Nun geht es in diesem Antrag schwerpunktmäßig um die Tierhaltung in unserem Lande. Ich bin fest davon überzeugt, dass eine Tierhaltung, die tier- und standortgerecht ist und zur Region passt, kein Hindernis für die Entwicklung von Tourismus- und Gesundheitswirtschaft darstellt, sondern eine Grundvoraussetzung für eine nachhaltige Landwirtschaft ist. Unsere Vorschläge sind dazu bekannt. Maximal zwei Großvieheinheiten pro Hektar im Betrieb, ich wiederhole es, im Betrieb, und ausreichend eigene Flächen für die Futterversorgung und die Abprodukteverwertung und die Zahlung des Mindestlohns sind Fördergrundlagen, weil wir sozial an die Sache herangehen.
Wir müssen in dieser Diskussion um die Tierhaltung aber auch Fakten sehen und anerkennen. Meine Damen und Herren, 35 Prozent unserer Betriebe im Land haben keine Viehhaltung mehr. Und auch nicht alle Biobetriebe halten Tiere. Die Tierbestände verringerten sich, ein Blick zurück auf 1989/90, sie verringerten sich bis zum Jahre 2010 insbesondere mit Blick auf die Rinder und die Schweine, bei den Rindern von 1,3 Millionen auf 544.000 Stück, bei Schweinen, hier ist die Reduzierung noch wesentlich größer, von 2,8 Millionen auf 765.000 Stück.
Mit dem drastischen Rückgang der Tierzahlen ging logischerweise auch der Anfall von Gülle und Stallmist
im Lande zurück. Meine Damen und Herren, nur noch 40 Prozent der Ackerfläche des Landes werden mit organischer Substanz, und dazu zähle ich Gülle, Mist und Gärreste, versorgt. Der notwendige Kreislauf Boden– Pflanze–Tier–Boden als eine Voraussetzung für den Erhalt der Bodenfruchtbarkeit, die wir ja alle wollen, ist somit nicht ausreichend gewährleistet.
Ein Blick voraus: Auch wenn alle derzeit im Bau befindlichen Anlagen über die Größe – darauf komme ich noch zu sprechen – der Tierhaltung in Betrieb gehen, bleibt Mecklenburg-Vorpommern ein an Nutztierhaltung armes Land. Wir wollen, und das sage ich ganz klar, keine Konzentration der Tierhaltungsanlagen in einigen Landesteilen. Wir brauchen überall eine regional verträgliche Tierhaltung. Wir wollen keinen Gigantismus beim Bau von Tierhaltungsanlagen. Anlagen wie in Alt Tellin mit 10.500 Sauen passen nicht in die Region. Das haben wir von Anfang an gesagt.
Das haben wir von Anfang an gesagt. Auch wenn diese Anlage nach geltendem Recht erbaut und hoffentlich auch betrieben wird, finde ich es persönlich schade, dass sich der Bauernverband des Landes nicht gegen dieses Riesenprojekt gestellt hat.
Damit, meine Damen und Herren, wurde aus meiner Sicht eine Chance vertan, ein Leitbild für ein nachhaltiges bäuerliches Wirtschaften und auch die Ablehnung dieser Anlage und des Investors durch viele regionale Mitglieder zu demonstrieren.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, wir sind auch bei Ihnen, wenn es darum geht, die Forschung stärker auf das Tierwohl und eine nachhaltige Landwirtschaft auszurichten. Sie finden dazu in unseren Anträgen sehr viele Forderungen. In Ihrem Antrag in Punkt 7 wollen Sie, dass sich die Landgesellschaft und die LMS, das ist die Beratungsgesellschaft, aus der Planung von Tierhaltungsanlagen zurückziehen. Ich glaube nicht, dass das eine sinnvolle Lösung wäre.
Auch DIE LINKE hat überlegt, wie sie damit umgeht, dass von ihr hochgeschätzte Fachleute eine Tierhaltungsanlage planten, die wir vor allem wegen ihrer Größe ablehnen. Trifft die Schuld jetzt diese Gesellschaften oder trifft es uns in der Landespolitik? Ist es besser, meine Damen und Herren, für unser Land, wenn zum Beispiel Planungsgesellschaften und Ingenieurbüros aus anderen Bundesländern diese Tätigkeiten übernehmen? Ich sage eindeutig: nein.
Hätte die Landespolitik bei Investorensuche und Standorten mehr Verantwortungsbewusstsein und Vorausschau an den Tag legen müssen, obwohl diese Anlage nach dem geltenden Recht geplant wurde? Auf jeden Fall ist übersehen worden, dass es inzwischen bei der Investition in Tierhaltungsanlagen, ob man es wahrhaben will oder nicht, um politische Dimensionen geht.
Lösen wir diese Probleme, wenn diese Gesellschaften in Zukunft keine Stallanlagen planen oder begleiten? Ich
glaube nicht, denn diese Gesellschaften haben hochkompetente Mitarbeiter und ein exzellentes Know-how, das haben sie vielfach bewiesen. Zum Beispiel hat die Landgesellschaft mit ihren Töchtern – Minister Backhaus hat diese Töchter hier ja vorgestellt – bisher etwa 1.700 Stallanlagen im Lande geplant, etliche davon im Biobereich und im Rahmen der Programme zur Verbesserung der artgerechten Tierhaltung, an denen auch die Berater der LMS beteiligt sind. Wir sollten vielmehr darüber nachdenken, wie diese beiden Kompetenzcenter, Landgesellschaft und LMS, besser noch für die nachhaltige Entwicklung der Landwirtschaft und der ländlichen Räume zu nutzen sind. Ich denke dabei zum Beispiel an die Fortführung der Flurneuordnung, die wir ja hier in der letzten Sitzung beschlossen haben.
Der Vollständigkeit halber will ich noch darauf hinweisen, dass Ihre Argumentation, liebe Kolleginnen und Kollegen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, zur Gemeinnützigkeit falsch ist. Die Landgesellschaft ist keine Religionsgemeinschaft, die nach der angeführten Abgabenordnung zu bewerten ist. Die Anerkennung der Gemeinnützigkeit der Landgesellschaft beruht unter anderem auf ihrer Tätigkeit als Siedlungsunternehmen des Landes und sie erhält daraufhin die Körperschaftsteuerbefreiung auf Grundlage des Paragrafen 5 Absatz 12 Körperschaftsteuergesetz. Die LMS hat keinen Gemeinnützigkeits- status, wie von Ihnen in der Begründung zu Punkt 7 behauptet. Da Sie auch von öffentlich finanzierten Unternehmen reden – hier hilft ein Blick in den Landeshaushalt, beide Gesellschaften sind nicht öffentlich finanziert.
Meine Damen und Herren, die Kritik an Fehlentwicklungen wie zum Beispiel zu hohem Antibiotikaeinsatz nehmen wir sehr ernst. Wir haben darüber ja auch im Agrarausschuss schon beraten. Zu beraten wäre aus meiner Sicht nach Vorliegen aller Ergebnisse des Antibiotikamonitorings im Lande, ob ein Landesplan zur Reduzierung auf gesetzlicher Grundlage eingeführt werden kann. Im Moment fehlt für die Umsetzung und Verbindlichkeit eines solchen Landesplanes der gesetzliche Hebel.
Wir haben kürzlich, darauf will ich an dieser Stelle hinweisen, zu unserem Antrag zur Eiweißpflanzenstrategie die Fehlentwicklung der Eiweißfutterversorgung aus Übersee und deren Folgen behandelt und werden uns demnächst damit im Agrarausschuss, Sie haben alle den Fragestellungen zugestimmt, befassen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Erwartungen an die Landwirtschaft sind sehr hoch und vielfältig. Sie soll die Versorgung mit bezahlbaren Lebensmitteln und Energie sichern, sie soll Arbeitsplätze in den Dörfern bieten und gut bezahlen, sie soll den Klimawandel verlangsamen und ihm trotzen und sie soll die biologische Vielfalt erhalten und wieder verbessern. Diese Erwartungen der Gesellschaft haben alle einen nachvollziehbaren Hintergrund. Mehr Nachhaltigkeit ist also notwendig, darin stimmen wir überein. Nachhaltigkeit heißt für uns aber, neben sozialen und ökologischen, auch die ökonomischen Möglichkeiten und die Grenzen der Landwirtschaft zu sehen.
Die Landwirtschaft produziert für einen, das wissen Sie, für einen offenen europäischen Markt, der es ermöglicht, zum Beispiel französischen Käse in allen Variationen jederzeit auch bei uns zu kaufen. Der Markt macht es aber auch einfach, im Ausland billig produzierte Hühnereier in unsere Ladentheken zu bringen, wenn wir sie
nicht selbst produzieren. Wir wollen mehr regionale Kreisläufe und setzen das der Globalisierung entgegen.
Zu den Realitäten gehören auch Betriebsgrößen und -formen in unserem Lande, die die Agrarstruktur prägen. Unser favorisiertes Modell, und das wiederhole ich im internationalen Jahr der Genossenschaften hier sehr gerne, ist das agrargenossenschaftliche Modell. Das ist eine Form der Wirtschaftsdemokratie, in der die Gewinnmaximierung in aller Regel und nach Erfahrungen im Lande nicht das höchste Ziel ist. Diese Rechtsform hat sich nicht nur aus unserer Sicht bewährt und den Strukturwandel gut gemeistert. Gute Genossenschaften, gute Genossenschaften, ich wiederhole es noch einmal, stehen im ländlichen Raum besonders für eine regionale Einbindung, breite Eigentumsstreuung und gute Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten, vor allem aber auch für eine vielzweigige Produktionsstruktur. Damit will ich andere Strukturen in der Landwirtschaft nicht zurücksetzen, wir sind für gleiche Chancen.
Die Debatte über kleine oder große Agrarbetriebe muss auf das wirklich wichtige Kriterium von Gemeinwohlleistungen auf der Fläche objektiviert werden. Für gleiche Umwelt- und Sozialleistungen muss auch die Förderung pro Hektar die gleiche sein. Kappung und Degression der Direktzahlungen lehnt die Linksfraktion nach wie vor ab. Wer der EU-Agrarpolitik eine Zukunft geben will, muss sie auf eine neue Grundlage stellen. Sie muss deutlich sozialer und ökologischer werden. Dann wird auch ihre Förderung weiterhin von der Gesellschaft akzeptiert.
Die Berücksichtigung von zwei Leistungen ist der Linksfraktion besonders wichtig: der Erhalt und die Schaffung von fair bezahlten Arbeitsplätzen und die ökologische Aufwertung der Agrarlandschaft. Der Faktor Arbeit muss viel stärker in der EU-Agrarpolitik berücksichtigt werden und die Greening-Maßnahmen sind nicht nur für die Biodiversität wichtig und notwendig. Wir haben also sehr viel Diskussionsbedarf, schließlich geht es auch um die Zukunft eines Wirtschaftszweiges, der zu den erfolgreichsten und stabilsten Wertschöpfungsquellen unseres Landes gehört. Deshalb werbe ich noch einmal für die Überweisung in den Agrarausschuss. Das scheint mir das richtige Dialoggremium zu sein. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich werde meine Rede jetzt mal anders beginnen, als ich es vorgehabt habe.
Und Frau Gerkan hat in ihrer Rede einige Passagen gehabt, die veranlassen mich jetzt hier, darauf mal einzugehen.
Meine Damen und Herren, wir sind das Land mit der geringsten Nutztierdichte. Das hat der Minister ausgeführt. Frau Gerkan hat aber gesagt, die demokratische Ordnung ist gefährdet, wenn sich in unserer Nutztierhaltung nichts ändert. Frau Gerkan, ich möchte Sie herzlich bitten, Sie werden ja wahrscheinlich eine Entgegnung haben, genau diesen Punkt für mich herauszuarbeiten, denn ich bin gespannt, wie Sie das begründen werden. Droht eine Revolution oder droht eine Diktatur, wenn wir unsere Nutztierhaltung nicht ändern? Das würde mich echt mal interessieren, wie Sie das begründen.
Meine Damen und Herren, ich habe vielmehr den Eindruck, dass die GRÜNEN, nachdem das Thema Atomkraft weggefallen ist, ein neues Thema suchen,
und hier wird ein Schuldiger gesucht, das sind offenbar die Landwirte, und sich auf dieses Thema stürzen.
(Ulrike Berger, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Wenn Sie gestern auf der Demo gewesen wären, hätten Sie gesehen, dass die Landwirte auch auf unserer Seite sind.)
Meine Damen und Herren, ich möchte Ihnen eingangs von einem Treffen berichten, das ich vor Kurzem hatte, vor 14 Tagen. Es ist ein Seminar gewesen mit jungen Landwirten hier aus Mecklenburg-Vorpommern. Das sind jene jungen Menschen, die hier in MecklenburgVorpommern arbeiten, leben und wirtschaften, die hier Kredite aufnehmen, um Ställe zu bauen, um Zugmaschinen zu kaufen, oder anderweitig in unserem Land investieren, sind jene jungen Menschen, die Arbeitsplätze erhalten und schaffen, die ihre Familien von den Betrieben ernähren wollen und müssen, sind jene jungen Menschen, die sich nicht davon abschrecken lassen, morgens um zwei aufzustehen, um ihre Kühe zu melken, die im Sommer, wenn wir in der parlamentarischen Sommerpause sind, sich auf den Mähdrescher setzen oder in den Trecker und über den Acker fahren und unsere Nahrungsmittel produzieren – diese jungen Menschen tragen das wirtschaftliche Risiko, das eine landwirtschaftliche Produktion, aber, wie wir hier hören, auch die Politik mit sich bringt –, jene jungen Menschen, die bei Annahme Ihres Antrags die dann neuen Regeln auch umsetzen müssten.
Und, meine Damen und Herren, ich will Ihnen berichten, was das bestimmende Thema bei diesen jungen Menschen war in der Diskussion. Das bestimmende Thema war, wie von außen ihre Arbeit schlechtgeredet wird, wie von außen ein Bild der Landwirtschaft gemalt wird, in der Tiere gequält werden, in der die Landwirte als geldgierige Umweltvernichter dargestellt werden, die ausschließlich am kurzfristigen Gewinn interessiert sind.
und auch von zwei Abgeordneten der LINKEN in der letzten Zeit – den Vorwurf kann ich Ihnen nicht ersparen – sehe, dann muss ich feststellen, dass Sie sich am Schlechtreden beteiligen.
Frau Gerkan eben in ihrer Rede sprach von einer umwelt- und tierschutzfeindlichen Landwirtschaft. Da werden in einem Wisch alle Landwirte abgewatscht. Das haben Sie getan. Sie können gleich dazu Stellung nehmen.
(Regine Lück, DIE LINKE: Das stimmt doch überhaupt nicht, was Sie hier sagen, und schon gar nicht von Professor Dr. Tack.)
DIE LINKE, genauso ein Pressezitat, ich will es gerne zitieren: „,Es ist nicht mehr hinnehmbar, dass sich die Landwirtschaft immer mehr industrialisiert und der Umwelt- und der Tierschutz, aber auch der Bürgerwille vor Ort immer mehr ökonomischen Zwängen untergeordnet werden‘, erklärte Frau Schwenke...“
Die GRÜNEN in diesem Antrag, ich mache weiter: „Denn noch immer wird das Wohl der Tiere wirtschaftlichen Interessen untergeordnet.“
DIE LINKE, Pressemeldung: „Auch die heutige Konferenz ,Agrarindustrie oder Garten der Metropolen‘ in Schwerin hat nach Angaben der kommunalpolitischen Sprecherin der Linksfraktion, Jeannine Rösler, aufgezeigt, dass eine Kehrtwende in der Politik für die ländlichen Räume erfolgen muss. ,Wir brauchen eine Landwirtschaft, die umwelt- und artgerecht produziert und sich in regionale Wirtschaftskreisläufe einordnet‘“.