Protocol of the Session on October 26, 2012

(Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Untertreibung!)

Kommen Sie doch nach vorne, reden Sie nachher! Alles gut, Sie können ja erwidern.

Es gibt bei uns Menschen, die intensive Haltungsanlagen unserer Nutztiere und die Umweltverträglichkeit in der Landwirtschaft kritisch hinterfragen. Gleichzeitig ist die Nachfrage nach preislich erschwinglichem Fleisch und Fleischwaren unverändert hoch. Der Verbraucher schaut eben zuerst auf den Preis, das ist leider so. Gemessen an diesen Ansprüchen müssen wir die Haltungsformen unserer landwirtschaftlichen Nutztiere immer wieder auf den Prüfstand stellen. Das ist ein Prozess.

Die Haltungsformen landwirtschaftlicher Nutztiere sind für uns aber nur eine Seite der Anforderungen der Gesellschaft an die Agrarwirtschaft der Zukunft. Da unterscheiden wir Sozialdemokraten uns von Ihnen, meine Damen und Herren von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Ihr Antrag ist ein Katalog kleinstteiliger Maximalforderungen aus eingeschränkter Sicht. Derartige Fragestellungen werden wir, wollen wir komplex betrachten, komplex hinsichtlich aller damit im Zusammenhang stehenden Aspekte.

Als Ausdruck für diese Vorgehensweise sehe ich die vom Landwirtschaftsminister initiierte Erarbeitung eines Masterplans zu den Perspektiven der Land- und Ernährungswirtschaft in Mecklenburg-Vorpommern. In einem, wie ich finde, beispielhaften breiten gesellschaftlichen Dialogprozess wird eine Perspektivkommission „Mensch und Land“ bis zum Sommer 2013 einen Masterplan für die Gestaltung einer nachhaltigen umwelt- und tiergerechten Land- und Ernährungswirtschaft in MecklenburgVorpommern ausgearbeitet. Im Dialogforum des Ministeriums heißt es, ich zitiere: „… ein besseres Verständnis von Produzenten und Verbrauchern füreinander ist die Basis für den Erfolg von morgen … effizient, sozial und umweltfreundlich … für Mensch und Land.“ Das ist unser Ansatz, liebe Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Aber noch einmal zu Ihrem Antrag: In einem umfangreichen Katalog werden Forderungen an die Gesetzgebung des Bundes, zum Baugesetzbuch, Bundes-Immissions- schutzgesetz, zum Tierschutzgesetz, zur TierschutzNutztierhaltungsverordnung aufgeführt. Auch wir sehen im Zusammenhang mit dem eingangs Gesagten die Notwendigkeit, den rechtlichen Rahmen anzupassen. Einige von Ihnen aufgeführte grundsätzliche Problemstellungen gegenüber der Bundesebene sind längst Anträge der SPD-Bundestagsfraktion im Bundestag beziehungsweise des Landes Mecklenburg-Vorpommern im Bundesrat gewesen. Die SPD fordert auf Bundesebene seit Langem im Zusammenhang mit der Nutztierproduktion eine eingehende Überprüfung der Baugesetzgebung, des Bundes-Immissionsschutzgesetzes mit den entspre

chenden Verordnungen, des Tierseuchenrechts, des Tierschutzgesetzes, der Tierschutz-Nutztierhaltungsver- ordnung sowie der Düngeverordnung und der Umweltgesetzgebung – alles ohne dass es einer Aufforderung Ihrerseits dazu bedurfte.

Die Punkte 5 bis 13 des Antrages sind direkt an die Landesregierung gerichtet. Dazu nur so viel: Frau Feike hat zum Punkt 5 gestern zu dem Antrag der Fraktion DIE LINKE „Tierschutz im Land verbessern“ unsere Position dargestellt. Ich erspare mir deshalb, das hier noch mal zu wiederholen.

Punkt 6, da gehts um Antibiotika. An einem Antibiotikaminimierungskonzept wird bereits gearbeitet, das wissen Sie auch. Sie haben die Forderung aufgestellt, dass es jährliche Berichte geben soll. Ich habe mit dem Ministerium noch mal telefoniert. Man hat mir ausdrücklich gesagt, dass es schwierig wäre, arbeitstechnisch zu schaffen, jährlich einen Bericht zu machen. Ich glaube, wir sollten das miteinander mal diskutieren. Mir ist wichtig, dass dieser Prozess breit aufgestellt wird, eben nicht nur auf die Hähnchenmast, sondern dass wir ihn breiter aufstellen. Und da ist, glaube ich, dann die Frage, ob das jährlich oder vielleicht zweijährig ist, eine Frage, über die man miteinander ins Gespräch kommen kann.

Zum Punkt 7, da ist hier mehrfach angesprochen worden, wir schätzen die fachliche Kompetenz der Landgesellschaft und der LMS bei Planungsleistungen. Der Hinweis, den Sie in Ihrer Begründung gegeben haben, auf die öffentliche Förderung, trifft für diese Planungsleistungen nicht zu, weil sich das im kommerziellen Bereich befindet und kostenpflichtig ist. Beide Organisationen haben eben einen eigenen und einen übertragenen Wirkungskreis, und das ist schlicht und einfach der eigene Wirkungskreis.

Die Problemstellungen in den Punkten 8 bis 13 sind Dinge, bei denen ich Sie herzlich bitten würde, die im Prozess bei der Erarbeitung des Masterplans mit einzubringen.

Der Punkt 14 kann im Agrarausschuss behandelt werden. Ich habe noch nicht erlebt, dass der Vorsitzende einen Punkt nicht auf die Tagesordnung genommen hat, wenn Informations- und Diskussionsbedarf war, und ich habe auch nicht erlebt, dass das Ministerium sich geweigert hat, dann zu diesem Punkt Auskunft zu geben.

Insofern bedarf es eines solchen Antrags an dieser Stelle nicht. Meine Damen und Herren, wir werden Ihren Antrag ablehnen. – Besten Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der NPD der Abgeordnete Herr Köster.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!

Herr Krüger, wie fatal die Landwirtschaftspolitik in Mecklenburg-Vorpommern, aber auch in Deutschland für unsere Heimat ist, wird schon dadurch deutlich, dass die bäuerlichen Betriebe oder die Anzahl der bäuerlichen Betriebe sowohl in Mecklenburg-Vorpommern als auch in Deutschland seit Jahrzehnten dramatisch zurückgeht.

Die Ursache liegt in den wirtschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen, die den Bauern mittlerweile die Führung eines landwirtschaftlichen Betriebes betriebswirtschaftlich gar nicht mehr ermöglichen. Das sind die Rahmenbedingungen, die Sie den Bauern hier im Land geben. Überall im Land regt sich breiter Protest gegen geplante oder schon bestehende Tierfabrikanlagen, Anlagen, in denen zumeist Zigtausende Tiere zusammengepfercht werden. Manch einer nennt diese Anlagen auch Tier-KZs.

Im Punkt 15 unseres Aktionsprogrammes zur Landtagswahl, zur letzten Landtagswahl, haben wir Nationalen folgende Aussage getroffen, Zitat: „Die deutsche Landwirtschaft muss wieder den Stellenwert eines zentralen Wirtschaftszweiges erhalten. Dabei gilt es, mit land- wirtschaftlichen Produkten eine weitgehend nationale Eigenversorgung anzustreben. Bei der Produktion sind bestmögliche ökologische Herstellungsbedingungen zu beachten. Der deutsche Bauernstand ist in wirtschaft- licher, volksbiologischer und kultureller Hinsicht von größter Bedeutung, woraus sich eine Schutzpflicht des Staates ergibt.“ Zitatende.

(Beifall Udo Pastörs, NPD)

Diese Forderung schließt eigentlich die gegenwärtigen Zustände und die Ausmaße der industriellen Tierhaltung mit all ihren Verwerfungen und ihren Fütterungsmethoden von vornherein aus. Trotzdem sind wir im gleichen Punkt 15 noch einmal speziell auf die Massentierhaltung eingegangen. Ich zitierte dieses ja gestern schon an dieser Stelle, Zitat: „Der Massentierhaltung, die ohnehin Gefahren wie Pandemien, Überdüngung und medikamentöses Doping in sich birgt, gilt es Einhalt zu gebieten. Wir verlangen artgerechte Tierhaltung. Die Unterstützung für den Bau von Tierfabriken, die zudem kaum Arbeitskräfte binden und die Attraktivität ländlichen Lebens durch Transporte, Gestank und Emissionen mindern, ist unverzüglich einzustellen.“ Zitatende.

Diesen Aussagen aus unserem Aktionsprogramm sind sowohl in der letzten als auch in der gegenwärtigen Landtagsperiode viele Beispiele praktischer Umsetzung vorausgegangen beziehungsweise gefolgt. In einer ganzen Reihe von Anträgen, Anfragen, Druckschriften und Redebeiträgen ist immer wieder von uns gegen die in unserem Bundesland weit verbreitete industrielle Landwirtschaft im Allgemeinen und insbesondere gegen die Massentierhaltung vorgegangen worden.

Die Liste unserer Initiativen für den Verbraucherschutz und für bessere natürliche Lebensmittel ohne Gifte sowie gegen den heimischen Anbau von genmanipulierten Nahrungs- und Futtermitteln sowie deren Import und für einen heimischen, möglichst biologischen Anbau derselben ist lang. Die Anträge anderer Parteien dazu werden von uns darüber hinaus unterstützt. Immer wieder haben wir Stellung gegen die gegenwärtigen industriellen Zustände und für eine bäuerliche ökologische Landwirtschaft bezogen. Wir forderten und wir fordern daher die Rückbesinnung auf eine natürliche Landwirtschaftsstruktur, in der viele kleine und mittelständische Landwirtschaftsbetriebe, die mit einer größeren Artenvielfalt auf dem Acker und im Stall gesunde Lebensmittel herstellen, die diesen Namen auch verdienen, tätig sind. Dass dazu wesentlich mehr Arbeitskräfte gebraucht werden, war und ist uns bewusst und von uns auch so gewollt, denn diese Arbeitskräfte siedeln mit ihren Familien auf dem

Lande und nicht in der Stadt. Uns war und ist vollkommen klar, dass damit auch höhere Endverbraucherpreise verbunden sind. Aber auch dieses war und ist von uns gewollt. Wir strebten und wir streben eine bedarfsdeckende Volkswirtschaft an und nicht die Befriedigung des Weltmarktes.

(Beifall Udo Pastörs, NPD)

Unsere nationale Landwirtschaftspolitik basiert nicht auf der Exportorientierung in Richtung Afrika, Asien oder Amerika. Und wenn gerechte Löhne gezahlt werden, darf für das Fleisch auf dem heimischen Markt selbstverständlich auch ein angemessener Preis verlangt werden. Wenn dann insgesamt zudem weniger Fleisch konsumiert wird, kommt das der Volksgesundheit und somit auch dem gesamten Gesundheitswesen zugute.

Es bestand und besteht keine Notwendigkeit, dass der deutsche Konsument an der Fleischtheke nur die besten Stückchen aussucht und die Reste in die Dritte Welt verramscht werden. Ich betonte es schon häufiger an dieser Stelle und ich werde es jetzt auch noch mal tun: Die Preise für EU-Hühnchenreste in Afrika liegen teilweise unter der Hälfte des Preises, für den der afrikanische Bauer herstellen kann. Mit unseren Fleischresten wird ihm die Arbeitsgrundlage entzogen und er wird in Teilen dahin auswandern, wo er bessere Lebensverhältnisse vermutet und meist auch vorfindet. Und dazu gehört nun einmal auch die Europäische Union und vor allem auch Deutschland. Auch der Verzicht auf überflüssigen Export kann ein Beitrag zur Entwicklungshilfe und zur Hilfe vor Ort sein.

(Beifall Udo Pastörs, NPD)

Wir verlangten und wir verlangen artgerechte Tierhaltung in bäuerlichen Betrieben und nicht die Massenproduktion in Fabriken.

(Thomas Krüger, SPD: Wann waren Sie denn mal im Stall und haben sich das angeguckt?)

Für uns Nationalen ist dieses eine grundsätzliche Frage und somit auch eine moralische und ethische Frage, eine Frage des Prinzips. Unser Handeln steht auf der Grundlage ökonomischer wie ökologischer Vernunft und bedeutet für uns, Arbeitsplätze vor Ort zu schaffen und zu erhalten, kurze Transportwege, Unabhängigkeit vom Ausland, gesunde Erhaltung unseres Heimatbodens, den wir nicht selber besitzen, sondern nur von unseren Ahnen zur Weitergabe an unsere Enkel anvertraut bekamen, Stärkung der kleinen und mittelständischen Unternehmen und das Vertrauen in unsere heimischen Produkte.

Wir von der NPD unterstützen alle Maßnahmen, die geeignet sind, eine tierschutzgerechte, umweltschonende und flächengebundene Tierhaltung in MecklenburgVorpommern durchzusetzen und umzusetzen,

(Ulrike Berger, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Die Bauern verzichten alle auf Ihre Unterstützung. – Zuruf von Thomas Krüger, SPD)

und stimmen deshalb dem Antrag zu.

(Beifall vonseiten der Fraktion der NPD)

Das Wort hat nun für die Fraktion DIE LINKE die Abgeordnete Frau Lück.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Noch so ’ne Nichtlandwirtschaftsexpertin!)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Kolleginnen und Kollegen! Meine Ausführungen konzentrieren sich

(Unruhe bei Thomas Krüger, SPD, und Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE)

auf die Antragsthemen – Herr Krüger, hören Sie gut zu! – ,

(Heinz Müller, SPD: Ihre Fraktionskollegin lenkt ihn gerade ab.)

meine Ausführungen konzentrieren sich auf die Antragsthemen zur Raumordnung und zum Emissionsschutz. Ich betone das besonders, da Sie ja hier vorhin Kritik geübt haben

(Heinz Müller, SPD: Er ist ganz schön mutig, ne?!)

so nach dem Motto, es sollte sich nicht jeder zu allen Themen äußern. Da wäre ich doch ein bisschen vor- sichtig.

Gleich zu Beginn meiner Rede beantrage ich, neben dem Überweisungsvorschlag von Professor Dr. Tack auch eine Überweisung vorzunehmen in den Wirtschafts- und Energieausschuss. Auch halte ich eine sachliche und fundierte Diskussion gerade in diesen Ausschüssen für ganz dringend erforderlich.

In der vergangenen Wahlperiode thematisierte meine Fraktion ja einige der im Antrag genannten Punkte, so im Antrag „Nachhaltige Entwicklung der ländlichen Räume durch regionale Vielfalt sichern“. Diesen Antrag hatten wir im Juli 2010 eingebracht und es ist es wirklich wert, noch mal die Forderungen von damals hier zu wiederholen.

Erstens. Emissionen und Belastungen für Mensch und Umwelt durch Tierhaltung müssen minimiert werden, indem unter anderem auf die Anwendung des aktuellen Standes der Technik hingewirkt wird.

Zweitens. Das Landesraumentwicklungsprogramm muss der zunehmenden Bedeutung raumordnerischer Belange im Zusammenhang mit Tierhaltung und Bioenergieanlagen gerecht werden.

Drittens. Das Baugesetzbuch ist mit dem Ziel zu ändern, die baurechtliche Privilegierung für Tierhaltungsanlagen abzuschaffen,

(Dr. Till Backhaus, SPD: Am besten alles verbieten.)

die nicht den Begriff der Landwirtschaft im Sinne des Paragrafen 201 des Baugesetzbuches erfüllen, Herr Mi- nister.