Auch wenn es sich gut anhören mag, viele, die mit Schule zu tun haben, lehnen dieses Modell als unpraktikabel,
schlecht organisierbar und auch ungerecht ab. Deshalb darf man nicht, werte Kolleginnen und Kollegen von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Planungen und Konzepte anderer Bundesländer kopieren.
Einiges kommt mir wirklich sehr bekannt vor. Frau Dr. Seemann hat schon angesprochen, dass wir vor circa 14 Tagen eine große Konferenz mit den schulpolitischen Sprechern aller SPD-Landtagsfraktionen hier in Schwerin hatten. Ein wichtiges Thema, und das war auch unser Anliegen, war wirklich eine Harmonisierung der gymnasialen Ausbildung mit der dementsprechenden Harmonisierung der Prüfung. Und beim vorherigen Redebeitrag, Herr Renz, war von dieser Harmonisierung weniger zu sprechen, sondern es war wirklich nur an die Veränderung innerhalb des Abiturs hier in Mecklenburg-Vorpom- mern gedacht.
Deshalb werden wir ausschließlich, und Frau Dr. Seemann sagte das schon, im Herbst oder im kommenden Frühjahr, der Termin steht noch nicht ganz fest, eine große Tagung nur zu dieser Thematik machen.
In den Beratungen vor zwei Wochen sind aber schon die Unterschiede zwischen den einzelnen Bundesländern klar geworden. So können zum Beispiel in Hamburg die Schülerinnen und Schüler bei kurzen Schulwegen zwischen dem Gymnasium G 8 und der Stadtteilschule G 9 wählen. Schöne Idee, aber Mecklenburg-Vorpommern ist nun mal ein dünn besiedeltes Flächenland und von daher benötigen wir andere Lösungen, wenn wir wollen, dass unsere Kinder und Jugendlichen die gleichen Chancen haben – und das ist eigentlich das Anliegen, ich denke, aller Landtagsabgeordneten – wie die Altersgefährten in den anderen Bundesländern.
Sie zeigten und zitierten vorhin den „Spiegel“-Artikel „Plattgepaukt“. Da hätten Sie auch mal weiter zitieren sollen. Hier steht drin: „Nur im Osten herrscht Ruhe, in den neuen Ländern machen Gymnasiasten schon seit langem nach acht Jahren ihr Abitur, dort gibt es keine Reform und kaum Widerstand.“ Das sollte man dann auch, wenn man zitiert, komplex zitieren.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, alle Ostländer, Mecklenburg-Vorpommern, Berlin, Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen, haben den achtjährigen gymnasialen Bildungsgang. Alle ostdeutschen Länder haben in den ländlichen Gebieten auch ähnliche demografische Probleme, ob in der Uckermark oder in der Prignitz, ob in der Altmark oder in den Mittelgebirgen, ob in der Seenplatte oder in Vorpommern. Es gibt immer weniger Jungen und Mädchen und damit sind leider Schulstandorte von Schließungen bedroht.
Deshalb, werte Kolleginnen und Kollegen von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, sollten wir nicht nach Rheinland-Pfalz oder NRW schauen, sondern sollten eher mit Brandenburg oder Sachsen-Anhalt kooperieren. So hat beispielsweise das Land Brandenburg eine Arbeitsgruppe Schulstruktur gebildet. Hier soll unvoreingenommen dieses schwierige, aber sehr wichtige Thema komplex bearbeitet werden. Im Herbst ist mit dem Ergeb
nis zu rechnen. Ich bin da wirklich sehr gespannt. Diese Vorgehensweise ist aus meiner Sicht der richtige Weg, denn hier wird Schule ganzheitlich betrachtet und gemeinsam nach effektiven Lösungen gesucht.
Warum? Wir haben in den nächsten Jahren im Bildungsbereich wirklich große Herausforderungen zu stemmen. Deshalb haben sich die Koalitionsfraktionen auch entschlossen, jährlich 50 Millionen Euro mehr für gute Schule zur Verfügung zu stellen. Das ist heute überhaupt noch gar nicht so erwähnt worden.
Neben der Etablierung der inklusiven Bildung in allen Schularten, der Fort- und Weiterbildung aller Lehrerinnen und Lehrer sowie der Bereitstellung der sächlichen Bedingungen müssen an unseren Schulen viele Referendare ausgebildet werden. Das stellt das IQMV, die staatlichen Schulämter und die Schulen vor große Aufgaben, die ohne großen Reibungsverlust organisiert werden müssen. Ebenfalls muss der Lehrernachwuchs für unsere Grund-, Regionalen und Gesamtschulen sowie für die Gymnasien gewonnen werden.
Meine Damen und Herren, weitere Probleme stellen unser Schulnetz und die teilweise sehr langen Schulwegzeiten für unsere Schülerinnen und Schüler in unseren dünn besiedelten ländlichen Gebieten dar. Uns muss es wirklich gelingen, dass die kreislichen Schulnetzplanungen gute und leistungsstarke Schulen vorhalten, und das bei möglichst kurzen Schulwegen.
Aber wie sollen die Schulträger planen, wenn man im- mer wieder andere Organisationsstrukturen fordert? Erst hatten wir das achtjährige Abitur, dann wurde das neunjährige Abitur organisiert, ab dem Schuljahr 2005/2006 wurde wieder auf acht Jahre zurückgegangen, jetzt soll nach Vorstellung der Bündnisgrünen eine acht- oder neunjährige Ausbildung zum Abitur etabliert werden. Nichts ist für Schulen schlimmer, als rein in die Kartoffeln, raus aus den Kartoffeln. Schule braucht wirklich Kontinuität und Verlässlichkeit, das heißt aber nicht Stagnation.
Und dann auch noch mal zu dem Vorschlag von meinem Koalitionskollegen Renz, der sagt: die Orientierungsstufe wieder ans Gymnasium. Dann hätte er heute mal die Allensbach-Umfrage, ich glaube, im NNN war es, lesen sollen. Da geht der Trend ganz eindeutig zur Aufhebung der Dreigliedrigkeit auch in den alten Ländern, und damit eher zum längeren gemeinsamen Lernen nicht nur bis Klasse 6, sondern bis Klasse 8.
Ein viel größeres Problem in einigen Teilen unseres Landes stellt der große Zulauf nach Klasse 7 zum Gymnasium dar. Dadurch sind einige Regionalschulen halb leer und die Gymnasien oder Gesamtschulen haben große Schwierigkeiten, alle Schüler gut unterzubringen. Neben den räumlichen Problemen ergeben sich damit natürlich auch personelle Veränderungen. Nach dem Probehalbjahr, wir haben es heute schon gehört, in den 7. Klassen verlassen aber nur wenige Schüler das Gymnasium. Auch dieser Sachverhalt sollte im Ausschuss mit Schulpraktikern und Fachleuten intensiv diskutiert werden. Der Minister hat ja vorhin schon so ein Angebot gemacht.
Meine Damen und Herren, auch wenn sich dieser Bündnisgrünen-Antrag gut anhören mag, vielleicht dieser
Schulversuch in den größeren Städten auch praktikabel wäre, geht er an den Realitäten in Mecklenburg-Vorpom- mern erheblich vorbei.
Einen Schulversuch führt man eigentlich nur durch, um ihn bei Erfolg auf das ganze Bundesland zu übertragen. Deswegen fragte ich auch, wie lange das dauert. NRW sagte 13 Jahre, Sie wollen es hier auf drei Jahrgänge begrenzen, sprich 5 Jahre, eigentlich müssten es dann 6 sein, aber bei unserer überwiegend ländlichen Struktur ist das kaum vorstellbar und durchführbar. Und was Sie überhaupt nicht gesagt haben, ist, woher die Gelder kommen sollen. Diese Frage wird von Ihnen überhaupt nicht beantwortet und ich muss ganz deutlich sagen, verlässliche Schulpolitik in unserem Bundesland sieht anders aus.
Wir sollten also über die Inhalte der gymnasialen Oberstufe, über mögliche Verlagerungen von Stundenanteilen und Unterrichtseinheiten diskutieren und nicht irgendwelche Experimente, die Sie, verehrte Abgeordnete von den Bündnisgrünen, Schulversuch nennen, hier durchführen. Wir lehnen diesen Antrag ganz klar ab. – Danke.
Ich hoffe, dass Sie in den nächsten Debatten wieder zu einer Form zurückfinden, die dann von Fachwissen geprägt ist,
Ja, da komme ich zu, Herr Renz, ich komme in meiner kompletten Rede dazu, die wird Ihnen gewidmet sein.
Herr Minister, schnell dies und das zu machen, das hat doch gar keiner gesagt, und da komme ich auch noch mal zu Herrn Renz.
Herr Renz, unterstellen Sie nicht, wir wollen die Wiedereinführung von Grund- und Leistungskursen oder, oder, oder. Der Antrag lautet: Es ist alles zu prüfen. Wir möchten alle Möglichkeiten prüfen lassen, damit es nämlich dazu kommt, und da hat auch Rot-Rot eine Schuld dran, dass es nicht evaluiert worden ist. Dazu stehen wir aber, Herr Renz, und ich versuche hier keinen Eiertanz, sondern ich sage, was vergessen worden ist und dass wir das jetzt machen sollen.
Und das, denke ich doch, ist löblich und vielleicht sollten Sie überlegen, bevor Sie versuchen, hier irgendwo zu laborieren, dass Sie doch einfach mal ganz ehrlich sind, was klappt und was klappt nicht.
Und, Herr Minister, wenn wir ein Zentralabitur haben, möchten wir dann die verbleibenden Jahre noch so weiterlaborieren, bis wir das Zentralabitur haben? Das kann ich nicht verstehen.
Ich denke, es gibt einige Sachen, die diskutiert werden müssen, die einen großen Diskussionsbedarf haben, und deswegen wäre es sehr, sehr sinnvoll, das im Ausschuss zu tun, und das auch eventuell mit oder ganz bestimmt mit Expertinnen und Experten. Das würde ich ganz wichtig finden.
Und, Herr Renz, ich habe hier nie gesagt, irgendwas zu beschließen. Es steht „zu prüfen“ im Antrag. Ich habe in meiner Rede mehrere Varianten erwähnt, die geprüft werden müssen, und habe hier nicht gesagt, so und so soll es eingeführt werden. Und das müssten Sie wissen, dass das auch nicht mein Ding ist. Ich bin an der Sache orientiert.