollzugspolizeilichen Ermittlungs- und Präventionsaufgaben des Zolls von den Grenzen in das Binnenland verlagert. Alle nicht grenznahen Gebiete, vor allem Bundesautobahnen, Züge und beschäftigungsintensive Gebiete, werden massiver bestreift.

Bei der Wahrnehmung ihrer Vollzugsaufgaben geraten die Zöllner auch in Situationen, in denen vom Gegenüber nicht eine Zollgefahr, sondern eine allgemeine Polizeigefahr für die öffentliche Sicherheit ausgehen kann. So kommt es durchaus vor, dass Zollbeamte im Rahmen des Kontroll- und Streifendienstes einen körperlichen Angriff auf Personen oder Trunkenheitsfahrten beobachten oder mit randalierenden Bahnreisenden und Werkzeugdiebstählen auf Baustellen konfrontiert werden. Weil die Zollbeamten mit vollzugspolizeilichen Aufgaben aber noch nicht im Bundespolizeibeamtengesetz verankert sind, sind sie in Fragen der Eilzuständigkeit von Länderregelungen abhängig.

Bayern, Baden-Württemberg, Brandenburg und Sachsen haben ihre Polizeigesetze geändert. Dort sind auch die Zöllner berechtigt, in sogenannten Eilfällen geeignete vorläufige Maßnahmen, wie beispielsweise Identitätsfeststellung oder Festnahmen, zu treffen. Auch ist ihnen in den genannten Ländern ausdrücklich erlaubt, im alleräußersten Notfall von der Schusswaffe Gebrauch zu machen. In anderen Bundesländern, so auch in Mecklenburg-Vorpommern, gibt es entsprechende Regelungen hingegen nicht.

Stellen wir uns in diesem Zusammenhang nur einmal vor, ein Bürger wird gerade Opfer eines tätlichen Angriffs. Dem Attackierten ist das doch wohl nur schwer vermittelbar, dass bewaffnete Zollvollzugsbeamte bei Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung nicht die sofort gebotenen Maßnahmen zur Gefahrabwehr treffen dürfen, nur weil der gesetzliche Rahmen schlicht und ergreifend noch fehlt.

Wir fordern deshalb die Landesregierung zu einer Initiative im Bundesrat auf, mit der erreicht werden soll, dass den Zollbeamten durch Aufnahme in das Bundespolizeibeamtengesetz die Eilzuständigkeit für sofort durchzuführende Maßnahmen der Gefahrenabwehr bei Gefahr im Verzug oder auf Anfrage der sonst zuständigen Polizeibehörde eingeräumt wird. Dann wäre es den Beamten des Zolls endlich möglich, bei Kontrollen Straftäter selbst festzusetzen und der Polizei zu übergeben, ohne auf diese warten zu müssen oder im schlimmsten Fall die Täter laufen lassen zu müssen. Auf diese Weise würde die Frage der Eilzuständigkeit endlich eine bundesweit einheitliche Regelung erfahren.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der NPD)

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 90 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat der Abgeordnete Herr Müller von der SPDFraktion.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist schon interessant, dass die NPD uns heute zum zweiten Mal innerhalb kurzer Zeit einen Antrag zum gleichen Sachverhalt vorlegt.

(Tino Müller, NPD: Weil uns das Thema wichtig ist.)

Lassen Sie mich zunächst auf diesen Sachverhalt als solches eingehen.

Die Zollbehörden, meine sehr verehrten Damen und Herren, sind organisationsrechtlich dem Bundesminister der Finanzen zugeordnet und die Beamten des Zolls gehören somit organisationsrechtlich nicht zu den Polizeivollzugsbeamten des Bundes. Die Sicherheits- und Ordnungsgesetze der Länder, auch unser Sicherheits- und Ordnungsgesetz, räumt den Polizeivollzugsbeamten des Bundes, also einfach kurz den Bundespolizisten, aber erhebliche Rechte ein, Amtshandlungen vorzunehmen, polizeilich tätig zu werden. Da unsere Zollbeamten keine Bundespolizisten sind, haben unsere Zollbeamten diese Rechte nach unserem Sicherheits- und Ordnungsgesetz nicht.

Diese Situation, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist in der Vergangenheit Gegenstand verschiedener Erörterungen gewesen. Dazu trägt nicht zuletzt bei, dass vier Bundesländer – Bayern, Baden-Württemberg, Sachsen und Brandenburg –

(Zuruf von Tino Müller, NPD)

in ihre Gesetze, in ihre Landesgesetze entsprechende Regelungen aufgenommen haben und auch den Zollbeamten solche Möglichkeiten eröffnet haben. Andere Bundesländer haben dies abgelehnt und haben dies auch

damit begründet, dass sie Probleme in der Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Behörden oder Defizite bei der Bewältigung von konkreten Einsatzsituationen nicht wahrnehmen konnten in ihrem Zuständigkeitsbereich.

Auch die Innenministerkonferenz beziehungsweise der Arbeitskreis der zuständigen Abteilungsleiter der Innenminister ist zu dem Ergebnis gekommen, dass bislang kein Lagebild vorgelegt werden konnte, das eine solche Forderung untermauert. Andererseits, auch das müssen wir sehen, hat sich die Gewerkschaft der Polizei für eine solche Einräumung von Rechten ausgesprochen. Das hat nun die NPD veranlasst, in eine politische Diskussion sich einzubringen und hier einen Antrag vorzulegen, dass wir dies in unserem Sicherheits- und Ordnungsgesetz doch auch tun sollten.

Ich bin der Kollegin Borchardt sehr dankbar, dass sie in der letzten Sitzung des Landtages zu diesem Antrag alles Notwendige gesagt hat

(Tino Müller, NPD: Das ist ein Gesetzentwurf.)

und ich dazu eigentlich überhaupt nichts mehr hinzufügen muss. Ich kann mich allem, was die Kollegin Borchardt hier ausgeführt hat, nur voll und ganz anschließen. Das war korrekt und das war treffend.

Nun hat allerdings die Kollegin Borchardt völlig korrekt eines gesagt, was natürlich stimmt: Eigentlich könnte der Bund auch, wenn er denn wollte, diese gesetzlichen Regelungen schaffen. Und da wir die NPD kennen, mangels eigener Gedanken greifen sie ja gern das auf, was andere sagen. Wir haben ja auch schon erlebt, dass sie hier Parteitagsbeschlüsse anderer Parteien nehmen, wenn die ihnen in den Kram passen, und daraus eigene Anträge machen,

(Stefan Köster, NPD: Was spricht denn dagegen, Herr Müller? Was spricht dagegen?)

und so haben sie diesen Satz der Kollegin Borchardt, der, wie gesagt, sachlich absolut korrekt und zutreffend ist, genommen und machen daraus jetzt den neuen Antrag, in dem sie das, was wir beim letzten Mal schon abgelehnt haben, im neuen Gewand wieder vorlegen und sagen, jetzt sollen wir eine Bundesratsinitiative machen und sollen auf diesem Wege das Problem lösen. Nun, meine Herren von der NPD, darum geht es ja zumindest in der Fraktion nicht.

Wir müssen zunächst einmal konstatieren, dass in einer derzeitigen Situation eine Bundesratsinitiative vermutlich nicht von Erfolg gekrönt sein würde, weil der Bund hier im Moment in einer inhaltlichen Position sich befindet, in der er eine solche Ausweitung der Kompetenzen ablehnt. Eine Bundesratsinitiative wäre unter diesen Umständen wenig erfolgversprechend.

(Zuruf von Stefan Köster, NPD)

Sie wäre auch wenig erfolgversprechend, weil ganz offenkundig im Kreise der Länder – die vier, die ich genannt habe, nehmen wir mal raus – die Bereitschaft zu einer solchen Gesetzesänderung nicht besteht. Wir haben also eine Situation vor uns, in der wir hier zwar vielleicht etwas Schönes machen würden, aber ohne jede Aussicht auf Erfolg.

Vor allen Dingen aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, und damit meine ich jetzt die Demokraten, glaube ich, dass wir im Augenblick in der Frage der Sicherheit uns mit ganz anderen Problemen auseinandersetzen müssen. Sie alle wissen, dass grundsätzliche Fragen der Sicherheitsarchitektur in unserem Lande, der Struktur unserer Behörden, der Zusammenarbeit unserer Behörden in der politischen Diskussion stehen, und es ist unsere Aufgabe, in dieser politischen Diskussion die Strukturen der Zukunft zu gestalten.

In diesem Sinne, meine sehr verehrten Damen und Herren, spreche ich für die demokratischen Fraktionen, wenn ich sage, dass wir diesen Antrag der NPD ablehnen werden.

Lassen Sie mich am Ende meiner Ausführungen allerdings noch etwas sagen, vielleicht aus meiner persönlichen Betroffenheit heraus.

Ich wohne, meine Damen und Herren, etwa zehn Kilometer von der deutsch-polnischen Grenze entfernt.

(Stefan Köster, NPD: Ah, das ist schön. – Udo Pastörs, NPD: Sie haben ja auch einen deutschen Schäferhund, reinrassig.)

Ich kenne die Situation also nicht nur aus der Zeitung, sondern ich kenne die Situation dort aus eigenem Erleben. Und ich kenne das Agieren der Landespolizei, ich kenne das Agieren der Bundespolizei, kenne das Agieren des Zolls und ich kenne natürlich aus allen drei Behörden auch Menschen persönlich,

(Zuruf von Tino Müller, NPD)

die dort beschäftigt sind und ich bin sehr froh, dass ich feststellen kann, dass diese drei Behörden – zwei Bundesbehörden, eine Landesbehörde – sehr, sehr gut miteinander arbeiten und gemeinsam Erfolge erzielen. Ich glaube, es wäre in der Tat schlimm, wenn die nebeneinanderher arbeiten, das tun sie nicht, sondern sie arbeiten miteinander, sie arbeiten koordiniert und sie arbeiten teilweise auch in gemeinsamen Einsatzgruppen. Ich finde dies hervorragend

(Udo Pastörs, NPD: Bla, bla, bla!)

und ich bin den Führungen dieser drei Behörden dafür sehr dankbar, dass sie diesen Prozess eingeleitet, vorangetrieben und unterstützt haben.

Aber mindestens genauso wichtig wie das Zusammenwirken von Behördenleitungen, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist das Zusammenwirken der konkret handelnden Beamtinnen und Beamten in diesen Behörden. Und da muss man sagen, vor einer Reihe von Jahren gab es da sicherlich Vorbehalte der einen Behörde gegen die andere. Das gehört der Vergangenheit an

(Heiterkeit bei Udo Pastörs, NPD)

und auch auf dieser Ebene, gerade auf dieser Ebene der Beamten klappt die Zusammenarbeit und das ist gut so.

Wenn man dann allerdings hört, was die teilweise für Einsätze fahren, Herr Kollege Müller, da, muss man dann schon sagen, kriegt man das Schlucken.

(Zurufe von Stefan Köster, NPD, und Udo Pastörs, NPD)

Lassen Sie mich das an einem Beispiel deutlich machen, bei dem ich selbst anwesend war. Wenn vor rund einem halben Jahr am Volkstrauertag sich Nazis in Löcknitz zusammenrotten mit schwarzen Fahnen und dicken Trommeln, um ihre Heldenverehrung durchzuführen,

(Zuruf von Tino Müller, NPD)

wenn der Redner dort seine Zuhörer mit dem Wort „Volksgenossen“ anredet

(Stefan Köster, NPD: Ist das verboten?)

und dann losgeht und Geschichtsklitterung in übelster Weise begeht,

(Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

dann wird mir, und ich war einer der Gegendemonstranten, schlecht.