Der letzte, der 4. Statusbericht zum Stadtumbau Ost von 2010 sowie die am 01.10. im Bundestag eingebrachte Unterrichtung der Bundesregierung zum Bund-LänderBericht zum Programm Stadtumbau Ost konstatieren als zentrale Herausforderungen einen erneuten prognostizierten Wohnungsleerstand bei gleichzeitiger Verknappung von bezahlbarem Wohnungsbestand sowie die weiter zunehmende Alterung der Bevölkerung, denen sich Städte und Gemeinden auch in Mecklenburg-Vor- pommern stellen müssen.
Diese Entwicklung, meinen Damen und Herren, wird überlagert von Immobilienentwicklungen infolge der Finanzkrise. Denn viele Anleger investieren ihr Geld in sichere Immobilien, und diese finden sich vorzugsweise in städtischen Zentren und lukrativen Randgebieten. Verbunden mit einer starken Nachfrage attraktiven Wohnraums führt diese zu steigenden Immobilienpreisen und infolgedessen zu Mietpreiserhöhungen. Weil dem so ist, befinden wir uns aktuell in einer öffentlichen Diskussion um sogenannte Mietdeckelungsgrenzen bei Neuvermietungen.
Was ist die Schlussfolgerung? Angesichts dieser Prognosen bei einfacher Trendforschung erscheint es sinnvoll, geradezu zwingend ein Wohnungsmarktmonitoring für Mecklenburg-Vorpommern aufzusetzen und als Grund- lage dessen zunächst einen qualifizierten Wohnungsmarktbericht inklusive der Förderkulissen zu erarbeiten.
Tatsächlich hat das Land Thüringen einen solchen Wohnungsmarktbericht erstellt, der bis zum Jahr 2025 richtungsweisende Tendenzen aufzeigt. So macht der Bericht deutlich, vor welchen absehbaren Herausforderungen die Wohnungsbestände einzelner Regionen, aber auch Teilräume stehen. Er zeigt unterschiedliche Handlungsstrategien für Regionen auf und dient somit als Entscheidungshilfe für Ausbau, Sanierung oder Rückbau und Vermeidung von Leerstand.
Auch der Statusbericht Stadtumbau Ost und die aktuelle Unterrichtung der Bundesregierung zum Status quo Stadtumbau Ost fordern dringend dazu auf, Prognosen und Handlungsstrategien zu erstellen und Wohnungsleerstände zu begrenzen, die Situation ostdeutscher Wohnungsunternehmen zu verbessern und den öffentlichen Diskurs zwischen Kommunen, Wohnungseigentümern, Infrastrukturträgern und anderen relevanten Akteuren zu fördern.
Nicht zuletzt ist ein nachhaltiger künftiger Einsatz von Fördermitteln für den Wohnungsbau von übergeordneten Strategien abhängig. Deshalb, meine Damen und Herren, braucht Mecklenburg-Vorpommern jetzt eine nachhaltige, aktive Wohnungs- und Städtebaupolitik mit einem solchen Wohnungsmarktbericht. Von daher stimmen wir dem Antrag zu. – Danke.
Frau Lück, den Zweck Ihres Antrages haben Sie am vergangenen Freitag in einer Pressemitteilung in, denke ich mal, aller Deutlichkeit formuliert.
Ziel müsse es sein, auf Basis eines so zu erstellenden Wohnungsmarktberichtes Angebot und Nachfrage zu harmonisieren.
Lassen Sie mich erst einmal eingangs auf die Probleme eingehen, die die Landesregierung Anfang 1990 anzupacken hatte und die vor allen Dingen planwirtschaftlich verursacht waren.
Ich möchte zitieren, „Frankfurter Allgemeine“: „20 Jahre nach der Wiedervereinigung verblasst die Erinnerung an die Ausgangslage der Wohnungswirtschaft in den neuen Bundesländern – eine systematisch vernachlässigte Altbausubstanz, Millionen Plattenbauwohnungen und massig Altschulden.“ Zitatende.
Die Wohnungspolitik der DDR war geprägt durch staatliche Regulierung der Bautätigkeit und der Mietpreise. Der Neubau in industriell gefertigter Plattenbauweise wurde politisch favorisiert, gleichzeitig wurde kaum eine müde Mark in den Erhalt und die Modernisierung der Altbausubstanz investiert. Selbstgenutztes Wohneigentum konnte nur in sehr begrenztem Maße gebildet werden. Die Mieten wurden aus sozialpolitischen Gründen niedrig gehalten. Für Altbauten waren die Mieten eingefroren und die Mieten für Neubauten wurden zentral festgelegt und lagen im Durchschnitt bei 0,45 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche. Solche Mieten waren natürlich weder wohnwertorientiert noch kostendeckend. Eine Folge war, dass die Häuser aufgrund unterlassener Reparaturen vernachlässigt wurden. Insbesondere die Altstadtgebiete entvölkerten sich.
Meine Damen und Herren, das war der Ausgangspunkt, und das hatte ich angeführt, von dem aus MecklenburgVorpommern nach der Wiedervereinigung startete. In den Nachwendejahren …
In den Nachwendejahren flossen Millionenbeträge in die Sanierung der Innenstädte. Aktuell läuft im Pommerschen Landesmuseum in Greifswald übrigens eine Ausstellung, die den Zustand der Altbausubstanz der Hansestadt dokumentiert.
Diese Ausstellung ist wirklich sehr sehenswert. Hier wird stellvertretend der Zustand vieler Innenstädte in Mecklenburg-Vorpommern nach 40 Jahren real existierender Planwirtschaft dokumentiert. Vergleichen Sie die Bilder mal mit denen von heute!
Und mit dem Ende der DDR ergab sich für MecklenburgVorpommern in vielerlei Hinsicht eine sehr spezielle Situation.
Das Durchschnittsalter der Wohnungen in den Innenstädten war hoch. Aufgrund des schlechten Bauzustandes galt dies gleichermaßen für den Sanierungsbedarf, der dann in den Folgejahren realisiert wurde.
Ende der 90er-Jahre erfolgte dann eine weitere Umorientierung in der Wohnungspolitik von Bund, Ländern und Kommunen. Zur zielgerichteten Stabilisierung des Wohnungsmarktes wurde nun größerer Wert auf den Rückbau oder Abriss von nicht mehr benötigtem Wohnraum gelegt, und zwar auf Grundlage kommunaler, ich wiederhole das, kommunaler Stadtentwicklungskonzepte.
In den Nachwendejahren reagierte das Land – übrigens auch durch die rot-rote Landesregierung –, und zwar auf die Bevölkerungsentwicklung,
auf den Geburtenrückgang und den angestauten Nachholbedarf vieler privater Haushalte nach selbstgenutztem Wohneigentum im Umland der Städte.
Und auch aktuell geht es in Mecklenburg-Vorpommern fast überall darum, einen an die demografische Entwicklung angepassten Umbau zu begleiten. Wir verzeichnen im Land vor allem einen sinkenden Wohnraumbedarf aufgrund der demografischen Entwicklung. Die Schaffung billigen Wohnraums ist daher gar nicht die Herausforderung, denn den gibt es in Mecklenburg-Vorpommern durchaus. Richtig ist, es gibt Wohnraum in MecklenburgVorpommern, der formaljuristisch nicht als sozialer Wohnraum definiert ist. Auch das hat übrigens etwas mit den unterschiedlichen historischen Entwicklungen zu tun, in diesem Fall mit der Förderung sozialen Wohnraums in Ost und West.
Der Neubau von Sozialwohnungen spielt in den neuen Ländern immer eine untergeordnete Rolle. Und seit Ende
der 90er-Jahre wird der soziale Wohnungsneubau nur noch in städtebaulich dringend erforderlichen Fällen eingesetzt,
(Regine Lück, DIE LINKE: Das kann man doch wohl aber mal infrage stellen, ob das die richtige Strategie ist!)
soll heißen, formaljuristisch reden wir nicht von Sozialwohnungen. In Bezug auf die Preise bewegt sich der Wohnraum in Mecklenburg-Vorpommern jedoch dennoch vielfach auf diesem Niveau.
Die Herausforderung bleibt auch in den kommenden Jahren der Rückbau von Wohnraum. Vordergründig sind aber auch die Sanierung von Wohnraum und seine Wertsteigerung. Das Land unterstützt die Kommunen dabei bereits sehr aktiv, zum Beispiel etwa um Rückbaumaßnahmen zu stemmen, die Barrierefreiheit in den bestehenden Wohnungsbeständen zu verbessern oder Grundrissänderungen vorzunehmen. Achten Sie dabei bitte immer auf die Wortwahl! Wir unterstützen die Kommunen bei ihren Initiativen. Es geht uns nicht darum, mit Planwirtschaftsgedanken in die kommunale Selbstverwaltung einzugreifen. Der Blick auf die aktuelle Wohnungsmarktsituation in Mecklenburg-Vorpommern unterstreicht über- deutlich, dass dies der richtige Weg ist.
Sie haben in Ihrer Pressemitteilung und auch bei der Einbringung des Antrages mehrfach Bezug zur Situa- tion in Greifswald genommen. Lassen Sie mich diesen Aspekt aufgreifen: Vergleichen Sie einmal den Wohnungsmarkt in Greifswald mit jenem in Stralsund, Neubrandenburg oder Schwerin. In Neubrandenburg betrug die Zahl leer stehender Wohnungen laut Bericht der Arbeitsgemeinschaft mecklenburgisch-vorpommerscher Wohnungsnehmen Ende des Jahres 2011 4,68 Prozent,
in Stralsund waren es hingegen 8,33 Prozent und in Greifswald genau 3,08 Prozent. Bei einigen Wohnungsbaugesellschaften wie der Greifswalder WWG liegt der ungewollte Leerstand aktuell deutlich unter diesem Wert. Darin bilden sich auch Nachfrageschwankungen ab, die im Falle Greifswald mit dem Semesterbeginn der ErnstMoritz-Arndt-Universität zusammenhängen. Das bedingt aktuell natürlich eine höhere Nachfrage in der Hanse- und Universitätsstadt.
Sie sagen nun, diese unterschiedliche Situation im Land – etwa die Nachfrageschwankungen in bestimmten Re- gionen – wollen Sie nicht hinnehmen. Ihr Misstrauen gegenüber kommunaler Selbstverwaltung ist hier greif- bar.