Protocol of the Session on December 7, 2012

Aber nur so viel:

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Das waren nur zwei Sätze, schade. – Zuruf von Jürgen Suhr, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Land Schleswig-Holstein ist bei der Förderung und Pflege seiner Regionalsprachen deutlich weiter als Mecklenburg-Vorpommern.

(Zurufe von Heinz Müller, SPD, und Dr. Norbert Nieszery, SPD)

Dort ist es zum Beispiel möglich, mit den Behörden auf Niederdeutsch zu kommunizieren. Zudem besteht dort auch die Pflicht, den Landtag regelmäßig über die Umsetzung dieser Europäischen Sprachencharta zu unterrichten.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Es gibt noch ein paar mehr Sprachen.)

Da sollten auch wir in Mecklenburg-Vorpommern hinkommen. Wir sollten das tun, um die regionale Identität zu stärken, im Sinne eines stärkeren Selbstwertgefühls und einer lebendigen Vielfalt.

Wenn eine Sprache oder auch nur ein örtlicher Dialekt stirbt, so bedeutet das immer einen Verlust – einen Verlust an Vielfalt, einen Verlust an Kultur und mit Sicherheit auch einen Verlust von Geschichte – und das ist nicht erstrebenswert. Lassen Sie uns also den Sprachen als Trägerinnen der Kultur mit der entsprechenden Sorgfalt begegnen.

Es ist zu fragen, ob die bisherige Form, das Niederdeutsche in der Schule einzubinden, ausreicht. Letztlich haben wir es ja durchaus mit einer eigenständigen Sprache zu tun, die gegenüber dem Hochdeutschen recht eindeutig abgegrenzt werden kann. Wenn wir diese Feststellung ernst nehmen, sollten wir das Niederdeutsche auch wie eine Sprache mit der entsprechenden Systematik und Methodik und Didaktik in der Schule unterrichten oder eben auch schon im Kindergarten.

Und das heißt nicht nur, dass für die Sprachpflege Lehrkräfte verantwortlich sein sollten, die diese wirklich beherrschen, diese gibt es ja zum Glück und der Minister hat es auch gesagt, wir müssen uns zudem auch – und das ist der wichtige Punkt – über die Rahmenpläne und die Stundentafeln in den Schulen Gedanken machen und wie wir das Niederdeutsche in den Schulen gewinnbringend einsetzen können, ohne es gegen andere, zweifelsohne wichtige Inhalte der Stundenpläne auszuspielen oder auszutauschen. Und natürlich müssen auch die entsprechenden Studiengänge an den Universitäten daraufhin verändert werden.

Meine Damen und Herren, der Wert umfassender sprachlicher Kompetenz ist hier, glaube ich, unbestritten.

Die Kenntnis zusätzlicher Sprachen erweitert diese Kompetenz dabei genauso wie das Verständnis für die Unterschiede zwischen Standard- und Volkssprache, zwischen Dialekten und Soziolekten. Jede Sprache, die wir neu kennenlernen, erweitert unseren Blick dafür, was in Sprachen generell möglich ist. Für Niederdeutsch zum Beispiel existiert keine einheitliche, normierte Schriftsprache. Allein das bringt uns mehr dazu zu fragen, wie eine solche Normierung einer Sprache überhaupt entsteht, wenn wir uns in unserer Betrachtung nicht nur auf die standardisierten Sprachen beschränken.

Die Beschäftigung mit dem Niederdeutschen schärft das Bewusstsein dafür, dass die Sprache letztlich uns allen gehört und dass wir sie entsprechend sorgfältig behandeln müssen. Eine Sprache ist immer auch das, was wir, ihre Sprecher/-innen, daraus machen. In einer Sprache, die nicht einem einheitlichen Standard folgt, treten auch die regionalen und örtlichen Varietäten deutlich hervor. Diese und ihre vielfältigen gesellschaftlichen und kulturellen Wechselwirkungen gilt es zu pflegen und vor allem auch zu genießen. Darum freue ich mich nachher auch auf die Rede von Professor Tack.

Der hohe exemplarische Wert einer Regionalsprache wie des Niederdeutschen wird damit in mehreren Punkten überaus deutlich. Die Pflege eines Kulturgutes von unten sollte Mecklenburg-Vorpommern, so gut es kann, nach Kräften unterstützen. Das bestehende Engagement ist lobenswert, mehr Engagement ist möglich, wenn wir im politischen Raum es wollen. Wir wollen die Förderung der niederdeutschen Sprache verbessern und werden dem Antrag daher zustimmen.

Zum Abschluss einer langen Sitzungswoche möchte ich mich bei allen Anwesenden für ihre Ausdauer bedanken.

(Beifall vonseiten der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Wolfgang Waldmüller, CDU: Auf Plattdüütsch, auf Plattdüütsch!)

Vielen Dank, Frau Berger.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Reinhardt für die Fraktion der CDU.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kollegen! Sehr geehrte Frau Präsidentin! Entschuldigen Sie!

Meine lieben Kollegen, wir haben jetzt schon viel gehört darüber, dass die plattdeutsche Sprache oder auch das Niederdeutsche wichtig ist, es ist ja nicht umsonst auch in unserer Verfassung verankert. Es ist auch deshalb wichtig, dass Kinder und Jugendliche sicherlich mit dem Niederdeutschen, ob in der Kindertagesstätte oder in den Schulen, in Berührung kommen. Auch ich kenne das aus der Geschichte, ich zumindest habe im Kindergarten noch das Lied „Dat du min Leevsten büst“ gelernt. Da ich ja hier nicht singen darf, erspare ich Ihnen, jetzt die Strophen vorzusingen.

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Ist auch besser. – Zurufe von Dr. Norbert Nieszery, SPD, und Jürgen Suhr, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich wollte nur sagen, ich kann sie tatsächlich noch alle. Das hat nachher in der Schule, da muss ich Herrn Butzki recht geben, das Plattdeutsch oder auch Niederdeutsch, das hat dann da abrupt aufgehört. Es hatte auch im Kindergarten etwas mit den Erzieherinnen zu tun, die das von sich aus gemacht haben, weil sie das so von zu Hause her kannten.

Und deshalb glaube ich, dass wir diese ganze Sache natürlich wieder mehr mit Leben erfüllen müssen. Der Minister hat es gesagt, er ist hierbei beim Handeln, die Stelle des Beauftragten soll zum 1. Januar neu besetzt werden. Auch das Projekt an den Kindertagesstätten soll weiter ausgeweitet werden. Wir begrüßen das als CDUFraktion sehr.

Ich will zum Schluss aber noch sagen, Niederdeutsch werden wir nicht dadurch am Leben erhalten, dass wir es nur in Kindergärten und Schulen unterrichten.

(Andreas Butzki, SPD: So ist es.)

Wenn es nicht wieder zu Hause, in den Familien und in der Gesellschaft gelebt wird,

(Beifall Andreas Butzki, SPD, und Vincent Kokert, CDU)

kann Niederdeutsch eine tote Sprache werden. Dessen müssen wir uns alle bewusst sein. Es sind viele von uns im Saal hier, die kein Niederdeutsch sprechen können. Ich gehöre selbst dazu. Ich kann dank meiner Oma das meiste verstehen, aber ich bin ehrlich, sprechen kann ich es nicht. Und wenn wir das wieder mehr zum Leben erwecken wollen, dann sind sicherlich Kindergarten und Schulen ein Ansatzpunkt, aber es muss in der Gesellschaft und in den Familien gelebt werden.

Was das Inhaltliche betrifft, wir haben ja gehört, dass die Regierung am Handeln ist, und deshalb lehnen auch wir Ihren Antrag ab. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU)

Na denn man tau! Vielen Dank, Herr Reinhardt.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Petereit für die Fraktion der NPD.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich möchte den LINKEN für den vorliegenden Antrag danken. Unsere Stimmen haben Sie. Mir ist natürlich klar, dass, wenn wir den Antrag im gleichen Wortlaut eingebracht hätten, dies umgekehrt nicht der Fall wäre. Uns hätten Sie dann Deutschtümelei und Ewiggestrigkeit vorgeworfen, sich für mehr Offenheit gegenüber anderen Kulturen ausgesprochen, Sie hätten bestimmt hämisch über Plattdeutsch für platte Nazis hergezogen und die Parole „Jiddisch statt Plattdeutsch“ ausgegeben. Von daher bezweifele ich die Ernsthaftigkeit hinter dem Antrag, die ich einzelnen, ich wiederhole, einzelnen LINKEN durchaus zugestehe.

Insgesamt dürfte der Antrag jedoch taktischer Natur sein. Um dies mal mit einem Zitat von Meck-Pomm-Hits treffend zu sagen: „… immer mehr der Entscheider … nehmen Plattdeutsch pseudomäßig allenfalls in den Mund,

wenn es mal eben paßt z. B. für einen Werbeslogan oder einen Wahlauftritt. Schließlich sind die noch vorhandenen Plattdeutschsprecher auch Wähler … Da macht man gern mal auf volksnah.“ Damit ist alles gesagt, wir werden zustimmen. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der NPD)

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Professor Dr. Tack für die Fraktion DIE LINKE.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Leiwe Lüd! Ich bin sehr froh, dass mein hoch geschätzter Kollege Dr. Hikmat AlSabty diesen Antrag zur Sicherung der Förderung der niederdeutschen Sprache eingebracht hat. Wer wenn nicht er kann am besten ermessen, welchen Wert heimatliche Dialekte und Sprachen haben und was ihr Fehlen für Menschen in ihrer Heimat bedeutet. Vielen herzlichen Dank also für diese Einbringung.

(Beifall vonseiten der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Lieber Kollege Butzki, ich stimme mit Ihnen hundertprozentig überein, dass wir alleine über die Kindergärten und über die Schulen das Problem nicht lösen werden, aber da müssen wir anfangen. Ich stimme mit Ihnen völlig überein, wenn Sie sagen, es muss ein Anliegen möglichst der gesamten Bevölkerung in allen Altersstufen werden, in den Dörfern wie in der Stadt, wobei wir es auf den Dörfern noch einfacher haben.

Ich selbst habe diese Zeit auch erlebt, dass es nicht gewollt war, Plattdeutsch zu sprechen, aber spätestens dann, als ich ins Grundpraktikum beim Landwirtschaftsstudium ging, auf den Dörfern kam man gar nicht anders durch, als dass man „een bäten Platt snacken kunn“. Dat wier so. Und wenn wir mal bei Fritz Reuter sehen, „Ut mine Stromtid“, wo er dann secht, „bi’t Arftenseien un bi’t Haken“ – „Haken“ ist die plattdeutsche Umschreibung für Pflügen –, „dor hebb ik dat wat lihrt“, das ist genau die Sache, die wir wieder befördern müssen.

Meine Damen und Herren, der Artikel 16 der Landesverfassung heißt auf Niederdeutsch: „Sorg’ för Kultur un Wätenschop“. Im Absatz 2 heißt es dann: „Dat Land steiht för de plattdüütsche Sprak in un bringt ehr Pläg’ vöran.“ Alle, die wir hier sitzen, und alle, die in der Landesregierung Verantwortung tragen, müssen sich deshalb fragen lassen, wie sie zur niederdeutschen Sprache stehen und wie sie ihre Pflege voranbringen. Die bisherigen Beiträge haben mich sehr optimistisch gestimmt, dass wir hier etwas unternehmen werden.

Die niederdeutsche Sprache gehört glücklicherweise zu diesem Land wie die gelben Rapsfelder, der weite Himmel und die herrliche Ostsee. Das macht auch die Unverwechselbarkeit unseres Landes aus. „Plattdeutsch ist die Sprache der kleinen Leute“, stand in einem Leserbrief dieser Tage in der „Ostsee-Zeitung“ zu lesen, am 20.11. nämlich. Plattdeutsch ist auch die Sprache in den Dörfern, ich habe das eben aus eigenem Erleben schon dargestellt, aber wohl nicht immer die Sprache der Politik. Dieses hätte ich nicht zu den Zeiten von Harald Ringstorff an die Landesregierung hier so gesagt. Ich hatte das große Vergnügen, zwei Jahre mit ihm in der Jury für den Plattdeutschwettbewerb für Kinder und Ju

gendliche mitzuwirken. Daran denke ich außerordentlich gerne zurück.

Wir erinnern uns daran, dass im Jahre 2004 durch einen Ministererlass das Platt in den Schulen verankert wurde. Und, meine Damen und Herren, mit einem Zertifizierungskurs war Mecklenburg-Vorpommern Vorreiter im Bundesrat für niederdeutsche Sprache. Und nun? Wir müssen daran anknüpfen. Es ist traurig zu sehen, dass wir mit dem kulturellen Erbe und dieser Verpflichtung ein bisschen auf Kriegsfuß stehen. Der Erhalt und die Pflege der niederdeutschen Sprache ist offensichtlich nicht das Anliegen aller politischen Kräfte. Und man vernachlässigt es oder sieht es teilweise auch als unwichtig an.

Minister Brodkorb hat in seiner Presseerklärung am 18. Mai dieses Jahres unter dem Titel „Förderung der Brauchtums- und Heimatpflege gesichert“ geschrieben, dass diese wichtig sind und unter der Insolvenz des Landesheimatverbandes nicht leiden dürfen. Auch bietet er sich als Schirmherr für den landesweiten Plattdeutschwettbewerb an.

Aber wie sieht es entgegen diesen Beteuerungen und den Hilfsangeboten mit den praktischen Taten aus, die wenigstens die wichtige Nachwuchsförderung in Form der Vorbereitung und Durchführung des landesweiten Wettbewerbs sichern? Wird es, so meine Frage, nach Ihren Ausführungen, Herr Minister, im Jahre 2013 diesen Plattdeutschwettbewerb noch geben können? Wird man es noch schaffen, wird man es aufholen können, was als Zeitverlust eingetreten ist?

Meine Damen und Herren, über 500 Kinder und Jugendliche haben sich in jedem Jahr auf diesen Wettbewerb vorbereitet, wie der letzte Wettbewerb 2010/11 unter dem Titel „Truuch di dat, snack platt!“ zeigte. Die Kinder sind gerade auch bei der Pflege des Niederdeutschen die Zukunft in unserem Lande. Ihre Förderung und Betreuung muss oberstes Prinzip sein, wenn man den Verfassungsauftrag erfüllen will. Der Vertreter Mecklenburg-Vorpommerns im Bundesrat für niederdeutsche Sprache, Herr Dittmar Alexander, sagte zu Recht, die Zeiten sind leider vorbei, in denen das Niederdeutsche automatisch von Generation zu Generation weitergegeben wird.

Wir haben von Ihnen, Herr Minister, gehört, 154 Lehrer gibt es. Ich frage, an welchen Schulen sind sie denn eingesetzt, damit eine von Ihnen angekündigte Förderung auch auf den Punkt gebracht werden kann. Sprachen leben nur, wenn sie gesprochen werden. Und deswegen: Leiwe Lüd, daun wi wat, dormit dat in MäkelborgVörpommern wedder heit, Platt is cool! Auf Hochdeutsch: Nehmen wir alle Aktivitäten in die Hand und sichern der Förderung der niederdeutschen Sprache für die Zukunft auch ein Weiterleben! – Herzlichen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Välen Dank, Professor Tack.