dass wir eine Arbeitslosenquote auf Rekordniveau hatten, und dass, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen – das muss man an dieser Stelle auch mal deutlich sa- gen –, dass trotz der verschiedenen wirtschaftlichen Aufschwünge, die wir in den 70er- und 80er-Jahren gehabt haben, jedes Mal, jedes Mal hinterher die Sockelarbeitslosigkeit höher gewesen ist als zuvor?
Und wenn wir uns heute hier in Deutschland hinstellen und die wirtschaftliche Situation der Bundesrepublik Deutschland insgesamt als positiv begrüßen und natürlich auch teilweise mit etwas Stolz darauf gucken, wie es hier im Land aussieht im Vergleich zu anderen Ländern in Europa und anderen wirtschaftlich starken Ländern außerhalb Europas, dann muss man doch mal eins klipp und klar sagen: 2003 war die Situation in Deutschland anders. 2003 hat es viele Menschen auf der Welt gegeben, die sich mit Ökonomie beschäftigt haben, die sich mit wirtschaftlichen Fragen beschäftigt haben und die auf dem Standpunkt standen, das Modell „Deutschland“, das Sozialstaatsmodell „Deutschland“ ist keine Alternative. Das haben vor ein paar Jahren noch die Amerikaner gesagt. In den letzten Jahren haben sie nachgefragt, was man denn tatsächlich übernehmen könnte aus der Bundesrepublik Deutschland.
Und wenn man das mal auf den Punkt bringen will, Herr Kollege Holter, weil Sie auch die Arbeitslosigkeit angesprochen haben, wie ist denn der Zustand tatsächlich: Heute ist die Arbeitslosigkeit in Deutschland nicht einmal halb so hoch, nicht einmal halb so hoch wie im Durchschnitt der Euroländer.
(Vincent Kokert, CDU: Da ist die Arbeit der Kanzlerin dran schuld. – Zuruf von Dr. Norbert Nieszery, SPD)
(Vincent Kokert, CDU: Wir reden nach der Bundestagswahl noch mal drüber. – Zuruf von Torsten Renz, CDU)
wenn Sie die Situation hier in Deutschland als so katastrophal beschreiben, wenn Sie die Situation in Deutschland als so katastrophal beschreiben, dann gucken Sie sich doch mal an die Frage der Jugendarbeitslosigkeit. In Frankreich liegt sie bei über 20 Prozent, in Italien liegt sie bei 35 Prozent und in Deutschland liegt sie bei rund 8 Prozent.
Und dann gehen wir auch mal darauf zurück, wie es hier in Mecklenburg-Vorpommern 2003 aussah und wie es heute aussieht. Von 1999 bis 2003 – Sie sind ja nicht der Einzige, der hier Zahlen zitieren kann –, von 1999 bis 2003 sank die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisse in Mecklenburg-Vor- pommern von 644.855 auf etwas über 575.000. Das ist ein jährlicher Verlust von 17.000 Arbeitsplätzen gewesen, 17.000 Menschen, die jedes Jahr mehr in die Arbeitslosigkeit gekommen sind. Und wenn dieser Prozess so weitergegangen wäre, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, dann hätten wir heute im Jahre 2013 fast 155.000 sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze in diesem Land weniger.
Wir würden gar nicht darüber reden, ob wir mehr hätten und wie viele wir mehr hätten. Wir hätten 155.000 Arbeitsplätze weniger.
Und, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, wenn man das dann damit vergleicht, dass tatsächlich die Situation heute so ist, dass wir im Vergleich zum Jahr 2005,
was den absoluten Tiefpunkt der Anzahl der Beschäftigungsverhältnisse in Mecklenburg-Vorpommern darstellte, tatsächlich 34.000, über 34.000 Arbeitsplätze mehr haben, dann ist das auch zu einem wesentlichen Teil der Politik der SPD im Bund geschuldet und der Agenda 2010.
Und, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, wer das nicht glaubt, der soll sich doch einfach mal die Arbeits- losenquote im Jahr 2003, im Jahr der Agenda 2010 angucken. Da lag sie hier in Mecklenburg-Vorpommern bei 20,1 Prozent. Und 2012 liegt sie bei 12 Prozent im Jahresdurchschnitt.
Und, sehr geehrter Herr Kollege Holter, sehr geehrte Damen und Herren, wenn wir 2003 noch 181.000 Menschen in diesem Land hatten, die Arbeit suchten, die
nicht wussten, wovon sie ihre Familien ernähren sollten, dann sind das bei allen Schwierigkeiten, die ich überhaupt nicht in Abrede stelle, Herr Kollege Holter, dann sind es in diesem Jahr tatsächlich oder, genauer gesagt, es ist die Zahl des Jahres 2011, weil da haben Sie ja recht, das sind die letzten aktuellen Zahlen, die komplett vorliegen, dann sind es im Jahre 2011 nur noch knapp über 107.000 gewesen. Das heißt, fast 80.000 Menschen, fast 80.000 Menschen sind weniger in Arbeitslosigkeit. Und das muss man sich dann auch klarmachen.
(Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE: Wie viele sind davon ausgewandert, wie viele sind davon in Rente gegangen? – Zuruf von Dr. Norbert Nieszery, SPD)
Und, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, auch die Zahl der arbeitssuchenden Jugendlichen hat sich in Mecklenburg-Vorpommern, sowohl was die Altersspanne bis 20 Jahre als auch die Alterskohorte zwischen 20 und 25 angeht, in den letzten Jahren seit 2003 mehr als halbiert.
die stehen für sich alleine. Und es ist ein Einfaches für jeden von Ihnen, diese Zahlen nachzulesen. Jeder von Ihnen kann die einzeln bewerten.
Und, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, es gibt noch viele Zahlen in diesem Bereich, wo dann deutlich wird, dass die Agenda 2010 bei allen Kritikpunkten, bei allen Kritikpunkten, die man bei einzelnen Punkten tatsächlich zu Recht anführen kann, und die SPD ist ja nun die Letzte, die sagt,
und selbst Gerhard Schröder ist es dieser Tage gewesen, als die Bundestagsfraktion gesagt hat: Das sind die Zehn Gebote, die in Stein gemeißelt sind. Da sind wir doch weit von entfernt. Wir sehen doch, an welchen Stellen tatsächlich entsprechender Änderungsbedarf besteht. Aber es ist zum wesentlichen Teil auch die Agenda 2010 gewesen, die dazu beigetragen hat, dass die wirtschaftliche Situation in Deutschland und auch in Mecklenburg-Vorpommern heute so ist, wie sie ist.
Und wenn Sie darauf immer wieder abstellen, wie viele Leute denn tatsächlich aus dem Bereich der Arbeit in den Bereich der sozialen Sicherungssysteme gefallen sind,
dann muss man auch mal deutlich sagen, in dem Zeitraum von 2006 – und, Herr Kollege Holter, dieses Jahr ist jetzt zufällig gewählt, es hängt nicht damit zusammen, dass Sie damals aufgehört haben als Arbeitsminister –,
in den Jahren 2006 bis 2011 ist die Zahl der Menschen hier in diesem Land, die Leistungen aus dem sozialen Sicherungssystem in Anspruch nehmen mussten, und das ist schlimm genug, dass es die immer noch gibt, ist diese Zahl von 17,8 auf 13,7 Prozent gesunken. Das ist, das muss man auch mal dazusagen, das stärkste Absinken bundesweit überhaupt, das hier in MecklenburgVorpommern festgestellt werden kann.
wir müssen nicht darüber streiten, dass die Agenda 2010 in einzelnen Punkten tatsächlich nachkorrigiert werden muss, dass sie handwerkliche Fehler hat, das ist überhaupt nicht die Frage. Das hat ja auch dazu geführt, dass zum Beispiel das Bundesverfassungsgericht darüber entschieden hat, dass entsprechend die Berechnung der Regelsätze für Kinder anders erfolgen muss, als das ursprünglich gemacht worden ist.
Es hat auch in der Handhabung Probleme gegeben. Ich will da nur das Beispiel nehmen, es wird ja immer darüber geklagt, auch in diesem Land, dass es viel zu viele Sozialgerichtsverfahren gebe. Gut, das lässt sich relativ einfach ändern, indem man zum Beispiel keine Nichtanwendungserlasse rausbringt. Wenn das Bundessozialgericht einmal gesagt hat, wir haben so entschieden, dass die Sozialämter zum Beispiel daran gebunden sind und nicht bei jedem Einzelfall wieder sagen, der könnte das durchziehen bis zum Bundessozialgericht, dann habt ihr das noch mal entschieden.
Aus meiner persönlichen Sicht, und ich glaube, das ist auch eine Position, die die SPD bundesweit teilt und auch meine Fraktion hier teilt, ist es zum Beispiel ein gedanklicher Fehler gewesen, dass damals gesagt worden ist, wir senken die Körperschaftssteuer auf 25 Prozent. Das ist der Irrglaube, heute kann man das, glaube ich, so deutlich sagen, es ist der Irrglaube gewesen,
dass dann tatsächlich mehr Geld auf die Art und Weise investiert wird. Das hat sich nicht hundertprozentig so bewahrheitet.
Und deswegen müssen wir natürlich auch heute darüber sprechen, wie diejenigen, die leistungsstärker sind, tatsächlich mehr dazu beitragen können, um eine sozi- al gerechtere Gesellschaft weiter in diesem Land zu schaffen.
Aber das ändert doch nichts daran, dass, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, die Agenda 2010 bei allen Defiziten, die sie hat, eine Erfolgsgeschichte war
(Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE: Da würde mich mal interessieren, ob Sie die Leute auch gefragt haben.)
im Vergleich zu der Situation in allen anderen europäischen Ländern, die man sich nur vorstellen kann.