Zu klären ist zum Beispiel: Woran wird eine bürgernahe und effiziente Arbeit der Gerichte dann gemessen? Ist wirklich die Anzahl der Richterinnen und Richter das entscheidende Kriterium?
Wird die Bevölkerungsentwicklung in unserem Land sich wirklich so drastisch auf die Eingangszahlen auswirken? Und, wenn ja, gibt es nicht andere, politisch sinnvollere Wege, als Gerichtsstandorte zu schließen?
Gestatten Sie mir eine Bemerkung am Rande: Beim Parlamentarischen Abend der Freiberufler verdeutlichte der Vorsitzende der Rechtsanwaltskammer diese Frage noch einmal sehr drastisch.
Er meinte, niemand ist bisher auf die Idee gekommen, das Kabinett in unserem Land im Vergleich zu anderen Ländern zu vergleichen.
Würde man das tun, dann müsste Mecklenburg-Vorpom- mern im Vergleich zum Beispiel mit Nordrhein-Westfalen bezogen auf die Bevölkerung das Kabinett auf 1,5 Minister reduzieren.
Aber auch andere Fragen sind zu klären, auf die ich an dieser Stelle nur kurz eingehen möchte. Da stehen die Kosten für die Strukturreform, die Auswirkungen auf das ehrenamtliche Engagement sowohl der Schöffen als auch der Betreuer. Da ist die Frage der Präsenz staatlicher Einrichtungen in der Fläche und vieles andere mehr.
Meine Damen und Herren, seien Sie mutig! Lassen Sie uns in Ruhe gemeinsam einen Neustart wagen! Lassen Sie nicht zu, dass durch das Kräfteverhältnis oder, wie Herr Suhr hier schon gesagt hat, durch die Lobby einzelner Wahlkreise das Gesamtkonzept dann ins Wanken gerät, weil, wenn jetzt noch Zusagen gemacht werden, dann vom Prinzip her das Konzept ja insgesamt auch nicht mehr stimmt. Auch das sind Widersprüche. Lassen Sie uns in Ruhe einen Neustart wagen im Interesse des Rechtsstaates, der Demokratie und der Bürgerinnen und Bürger dieses Landes!
(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Jetzt kommt die große Keule. – Heinz Müller, SPD: Und des christlichen Abendlandes.)
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Ministerin Kuder hat mir sozusagen aus der Seele gesprochen. Zum wievielten Mal wir uns schon mit der Gerichtsstrukturreform in diesem Hause befassen, kann man fast gar nicht mehr erzählen,
Aber ganz klar sage ich Ihnen auch, dass das ja kein Problem ist, und es ist richtig so, dass wir hier gründlich und intensiv über die Gerichtsstrukturen in unserem Bundesland diskutieren. Das ist dringend geboten und das bestreitet niemand.
Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, was mich an dieser Debattenhistorie etwas stört, ist auch einfach der Fakt, dass Sie unsere fortwährenden Diskussionen sachlich nicht durch neue Aspekte bereichern. Stattdessen werden Anträge wie der vorliegende Antrag genutzt, um in einer Art Generaldebatte immer wieder aufs Neue die Gerichtsstrukturreform zu erklären. Das kann eigentlich nicht der ernsthafte Anspruch sein in der Sachlichkeit der Diskussionen. Populismus ist sicherlich fehl am Platze, dafür ist das Thema zu ernst.
Dass wir die Debatte um die Zukunft der Gerichtsstruktur sachlich und ideologiefrei führen wollen, zeigen die sachorientierten Beiträge der Ministerin und beispielsweise auch der Kollegin Drese. Wir führen die Debatte sachlich offen und ehrlich vor Ort in den Gerichten, im Gespräch mit Experten...
Ja, Frau Borchardt, Sie wissen aber, dass wir auch viel unterwegs sind. Sie haben es ja im Prinzip selbst in Ihrer Rede angedeutet.
Also, ein Gespräch mit Experten, mit Verbänden, mit Anwälten und natürlich auch in den eigenen Gremien – das ist unbestritten und das ist auch richtig so.
Allerdings nutzen wir diese Gespräche nicht, um den Untergang der sprichwörtlich abendländischen Justiz zu prophezeien, sondern vielmehr, um ein Reformvorhaben inhaltlich konstruktiv zu bereichern. Dass die Reformdiskussion dabei im Großen nicht leise und kritiklos abläuft und dass es innerhalb des Parlaments und auch innerhalb einer Koalition dazu unterschiedliche Interessenlagen und Positionen gibt, ist für mich folgerichtig und auch verständlich.
Dies spricht im Übrigen aber nicht gegen die Offenheit und Ehrlichkeit der Diskussionsführung unserer Regierung.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, dennoch, ich empfinde es als meine Verantwortung, gute sachliche Arbeit zu leisten, gute sachliche Arbeit, die diese Gerichtsstrukturreform konstruktiv und im Sinne aller Interessen begleitet. Hin und wieder vermisse ich diese Prämisse bei der Opposition.
Sehr geehrter Herr Suhr, nach dieser zugegeben kleinen Moralpredigt komme ich nun auch inhaltlich auf Ihren Antrag. Sie stellen einen Antrag für eine Selbstverständlichkeit, so würde ich es formulieren. Ich würde gern einige Fragen zu Ihrem Antrag aufwerfen:
(Johann-Georg Jaeger, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Den Sie selbstverständlich ablehnen. – Dr. Norbert Nieszery, SPD: Na klar.)
Sachargumente angeblich nicht schlüssig sind, und werden dann also unsachliche Argumente von der Regierung vorgebracht?
gründen, so, wie Sie es formulieren, dass Parchim als Zweigstelle von Ludwigslust erhalten werden soll?
unverrückbarer Status quo inne oder ist es gar a priori willkürliches Handeln, einen Arbeitsentwurf zu überarbeiten?
kommenden 25 Jahren eingespart werden, nur weil Ihnen dies im Verhältnis zum Justizetat nicht adäquat erscheint?
Handeln aus machtpolitischem Kalkül, so, wie es im Antrag steht, nun durch das Vernachlässigen von Sachargumenten nicht Artikel 4 der Landesverfassung und steht das Handeln der Landesregierung dann somit nicht auch im Widerspruch zum rechtsstaatlich gebotenen Handeln?
Lieber Herr Suhr, ehrlicherweise müssten Sie alle diese Fragen ganz klar mit einem deutlichen Nein beantworten. Die GRÜNEN beantragen hier, Sachargumente für eine Gerichtsstruktur zu überprüfen. Ich würde das Thema der Debatte abwandeln zu „Sachargumente für GRÜNENAntrag überprüfen“.
Meine Damen und Herren, ich habe bereits ausgeführt, als Opposition können Sie unserer Landesregierung ja vielleicht viel vorwerfen, aber bestimmt nicht, dass sie sich sachlichen Argumenten verschließt und somit eine sachlich schlechte Arbeit macht, vordergründig eine zugegebenermaßen,