Wir arbeiten daran, aber ich bin nicht hoffnungslos. Das wird ein dickes Brett, aber daran wird man noch ein bisschen bohren müssen.
Die Zahlen des Armuts- und Reichtumsberichtes der Bunderegierung sind eben von Frau Rösler noch mal an bestimmten Stellen pointiert hochgezogen worden. Auch ich möchte mich auf einen besonderen Fakt beziehen: Zwischen 1998 und 2008, also in zehn Jahren, ist das Nettovermögen des Staates um 800 Milliarden Euro zurückgegangen. Als einen Grund hierfür führt die Bundesregierung die mit der Finanz- und Wirtschaftskrise verbundenen Rettungsmaßnahmen an. Es sei eine Verschiebung privater Forderungen und Verbindlichkeiten in staatliche Bilanzen feststellbar, heißt es in dem Bericht. Gleichzeitig informiert die Bundesregierung, dass sich das private Vermögen fast verdoppelt hat im gleichen Zeitraum.
Die Presse hat ja in den letzten Tagen schon ausführlich darüber berichtet, dass die Bundesregierung im Armuts- und Reichtumsbericht nicht gerade dazu neigt, die Probleme deutlich beim Namen zu nennen, aber was sie so sachlich und nüchtern als Verschiebung in staatliche Bilanzen beschreibt, ist in meinen Augen nichts weiter als eine große Gerechtigkeitslücke, und die gilt es zu schließen. Denn gerade mit Blick auf kostenintensive Maßnahmen des Staates zur Stabilisierung der Finanzmärkte ist eine höhere Beteiligung von Vermögenden an der Konsolidierung der Staatshaushalte gerechtfertigt. Gerade sie profitieren von einer stabilen Währung, einer prosperierenden Wirtschaft in ganz besonderem Maße.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich halte die Wiederbelebung der Vermögenssteuer für eine gute und wichtige Möglichkeit, die ungleiche Vermögensverteilung in Deutschland zu korrigieren und gleichzeitig die Einnahmen der Länderhaushalte zu verbessern,
und zwar strukturell zu verbessern. Denn gegenüber der Einkommenssteuer hat die Vermögenssteuer immer noch den Vorteil, dass sie Kapital und nicht Einkünfte
Mit diesen Überlegungen, das wissen Sie, bin ich nicht allein. Zusammen mit den Finanzministerien der Län- der Baden-Württemberg, Berlin, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein befassen wir uns zurzeit sehr intensiv mit der Ausgestaltung einer wiederbelebten Vermögenssteuer. Ein von uns in Auftrag gegebenes Gutachten, in dem die Aufkommens- und Verteilungswirkungen untersucht wurden, ist Mitte Oktober ver- öffentlicht worden. Unter vorsichtigen Annahmen können bei einem einheitlichen Steuersatz von einem Prozent dem Gutachten zufolge bundesweit 11,5 Milliarden Euro eingenommen werden.
Unser Bundesland könnte nach dem Länderfinanzausgleich mit Mehreinnahmen von bis zu 220 Millionen Euro rechnen.
Ein für manche überraschendes Ergebnis dieser Untersuchung war, dass bei Freibeträgen von 2 Millionen Euro für Ledige und 4 Millionen für Verheiratete – also wir sind nicht bei Omas kleinem Häuschen, ja? – bei der Vermögenssteuer die Verwaltungskosten sich auf lediglich 1,8 Prozent des erzielten Aufkommens belaufen würden. Das ist deutlich weniger, als bislang in öffentlichen Diskussionen behauptet wurde.
Die Wiederbelegung der Vermögenssteuer ist dringend geboten, aber dafür bedurfte es nicht der Aufforderung durch Ihren Antrag, denn wir haben schon mal angefangen. Schon seit November vergangenen Jahres begleitet das Finanzministerium die Arbeiten zur möglichen Wiedereinführung der Steuer.
(Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE: Dann verstehen Sie das doch als Unterstützung! – Peter Ritter, DIE LINKE: Machen sie doch nicht!)
Vor dem Hintergrund auslaufender Solidarpaktmittel, der Einnahmerückgänge durch sinkende Einwohnerzahlen und zu erwartende Änderungen bei den EU-Struktur- fonds sehe ich mich als Finanzministerin in der Pflicht, alle Möglichkeiten zu prüfen, die die Einnahmen des Landeshaushaltes dauerhaft verbessern. Dabei ist es selbstverständlich, dass der Landtag über alle weitreichenden Pläne auch informiert wird.
Eins möchte ich aber deutlich machen: Eine Vermögenssteuer um jeden Preis, wie es der Antrag nahelegt, wird es vermutlich nicht geben. Die neue Regelung muss zum einen verfassungskonform ausgestaltet sein, zum anderen müssen die Mehreinnahmen in einem vernünftigen Verhältnis zum Verwaltungsaufwand stehen. Ganz konk
ret habe ich daher Bedenken, wenn in dem Antrag die Absenkung der Freibeträge gefordert wird. Das würde zwangsläufig zu einer deutlichen Erhöhung der steuerpflichtigen Personenzahl führen und damit die Erhebungskosten deutlich steigern. Die Wiedereinführung der Vermögenssteuer soll aber nicht zum Beschäftigungsprogramm für Finanzbeamte werden, sondern, ich sagte es bereits, eine Gerechtigkeitslücke schließen, indem unter anderem diejenigen, die in besonderem Maße von staatlichen Rettungsprogrammen profitiert haben, vom Staat auch angemessen beteiligt werden, ich wiederhole, angemessen.
Die Vermögenssteuer soll keine Neidsteuer sein. Die Forderung in dem Antrag, gleich eine Steuer von fünf Prozent zu erheben, ist daher meiner Ansicht nach nicht nur überzogen, sie ist verfassungsrechtlich auch höchst bedenklich. Daher mein Appell: Lassen Sie uns über Steuergerechtigkeit diskutieren ohne Scheuklappen, aber auch ohne Schaum vor dem Mund!
Und noch einmal zum Koalitionsverhalten, Frau Rösler: Ich will dem auch gerne noch entgegnen, wir haben beim Spitzensteuersatz natürlich das Thema Große Koalition im Bund dargestellt. Wenn ein Partner nicht mitmacht, sind wir in dem Moment dann zu einer Enthaltung verpflichtet. Das war immer so, das ist auch egal, in welcher Koalition so etwas läuft.
Ja, die sind anschließend mit einer Koalitionskrise beerdigt worden, Herr Ritter, habe ich noch sehr gut in Erinnerung. Ich denke nicht, dass das eigentlich so die Regel sein sollte. Man hat die Möglichkeit, sich als jeweilige Fraktion sehr deutlich zu positionieren, dazu zu stehen und im Finanzausschuss auch so zu handeln – da bin ich als Finanzministerin.
Was den Bundesrat anbelangt, so ist das einmal gut und einmal schlecht. Ich war zum Beispiel ja auch sehr erfreut, dass wir bei DBA Schweiz als SPD verhindert haben, dass Mecklenburg-Vorpommern zustimmt, und damit diesem Abkommen keine Chance gegeben haben. Also Große können in der Tat auch mal Zähne zeigen bei dem Thema.
Bei der Vermögenssteuer bin ich vorsichtig optimistisch, dass sich auch unser Koalitionspartner dem Gedanken nähern wird: Die Einnahmeseite muss deutlich ausgewogener gestaltet werden. Und bei den Zahlen, die unter anderem der aktuelle Armuts- und Reichtumsbericht gegeben hat, muss man schon sehr gute Argumente haben, um da nicht mit einer solchen ausgleichenden Gerechtigkeit zu antworten. Ich weiß, wir brauchen einen langen Atem, den haben wir, und wir werden beharrlich an diesem Thema arbeiten.
Ich würde mich gar nicht wundern, dass Mitte des nächsten Jahres zu dem Thema schon ein gemeinsamer Schritt gegangen wird. In diesem Sinne ist es wichtig für unser Land, dass wir bei dem Thema Einnahmen eine gute Lösung finden, also Ja zur Wiedereinführung der Vermögenssteuer.
Frau Rösler, wenn man Ihrem Beitrag Glauben schenken sollte, würde der Eindruck entstehen, die Landesregierung wäre im Dornröschenschlaf, wenn es um die Vermögenssteuer geht. Aber gerade das ist nicht der Fall, wenn Sie den Worten von Frau Finanzministerin Polzin zugehört haben.
(Jeannine Rösler, DIE LINKE: Das haben wir auch nicht gesagt. – Zuruf von Torsten Koplin, DIE LINKE)
In diesem Sinne möchte ich mich kurzfassen und im Folgenden begründen, warum die CDU-Fraktion den Antrag der Fraktion DIE LINKE ablehnt.
Die Fraktion DIE LINKE fordert, dass der Landtag beschließen möge, dass er es für dringend geboten hält, die Vermögenssteuer wieder einzuführen. Hierzu stelle ich fest – und ich nehme noch mal Bezug auf Frau Ministerin Polzin, die gerade erläutert hat, wie aktiv das Ministerium in dieser Frage arbeitet –, das Finanzministerium des Landes Mecklenburg-Vorpommern prüft bereits gemeinsam mit den Finanzministerien anderer Bundesländer, unter welchen Bedingungen die Wiedereinführung einer Vermögenssteuer sinnvoll ist. Bevor der Landtag in dieser Frage eine voreilige Festlegung trifft, sollten die Prüfungsergebnisse der Finanzministerien abgewartet werden.
Die im Antragstext formulierte angebliche Dringlichkeit der Forderung nach der Wiedereinführung der Vermögenssteuer ergibt sich daraus nicht. Eine Steuer ist und darf niemals Selbstzweck sein. Das Ziel muss sein, dass der Staat über genügend Einnahmen verfügt, um seine Ausgaben sinnvoll wahrzunehmen, und dass diejenigen, die viel leisten können, einen größeren Beitrag zur Finanzierung des Gemeinwohls leisten als diejenigen, die weniger leisten können. Dieses Ziel an einer einzelnen Steuerart festzumachen, greift zu kurz und zeigt offensichtlich die ganze Konzeptionslosigkeit, mit der die Fraktion DIE LINKE auf diesem Feld agiert.
Sehr geehrte Damen und Herren, die isolierte Debatte um die Vermögenssteuer lenkt daher nur von den wirklichen Herausforderungen ab. Es ist eine reine Neiddebatte um eine Steuer, die übrigens nicht grundlos vom Bundesverfassungsgericht kassiert worden ist.
Und hier schließe ich mich den Worten von Frau Polzin auch an: Bei der Vermögenssteuer ist eine breite Akzeptanz erforderlich, es darf also nicht der Eindruck einer Neiddebatte oder Neidsteuer entstehen.
Dass das Land Mecklenburg-Vorpommern prüft, unter welchen Bedingungen eine solche Steuer sinnvoll ist, ist gleichwohl ein legitimes Verhalten. Ich weise aber an dieser Stelle auch darauf hin, dass ich eine Steuer, die in der Erhebung möglicherweise mehr kostet, als sie am Ende einbringt, für systematisch fragwürdig halte. Zudem, ich wies bereits darauf hin, sollte stets das Steuerrecht als Ganzes betrachtet werden. Isolierte Diskussionen um Steuerarten bringen niemanden weiter.
Im Übrigen war es auf Bundesebene bereits im Jahr 2006 die damalige Große Koalition aus CDU und SPD, die zum Beispiel auch die sogenannte Reichensteuer eingeführt hat. Sie von der Fraktion DIE LINKE haben damals im Bundestag dagegen gestimmt. Ich denke daher, dass Sie uns nicht über das Thema Steuergerechtigkeit zu belehren haben.
Warten wir also gemeinsam ab, zu welchen Ergebnissen das Finanzministerium im Rahmen seiner Prüfung kommt! Solange sollten wir hier keine Beschlüsse zu dem Thema fassen, nicht heute und auch nicht sonst irgendwann.
(Heiterkeit bei Barbara Borchardt, DIE LINKE: Niemals! Egal, welches Ergebnis das Finanzministerium vorlegt.)
Die Fraktion der CDU lehnt den Antrag der Fraktion DIE LINKE daher aus den vorgenannten Gründen ab. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.