Protocol of the Session on December 6, 2012

Mit Ihrem Antrag wollen Sie die Darlehensvergabe für einkommensschwache Bürger und Bürgerinnen vereinfachen. Aber eine Frage hat mich doch besonders beschäftigt: Wie genau sollen diese Darlehen eigentlich zurück

gezahlt werden? Sie, meine Damen und Herren, locken nach meiner Wahrnehmung Einkommensschwache in die Schuldenfalle. Irgendwann möchte nämlich jeder Darlehensgeber sein Geld zurückgezahlt erhalten,

(Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

im Wesen des Darlehensvertrages sogar mit Zinsen. Oder sprechen wir hier vielleicht doch von einer versteckten Schenkung?

(Stefan Köster, NPD: Oh Mann, da hat Ihnen wieder jemand was aufgeschrieben!)

Jedenfalls aber ignorieren Sie, dass es bestehende gesetzliche Regelungen gibt, die gerade in diesen Lebenssituationen Schutz gewähren sollten.

Noch einmal in aller Klarheit: Unser sozialer Rechtsstaat lässt keinen Bürger, keine Bürgerin in Notlagen allein, wenn dringende notwendige Anschaffungen erforderlich sind. Für Ihren Antrag allerdings, meine Damen und Herren, besteht kein Bedarf. Die vorhandenen Gesetze bilden den erforderlichen Schutz der Betroffenen hinreichend ab. Es erübrigen sich deshalb weitere Ausführungen. Wir werden Ihren Antrag ablehnen.

(Stefan Köster, NPD: Klatschen! – Beifall vonseiten der Fraktion der CDU und Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Stefan Köster, NPD: Danke schön. Hat keiner zugehört.)

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Andrejewski von der NPD-Fraktion.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sie sind wirklich lustig. Ich stelle hier einen Antrag, wonach ich die alte Rechtslage wieder zurückhaben will – Sie finden ja den Staat so gut, also muss auch die alte Rechtslage toll gewesen sein – und die neue Rechtslage ablehne,

(Stefan Köster, NPD: Das hat er doch nicht verstanden.)

worauf Sie mir dann die neue Rechtslage erklären und sagen, hier, halten Sie sich da gefälligst dran. Die will ich aber nicht. Der Antrag zielte ja gerade darauf, dass ich die alte wieder zurückhaben will.

Und dass Sie sich um die Hartz-IV-Empfänger so große Sorgen machen, dass die in die Schuldenfalle von der NPD getrieben werden, du lieber Himmel! Es geht hier um Darlehen unter Freunden und Verwandten. Also es muss doch keine versteckte Schenkung sein. Wenn der Hartz-IV-Empfänger knapp dran ist und er braucht Geld für eine Stromnachzahlung – und das wird in der Regel nicht gewährt, auch nicht als Darlehen von der Sozialagentur – und er bekommt von einem Freund oder einem Verwandten ein Darlehen, natürlich zahlt er das dann zurück, in kleinen Raten, das ist klar, mehr kann er sich ja auch nicht leisten.

Übrigens, nach Ihrer eigenen Logik von Ihrem großartigen Sozialstaat ist es ja sogar möglich, von Hartz IV Ansparungen anzulegen und was zurückzulegen. Davon kann er dann das Darlehen auch zurückzahlen. Das Problem ist im Augenblick nur, dass nach der neuen

Rechtslage, die eine Verschlimmerung darstellt, eine wesentliche, die Betreffenden überhaupt keine Darlehen mehr kriegen können, auch nicht, um gegenwärtige und kurzfristige Engpässe zu überwinden, und dass sie deshalb nicht ihre Stromrechnung oder andere Rechnungen bezahlen können. Das könnten sie, wenn sie 300 Euro von der Oma bekämen und das dann abzahlen könnten in 10-, 20-Euro-Raten. Darum geht es. Der Staat muss sich überlegen, was er kriminalisiert.

Ich erinnere mal an einen besonderen Schwachsinn, die Prohibition in den USA. Da wurden Millionen, die mal ein Gläschen trinken wollten, kriminalisiert. Keiner verstand diese Rechtslage und sie wurde massenhaft gebrochen. Heute wollen Sie alle kriminalisieren, die mal ein Darlehen oder auch ein Geschenk einem Hartz-IV-Empfänger geben.

Wir haben im Augenblick hier in Mecklenburg-Vorpom- mern 11,7 Prozent Hartz-IV-Empfänger, zusammenge- fasst Grundsicherung, Arbeitslosengeld II und Aufstocker. Es gibt bundesweit über sechs Millionen Hartz-IVEmpfänger. Das heißt, jeder kennt einen, jeder wird Bekannte und Verwandte haben, die ihm vielleicht helfen werden. Und jeder von denen, wenn er das macht, gibt sein Geld entweder dem Staat gleich direkt, und seinem Freund und seinem Verwandten wird nicht geholfen, oder er steht mit einem Bein im Gefängnis und wird gleich- gestellt einem Betrüger, der ein Versandhaus hintergeht und betrügt und sich da irgendwas rechtswidrig herantäuscht.

Ein Staat, der ganz normales Verhalten, nämlich Hilfe unter Freunden und Verwandten kriminalisiert und Millionen Menschen bedroht, dass sie als Betrüger behandelt werden, nur, wenn sie einem Freund oder Verwandten mal ein bisschen Geld leihen, ein solcher Staat schießt sich heraus aus der Begrifflichkeit „Rechtsstaat“. Das wird von keinem mehr begriffen.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Ausgerechnet Sie sagen so was!)

Und wenn die Leute das erst mal alles sehen, dann werden sie sich immer weiter von dem abwenden, was Sie hier als Pseudorechtssystem darstellen, ganz egal auf welchem Gebiet. Sie sind eben in immer schlimmerem Maße ein sozialer Unrechtsstaat.

(Beifall vonseiten der Fraktion der NPD)

Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion der NPD auf Drucksache 6/1348. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. – Die Gegenprobe. – Und Enthaltungen? – Damit ist der Antrag der Fraktion der NPD auf Drucksache 6/1348 abgelehnt, bei Zustimmung der Fraktion der NPD, Gegenstimmen der Fraktion der SPD, der CDU, DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei keinen Enthaltungen.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 22: Beratung des Antrages der Fraktionen der SPD und CDU – Baukultur in Mecklenburg-Vorpommern, das ist die Drucksache 6/1366. Hierzu liegt Ihnen ein Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 6/1415 vor.

Antrag der Fraktionen der SPD und CDU Baukultur in Mecklenburg-Vorpommern – Drucksache 6/1366 –

Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE – Drucksache 6/1415 –

Das Wort zur Begründung hat der Abgeordnete Herr Albrecht von der Fraktion der SPD.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Baukultur ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, sowohl auf der staatlichen als auch auf privater Ebene. Gebautes ist auch ein Spiegelbild unserer Gesellschaft und unseres Zusammenlebens, dabei sinnlich erfahrbar im Alltäglichen wie im Einzigartigen.

Baukultur ist natürlich auch Prozesskultur, die Veränderung und Wandel berücksichtigt. Baukultur hilft, das Alte zu bewahren, und schafft gleichzeitig die Verbindung zum Neuen, zum Modernen, spannt damit die Brücke aus der Vergangenheit über die Gegenwart in die Zukunft. Die Weiterentwicklung der Baukultur bedeutet nichts anderes, als die Geschichte und Tradition des Landes zu bewahren und auf moderne, innovative Architektur und nachhaltige Regional- und Stadtentwicklung zu setzen.

Baukultur heißt auch, mit unserer Umwelt verantwortungsvoll umzugehen. Dabei müssen ebenso ökologische und wirtschaftliche Qualitäten berücksichtigt und mit den soziokulturellen Anforderungen in Einklang gebracht werden. In diesem Sinne braucht Baukultur ein Umfeld, das von einer hohen Sensibilität und Verantwortung aller für die Qualität unserer Häuser, Straßen, Plätze, Brücken und Parks gekennzeichnet ist.

Gerade im Zeichen des Klimawandels, des energetischen Umbaus ganzer Städte und Regionen müssen vielfältige Fragen beantwortet werden. Soll man historischen Gebäuden ansehen, dass sie energieeffizient sind? Wie kann man diese fördern, auch unter den Anforderungen der Energiewende? Nur zu schnell besteht die Gefahr, dass die Baukultur aus dem Blickfeld gerät. Erste Warnzeichen sind mit Dämmplatten vermummte Wohnsiedlungen und historisch wertvolle Bausubstanz oder zu Kleinkraftwerken umgebaute Bauernhöfe. Hier brauchen wir Antworten und Lösungen.

Baukultur sollte ganz klar finanzielle und kulturelle Werte ausgewogen berücksichtigen, um sie auf dieser Basis nachhaltig und anspruchsvoll zu gestalten, denn für Mecklenburg-Vorpommern ist Baukultur ein wichtiger Standort- und Wirtschaftsfaktor. Die Gestaltung der gebauten Umwelt, die Bewahrung des kulturhistorischen Erbes und der Schutz unserer einmaligen Landschaft sind von immenser Bedeutung für die Einwohner und die zahlreichen Touristen, die Mecklenburg-Vorpommern jedes Jahr besuchen. Und unser Land geizt nicht mit seinen Reizen. So beeindrucken die Städte und Dörfer in Mecklenburg-Vorpommern durch ihr einzigartiges Erscheinungsbild und ihr kulturelles Erbe.

(Minister Dr. Till Backhaus: Vor allem die Dörfer.)

Die Hanse-, die Residenz- und die Bürgerstädte, die Bäderorte mit ihrer einzigartigen Architektur, aber auch

die vielen Guts-, Fischer- und Bauerndörfer sind dabei typisch für unser Land. Unverwechselbare Architekturgeschichte bieten die über zweitausend Schlösser, Herrenhäuser und Gutshäuser mit ihren Parkanlagen und natürlich die Gotteshäuser in beeindruckender Backsteingotik. Der Städtetourismus hat sich zu einem echten Wirtschaftsfaktor entwickelt. Positive Beispiele sind hier zum Beispiel die Weltkulturerbestädte Stralsund und Wismar oder auch die neue Rügenbrücke.

Seit dem Jahre 2001 haben sich deshalb zahlreiche Akteure verpflichtet, dieses Bauerbe zu erhalten, zu pflegen und sinnvoll zu nutzen. Architekten, Ingenieure und Vertreter aus Politik und Verwaltung haben sich in der Initiative Baukultur in Mecklenburg-Vorpommern zusammengeschlossen, um sich engagiert für hochwertige moderne Architektur und eine nachhaltige Regional- und Stadtentwicklung einzusetzen. Für die schrittweise Umsetzung einer hohen Baukultur wurden in 21 Thesen Vorschläge und Maßnahmen unterbreitet.

Auf der Grundlage dieser Thesen hat der Landtag von Mecklenburg-Vorpommern als erstes Bundesland im Jahre 2003 einen Beschluss zur Förderung der Baukultur gefasst. Ziel ist es, auf Grundlage eines breiten öffentlichen Dialogs eine schrittweise Verbesserung der Baukultur im Land zu erreichen.

Meine Damen und Herren Abgeordnete, zur Verbreitung von Baukultur im Land gibt es bereits heute viele bemerkenswerte Aktivitäten, aber es bedarf noch einer stärkeren Vernetzung. Baukultur ist im Landesraumentwicklungsprogramm Mecklenburg-Vorpommern als eine Leitlinie der Landesentwicklung formuliert. So würdigt seit 1998 die Landesregierung gemeinschaftlich mit der Architektenkammer und der Ingenieurkammer Mecklenburg-Vorpommern herausragende Bauwerke in zweijährigem Rhythmus mit einem Landesbaupreis.

Viele Landesbauten sind als Beitrag zur Baukultur im Ergebnis von Architekturwettbewerben entstanden. Acht Preisträger wurden mit dem diesjährigen Landesbaupreis 2012 geehrt, darunter sind der Neubau ECOLEA Internationale Schule in Schwerin und der Neubau des landwirtschaftlichen Wohn- und Betriebsgebäudes in Rambin. Um die Debatte über die Qualität von Baukultur in der Öffentlichkeit zu fördern, bedarf es weiterhin eines kontinuierlichen Dialogs zwischen allen am Planungs- und Bauprozess Beteiligten mit den Nutzern.

Mecklenburg-Vorpommern befindet sich derzeit in der Phase rückläufiger Bevölkerungszahlen und massiver Wohnungsleerstände. Damit stehen wir vor einem grundlegenden Strukturwandel in der Bau- und Siedlungsentwicklung. Der Bericht über die Aktivitäten der Initiative Baukultur Mecklenburg-Vorpommern wird insofern eine gute Grundlage für die weitere Diskussion und Arbeit sein.

Um auch in Zukunft auf eine hohe Baukultur setzen zu können, bedarf es einer Verstetigung der Initiative Baukultur in Mecklenburg-Vorpommern. Unser Ziel muss weiterhin bleiben, das öffentliche Bewusstsein für die gebaute Umwelt zu stärken und die Bürgerinnen und Bürger für die Baukultur zu begeistern, denn eine Erhöhung der Attraktivität der Städte und Dörfer führt zu einer Verbesserung der Lebensqualität und kann insbesondere einem weiteren Bevölkerungsrückgang im Land entgegenwirken.

Natürlich wird vielfach auch mit öffentlicher Unterstützung und mithilfe von Transferleistungen des Bundes gebaut. Dafür ist es aber auch dringend erforderlich, dass erfolgreiche und bewährte Bundesprogramme nicht gekürzt und zusammengestrichen werden wie jüngst das Programm „Soziale Stadt“. Gegenüber dem Bund setzen wir uns deshalb für die Fortführung der Städtebauförderung auf hohem Niveau ein.

Seit Jahren ist die Städtebauförderung ein Erfolgsprogramm und eine tragende Säule, wenn es um die kontinuierliche städtebauliche Erneuerung geht. Das Land wird dabei zu seiner eigenen Verantwortung im Rahmen der Städtebauförderung stehen und die spezifischen Belange des Landes sowohl unter dem Blickwinkel der demografischen Entwicklung als auch der sozialen Stadt ausreichend berücksichtigen.

Die SPD-Fraktion von Mecklenburg-Vorpommern und ihr Koalitionspartner bekennen sich zu den besonderen baulichen Werten des Landes, die sich als Ergebnis der mehr als tausendjährigen Baugeschichte als gebaute Kultur darstellen. Vor diesem Hintergrund fördern wir die Initiative Baukultur Mecklenburg-Vorpommern und werden den Aufbau des Netzwerkes Baukultur auch zukünftig begleiten.

Mit dem Netzwerk wollen wir erreichen, die Akzente im baukulturellen Leben in Mecklenburg-Vorpommern zu bündeln und die Aktivitäten besser aufeinander abzustimmen. Auch mit Blick auf die Bundesebene wird das Thema Baukultur durch die Gründung der Bundesstiftung Baukultur besonders befördert. Wir erinnern uns, das Gesetzgebungsverfahren zur Einrichtung der Bundesstiftung wurde damals von der rot-grünen Bundesregierung eingeleitet.

Meine Damen und Herren Abgeordnete, im Namen der SPD-Fraktion bitte ich um Ihre Zustimmung.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Danke.

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 60 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Und ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat jetzt der Minister für Wirtschaft, Bau und Tourismus, der Herr Glawe.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Im Koalitionsvertrag unter Ziffer 47 findet sich, wie ich finde, eine gute Definition des Begriffes „Baukultur“. Hier heißt es sinngemäß: Besondere bauliche Werte des Landes, die sich in unseren Dörfern und Städten als Ergebnis der tausendjährigen Baugeschichte als gebaute Kultur darstellen, sind bewahrenswert und in besonderer Weise für die Geschichte wichtig, als Zeitzeugen wichtig, und die Fragen der Verwertung von Stein und Holz sind besonders anspruchsvoll.