Wie lässt sich die Arbeit, die noch vor uns liegt, am besten beschreiben? Vielleicht anhand von Ivonas Geschichte: Ivona Papak stammt aus Bosnien, sie ist als Kind vor dem Krieg im ehemaligen Jugoslawien nach Deutschland geflohen. Rückblickend sagt sie, ich zitiere: „Und ich war ein stures und naives Kind, das sehr viel Wut in mir getragen hat. Und ich wollte nicht Deutsch lernen und ich habe mich geweigert überhaupt irgendwas anzunehmen. Und hab‘ immer gesagt. Ich bin hier gekommen und warte bis Krieg zu Ende ist und dann geh‘ ich nach Hause.“
„Ich hab‘s nicht geglaubt, dass wir willkommen sind oder dass überhaupt ich dieser Gesellschaft was bedeuten kann.“ Zitatende.
Ivona ist jetzt Koordinatorin für Kinderkultur im Nürnberger Kulturzentrum „Villa Leon“ und leitet eine Mädchenwohngruppe beim Sozialdienst katholischer Frauen. Sie sagt: „Beruflich waren das auch meine Träume.“ Zitat: „Das, was ich bekommen habe, wieder zurückzugeben. Und mein großes Ziel ist, bei der Integration und bei den anderen Flüchtlingskindern vor allem mehr zu bewirken.“
Sehr geehrte Damen und Herren, Menschen wie Ivona die Ankunft in Deutschland zu erleichtern und sie in ihrem Engagement zu bestärken, ist eine Aufgabe für uns alle. Gehen wir sie an! – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Und Gleichstellung. Die Gleichstellung dürfen wir nicht vergessen, natürlich. Also Sie haben das Wort, genau. Ich will mir hier keinen Ärger einhandeln.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber wenn ich die Zeitung aufschlage und Beispiele über Rechtsextremismus lese, dann macht es mich wütend, zum Beispiel das Beispiel in Güstrow. Da wird das Wohnhaus des Bürgermeisters Arne Schuldt mit der Parole „Lichtenhagen kommt wieder“ besprüht. Und ich bin denjenigen dankbar, die das „nie“ dazwischengesprüht haben.
(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Udo Pastörs, NPD)
Lichtenhagen – alle kennen die Bilder, die vor mehr als 20 Jahren um die Welt gingen –, Lichtenhagen ist das Symbol für Fremdenfeindlichkeit, dumpfen Nationalismus und das Versagen der Behörden und Demokraten.
Und bis heute prägt Lichtenhagen auch das Bild von Mecklenburg-Vorpommern im Rest der Bundesrepublik und über deren Grenzen hinaus. Aber unser Bundesland ist kein Hort für blinden Ausländerhass. Wir haben aus Lichtenhagen gelernt. Bei uns sind die Menschen unabhängig von Religion, Hautfarbe und sexueller Orientierung willkommen und daran vermag auch die Minderheit Ewiggestriger nichts zu ändern.
Und ich sage auch Dank an unseren Abgeordneten Herrn Al-Sabty, der in seinem Buch „Leben zwischen Orient und Okzident“ seine Reise nach Deutschland, sein Ankommen in Deutschland beschreibt, übrigens auch sehr lustig und humorvoll. Er macht deutlich in seinem Buch, dass Lichtenhagen eben nicht nur für diesen Hass steht, sondern dass auch immer da, wo Schatten ist, Licht ist. Ich darf zitieren:
„In unserem Lichtenhagener Wohnblock lernten wir Nachbarn kennen, die die Ereignisse des Jahres 1992 beobachtet hatten und aus ihrer Sicht erzählten. Man bemerkte bei ihrem Erzählen über die ausländerfeindlichen Ausschreitungen das Gefühl der Fassungslosigkeit und der Ohnmacht. Mich überrascht es heute noch, wenn die Medien die Ereignisse in Lichtenhagen als typisch ostdeutsches Merkmal darstellen. Meine Erfahrung widerspricht dieser Darstellung, denn ich habe mit meiner Familie in Lichtenhagen problemlos gewohnt und schön gelebt. Die Bewohner Lichtenhagens waren und sind mir gegenüber sehr höflich, zuvorkommend und verständnisvoll.“ Zitatende.
Lieber Herr Al-Sabty, vielen Dank dafür, dass Sie deutlich machen, dass es zwischen denen, die Hass und
Gewalt schüren, die ihre braune Ideologie unter die Menschen treiben wollen, immer noch Bürgerinnen und Bürger in unserem Land gibt, und die sind zum Glück die Vielzahl, die sagen: Für uns sind Menschen anderer Herkunft, anderer Kultur in unserem Land herzlich willkommen und diese Menschen vertreten wir Demokraten und für diese streiten wir.
Und mit diesem Zitat nicht nur herzlichen Dank für dieses Buch, auch in vielen anderen Redebeiträgen hat Herr AlSabty, glaube ich, erreicht – ich weiß von vielen Kollegen, dass es ihnen genauso geht –, dass wir alle Fans von Ihnen sind
und dass wir stolz darauf sind, dass auch in unserem Landtag jemand dabei ist, der objektiv davon reden kann, wie es ist, wenn man hierher kommt zunächst als Fremder,
(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf von David Petereit, NPD)
Sie haben gestern hier gesagt, Sie und Herr Andrejewski hätten sich gut hier eingebürgert. Da widerspreche ich Ihnen. Bei Ihnen, ja, das stimmt, aber Herr Andrejewski weiß nicht, wie sich Deutsche zu verhalten haben, nämlich weltoffen und tolerant.
(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Udo Pastörs, NPD: Ach so! – Unruhe vonseiten der Fraktionen der SPD und NPD)
Meine sehr geehrten Damen und Herren, auch ich spreche mich selbstverständlich für eine Willkommenskultur für Menschen mit Migrationshintergrund bei uns im Land aus.
Und ich möchte gleichzeitig betonen, dass damit nicht nur die Fachkräfte gemeint sind, die unsere Wirtschaft im stärkeren Maße benötigt.
Willkommenskultur erstreckt sich auch auf die Familien und auf Menschen, die in unserem Land leben wollen und die vor allem Zuflucht suchen. Die Integrationsministerkonferenz hat deshalb im März 2013 in ihrem Leitantrag sich für eine Willkommens- und Anerkennungskultur eingesetzt, die diesen Zugang zu Sprache und Bildung, zu Arbeit und zur vollen rechtlichen Gleichstellung bis hin zur Einbürgerung in den Mittelpunkt stellt.
Wir im Land haben – und so bringt es der gemeinsame Antrag ja auch zum Ausdruck – ebenfalls bereits Verabredungen zu diesem Thema getroffen. Unsere Landeskonzeption hat das Oberziel, dass wir in MecklenburgVorpommern als Zuwanderungsland attraktiver werden. Das setzen wir in vielen Bereichen um, ich möchte nur einige Beispiele nennen:
In den Kindertageseinrichtungen haben wir die Förderung von Kindern mit besonderen Bedarfslagen in den Mittelpunkt gerückt und die frühkindliche Bildung quali- tativ weiterentwickelt. Von der individuellen Förderung profitieren auch Kinder mit Migrationshintergrund. Und wir haben zusätzliche Bundesmittel für Sprachförderung gerade dort angedockt, wo wir viele dieser Kinder haben, um den ersten Zugang, die erste soziale Teilhabe über Sprache zu gewährleisten.
Im schulischen Bereich ist ein Konzept zur Intensivförderung in der deutschen Sprache entstanden. Zugewanderten Kindern kann damit ein Intensivsprachkurs an einer Standortschule angeboten werden.
Das Land unterstützt integrationsbegleitende Beratungsangebote und die aktive Partizipation von Migrantinnen und Migranten. Den Weg in die sprachliche und berufliche Integration begleiten drei Integrationsfachdienste Migration durch passgenaue arbeitsmarktbezogene Beratung.
Ein wichtiger Meilenstein war die Verabschiedung des Gesetzes über die Bewertung und Anerkennung im Ausland erworbener Qualifikationen in Mecklenburg-Vor- pommern im Dezember letzten Jahres. Anerkennung suchende Migrantinnen und Migranten erhalten Rat und Unterstützung durch drei Servicestellen im Land im Rahmen eines bundesweiten Programms. Dieses Programm wird auch genutzt, um ein Willkommenszentrum für ausländische Fachkräfte zu etablieren,
Unternehmen interkulturell zu sensibilisieren und Fortbildungen, zum Beispiel für Jobcenter, anzubieten. Für Flüchtlinge mit schlechtem Zugang zum Arbeitsmarkt gibt es Unterstützung durch das Netzwerk „Arbeit für Flüchtlinge“.
Die Integrationsbedingungen für Flüchtlinge haben sich in den vergangenen Monaten verbessert – denken wir an die Aufhebung der Residenzpflicht im Land, die Ausweitung