(Heiterkeit vonseiten der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Barbara Borchardt, DIE LINKE: Lesen Sie mal die von der IHK Neubrandenburg.)
ich weiß, dass das wehtut, wenn man sich hier hinstellt und sagt, wo bleiben denn die Stellungnahmen,
dann mit den Stellungnahmen konfrontiert wird, aber ich muss es noch einmal tun. Mit Genehmigung der Präsidentin darf ich noch einmal zitieren und Sie werden merken, wie sehr das mit der Position der Landesregierung korreliert.
Zitat: „Sicherlich gibt es keinen direkten linearen Zusammenhang zwischen der Bevölkerungsentwicklung und der Geschäftsentwicklung in der Justiz. Allerdings scheint die Annahme einer weiter abnehmenden Tendenz der Geschäftsvorfälle durchaus zulässig und geboten. Berücksichtigt man, dass das Bundesland MecklenburgVorpommern bereits heute im Bereich der Amtsgerichte bezogen auf die Einwohnerzahl im Vergleich zu den
„(auf 1,64 Mio. Einwohner entfallen 21 Amtsgerichte = 78.190 Einwohner pro Amtsgericht), so muss die Frage gestellt werden, ob die Gerichtsstrukturen im Lande Mecklenburg-Vorpommern langfristig noch zeitgemäß sind. Wir unterstützen daher die Zielstellung, die Leistungs- und Zukunftsfähigkeit der Justiz nachhaltig zu sichern und langfristig tragfähige Strukturen zu schaffen, die sich an dem regionalen Bedarf in der Fläche und der tatsächlichen Geschäftsentwicklung orientieren.“ Zitatende, meine Damen und Herren.
das ist die Stellungnahme der IHK zu Rostock, Herr Holter. Und Sie sagen uns, wo bleiben denn die Stellungnahmen.
Ich kann auch gerne andere zitieren, aber ich will Sie schon vorwarnen, Herr Holter, ich werde noch zwei weitere Zitate aus der Stellungnahme der IHK zu Rostock bringen, weil die das in einer wundervollen Form auf den Punkt gebracht haben, was wir bei anderen Stellungnahmen vielleicht etwas verteilter finden. Aber eines scheint mir klar zu sein: Einige sagen, Sankt-FloriansPolitik darf es hier nicht geben.
Und dann ein Weiteres, meine Damen und Herren: Wir bekommen in der Diskussion, und auch Sie, Herr Holter, haben uns gerade dazu ein Beispiel geliefert, oft das Argument präsentiert „small is beautiful“ – „klein ist gut“, und Sie haben sinngemäß gesagt, wir hätten doch mal ein Konzept machen sollen, wie wir die kleinen Amtsgerichte stärken.
Die Frage ist doch, meine sehr verehrten Damen und Herren, wem dient es eigentlich, kleine Einheiten staatlicher Verwaltung, insbesondere im Bereich der Justiz, zu stärken. Führt dies wirklich zu einer besseren Aufgabenerledigung? Daran haben die Bürgerinnen und Bürger in unserem Land ein Interesse und, Herr Holter, ich kann es Ihnen nicht ersparen, dazu noch mal die IHK zu zitieren.
(Helmut Holter, DIE LINKE: Ich höre Ihnen gerne zu. – Barbara Borchardt, DIE LINKE: Haben Sie denn nur eine Stellungnahme gekriegt?)
Frau Präsidentin, ich zitiere: „Der Reformentwurf geht davon aus, dass die Qualitätssicherung und -steigerung, insbesondere bei den amtsgerichtlichen Aufgaben eine gewisse Mindestgröße eines Gerichts erfordern, um auf allen Arbeitsebenen der Justiz auch im Vertretungsfall die entsprechenden Aufgaben effizient erfüllen zu können. Aus unserer unternehmerischen Erfahrung teilen wir diese Einschätzung. Selbstverständlich sind Gerichte nicht mit Unternehmen vergleichbar. Allerdings erscheint es für uns auf der Hand liegend, dass grundsätzlich die Schaffung größerer Gerichtseinheiten bessere Möglichkeiten der Spezialisierung und effektivere Vertretungsmöglichkeiten bieten. Insofern wird die Schaffung größerer Gerichtseinheiten unsererseits grundsätzlich begrüßt. Wir konstatieren dabei, dass sicherlich auch kleinere Gerichte in der Lage sind, effizient zu arbeiten. Gleichwohl dürfte in der Tendenz die vorstehende Aussage richtig sein.“ Zitatende.
Und auch das, meine sehr verehrten Damen und Herren, nehme ich aus den Stellungnahmen. Also der Philosophie „small is beautiful“, wenn die nur schön klein sind, dann ist das alles gut, nein, meine Damen und Herren, dieser Philosophie können und wollen wir nicht folgen.
Dann ein Letztes, und das ist das Argument, das dann immer gerne gebracht wird, das Argument „Bürgernähe“. Das ist ja eine Vokabel, die wir in den Reformdiskussionen – ich weiß, wovon ich spreche – in den letzten Jahren immer wieder gebracht haben. Ich würde gerne hier mal die Frage aufwerfen, was heißt eigentlich „Bürgernähe“? Oder sollten wir nicht lieber von „Bürgerfreundlichkeit“ und „sinnvolle Dienstleistung für die Bürgerinnen und Bürger“ sprechen?
Und auch da – ich gebe zu, es ist viel, aber es ist das letzte Zitat – möchte ich die IHK zu Rostock zitieren.
(Heiterkeit vonseiten der Fraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Norbert Nieszery, SPD: Sehr gut, Heinz. Mach das ruhig, du hast noch ein paar Minuten.)
Frau Präsidentin, Sie gestatten, dass ich noch einmal zitiere. Na ja, die Stellungnahmen sollten ja hier mehr Berücksichtigung finden nach Ihrer Aussage.
Also Zitat: „Bei allen von uns befragten Unternehmern war ganz eindeutig folgende Grundaussage im Mittelpunkt stehend: Grundsätzlich wurde eine schnelle und qualitativ gute Gerichtsentscheidung als wichtiger angesehen als die räumliche Nähe zu einem Gericht.“ Zitatende.
Ich glaube, meine Damen und Herren, dieses sollten wir uns sehr, sehr genau anschauen. Geht es denn wirklich darum, ob ich 20, 25 oder 50 Kilometer zum Gericht fahre, oder geht es darum, ob ich dort schnell und in hoher Qualität eine Entscheidung bekomme?
Wie oft muss denn ein Bürger/eine Bürgerin zum Gericht? Ich glaube, wir haben ein Interesse daran, dass unsere Justiz schnell und qualitativ hochwertig arbeitet,
Und wenn, Herr Suhr, gesagt wird, dann können wir hier auf eine eigene Meinung verzichten – ich zitiere ja zustimmend, das ist also meine eigene Meinung. Aber wenn Sie gerne noch einen Aspekt aus meinem Privatleben dazu haben möchten, kann ich das gerne tun.
Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass viele, die sich in einer ähnlichen Situation befinden oder befunden haben, wie ich das vor zwei Jahren getan habe, für ein schnelles und konkretes Scheidungsurteil notfalls zum Südpol gelaufen wären, Hauptsache, es geht schnell.
(Peter Ritter, DIE LINKE: Oh Gott, oh Gott, oh Gott! Wenn Sie das als Beispiel anführen! Das ist wirklich armselig, was Sie da machen. – Zurufe von Jürgen Suhr, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN, und Udo Pastörs, NPD)
In diesem Fall, lieber Herr Suhr, wäre mir die Entfernung zum Gericht relativ unwichtig. Es geht darum, dass Justiz schnell und effektiv arbeitet.
Also, meine sehr verehrten Damen und Herren, wir werden um eine solche Gerichtsstrukturreform überhaupt nicht herumkommen. Die Frage „ob“ ist längst beantwortet. Über die Frage „wie“ haben wir – die Ministerin hat darauf hingewiesen – sehr lange und sehr ausführlich im Vorfeld gesprochen. Wir haben ja ein parlamentarisches Erörterungsverfahren noch vor uns und wir werden dort eine Fülle von Fragen diskutieren.
Der Entwurf sieht vor zehn Amtsgerichte mit sechs Zweigstellen. Ich halte dies für einen vernünftigen Vorschlag und ich halte es für sehr wichtig und möchte darauf noch einmal ausdrücklich hinweisen, auch wenn es die Ministerin schon getan hat, diese Zweigstellen sind eben nicht – und, Herr Holter, wenn man ehrlich und redlich diskutiert, dann gibt es da eben einen Unterschied zu der vorherigen Gerichtsreform –,
diese Zweigstellen werden eben nicht mit der Perspektive eingerichtet, dass sie in absehbarer Zeit aufgelöst werden, sondern sie werden mit der Perspektive eingerichtet, dass sie als solche erhalten bleiben. Deswegen werden sie im Gesetz verankert, sodass sie dann auch nur durch einen Beschluss des Landtages aufgehoben werden könnten. Das kann mit einem normalen Gerichtsstandort aber auch geschehen. Das heißt, sie sind dann von ihrem Bestand her so gut gesichert wie ein ganz normaler Gerichtsstandort.
Danke schön, Herr Kollege Müller. Sie haben vielfach von dem Sankt-FloriansPrinzip gesprochen, wenn Sie auf die Initiativen vor Ort
hingewiesen haben. Wie bewerten Sie denn die RoteKarte-Aktion des Richterbundes, der Rechtsanwaltskammer, der Notarkammer, des Landesanwaltsverbandes, des Notarbundes, des Beamtenbundes? Wie bewerten Sie das, als Sankt-Florians-Prinzip oder sind das durchaus auch Fachleute, die was von der Thematik verstehen?
Herr Kollege Ritter, wenn ich vom Sankt-Florians-Prinzip gesprochen habe, und das habe ich ja getan, dann habe ich primär an Initiativen gedacht auf der kommunalen Politikebene – Ihr Fraktionsvorsitzender hat ja selbst Beschlüsse kommunaler Vertretungskörperschaften zitiert –, solche Positionen, die primär lokal argumentieren und sagen, für unseren Ort gilt dies nicht. Das habe ich mit Sankt-Florians-Prinzip gemeint.
Die Aktion, die Sie hier ansprechen mit den roten Karten, ist in der Tat eine, die unter diese Kritik nicht subsumiert werden könnte, weil hier landesweit von einer bestimmten Berufsgruppe eine Aktion gestartet wird.