Protocol of the Session on December 7, 2012

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich halte sehr, sehr viel von Gewaltenteilung, aber ich halte auch sehr viel davon, dass wir unsere Landesliegenschaften sinnvoll nutzen und nicht spitzfindig sagen,

(Johann-Georg Jaeger, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Da sind wir ja beieinander. – Zuruf von Marc Reinhardt, CDU)

die Vertreter zweier verschiedener Gewalten dürfen hier nicht in räumlicher Nähe zueinander sein.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, bitte schauen Sie sich an, wie im Augenblick der Datenschutzbeauftragte untergebracht ist – in sehr enger Nähe zu einer exekutiven Behörde – und ich glaube nicht,

(Zuruf von Johann-Georg Jaeger, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

dass die Arbeit des Datenschutzbeauftragten, der ja auch der Beauftragte für die Informationsfreiheit ist, dadurch beeinträchtigt wird. Ich glaube, ganz im Gegenteil. Er leistet mit seiner Behörde hervorragende Arbeit, auch wenn eine exekutive Behörde unter dem gleichen Dach untergebracht ist. Dieses, meine Damen und Herren, hindert vernünftige Arbeit von Beauftragten in überhaupt keiner Weise.

(Zuruf von Johann-Georg Jaeger, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Und wenn Sie sagen, lieber Kollege Jaeger, manche Beschwerden beziehen sich auf Windenergie. Ja, schon, aber schauen Sie doch bitte mal in die Jahresberichte unserer Bürgerbeauftragten der letzten Jahre. Die Masse der Beschwerden bezieht sich auf ganz andere Themen, insbesondere auf die Themen des SGB II, und da haben wir überhaupt kein Problem, dass wir dann in dem Ministerium sind, das als Energieministerium auch für Windräder eine gewisse Zuständigkeit hat.

(Marc Reinhardt, CDU: Tipps zum Energiesparen geben die da.)

Also, meine sehr verehrten Damen und Herren,

(Ulrike Berger, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das ist aber weit hergeholt.)

die Unabhängigkeit des Bürgerbeauftragten beeinträchtigt zu sehen, weil er in einem Gebäude untergebracht ist, in dem auch das Energieministerium untergebracht ist mit eigenem Eingang und mit eigener Sphäre, ist völlig abwegig.

Alle übrigen Argumente sprechen für die Unterbringung, wie sie hier vorgesehen ist, nämlich in dem genannten Gebäude, und deswegen halten wir Ihren Antrag für Unsinn und deswegen werden wir ihn ablehnen. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Das Wort hat nun die Ab- geordnete Frau Borchardt von der Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!

Herr Müller, eigentlich waren wir vorbereitet auf Ihre Argumente – ist ja nichts Neues, ne?

(Heinz Müller, SPD: Eigentlich! Eigentlich!)

Andererseits hat mich etwas teilweise schon überrascht, denn soweit ich informiert bin, gab es im Ältestenrat in Vorbereitung auf die Schaffung des Bürgerhauses ja schon eine weitgehende Einigung,

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Ja? Wo?)

bis kurz vor Schluss.

(Heinz Müller, SPD: Nö! Da sind Sie falsch unterrichtet, Frau Borchardt! Da sind Sie falsch unterrichtet!)

Zweitens, Sie haben den Antrag auseinandergenommen und Sie wissen genauso gut wie ich, dass Sie eine getrennte Abstimmung hätten verlangen können.

(Heinz Müller, SPD: Können Sie immer noch.)

Können Sie immer noch! Wir nicht, wir möchten den abstimmen, so, wie er ist.

Und wenn Sie das jetzt als verwaltungstechnischen Akt darstellen, dann, kann ich Ihnen nur sagen, haben Sie, glaube ich, ich will jetzt nicht sagen, verfassungsrechtliche Probleme, aber ich denke schon, Sie sollten noch mal darüber nachdenken, ob die Unterbringung der Beauftragten des Landes Mecklenburg-Vorpommern ein rein verwaltungstechnischer Akt ist oder ob das nicht eher eine politische Entscheidung ist.

(Zuruf von Wolf-Dieter Ringguth, CDU)

Wir als Landtag haben uns gemeinsam dazu entschlossen, die Institutionen eines Bürgerbeauftragten, eines Datenschutzbeauftragten und eines Landesbeauftragten für die Unterlagen der Staatssicherheit einzuführen,...

Frau Abgeordnete

Borchardt, lassen Sie eine Anfrage des Abgeordneten Müller zu?

Nein, jetzt nicht.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Nein, natürlich nicht!)

Bitte, dann haben Sie wieder das Wort.

… für die Unterlagen der Staatssicherheit einzuführen, um die Rechte der Bürgerinnen und Bürger zu stärken. Diese Gemeinsamkeit wurde getragen von der Erkenntnis, dass diese Institutionen wichtige Elemente eines demokratischen

Rechtsstaates sind. Bewusst haben wir uns zum Beispiel bei der Schaffung des Bürgerbeauftragten für ein niederschwelliges Angebot für die Bürgerinnen und Bürger entschieden. Mit der bloßen Schaffung dieser Institutionen ist es aber aus unserer Ansicht nicht getan, sondern

wir müssen auch die Voraussetzungen dafür schaffen, dass die entsprechenden Beauftragten vernünftige Arbeitsbedingungen, materielle Voraussetzungen und die personelle Ausstattung haben, und genau darum geht es hier in unserem gemeinsamen Antrag von BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN und der LINKEN.

Aber was ist geschehen? Nachdem die Verwaltung des Landtages geprüft hat, wie man den räumlichen Engpass in der Landtagsverwaltung beheben kann, wurde die Idee geboren, die Beauftragten des Landes in einem gemeinsamen Haus unterzubringen. Angeboten hat sich das ehemalige Gebäude der IHK hier in Schwerin.

Eigentlich war für die Beteiligten am Verfahren bis kurz vor Abschluss der Verträge alles klar, aber eben nur bis kurz vor Abschluss des Vertrages, denn – so war zu hören – das Finanzministerium befürchtete Mindereinnahmen für den BBL und bot als Alternative für die Bereitstellung der notwendigen Büroräume für den Bürgerbeauftragten frei stehende Räume im Ministerium für Energie an. Mal abgesehen davon, dass bis heute noch nicht sichtbar ist, dass der Bürgerbeauftragte dort sitzt – es ist immer noch kein Schild vor der Tür –, ist das aus unserer Sicht eine unzulässige Vermischung von Exekutive und Legislative.

Geht man auf die Internetseite des Bürgerbeauftrag- ten Mecklenburg-Vorpommerns, lese ich auf der Startseite folgenden Satz: „Wenn Sie vom Handeln … einer Stelle der öffentlichen Verwaltung im Land Mecklenburg-Vorpommern betroffen sind und sich dadurch in Ihren Rechten beeinträchtigt fühlen, unterstütze ich Sie gern.“ Da muss es doch für die Bürgerinnen und Bürger sehr sonderbar anmuten, wenn der Verteidiger ihrer Rechte in Nebenräumen genau einer der Institutionen untergebracht ist, die er eigentlich kontrollieren soll. Hämisch könnte man sagen, dann ist er wenigstens gleich vor Ort, an der Wurzel des Übels sozusagen, mit einem kurzen Weg für die Bürgerinnen und Bürger, wobei das jetzt nicht als Kritik am Energieministerium zu verstehen ist.

(Stefanie Drese, SPD: Nein?!)

Man könnte aber auch auf die Idee kommen, dass der Bürgerbeauftragte gerade dort seinen Sitz hat, damit ihn die Regierung kontrollieren kann. Aber das möchte ich der Regierung natürlich nicht unterstellen. Allerdings könnte man dann auf die Idee kommen, dass wir dem Bürgerbeauftragten vielleicht nicht den Stellenwert beimessen, der ihm von der Landesverfassung her zusteht. Und genau das ist es, was ich befürchte. Und auch der Hinweis darauf, der Bürgerbeauftragte sei mit dieser Unterbringung einverstanden gewesen, ist nicht mehr als eine hohle Phrase. Wenn man ihm zu verstehen gibt – und ich denke, das ist der Knackpunkt –, dass seine Entscheidung in dieser Sache mögliche Konsequenzen auf die Mittelzuweisung im nächsten Doppelhaushalt hat, kann von freier Entscheidung keine Rede mehr sein.

Meine Damen und Herren, ich möchte an dieser Stelle niemanden über die Gewaltenteilung belehren. Jeder sollte wissen, welche elementare Bedeutung diese in unserem Rechtssystem hat. Es gibt auch Menschen, die nicht wollen, dass bekannt wird, dass sie sich an den Bürgerbeauftragten gewandt haben, aus welchen Gründen auch immer. Wenn diese Menschen auf dem Weg zum Bürgerbeauftragten zunächst durch ein Ministerium

trotten müssen, könnte ich mir vorstellen, dass das doch etwas abschreckend wirkt.

(Heinz Müller, SPD: Das müssen sie doch gar nicht! Was erzählen Sie denn für einen Unsinn!)

Aber das Hauptgebäude – der Eingang, ich weiß,

(Heinz Müller, SPD: Bleiben Sie doch mal bei der Wahrheit! Sie wissen doch gar nicht, was im Ministerium beschlossen wurde. – Peter Ritter, DIE LINKE: Wenn wir hier die Wahrheit auf den Tisch legen, sieht es für eine Fraktion ganz schlecht aus.)

sie haben einen Nebeneingang –, in der Öffentlichkeit ist es das Ministerium für Energie und daran können Sie auch nichts verändern, selbst wenn Sie einen Nebeneingang geschaffen haben.

(allgemeine Unruhe)

In der Justiz ist es sogar vorgeschrieben, dass Institutionen der Judikative nicht in Räumlichkeiten der Exekutive untergebracht werden dürfen. Eine gemeinsame Unterbringung verstieße gegen den Grundsatz der Gewaltenteilung.

(Heiterkeit bei Heinz Müller, SPD)

Was für die Justiz gilt, muss auch für den Bürgerbeauftragten gelten. Man könnte in der Regelung zur Justiz nämlich einen Grundsatz zur räumlichen Trennung der Gewalten erkennen, der insbesondere dann gilt, wenn es um Kontrollfunktionen einer anderen Gewalt geht – und der Bürgerbeauftragte ist eine vom Landtag geschaffene Institution zur Kontrolle behördlichen Handelns. Die grundlegenden rechtlichen Wertungen sind hier identisch. Das ist so klar vielleicht nicht niedergeschrieben, aber doch eine zwingende Schlussfolgerung. Aber auch der Respekt vor den Bürgerinnen und Bürgern sowie ihren außergerichtlichen Kontrollmöglichkeiten gebietet das. Eine gemeinsame Unterbringung mit einem Ministerium widerspricht dem völlig. Ein Bürgerbeauftragter hat autonom zu sein, und überall in unserem Rechtsstaat, wo die Autonomie gewisser Stellen notwendig ist, muss auch eine räumliche Trennung erfolgen.