Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Im März dieses Jahres hat der Infrastrukturminister bereits zum Nothafen Darßer Ort gesprochen und deutlich gemacht, dass der neue Landtag hier für Klarheit sorgen muss. Umso erfreulicher ist es, dass das Thema gleich in einer der ersten Sitzungen auf der Tagesordnung des neuen Landtages steht. So besteht heute die Möglichkeit, mit einem klaren Votum für den vorliegenden Antrag einen entscheidenden Schritt zu einer Lösung einer nunmehr fast zwei Jahrzehnte bestehenden problematischen Hafen- situation auf dem Fischland-Darß-Zingst weiterzukommen.
In dem vorliegenden Antrag spricht sich auch die neue Landesregierung ganz klar für einen neuen Etappen- hafen aus. Wir brauchen einen neuen Hafen für die langfristige Stationierung des Seenotretters. Wir brauchen eine flächendeckende Seenotrettung im gesamten Küs
tengebiet von Mecklenburg-Vorpommern auf hohem Standard, wie der Einsatz zur Rettung zweier Berufs- fischer vor dem Darßer Ort am 5. November erst wieder gezeigt hat.
Die Stationierung des Seenotrettungskreuzers im Nothafen Darßer Ort kann und darf aber keine Dauerlösung sein. Wir brauchen einen neuen Hafen, auch für die Sportboote und Segler in der Region. Wir wollen das Revier attraktiv für Sportler und Touristen machen. Mittlerweile ist bekannt und nahezu unbestritten, dass die Entfernung zwischen Warnemünde und Barhöft für Freizeitsegler, insbesondere Familien, zu groß ist. Mittlerweile liegen die Pläne zu einem Inselhafen in Zingst auf dem Tisch. Wir sollten die Pläne für einen Inselhafen sorgfältig und konstruktiv prüfen und den Dialog mit allen Beteiligten führen. Zusammengefasst kann man sagen, so weit wie heute waren wir in der Frage des Ersatzhafens bislang noch nie.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, bis allerdings ein neuer Hafen gebaut wird, brauchen wir eine tragfähige Übergangslösung. Die Rettung von Menschenleben und die maritime Sicherheit müssen weiter gewährleistet werden. Der Infrastrukturminister sagt noch einmal klar, es geht um die Rettung von Menschenleben. Daher muss der Nothafen Darßer Ort für den Seenotrettungskreuzer bis zur Inbetriebnahme des Ersatzhafens zur Verfügung stehen. Dies erfordert, dass die Zufahrt zum Nothafen durch Unterhaltungsbaggerungen freigehalten bleibt, wie auch die Zufahrten anderer Fahrrinnen für Seenotrettungskreuzer freigehalten werden. Dabei muss darauf geachtet werden, dass der Nothafen seine ausschließliche Nothafenfunktion erhält. Es müssen aber auch die geltenden Rahmenbedingungen für den Nothafen Darßer Ort beachtet werden.
Die Landesregierung ist sich der naturschutzrechtlichen Situation vor Ort im Nationalpark sehr bewusst. Es bedarf daher eines Sedimentmanagements in der Region bis zur Inbetriebnahme des Etappenhafens, welches nicht zulasten des Nationalparks gehen darf. Der Infrastrukturminister ist sich jedoch sicher, dass dieses gelingen wird und dass es auf Grundlage dieser Studien mit den beteiligten Behörden und Verbänden zu neuen einvernehmlichen Regelungen für den Nothafen kommen wird – bis zur Inbetriebnahme des Ersatzhafens. Auch der bestehende Vergleich wird auf dieser Grundlage in Zusammenarbeit mit den Verbänden überarbeitet werden.
Der Infrastrukturminister nutzt schon jetzt die Gelegenheit, um sich bei den Verbänden – BUND, WWF und DSV – für die bisherige konstruktive und gute Zusammenarbeit sowohl für den Ersatz- als auch für den Nothafen zu bedanken, und hofft auf Fortsetzung dieser guten Zusammenarbeit. Die Landesregierung kann so einem Landtagsbeschluss in dieser Sache, aber auch den bestehenden Rahmenbedingungen Rechnung tragen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, der Infrastrukturminister wirbt um Zustimmung, denn erstens muss die maritime Sicherheit dadurch gewährleistet werden, dass wir die Voraussetzungen für den Einsatz eines Seenotrettungskreuzers beibehalten, zweitens wird endlich eine Lösung der Hafenproblematik gebraucht und drittens stärkt ein neuer Hafen den Tourismus an der Ostsee weiter. – Herzlichen Dank.
Es ist vereinbart worden, die Aussprache mit einer Dauer von 90 Minuten durchzuführen. Ich sehe keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen.
(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Donnerwetter, das hatten wir hier noch gar nicht. – Heiterkeit vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)
Ja, ja, das Mikrofon ist angeschaltet, ich fange auch gleich an. Ich brauchte auch erst mal einen Moment, um diese neue Wortschöpfung, hier im Hause zumindest, auf mich wirken zu lassen.
Aber nun zum Thema: Ich frage mich, ob die unendliche Geschichte Nothafen Darßer Ort jemals ein Ende nimmt. Alle Jahre wieder: nur noch dieses eine Mal, nur noch dieses eine Mal Ausbaggerung der Fahrrinne für den Seenotrettungskreuzer zum Nothafen Darßer Ort.
Minister Schlotmann hat sowohl im Ausschuss, aber weniger klar heute zum Ausdruck gebracht, dass der Etappenhafen gebraucht wird und natürlich gebaut werden soll und dass auch der Seenotrettungskreuzer dort einen Liegeplatz bekommen soll. Aber bis dahin müssen wir eben weiter ausbaggern.
Meine Damen und Herren, die Botschaft höre ich wohl, doch mir fehlt so richtig der Glaube, denn wie sehen die Fakten aus: Die Einigung mit der Gemeinde Zingst über den Bau des Etappenhafens soll erzielt worden sein. Ein Raumordnungsverfahren ist dafür noch nicht begonnen worden. Der Seenotrettungskreuzer braucht einen Liegeplatz, von dem aus er schnell zu Hilfe eilen kann. Dieser Liegeplatz scheint nur im Nothafen Darßer Ort zu sein, mitten in der Kernzone des Nationalparks Vorpommersche Boddenlandschaft. Dort muss er weg, weil ohne immer wiederkehrende Baggerung die Fahrrinne einfach nicht offen gehalten werden kann.
Deshalb stelle ich für meine Fraktion hier klar: Die Notwendigkeit eines Not- und Etappenhafens auf der Halbinsel Fischland-Darß-Zingst steht für uns nicht infrage. Ein solcher Hafen muss gebaut werden. Aber zur Situation gehört auch Folgendes:
Dezember 2007 beschlossen, eine, ich zitiere: „einmalige Ausbaggerung des Nothafens Darßer Ort zu veran- lassen, sofern die Investition in einen Ersatzhafen auf dem Darß oder in Zingst gesichert ist“, Ende des Zitats. Nachlesen können Sie das in der Drucksa- che 5/1148.
Und damit nicht genug: Im sich anschließenden Rechtsstreit zwischen der Landesregierung und dem BUND hat das Verwaltungsgericht Greifswald in einem Vergleich vorgeschlagen, ich zitiere 2.2 des Beschlussvorschlages: „Gemäß Landtagsbeschluss Drucksache 5/1148 vom 14.12.2007 ist die … freigegebene Baggerung die letzte Baggerung der Zufahrt.“ Schluss, Ende des Zitats.
Dieser Vorschlag ist am 20. November 2009, also noch einmal fast zwei Jahre später als der Landtagsbeschluss, sowohl von der Landesregierung als auch vom BUND angenommen und zum Gerichtsbeschluss erhoben worden.
Da muss doch die Frage erlaubt sein, welche Bedeutung solche gerichtlichen Beschlüsse für die Landesregierung und die Koalitionsfraktionen haben. Die Ironie der Geschichte will es zudem noch, dass heute die Justizministerin als Vertreterin des Verkehrsministers praktisch zum Rechtsbruch aufruft.
Jetzt haben wir wieder einen Antrag vorliegen für weitere Baggerungen. Diesmal ist es fast ein Freifahrtschein, den wir erteilen sollen.
Können wir denn darauf vertrauen, dass der jahrelange Streit zwischen den Kommunen untereinander und der für einen Hafenneubau infrage kommenden Gemeinden mit den zuständigen Ministerien endlich beendet ist? Dieser Streit hatte schwerwiegende Folgen. Es ist immer noch kein Etappenhafen mit Nothafenfunktion da und kurzfristig ist das auch nicht zu schaffen. Selbst wenn Raumordnungs- und Genehmigungsverfahren schnell und ohne Verzögerung begonnen und über die Bühne gehen werden, werden wir vermutlich nicht vor 2014 einen neuen Hafen haben, vielleicht sogar noch später. Wie oft wird bis dahin noch ausgebaggert werden müssen?
Es wird mit Sicherheit nicht nur eine Unterhaltungsbaggerung sein, bis der Hafen endlich fertig ist, und das – wie gesagt – mitten in der Kernzone des Nationalparks. Das widerspricht nicht nur den Schutzzielen, sondern verschlingt außerdem Jahr für Jahr aufs Neue eine Unmenge an Geld, Landesgeld, das wir dringend woanders brauchen. Wenn man das Geld für die Baggerarbeiten seit 1990 zusammennehmen könnte, hätten wir sicherlich die Summe schon fast zusammen, die man zumindest für einen Großteil eines Hafenneubaus bräuchte.
Wenn es so ist, dass die Pläne für den Hafenneubau bereits im Wirtschaftsministerium vorliegen, erfordert dies eine ganz zügige Prüfung und die Einleitung der notwendigen Verfahren durch die Landesregierung. Und trotzdem: Meine Fraktion und ich erwarten trotz der gebotenen Eile ein absolut transparentes Verfahren, das alle rechtlichen Standards einhält und die Bevölkerung vor Ort mitnimmt.
Schon seit 2010 ist bekannt, dass Gutachten zur Machbarkeit, Küstendynamik und Wirtschaftlichkeit für einen
Hafenneubau in Auftrag gegeben worden sind. Offensichtlich liegen Ergebnisse bereits vor. Wir erwarten, dass der Wirtschaftsausschuss und der Verkehrsausschuss über diese Gutachten und die Prüfung informiert werden. Wir erwarten vor allem, dass bei diesem Hafenneubau die Belange des Umwelt- und Naturschutzes an vorderster Stelle berücksichtigt werden.
Wieso? Unsere Redezeit ist doch verlängert worden. Die Redezeit ist doch verlängert worden, Frau Präsidentin.
Jedenfalls ist für uns auch klar, dass es ohne einen parallelen Rückbau des Nothafens Darßer Ort überhaupt keinen Neubau geben darf.
Dem Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN stimmen wir zu. Auch für uns kann eigentlich nur ein Inselhafen eine einigermaßen naturverträgliche Lösung darstellen und wir wollen auch geprüft haben, ob es für den Seenotrettungskreuzer als Übergangslösung eine andere Lösung als den Nothafen Darßer Ort geben kann. Was ist zum Beispiel mit Barhöft? Da lag er ja schon über längere Zeit.
Keine der hier anwesenden Fraktionen hätte uns derartigen Umgang mit gerichtlichen Auflagen beziehungsweise Entscheidungen durchgehen lassen. Aber das ist sie eben, die Arroganz der Macht.
(Unruhe vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU – Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE – Vincent Kokert, CDU: Also bis jetzt habe ich ja zugehört – aber das jetzt hier!)