Protocol of the Session on March 20, 2013

(Zuruf von Johannes Saalfeld, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wollen Sie die wirklich vernichten? Eigentlich sind doch immer die GRÜNEN dafür,

(Johannes Saalfeld, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Fragt doch mal vor Ort nach!)

dass Sie eher für besser verdienende Menschen sich einsetzen.

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Das stimmt. Partei der Besserverdienenden.)

Meine Damen und Herren, wir wollen die Wirtschaftsförderung in unserem Land nicht zurückfahren. Unser Engagement bei den Werften sei an dieser Stelle ausdrücklich benannt. Wir stehen zu unserem Industriestandort Werften, ganz im Gegenteil zur Fraktion DIE LINKE. Hier zeichnet sich meiner Auffassung nach ein Widerspruch zwischen Ansinnen und Wirklichkeit ab, wenn ich Ihr Misstrauen gegenüber dem Engagement der Landesregierung für die Werften im Lande betrachte. Es gab ja unterschiedliche Pressemitteilungen dazu.

Meine Damen und Herren, die Werften bilden das industrielle Rückgrat der maritimen Industrie in MecklenburgVorpommern. Die notwendige Neuausrichtung der Werftenindustrie in Mecklenburg-Vorpommern ist eingeleitet. Insbesondere die Nordic-Yards-Werft hat es geschafft, die Auftragsbücher mit Spezialschiffen und Offshoreplattformen bis 2017 zu füllen.

(Udo Pastörs, NPD: Das schreit doch schon wieder nach Krediten.)

Zum Problem ist jedoch die Schiffsbaufinanzierung geworden, weil sich die Banken nahezu komplett aus der Schiffs- und Werftenfinanzierung zurückgezogen haben. Deshalb ist es auch absolut richtig, dass die Landesregierung die Schiffsbaufinanzierung mit Krediten und Bürgschaften unterstützt, sofern alle haushaltsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt sind.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, natürlich kann das Land Mecklenburg-Vorpommern nicht auf Dauer für die Schiffsbaufinanzierung verantwortlich gemacht werden. Das kann nur eine aktuelle Hilfestellung sein. Genau vor diesem Hintergrund müssen alle Kräfte gebündelt werden, um die Zukunft der Schiffsbaufinanzierung auf Bundesebene und sogar auf europäischer Ebene sicherzustellen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, nun wieder zurück zum eigentlichen Fortschrittsbericht. Ich möchte einige Worte zu den Forderungen der Opposition im Finanzausschuss sagen.

(Zuruf von Johannes Saalfeld, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN forderte im Finanzausschuss eine bundesweite Anschlusslösung für den Solidarpakt II. Wenn man nicht ganz taub und blind die Debatten um die Neuausrichtung der föderalen Finanzbeziehungen verfolgt, muss man erkennen, dass die Bereitschaft der alten Bundesländer dazu nicht mehr wirklich besteht.

(Egbert Liskow, CDU: Nicht mal die GRÜNEN sind dafür.)

Eine Medienumfrage hat kürzlich ergeben, dass über 80 Prozent der Bevölkerung eine rein ostdeutsche Förderung ablehnen. Ich gehe davon aus,

(Johannes Saalfeld, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das haben wir auch gar nicht gefordert.)

dass eher ein Ausgleich des Nord-Süd-Gefälles an Finanz- und Wirtschaftskraft ab 2020 eine Rolle spielen sollte. Die Fraktion DIE LINKE behauptete im Finanzaus

schuss, die Daten der Landesregierung wären geschönt. Das möchte ich ausdrücklich zurückweisen. Das mag vielleicht in Ihrer Welt so sein, einige von Ihnen haben ja Erfahrungen damit.

Meine Damen und Herren, aus unserer Sicht hat die Landesregierung eine realistische Einschätzung der sozioökonomischen Rahmenbedingungen vorgenom

men, die im Übrigen auf statistischen Werten beruht. Da gibt es nichts dran zu deuteln, denn für die amtlichen Statistiken des Landes gelten gesetzliche Vorschriften und die sind unbestreitbar neutral, objektiv und wirtschaftlich unabhängig. Wenn Sie diese Statistiken angreifen, dann erinnern Sie mich an den Ausspruch: „Was ich selber denk und tu, das trau ich auch den andern zu.“ Die Bevölkerungsentwicklung und die Entwicklung des Bruttoinlandsproduktes sind nun mal so, wie sie sind.

Meine sehr geehrten Damen und Herren der Linksfrak- tion, die Forderung nach mehr Wirtschaftsförderung für exportorientierte Unternehmen ist ja angesichts der schwachen Exportquote Mecklenburg-Vorpommerns nachvollziehbar, widerspricht jedoch dem zögerlichen Verhalten der Linksfraktion bei der Bewertung der Werften- unterstützung durch das Land. Was denn nun, meine geehrten Kolleginnen und Kollegen der Fraktion DIE LINKE? Auch Sie müssen sich die Frage gefallen lassen, wollen Sie unsere Werften unterstützen oder nicht.

Dann kam im Finanzausschuss, auch wie gehabt, die Forderung nach mehr Geld für die Bildung. Wie Sie wissen, arbeitet unser Bildungsminister Mathias Brodkorb an einer zukunftsgerechten Bildungslandschaft für Mecklenburg-Vorpommern.

(Udo Pastörs, NPD: Tja.)

Ich kann mich an keinen Bildungsminister und keine Bildungsministerin hier in M-V erinnern, der oder die so intensiv im Dialog mit den Schulen und Hochschulen an einem Bildungskonzept gearbeitet hat.

(Egbert Liskow, CDU: Weil du noch nicht da warst. – Heiterkeit vonseiten der Fraktion der CDU)

Dafür seid Ihr ja da, um mir auf die Sprünge zu helfen.

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Ja, ja.)

Die Ergebnisse des Schuldialogs werden im Doppelhaushalt 2014/2015 deutlich zu erkennen sein. Auf eine bestimmte Summe werden wir uns weder von der Linksfraktion noch von den Bündnisgrünen zum jetzigen Zeitpunkt festlegen lassen. Dies wird in einem geordneten Prozess geschehen und auch vollzogen werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren der Oppositionsfraktionen, wir können uns kein Entweder-oder von Wirtschaft und Bildung leisten. Wir brauchen beides. Die Koalition steht für ein ausgewogenes Verhältnis von Wirtschafts- und Bildungsförderung. Die Investitionsmittel aus dem Bundesprogramm „Aufbau Ost“ haben wir jedenfalls zu 100 Prozent zweckgebunden eingesetzt. Das ist auch von der Opposition nie in Zweifel gezogen worden.

Wir bitten den Landtag daher, die vorliegende Unterrichtung der Landesregierung auf Drucksache 6/1150 zur Kenntnis zu nehmen. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Koplin von der Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Finanzausschuss schlägt dem Landtag vor, die Unterrichtung der Landesregierung zum Fortschrittsbericht „Aufbau Ost“ zur Kenntnis zu nehmen. Das können wir heute gerne tun. Die Fraktion DIE LINKE wird dem zustimmen. Wir werden dies jedoch nicht kommentarlos tun, deswegen hat die Linksfraktion auf die heutige Aussprache bestanden.

Zum einen können die oft mühevollen und zahlreichen Anstrengungen der Menschen bei der Entwicklung unseres Landes nicht oft genug gewürdigt werden, gerade öffentlich hier im Landtag. Zum anderen gehört zu einer seriösen Bilanz des Fortschrittsberichts zum „Aufbau Ost“, dass wir die Fakten klar benennen, Fehlentwicklungen kennzeichnen. Auch wollen und können wir uns nicht mit Gutwetterreden und Schönfärbereien abfinden. Gerade dann, wenn es um Fakten geht, lassen SPD und CDU einen klaren und nüchternen Blick gelegentlich vermissen.

Zunächst ein paar Worte zu Formalitäten des Fortschrittsberichts: Es ist schon mehr als ärgerlich, dass sich darin Passagen finden, die aus der Studie eines Forschungskonsortiums mit dem Titel „Wirtschaftlicher Stand und Perspektiven für Ostdeutschland“ entnommen wurden, ohne die konkrete Fundstelle anzugeben.

(Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Plagiat.)

So sind Textteile der Seite 15 des Fortschrittsberichts mit denen besagter Studie auf Seite 5 identisch. Das kann man unter Umständen als Plagiat bezeichnen.

(Egbert Liskow, CDU: Das ist ein schwerer Vorwurf, schwerer Vorwurf!)

Problematisch an dem Sachverhalt ist die denkmögliche Konsequenz eines solchen Handelns. Eine Unterrichtung auf Landesebene speist sich aus einer Studie auf Bundesebene, die nächste Studie auf Bundesebene greift dann womöglich wieder auf landesseitige Unterrichtungen zurück. Und so entsteht ein Kreislauf ohne Innovation, man könnte auch sagen, ein Kreislauf, der zu intellektueller Armut führt. Dabei reden wir doch hier über einen Fortschrittsbericht, nicht wahr?

Meine Damen und Herren, nun zu einigen Kritikpunkten in der Sache: Die Fraktion DIE LINKE hat einige uns wichtige Punkte im Finanzausschuss zur Abstimmung gestellt. Die entsprechenden Zahlen, Daten und Fakten haben wir uns nicht im stillen Kämmerlein ausgedacht, dort, wo SPD und CDU beispielsweise die unsägliche Gerichtsstrukturreform ausgeheckt haben,

(Heinz Müller, SPD: Ach, Herr Koplin!)

nein, unsere Tatsachen und Schlussfolgerungen beziehen sich allesamt auf Daten und Positionen der Unterrichtung, denen des Statistischen Landesamtes und des Landesrechnungshofes. Gestützt beispielsweise auf

deren Feststellungen, die sicher unverdächtig sind, poli

tisch linksgefärbt zu sein, kommen wir zu folgenden Schlussfolgerungen:

Erstens. Der Angleichungsprozess Mecklenburg-Vor- pommerns droht schlechter zu verlaufen als von der Landesregierung prognostiziert. Vor allem die wirtschaftliche Entwicklung des Landes verläuft schlechter, als es uns die Landesregierung glauben machen will. Wie der Landesrechnungshof feststellt, steigt das Bruttoinlandsprodukt in Mecklenburg-Vorpommern 2011 gegenüber dem Vorjahr nur um 1,3 Prozent. In den anderen neuen Bundesländern war der Anstieg in etwa doppelt so hoch.

(Egbert Liskow, CDU: Auf welcher Basis?)

Im bundesweiten Vergleich liegt Mecklenburg-Vor- pommern auf dem letzten Platz. Dies verdeutlicht, dass das Land im Jahr 2009 zwar vom konjunkturellen Aufschwung kaum negativ betroffen wurde, zugleich aber vom anschließenden Wirtschaftsaufschwung fast gar nicht profitiert hat.

Der Landtag täte gut daran, zur Kenntnis zu nehmen, dass die wirtschaftliche Entwicklung in MecklenburgVorpommern von einer weitgehenden Stagnation gekennzeichnet ist. SPD und CDU scheuen diese Feststellung im Finanzausschuss wie der Teufel das Weihwasser. Etwa,

(Heiterkeit vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU – Egbert Liskow, CDU: Weil es nicht stimmt.)

etwa, Herr Liskow, frage ich Sie, weil es unbequeme, unangenehme Wahrheiten sind?

(Manfred Dachner, SPD: Sie kennen weder Teufel noch Weihwasser.)