Protocol of the Session on November 17, 2011

Ja, ich danke Ihnen und bitte den Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE Herrn Professor Dr. Tack ans Rednerpult.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Unser Antrag befasst sich mit einer weiteren schwerwiegenden Folge der extremen Niederschläge im Sommer dieses Jahres. Es geht uns um die wirtschaftlichen Auswirkungen auf zahlreiche Landwirtschaftsbetriebe, die nicht nur wir für existenzbedrohend halten. Die Einbringungsrede meines Kollegen Krüger hat meiner Meinung nach die Wetter- extreme des Sommers 2011 und ihre Auswirkungen hinreichend dargestellt, sodass ich diese Situation, die auch unserem Antrag zugrunde liegt, nicht weiter darstellen muss.

Die Auswirkungen auf die Landwirtschaft schilderten uns Landwirte in der von meiner Fraktion beantragten Sondersitzung des Agrarausschusses am 25.08.2011 und der von mir angeregten Beratung mit Herrn Dr. Backhaus am 15.09.2011 sehr detailliert. Man kann es so auf den Punkt bringen: Die Landwirtschaft steht in den betroffenen Gebieten vor einer – und das ist ein Zitat – „in dieser Form noch nicht dagewesenen extremen Situation.“ Diese habe bereits im Herbst 2010 begonnen, als extreme Nässe die Aussaat erschwert habe. Es folgte ein sehr früher Wintereinbruch. Im Frühjahr 2011 hatten sich daran dann späte Kahlfröste sowie eine lange Trockenperiode angeschlossen.

Das Ministerium und der Bauernverband haben die Vorsommertrockenheit seinerzeit zum Anlass genommen, gemeinsam eine Arbeitsgruppe einzurichten, die sich mit Trockenschäden befassen sollte. Diese Situation hatte sich nunmehr komplett in das Gegenteil verkehrt. Es folgte ein kühler Sommer mit extremen Niederschlagsmengen – die eben bereits genannt worden sind –, die unter anderem dazu führten, dass die Erntetechnik selbst auf den Kuppen unserer lehmigen Böden versank. In der Folge haben wir es regional unter anderem mit erheblichen Verlusten bei Feldfrüchten auf Grünland- und Futterflächen sowie bei der Winterbevorratung des Futters für die Tierbestände zu tun.

Bei Feldfrüchten liegen die Ernteverluste der Betriebe im Lande zwischen 30 Prozent und 49 Prozent des Gesamtertrages im Mittel der letzten drei Jahre. Dabei liegen die Ertragsverluste bei einzelnen Fruchtarten, ich meine hier insbesondere bei Raps, bis zu 60 Prozent. So hat zum Beispiel ein Landwirtschaftsbetrieb im Landkreis Rostock bei 100 Prozent seiner Fläche Nässeschäden ausgewiesen und Ernteverluste bei Wintergerste von 24 Prozent, bei Winterweizen von 47 Prozent und bei Raps von 60 Prozent zu verzeichnen. Darüber hinaus

wird die Wiederherstellung des Grünlandes zu erheb- lichen Kosten und zu längeren Produktionsausfällen führen.

Im Agrarausschuss, meine Damen und Herren, wurde festgestellt, dass vor allem kleine und auf ökologischen Landbau ausgerichtete Landwirtschaftsbetriebe in ihrer Wettbewerbsfähigkeit und Existenz stark bedroht sind.

Auch die Landesregierung hatte den Ernst der Lage sehr frühzeitig erkannt und mit kurzfristig eingeführten Erleichterungen – wie Stundung von Pachtzahlungen, Stundung der Raten zur Tilgung öffentlicher Darlehen, Liquiditätshilfen der Landwirtschaftlichen Rentenbank, die Möglichkeiten des Zahlungsaufschubes für Steuerschulden, die vorzeitige Auszahlung der Flächenprämien und die Gewährung von Landesbürgschaften auf Antrag – wichtige Hilfsangebote geschaffen, die die Liquidität der Betriebe verbessern sollten. Das wird auch so anerkannt.

Stellen Sie sich aber bitte folgende Situation vor: In aller Regel wird ein Großteil der Zahlungen der Landwirtschaftsbetriebe im September geleistet, wenn die Ernte eingebracht ist und Geld verdient wurde. Die Ernte 2011 verursacht das ganze restliche Jahr über weiterhin Kosten, die normalerweise in wenigen Tagen der Ernte hereinkommen müssen. Ebenso wird der notwendige Betriebsgewinn erzielt, der die Wettbewerbsfähigkeit der Betriebe sichern muss. Ich verweise in diesem Zusammenhang auf den Titel unseres Antrages. Ein Betrieb, der nicht wettbewerbsfähig ist, kann nicht in Personal investieren, er kann sich nicht auf die Herausforderungen des Klimawandels, die eben bereits angesprochen worden sind, einstellen – von der Modernisierung des Betriebes ganz zu schweigen. Er kann auch nicht die örtliche Feuerwehr und die Gemeinde unterstützen. Er kann aber auch keine Hecken anpflanzen und Sölle anlegen und in das Tierwohl investieren. Er braucht jetzt selbst Hilfe. Mit einem Wort, er kann nicht mehr nachhaltig wirtschaften.

In einigen Betrieben haben sich die Betriebsleiter von einem Teil oder dem gesamten Tierbestand trennen müssen, weil die Futterbasis nicht mehr gegeben war. Ebenso haben sie sich von Mitarbeitern trennen müssen, weil keine Tiere mehr zu betreuen sind. Die Bilanz dieser Betriebe sieht auf den ersten Blick durch die Erlöse des Tierverkaufes gut aus – nur ist das wohl nicht mehr der Betrieb, der es einmal war, und die Wertschöpfung und die Arbeitsplätze im ländlichen Raum sind auch verloren. Vielleicht werden solche Betriebe dann versuchen, sich über einen Energiemaisanbau oder Ähnliches zu retten.

(Udo Pastörs, NPD: Mais, Mais, Mais!)

Sie und alle anderen stark geschädigten Betriebe sind erheblich angeschlagen. Sie sollen durch ihre finanzielle Schwäche auch kein Übernahmekandidat von sogenannten Investoren werden. Wir wollen die vielfältigen Agrarstrukturen in unserem Lande erhalten, dazu gehört ein gesunder Mix von großen, mittleren und kleinen Betrieben.

Wie die Landeshilfe praktisch aussehen kann, ein Beispiel dieser Tage aus Brandenburg: In einer Zeitungsmeldung der „BauernZeitung“, Teil Brandenburg, vom 1. Juli 2011 liest man Folgendes: „Nach den Starkregen im Spätsommer 2010 mussten Landwirte auf den dauerhaft vernässten Flächen erhebliche Verluste

hinnehmen. Ernteverluste, aber auch erhöhte Aufwendungen durch Futterzukauf und andere Betriebsmittel sowie teilweise erforderliche Neuansaaten führten zu zusätzlichen Kosten“. Jetzt wurden 83 Anträge bewilligt und auf die Schadenshöhe von 12 Millionen Euro exakt 2,89 Millionen Euro ausgezahlt, heißt es in der Meldung. Basis war der Nachweis eines mindestens um 30 Prozent verminderten bereinigten Betriebsertrags im Vergleich zu den vergangenen drei Jahren.

Grundlage, meine Damen und Herren, sind die Grund- sätze für eine nationale Rahmenrichtlinie zur Gewährung staatlicher Zuwendungen zur Bewältigung von durch Naturkatastrophen oder widrige Witterungsverhältnisse verursachte Schäden in Landwirtschaft, Binnenfischerei und Aquakultur des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, die noch bis zum 30. Juni 2014 gilt.

Meine Damen und Herren, diese Richtlinie könnte natürlich auch in unserem Lande angewandt werden. Unsere Aufforderung ist deshalb, wenden Sie diese Richtlinie an, veröffentlichen Sie sehr schnell die Ergebnisse der LMS, der Landesforschung und des Bauernverbandes zur Schadensermittlung, und geben Sie den betroffenen Betrieben schnell die Gewissheit, dass sie in Mecklenburg-Vorpommern nicht im Regen stehen gelassen werden. Stimmen Sie deshalb unserem Antrag zu, damit diesen unverschuldet durch die Extremwitterung in Existenznot geratenen Betrieben wirksam geholfen werden kann. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Ich danke Ihnen.

Im Ältestenrat wurde eine verbundene Aussprache mit einer Dauer von bis zu 30 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen.

Ich bitte den Minister für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz Herrn Dr. Till Backhaus an das Rednerpult.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich will eines schon mal vorwegnehmen. Ich glaube, dass wir in den letzten Jahren, seit 1990, in den Hochwasserschutz, in die Entwicklung der Infrastruktur gerade in diesem Bereich sehr sinnvoll investiert haben. Ich will die Zahlen nur mal ein bisschen erläutern.

Wir haben seit 1990 in den Hochwasserschutz, in den Sturmflutschutz, in die Unterhaltung der Binnengewässer in Mecklenburg-Vorpommern bis zum Jahres- ende 370 Millionen Euro investiert. Ich glaube, das ist eine Leistung, von der auch und insbesondere natürlich all diejenigen mit und um diese Flächen herum, aber auch in den anderen artverwandten Bereichen der wirtschaftlichen Entwicklung in Mecklenburg-Vorpommern wirklich profitiert haben.

Zum Zweiten: Herr Tack, ich will ausdrücklich darauf hinweisen, dass wir es durchsetzen haben können, dass zum 1. Dezember 2011 – und ich freue mich, dass der Bauernverband hier im Raum ist – die 410 Millionen Euro Ausgleichszahlungen auf den Konten der Landwirte sein werden. Im Übrigen weise ich auch darauf hin, dass

wir Zahlungen vorgezogen haben, nämlich fast 60 Millionen Euro. Die sind bereits auf den Konten der Land- wirte angekommen. Das heißt, unter dem Strich werden unsere Landwirte in Mecklenburg-Vorpommern 470 Millionen Euro Ausgleichszahlungen erhalten. Dies wird ausdrücklich zum Stabilisieren der Liquidität und natürlich zur Existenzsicherung beitragen. Ich hoffe, dass das unstrittig ist.

Im Übrigen weise ich auch darauf hin, dass wir im Rahmen des Hochwasserschutzes das entwickelte Moorschutzprogramm mit über 30 Millionen Euro in den letzten Jahren entwickelt haben, mit dem Ziel, dies ist außerordentlich wichtig für das Bundesland Mecklenburg-Vorpommern, uns im Rahmen der Klimaschutzanpassung auf das Thema – natürlich auch Hochwasserschutz oder Binnenentwässerung – einzustellen. Deswegen glaube ich, dass es richtig ist, dass wir diesen Jahresverlauf insgesamt abwarten.

Auch das will ich betonen: Wir können heute die endgültigen Ergebnisse zum Jahresverlauf und zur Gesamt- ertragssituation der Landwirtschaft oder auch der artverwandten Bereiche nicht darstellen, denn einbezogen werden diese Ausgleichszahlungen, und der Herbst – ich habe es im Übrigen auch öffentlich prophezeit –, der Herbst zeigt sich ja seit Wochen von seiner allerbesten Seite. Wir haben im September und Oktober fast keine Niederschläge mehr gehabt, auch daran will ich erinnern. Deswegen gehen wir mittlerweile, und auch der Deutsche Wetterdienst, davon aus, dass wir es tatsächlich, statistisch gesehen, mit einem durchschnittlichen Jahresverlauf zu tun haben. Auch das ist mir wichtig.

Nichtsdestotrotz ist es so, wir haben ein Jahr der Extreme zu durchlaufen. Die extremen Niederschläge dieses Sommers haben in weiten Teilen des Landes zu einer ungewöhnlichen Hochwassersituation geführt. Wer sich das draußen angesehen hat, und ich habe es getan, da ist nicht nur die Landwirtschaft davon betroffen – jawohl, sie extrem –, Thomas Krüger hat darauf schon hingewiesen, es sind auch Kleingärten im wahrsten Sinne des Wortes im Raum Rostock oder in Altentreptow abgesoffen. Und die Tourismuswirtschaft oder auch die Zeltplätze sind hier bereits angesprochen worden. Ich glaube, deswegen müssen wir auch aufpassen, dass wir die Sachen solide aufarbeiten. Damit verbunden sind erhebliche Schäden in der Landwirtschaft, aber natürlich auch in urbanen Gebieten. Auch darauf ist bereits hingewiesen worden.

Besonders stark betroffen sind der Großraum Rostock, das mittlere Mecklenburg und natürlich auch Teile von Vorpommern. Der Deutsche Wetterdienst hat beispielsweise für die Region Rostock-Warnemünde im Juli/August Niederschlagsmengen von mehr als 500 Millimeter Niederschlag registriert. Das ist so viel, wie wir sonst im Durchschnitt eines gesamten Jahres bekommen. Dieser Niederschlag ist innerhalb von sechs Wochen gefallen. Dass das die Systeme nicht auf- nehmen können, das muss auch jedem klar sein. Das entspricht im Übrigen auch einer Überschreitung im Durchschnitt des langjährigen Mittelwertes für die beiden Monate Juli und August von über 400 Prozent, meine Damen und Herren, über 400 Prozent!

Ähnlich verheerend war die Situation auch im Raum Neubrandenburg. Eine Gefährdung von Menschenleben konnte durch das engagierte und schnelle Eingreifen der

zuständigen Wasserbehörden, der Verbände und der Betroffenen verhindert werden. Auch ich möchte mich ausdrücklich bei all denjenigen, die dazu beigetragen haben, Schadensabwehr zu betreiben, sehr herzlich bedanken, insbesondere bei den Feuerwehren, den Gemeinden, aber auch dem THW und – das ist mir wichtig – bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Wasserbehörden, auch auf der unteren Ebene, bis hin zu den Wasser- und Bodenverbänden, die im Übrigen Tag und Nacht an der Lösung dieses Problems gearbeitet haben. Herzlichen Dank für das, was diese Menschen in diesem Land geleistet haben.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Eine weitere Kernaussage ist für mich, wir werden es hoffentlich, hoffentlich tatsächlich auch nach den Einschätzungen des Deutschen Wetterdienstes mit einem tausendjährigen Ereignis zu tun haben. Das heißt, wenn man sich damit auseinandersetzt, wie wir ein hundertjähriges Hochwassersystem und dessen Bekämpfung in Mecklenburg-Vorpommern aufgebaut und entwickelt haben, hoffen wir natürlich, dass ein solches Schadensereignis möglichst so schnell nicht wieder eintritt. Es zeigt aber auch, dass außerge- wöhnliche Witterungsereignisse immer wiederkehren können und wir nicht davor gefeit sind. Das Thema des Klimaschutzes und dessen Entwicklung haben wir heute schon aufgenommen. Und wir gehen da- von aus – seit Jahren arbeiten wir daran, deswegen bin ich froh, dass wir uns jetzt auch mit SchleswigHolstein hinsichtlich einer Sturmflut und deren Hoch- wasserschutzmaßnahmen auf ein einheitliches Niveau haben verständigen können in den letzten Wochen –, dass wir mit einer Häufung der Wetterextreme zu rechnen haben.

Außerdem hat das Schadensereignis natürlich auch Schwachstellen verdeutlicht, die bereits bei kleineren Hochwasserereignissen zu Problemen führen könnten. Ich bin froh, dass wir sehr schnell reagiert haben und innerhalb der Staatlichen Ämter für Landwirtschaft und Umwelt, in denen die Wasserwirtschaft natürlich auch beheimatet ist, eine Dokumentation aller Folgen vorgenommen haben. Im Übrigen haben wir innerhalb des Schadensereignisses das gesamte Land MecklenburgVorpommern befliegen lassen, um daraus Schlussfolgerungen zu ziehen.

Viele Schäden an Gewässern und Bauwerken, aber auch die in der Landwirtschaft zu verzeichnenden Einbußen werden sich erst nach dem Winter 2011/2012 zeigen. Dass die Wasser- und Bodenverbände schon jetzt eine hohe Kostenbelastung für Maßnahmen zur Schadens- behandlung und -behebung aufweisen oder auch der Dauerbetrieb der Schöpfwerke hier mit hineinfällt, will ich nur angedeutet haben. Gleichzeitig wurden durch die Verbände auch erhebliche Baumaßnahmen angezeigt, die zur Ertüchtigung der Hochwasserschutzanlagen benötigt werden. Auch hier bitte ich darum, dass wir in Ruhe auswerten und dann die entsprechenden weiteren Maßnahmen einleiten werden.

Auch aus dem Bereich der Landwirtschaft haben uns wiederholt Hilferufe erreicht, die natürlich im Rahmen der Diskussion mit dem Bauernverband und mit den anderen zuständigen Einrichtungen für die Analyse vorgelegt worden sind.

Wir haben unmittelbar im Anschluss an das Hochwasserereignis mit der Analyse und der Aufnahme der Schäden begonnen. Im Ergebnis wurden folgende haupt- sächlichen Fehler festgestellt: Zunächst muss das Zusammenspiel von Kommunen – und darauf weise ich hier ausdrücklich hin –, muss die Zusammenarbeit verbessert werden, muss das Zusammenspiel von Kommunen, von Landkreisen und Landesbehörden bei der Gefahrenabwehr überprüft werden. Wir werden dazu im Übrigen auch das Landeswassergesetz in den nächsten Wochen vorlegen, um Ihnen, und damit auch dem Hohen Hause, einen Gesetzentwurf zur Beseitigung dieser Schäden vorzulegen, damit dieser dann schneller auf den Weg gebracht wird.

Die Datenlage muss insbesondere auf kommunaler Ebene verbessert werden. Das betrifft zum Beispiel die Niederschlagsmengen und natürlich auch die Frage, inwieweit die hydraulischen Systeme, die Leitungs- systeme und die Leistungsfähigkeit der Gewässer den heutigen Anforderungen gerecht werden. Das ist eine kommunale Aufgabe, für die die Kommunen zuständig sind, in deren Trägerschaft die Wasser- und Bodenverbände sind. Hier erwarte ich auch eine engere Abstimmung zwischen den kommunalen Einrichtungen und den Wasser- und Bodenverbänden.

Ich glaube drittens, dass wir weiterhin zusätzliche Finanzmittel benötigen, um eine Ertüchtigung von Hochwasserschutzanlagen infolge dieser Ereignisse durch- führen zu können. Hier laufen die Planungen und Sie werden sicherlich auch zur Kenntnis genommen haben, dass wir eine ganze Reihe von großen wasserbaulichen Maßnahmen, wie das Sperrwerk in Greifswald oder insbesondere die Ertüchtigung auf dem Darß, was den Hochwassersturmflutschutz anbelangt, weiter komplettieren. Das Gleiche gilt im Übrigen für die Elbe und deren Nebenflüsse. Die Häufigkeit und Intensität der Gewässerunterhaltung ist im Hinblick auf die Mindestwasserführung in Trockenzeiten und natürlich auch, was die Hochwasserabführung betrifft, zu überprüfen. Hier hat sich gezeigt, dass die Intensität der Maßnahmen der Behandlung der Gewässer dringend überprüft werden muss.

Als erste Maßnahme haben wir natürlich diese Befliegung stattfinden lassen, zweitens sind mittlerweile Maßnahmen durch unsere Behörden für die Durchführung von zwei Modellprojekten zur Erarbeitung von Datenstandards und Methoden zur kostengünstigen Ermittlung der hydraulischen Leistungsfähigkeit der Gewässer vorgeschlagen worden, denn, auch das müssen Sie wissen, wir haben es im Wesentlichen immer noch mit dem DDRMeliorationssystem zu tun, auf dem diese Grundlagen basieren. Wir haben mittlerweile doch erhebliche zusätzliche Investitionen in gemeindlichen, in städtebaulichen oder in Gewerbeeinrichtungen zu verzeichnen, die in dieses Gesamtsystem mit integriert werden müssen. Auch hier, das sage ich noch mal, muss es eine engere Abstimmung zwischen der kommunalen und der Landesebene geben.

Als weitere Maßnahmen sehe ich natürlich auch, ich habe es angedeutet, die im Koalitionsvertrag festgeschriebene Novellierung des Landeswassergesetzes und des Verbändegesetzes, um damit eine klarere Zuordnung und Aufgabenverteilung umzusetzen. Einen allumfassenden Schutz oder die entsprechenden Entschädigungsansprüche kann und wird es bei optimaler Risikovorsorge in Mecklenburg-Vorpommern nicht geben. Ein

letztes Restrisiko muss die Gesellschaft tragen. Wir können nicht alle Hochwasserschutzsysteme in Mecklenburg-Vorpommern auf 500 Prozent, Herr Professor Tack, entwickeln. Das wäre nicht bezahlbar und ich glaube auch, dass wir dieses nicht wollen. Auch der Bürger in einer hoch technisierten Gesellschaft muss letztlich mit der Natur leben und Verantwortung gemeinschaftlich tragen.

Ich glaube, dass ich damit bei der Überleitung zu dem Thema der LINKEN bin. Sie fordern die Landesregie- rung auf, zeitnah Zuschüsse für aufgrund der extremen Witterung in ihrer Existenz gefährdete landwirtschaftliche Betriebe bereitzustellen. Dieser Antrag klingt natürlich gut – ich weiß, aus welcher Richtung er gekommen ist –, nur leider muss man natürlich feststellen, dass wir zunächst erst einmal abwarten müssen, welche Gesamtschäden wir denn zu finanzieren haben. Und zum anderen, Sie haben darauf hingewiesen, haben wir bereits entsprechende Maßnahmen eingeleitet.

Die Situation war und ist in der Tat in einigen Landwirtschaftsbetrieben existenzgefährdend, das habe ich bereits mehrfach betont. Die extreme Witterung hat in vielen Gebieten unseres Landes natürlich auch und leider zu extremen Einkommenseinbußen geführt. Davon sind insbesondere die Futterbaubetriebe, das heißt Betriebe, die vor allen Dingen Tiere halten und in diesem Bereich auch ganz extrem ökologisch wirtschaften, oder ganz besonders die Dauergrünlandstandorte in MecklenburgVorpommern betroffen – Marktfruchtbetriebe nicht so extrem.

Wir nehmen im Übrigen zur Kenntnis, dass es eine sehr differenzierte Situation im Lande gibt. Es gibt sogar Betriebe, die tatsächlich ihr allerbestes Ergebnis überhaupt seit Bestehen ihrer Einrichtung oder der Betriebe ein- gefahren haben. Ich weise ausdrücklich darauf hin, dass wir eine hervorragende Maisernte haben und auch eine hervorragende Zuckerrübenernte in MecklenburgVorpommern eingefahren haben. Auch die Kartoffelernte, die in diese Bilanz noch nicht mit einbezogen war, stellt sich als sehr, sehr gut dar.

Am stärksten betroffen – und da schauen wir auch genau drauf – sind die ehemaligen Kreise Bad Doberan, Nordvorpommern, der nördliche Teil des Altkreises Güstrow und die Bereiche Demmin/Vorpommern. Auch das ist mir wichtig, weil dieses natürlich deutlich macht, dass wir es nicht im gesamten Land mit einer Extremsituation zu tun haben.

Lassen Sie mich kurz darstellen, was wir veranlasst haben, um den betroffenen Betrieben zu helfen. Ich habe zwei Punkte schon angesprochen, nämlich die schnelle Auszahlung der den Landwirten zustehenden Ausgleichszahlungen in Höhe von 470 Millionen Euro. Das sind immerhin zwischen 50 und 60 Prozent des Einkommens der Landwirtschaftsbetriebe, die diese im Jahr erwirtschaften. Zum Zweiten hat das Land MecklenburgVorpommern die Pachtstundungen ausgesprochen und damit die Fälligkeitstermine verschoben. Das Gleiche haben wir an die BVVG herangetragen und diese handelt auch danach. Das Land stundet im Übrigen so weit wie möglich die Raten für die Tilgung von öffentlichen Darlehen. Das Land übernimmt Bürgschaften für Kredite, die zur Umlaufmittelfinanzierung beitragen sollen. Die Finanzämter stunden die Steuerzahlungen, passen die Vorauszahlungen an und gewähren Vollstreckungsauf

schub. Not leidende Landwirte können auch und insbesondere bei der Rentenbank das Programm nutzen, um damit Liquiditätsdarlehen zu erhalten. Ich will die Zahlen heute hier nicht nennen, liebe Kolleginnen und Kollegen. Ich nehme zur Kenntnis, dass das Antragsverfahren und die Anträge, die gestellt worden sind von Landwirtschaftsbetrieben, doch relativ verhalten sind.

Zurzeit bereiten wir außerdem die vorzeitige Auszahlung, ich habe darauf schon hingewiesen, der Ausgleichszahlungen vor. Zusätzlich prüfen wir im Übrigen, wie wir den Betrieben – und ich glaube, das ist eine bessere Hilfe als das, was Sie angedeutet haben –, wie wir vor allen Dingen den Grünlandbetrieben eine Hilfestellung geben können, das Grünland schnell wieder vernünftig anzulegen und das Grünland, das Dauergrünland, das existiert, zu erneuern, um im nächsten Jahr wieder vernünftige Erträge auf diesen Standorten zu erzielen. Dazu werde ich demnächst im Ausschuss berichten.

Zusätzlich haben wir die landwirtschaftliche Beratung in den besonders betroffenen Gebieten intensiviert, Gremien ins Leben gerufen und damit auch die örtliche Ursachenforschung betrieben, um nach Lösungen für die Zukunft zu suchen. Parallel zu den von mir erwähnten Sofortmaßnahmen haben wir schon Ende August bei der EU-Kommission diese Problematik angezeigt, um damit gegebenenfalls, wenn es Existenzbedrohung im Einzelfall gibt, Hilfestellung geben zu können. Dieses ist von Brüssel auch bestätigt worden. Das war notwendig, um im Übrigen auch nach der Bilanzierung des Jahres 2011 gegebenenfalls weitere Maßnahmen nach den nationalen Richtlinien – die haben Sie eben angedeutet, Herr Professor Tack – und damit staatliche Zuwendungen zur Bewältigung von widrigen Witterungsverhältnissen auf den Weg bringen zu können.

Die Gewährung von Zuwendungen ist aber an Bedingungen geknüpft. Und dieses wissen Sie, die etwas länger hier sind. Das bedeutet nämlich, dass in diesem Fall die betroffenen landwirtschaftlichen Unternehmen nur dann staatliche Zuwendungen erhalten können, wenn bestimmte Kriterien erfüllt sind. Das bedeutet unter dem Strich, dass der Naturalertrag, das heißt, die gesamten Erträge – dazu zählen auch und insbesondere die Ausgleichszahlungen – in diese Gesamtberechnung mit einbezogen werden, dass dann mindestens 30 Prozent des Durchschnittsertrages dieser Gesamtertragssituation unterschritten werden muss. In einem zweiten Schritt wird dann auch von uns geprüft, ob der Umfang der Einkommensminderung mehr als 30 Prozent beträgt. Erst dann können wir handeln. Dabei wird der Betrieb als Ganzes betrachtet, auch darauf will ich hinweisen, und das Jahreseinkommen im Verhältnis zum durchschnittlichen Einkommen der letzten drei Jahre aufgelistet und ins Verhältnis gesetzt. Und da sage ich noch einmal, wir haben auch in den letzten Jahren doch zum Teil Spitzenerträge erzielt.

Zum gegenwärtigen Zeitpunkt sind noch keine qualifizierten Aussagen zur finanziellen Situation der Betriebe möglich, weil das Jahr eben noch nicht beendet ist. Den Mengeneinbußen stehen im Übrigen, und das wissen Sie, preisbedingte Mehreinnahmen gegenüber. Wir haben zum Teil höhere Ausgleichszahlungen beziehungsweise auch Ertragszahlen, was die Landwirtschaft betrifft. Das heißt, wir brauchen verlässliche Daten, die wir dann am Jahresende beziehungsweise im Jahr 2012 abschließend bewerten werden.