Nicht hinnehmbar ist auch, dass viele Vollzeitbeschäftigte Niedriglöhne erhalten, mit denen sie nicht einmal eigenständig ihre Existenz sichern können. Noch immer sind zwei Drittel der im Niedriglohn Beschäftigten Frauen. Berufe und Branchen, die eher von Frauen gewählt und ausgeübt werden, bieten häufig schlechtere Verdienstchancen, weil die sozialen Kompetenzen, die in sozialen Berufen zwar Voraussetzung sind, aber als sogenannte Soft Skills, also als berufstypische Zusatzqualifikationen in kein Bewertungsverfahren zur Festlegung von Löhnen einfließen. Im Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sind diese mittelbaren und unmittelbaren Diskriminierungen von Frauen richtig und gut skizziert.
Das Berufswahlverhalten von Frauen und Männern und die Berufsorientierung von Mädchen und Jungen spielen ganz klar eine Rolle. Die meisten Mädchen, die sich auf einen Ausbildungsberuf orientieren, ziehen aus einem Spektrum von mehreren Hundert Berufen nur etwa zehn Berufe für sich in Erwägung, allen voran Berufe im Einzelhandel, im Büro oder als Frisörin. Die meisten frauentypischen Berufe aber zum Beispiel im sozialen, Gesundheits- oder im Dienstleistungsbereich sind schlechter bezahlt als technisierte oder produzierende Berufe, die häufig von Männern ausgesucht und ausgeübt werden.
Im Zusammenhang mit der Herstellung der Entgeltgleichheit muss also eine Neubewertung von Arbeit stattfinden, Gehaltsstrukturen müssen hinsichtlich ihrer Geschlechtergerechtigkeit überprüft und modifiziert werden. Da kann die Landesregierung und da können die Koalitionsfraktionen in ihren eignen Reihen schon mal anfangen mit der Prüfung. Das hätte auch eine Vorbildfunktion für andere Einrichtungen, Unternehmen und Behörden.
Wie ich schon im vorangegangenen Tagesordnungspunkt erwähnt habe, hat meine Fraktion bereits im Februar 2010 – noch mal zur Erinnerung, Frau Gajek, nein, Frau Tegtmeier, Entschuldigung – einen Antrag gestellt, um die Entgeltgleichheit von Frauen und Männern voranzubringen. Auch das noch mal zur Erinnerung: Der Antrag wurde abgelehnt. Seitdem hat sich nicht viel bewegt, außer, dass wir uns heute wieder mit zwei Anträgen zum Thema beschäftigen, von denen der eine gut und der andere erledigt ist. Dabei ist der Grundsatz des gleichen Entgeltes für die gleiche und gleichwertige Arbeit bereits im EG-Vertrag Artikel 141 sowie in den Amsterdamer Verträgen verankert. Die Europäische Entgeltgleichheitsrichtlinie 75/117/EWG wurde zusammen mit weiteren Richtlinien zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Frauen und Männern sowie über die Beweislast bei Diskriminierungen aufgrund des Geschlechts in eine gemeinsame Richtlinie umgewandelt. Wir haben es also auch hier mit einer europäischen Gesetzgebung zu tun.
Die einschlägigen Gesetze auf Bundesebene, allen voran das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz und der Gleichbehandlungsgrundsatz im Grundgesetz, die von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Antrag mit angeführt sind, haben noch nicht zum gewünschten Ergebnis geführt, das müssen wir heute wieder konstatieren.
In dem vorliegenden Antrag wurden gleich mehrere Punkte aufgegriffen und konkrete Forderungen gestellt, mit denen die Lebenswirklichkeit der Frauen in unserem Bundesland verbessert werden kann, darunter ein Landesqualifizierungs- und -förderprogramm für Frauen im Land, das wir begrüßen und unterstützen, ein Entgeltgleichheitsgesetz auf Bundesebene mit verbindlichen Regelungen zur Umsetzung.
Und, Frau Tegtmeier, wenn Sie sagen, Sie haben dafür eine Abfuhr auf Bundesebene erreicht oder erzielt und es ist deshalb nicht verwunderlich, dass Ihr Koalitionspartner auch diesem Ansinnen des GRÜNEN-Antrages nicht folgt, ein Entgeltgleichheitsgesetz auf Bundesebene mit durchzusetzen, dann hätten Sie doch wie in allen anderen Bereichen zumindest hinzufügen können, dass ab September alles besser wird, wenn Rot-Grün regiert
und genau dieses Entgeltgleichheitsgesetz auf Bundesebene umsetzt. Da bin ich mal gespannt, ob die Versprechen vor dem 22. September auch nach dem 22. September dann Realität werden. Sei es drum – so, wie es hier im GRÜNEN-Antrag vorgeschlagen wird, wird es von uns unterstützt, genauso wie ein Rechtsanspruch auf die Rückkehr von einer Teilzeit- in eine Vollbeschäftigung. All das unterstützen wir.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ein wirksames Mittel zum Abbau des Lohngefälles zwischen Frauen und Männern und zur gerechten Entlohnung insgesamt ist und bleibt das Mittel der Errichtung eines flächendeckenden gesetzlich fixierten Mindestlohnes und einer damit einhergehenden Höherstufung von gering entlohnter Arbeit. Und ich spreche natürlich, wenn ich hier für meine Fraktion spreche, von einem Mindestlohn von 10 Euro. Denn nachgewiesen ist durch alle Berechnungen, die auch nicht nur von der LINKEN stammen, dass auch ein Mindestlohn von 8,50 Euro nicht dazu führt, dass man nach
40 Arbeitsjahren von einer Rente leben kann, die nicht von der Unterstützung des Staates abhängig ist. Das sind die Realitäten, die wir zur Kenntnis nehmen müssen. Sehr wohl schätzen wir, dass vor allen Dingen durch den Druck der Sozialdemokratie hier im Land auch die Regierungskoalition mit den 8,50 Euro Mindestlohn einen ersten richtigen Schritt gegangen ist. Denn nur mit einem Mindestlohn ist eine existenzsichernde Rente überhaupt möglich. Der Mindestlohn würde vor allem zu einer Verbesserung der Bezahlung im Niedriglohnsektor beitragen, dem mit einem Anteil von zwei Dritteln überproportional häufig Frauen angehören, und das unterstreicht die Notwendigkeit einer solchen Mindestlohnregelung.
Staaten, die bereits einen gesetzlichen Mindestlohn eingeführt haben, weisen eine positive Bilanz bei der Verringerung der Lohnunterschiede von Frauen und Männern auf. In Großbritannien ist der Lohnunterschied allein zwischen 1998 und 2005 um vier Prozent gesunken.
Das alles, liebe Kolleginnen und Kollegen, sind Gründe für uns, dem Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zuzustimmen. – Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Ich habe die Forderungen der GRÜNEN in meinen Ausführungen im ersten Tagesordnungspunkt ja eigentlich schon mit abgearbeitet, und wir könnten eine Menge Zeit sparen, weil ja jetzt eigentlich nichts Neues hinzugekommen ist. Die Forderungen sind bereits vorhin aufgegriffen worden.
Ihre Antragsschrift heißt im zweiten Satz: „Gleichstellung am Arbeitsmarkt aktiv gestalten“. Na ja, ohne Aktivität geht es, denke ich, gar nicht. Über die Aktivitäten ist vorhin auch schon ausgiebig geredet worden.
um Lösungsmodelle für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu suchen. In diesem Zusammenhang hat Frau von der Leyen auch eine Gesetzesinitiative angekündigt,
nach der Frauen ein Rechtsanspruch auf Rückkehr in eine Vollzeitbeschäftigung ermöglicht werden soll. Das hätte sogar den Vorteil, dass Teilzeitarbeit für Männer, so denn notwendig oder gewünscht, attraktiver würde, und würde Frauen vom Stigma der Teilzeitbeschäftigung befreien.
Der „Tagesspiegel“ hatte neulich einen schönen Artikel, den haben bestimmt alle gelesen, die sich mit der The
matik befassen. In diesem steht, im Osten sei die Lohndifferenz deutlich niedriger als im Westen, was uns aber nicht zu Freude animiert. Es ist gesagt: Qualifikation spielt eine Rolle, Frauen nehmen Lohnabschläge durch Teilzeit eher in Kauf als Männer, und auch im Öffentlichen Dienst, mit seiner transparenten Tarifstruktur, bleibt eine Lohndifferenz stehen. Das hat der vorhergehende Antrag mit Beschluss anerkannt.
Was mich aber noch zu einem Satz verleitet, meine lieben Kolleginnen und Kollegen von den GRÜNEN, Sie reden in Ihrem Antrag von wirtschaftlicher Vernunft, von Zukunftsfähigkeit der Wirtschaft fast ausschließlich von Frauenförderung. Das ist nicht der richtige Weg. Fachkräften beiden Geschlechts steht eine gleichwertige Bezahlung ihrer Arbeitsleistung zu,
egal, ob jemand in einem typischen Frauen- oder Männerberuf arbeitet, und das hat, Herr Ritter, nichts mit gleicher Höhe im engsten Sinn zu tun. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte doch noch ganz kurz ein paar Anmerkungen machen zu den Ausführungen von Frau Gajek.
Frau Gajek, ich hatte mir was notiert: männliche Monokultur in Aufsichtsräten. Wie wollen Sie das Problem lösen? Wollen Sie eine Quote einführen 50/50,
90/10, 30/70? Das ist also vollkommen an der Realität in der Wirtschaft vorbeigehend. Die führenden Funktionen in Wirtschaftsbetrieben, die werden besetzt nach Qualifikation
Und insofern, würde ich sagen, lesen Sie auch mal ein bisschen Wirtschaftsliteratur von Frauen in führenden Positionen, wie die das Vorhaben der GRÜNEN zum Beispiel in Bezug auf die Quote bewerten.
Der nächste Punkt: Es ist eine Tatsache, dass Frauen eine größere Sozialkompetenz bezogen auf die Familie mitbringen,
und das versetzt die Frauen auch leider in eine Situation, dass sie, wenn sie arbeiten gehen, meist zusätzlich zu Hause nicht entlastet werden durch die Männer, leider. Das ist so.
Das ist ein Faktum und deswegen führt die Rolle der Frau als Mutter auch zu einer, ganz gleich, wie Sie es theoretisch begründen, zu einer größeren Belastung, als dass wir Männer da überdurchschnittlich belastet würden.
Noch eines: Grau ist alle Theorie, wissen wir seit Goethes „Faust“. Wenn Sie die Garantie zur Rückkehr von Teilzeit auf Vollzeit verlangen, dann müssen Sie das bitte auch den Arbeitgebern einmal erklären, wie sie das dann tun sollen. Ich erinnere Sie daran, dass gerade in Mecklenburg-Vorpommern wir ein Land sind, wo es nur in Ausnahmefällen Betriebe gibt, die mehr als 10, 15 Beschäftigte haben. Die Mehrzahl hat entschieden kleinere Belegschaften. Und dann erzählen Sie das bitte einem Handwerksmeister mit 3 Gesellen, davon 2 Frauen, wie er das praktisch, auch arbeitsrechtlich gestalten soll, ökonomisch gestalten soll, wenn das Wirklichkeit wird, was Sie sich in Ihrer grünen Theorie zurechtmachen.
Noch zwei Dinge: Tarifautonomie – die Gewerkschaften fordern ständig, gleicher Lohn für gleiche Arbeit in Bezug auf die Stellung von Mann und Frau im Berufsleben. Schauen Sie sich aber doch mal an, wie bezahlt denn die Gewerkschaft in ihren Betrieben, in ihren Unternehmungen, in ihren Stellen Frauen und Männer. Und da werden Sie sehen, dass es exakt genau dieselben Verhältnisse dort praktisch gibt, die die Gewerkschaften nach außen hin als ewig gestrig darstellen. Schauen wir uns mal an, was wir in der Tarifautonomie denn erreicht haben! Das ist etwas, was beschämend ist, wenn man das vergleicht mit dem, was die Gewerkschaften wie eine Monstranz vor sich hertragen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir werden das Ganze nicht mit Ideologie verbessern, sondern auch berücksichtigen müssen, dass Frauen eben nicht alle arbeiten wollen, die nach einer Ganztagsstelle Ausschau halten, sondern dass gerade in Mecklenburg-Vorpom- mern der überwiegende Teil der Frauen arbeiten gehen muss, weil sie,
weil sie schlicht selbst sonst nicht ausreichende finanzielle Möglichkeiten haben, ihr Leben zu gestalten, auch wenn der Mann vollbeschäftigt ist. Das ist die Realität. Also lügen Sie nicht und sagen,