Der nächste Punkt: Wie viele Schüler scheitern heute eigentlich – Frau Oldenburg hat es schon angesprochen – vor dem Abitur am Gymnasium und nicht während der Qualifizierungsphase? Und ist es denn richtig – Frau Oldenburg, da würde mich Ihre Meinung interessieren –, und das könnte eine Mitursache dafür sein, dass bei uns nach Klasse 6 eben nicht Noten, sondern ausschließlich der Elternwille entscheidet, ob jemand aufs Gymnasium geht oder nicht?
kann man überhaupt Noten entscheiden lassen, solange es keine einheitlichen Bewertungsmaßstäbe im Land gibt? Im Moment macht nämlich jede Schule ihren eigenen Bewertungsmaßstab. Kann man dann überhaupt Noten entscheiden lassen? Und wenn es dann ab dem übernächsten Schuljahr eine entsprechende Verordnung gibt, die das regelt, das ist ja schon gesetzlich vorgegeben, reichen dann diese Bewertungsmaßstäbe aus, um tatsächlich in den Schulen gleich zu handeln? Stellen denn die Lehrer gleich schwere Aufgaben? Denn sie können ja einen einheitlichen Bewertungsmaßstab haben, alles wunderbar, aber wenn der eine Lehrer eine ganz einfache Matheklausur macht, ein anderer eine ganz schwere, ist das wieder nicht dasselbe.
Dann die nächste Frage, Frau Oldenburg hat es aufgeworfen, völlig richtig: Müssen wir in diesem Zusammenhang auch über eine Stundenverlagerung zwischen Jahrgangsstufen diskutieren und ist das noch kompatibel
mit dem, was wir mit anderen Ländern zu vereinbaren haben? Das ist nämlich genau der Punkt. Das können wir nicht einfach alleine machen, wenn wir gleichzeitig harmonisieren und ein Zentralabitur haben wollen.
Und der letzte Punkt, den man beantworten muss: Was ist eigentlich mit der Inklusion im Gymnasium? Wie reformieren wir das Abitur so, dass es auch inklusionskonform ist? Ich finde, es gibt eine relativ einfache Idee, das zu machen, aber unglaublich schwer umzusetzen. Wir könnten zum Beispiel einfach darüber reden, dass neben die normale Hochschulreife eine fachgebundene Hochschulreife tritt, dass also Schülerinnen und Schüler, die in bestimmten Teilsegmenten des Leistungsspektrums nicht erfolgreich sein können, weil sie benachteiligt sind, dass sie in diesen Fächern nicht zensiert werden und dass diese Fächer nicht gewertet werden, was aber die Konsequenz hat, dass sie diese und ähnliche Fächer auch nicht studieren können, weil sie ja aus demselben Grund diese Fächer nicht benotet bekommen. Das wäre eine, finde ich, eine fachgebundene Hochschulreife – in das System zu integrieren wunderbar, aber es ist extrem kompliziert.
Dasselbe müsste man bei Berufsreife, bei mittlerer Reife machen und dann müssten wir Berufe stricken, die so funktionieren. Da müssten wir mit den Hochschullehrern darüber reden: Ja, welche Fächer kann man denn studieren, wenn man welche Teilleistungsstörungen hat, und welche nicht? Das ist also ein hochkomplexes Unterfangen. Auch das geht nicht von heute auf morgen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, es wird Sie nicht überraschen, wenn ich Ihnen jetzt Folgendes sage, aber es ist die Wahrheit: Frau Oldenburg, selbstverständlich werden all diese Fragen seit geraumer Zeit in den länderübergreifenden Arbeitsgruppen, die sich im Moment mit der Vorbereitung des gemeinsamen Abiturs beschäftigen, diskutiert. Dort werden diese Dinge gesammelt, weil natürlich die Kolleginnen und Kollegen, die das bearbeiten, auch merken, dass das so ist und verstehen, dass an dieser Grundsatz- entscheidung des Zentralabiturs unglaublich viele Systementscheidungen hängen. Aber ich bitte Sie um Verständnis dafür, es hat keinen Sinn, als Land Mecklenburg-Vorpommern jetzt eine grundsätzliche Reform zu machen, eine tief greifende Reform, die nicht anschlussfähig ist an das, was uns ab Mitte des Jahrzehnts in Deutschland erwartet, und wir müssten dann die nächste umfassende Reform machen, um wieder Anschluss zu finden an die Standards der Bundesrepublik Deutschland.
Ich rechne eher mit einem Prozess, der konzeptionell bis 2017 dauern wird. Wir werden sehr viele Verhandlungen und Kompromisse zwischen den Ländern aushandeln müssen. Wir werden vielleicht sogar auch einige Abstriche von unseren fachlichen Positionen machen müssen, um eine Einigung zu erzielen, das ist im Bildungsföderalismus so. Deswegen glaube ich nicht, dass die Perspektive richtig ist, hier schnell dies und das zu machen, ohne den Gesamtkontext einzubinden.
Ich möchte dabei nicht ausschließen, dass man einzelne Punkte vorziehen kann, weil sie weitgehend unabhängig gemacht werden können von solchen zentralen Ent
scheidungen. Aber ich bin fest davon überzeugt, Frau Oldenburg, das sind die eigentlichen Systemfragen:
Und all diese Fragen, die wirklich spannenden Fragen, die auch, glaube ich, zu Ihrem Antrag geführt haben, sind am Ende aus meiner Sicht nur im Konzert der Länder regelbar.
In diesem Sinne, davon können Sie ausgehen, werde ich auch in der KMK agieren und bin fest davon überzeugt, dass uns dieses Thema in überschaubarer Zeit im Ausschuss in intensiven Erörterungen doch wieder begegnen wird. – Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.
(Peter Ritter, DIE LINKE: Der Bildungsbürger. – Heinz Müller, SPD: Das eine nicht und das andere auch nicht.)
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Und wieder wird hier heute über ein Problem geredet, was es nicht gäbe, wenn Sie und Ihre Parteien sich endlich zugunsten der Schüler, Eltern und Lehrer zu einem bundesweit einheitlichen Bildungssystem durchringen würden.
Am 15. Dezember 2011 hatten Sie hier den Antrag der NPD-Fraktion für ein solches einheitliches Bildungssystem vorliegen. Da Sie aber offenbar im geistigen Tiefflug einfach unter den Argumenten hindurchflogen,
(Dr. Margret Seemann, SPD: Selber nicht lesen und schreiben können, aber so was behaupten. – Zuruf von Wolf-Dieter Ringguth, CDU)
Sollten Sie den Antrag noch mal nachlesen wollen, finden Sie ihn in der Plenardatenbank unter der Drucksache 6/167.
Die Ausgangssituation, an der sich nichts geändert hat, die beschrieb ich Ihnen so: „Je nach ideologischer Ausrichtung neu gewählter Landesregierungen wird das bisherige Schulsystem verbessert. Im Ergebnis kann es keine Kontinuität geben. Die einzige Gültigkeit dieser Politik ist die Orientierungslosigkeit. Statt sich mit den anderen Bundesländern abzustimmen, hat sich jedes Bundesland sein eigenes Schulsystem zurechtgezimmert
und ändert es, von wenigen Ausnahmen abgesehen, mit nahezu jeder neuen Landesregierung wieder ab. In puncto Bildungspolitik schlägt heute noch die Hoffnung der Besatzungsmächte durch, der Föderalismus sollte die Deutschen durch möglichst viele Reibungspunkte in ihrer Leistungsfähigkeit schwächen.“
Und wenn ich mir den Antrag der GRÜNEN ansehe, dann wird diese ideologisch motivierte Experimentierfreudigkeit zulasten aller Beteiligten überdeutlich. Sie werden nur glücklicherweise keine Gelegenheit bekommen, sich entsprechend in der Landesregierung zu verwirklichen. Sofern nicht sinnvollerweise die 5-ProzentHürde abgeschafft wird, werden Sie im nächsten Landtag ohnehin nicht mehr vertreten sein.
So heißt es in dem Antrag, durch die Umverteilung der Abiturstunden von drei auf zwei Jahre sei es zu erheblichen Mehrbelastungen gekommen, was zu allerlei Leid in allerlei Bereichen geführt hätte. Und auf Wunsch vieler Schüler und Eltern hätten Lösungsmöglichkeiten entwickelt werden müssen, welche die GRÜNEN nun in der angestrebten Wahlfreiheit zwischen 12- und 13-KlassenAbitur verorten.
Ich weiß ja nicht, mit wie vielen Leuten Sie nun tatsächlich gesprochen haben. Meine Vermutung war, dass es eine illustre Runde mit Frau Berger im IKUWO gab. Egal, was auch immer, die Wissenschaft sagt jedenfalls etwas anderes.
Bereits 1999 wurde unter dem Titel „Sind 12 Schuljahre stressiger?“ die Belastung von Schülern und Lehrern in 38 Gymnasien in Bayern, Thüringen und Brandenburg untersucht und – Überraschung – das, was die Schüler am meisten störte, war hoher Leistungsdruck, verbunden mit Zweifeln an der Relevanz der Lerninhalte. Relevanz der Lerninhalte – das können Sie sich gleich mal merken im Hinblick auf das geforderte Hauptfach „Demokratische Staatsbürgerkunde“ oder wie es bei Ihnen dann heißen müsste: „Demokratische Unterstrich Weltbürger/-innen Unterstrich -kunde“ oder wie auch immer.
Mehr Stress wurde in Thüringen, wo die Schüler in zwölf Jahren zum Abitur kamen und kommen, vergeblich gesucht. Und die Forscher kamen zu dem Schluss, dass eine ideologische Diskussion um zwölf oder dreizehn Jahre nur hinderlich sei. Sie bremse eher eine qualitative Weiterentwicklung des Schulsystems, als dass sie es befördere.
Ich sehe im Gegensatz zu Herrn Renz nicht mal einen zweifelhaften Nutzen in Ihrem Antrag, den er noch in einer Pressemitteilung entdecken mochte. Ich teile jedoch seine Kritik an den Mehrkosten für die angestrebte Zweigleisigkeit – Geld, das möglichst in Lehrkräfte und Schulstandorte gesteckt werden müsste. Dabei sollten Sie selbst verstehen, dass in einem gegliederten Schulsystem eben nicht jeder das Abitur machen kann, was natürlich mit Inklusion und dann wahlweise bis zu 20 Klassen durchaus anders werden könnte.
Mir ist bewusst, dass aus Sicht linker Gleichmacherei nicht das Individuum scheitert, sondern immer die Ge
sellschaft, da diese schließlich nicht auf Kosten aller dafür gesorgt hat, dass die Rahmenbedingungen, für was auch immer, so zu gestalten sind, dass der Einzelne alles erreichen kann. Das, was ich Idiotie nenne, so richten Sie Ihre Politik aus.
Dem Antrag der LINKEN werden wir zumindest in Punkt 2. zustimmen, sofern es zu einer Einzelabstimmung der Punkte kommt. Den Feststellungspunkt halten wir für sehr subjektiv, die Ergebnisse im Prüfauftrag allerdings interessieren uns sehr und sie haben Potenzial für Verbesserungen. – Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bevor ich zum eigentlichen Thema komme, möchte ich zumindest für das Protokoll dann richtigstellen, dass die letzte Bildungsministerin der DDR, sie war es ja über Jahrzehnte, niemals die 6-Tage-Woche abgeschafft hat,