Protocol of the Session on October 24, 2012

Ich zitiere die Bundesministerin für Bildung Annette Schavan: „Das Gesetz soll Fachkräftemangel lindern.“

(Torsten Renz, CDU: Doktor! Doktor! – Michael Andrejewski, NPD: Noch Doktor.)

Dr. Schavan, Entschuldigung.

„Das Gesetz soll Fachkräftemangel lindern und Integration fördern“. Ende des Zitats.

Bisher haben wenige Personen die Möglichkeit, ihre beruflichen Qualifikationen in Deutschland bewerten zu lassen. Für zahlreiche Berufe regelt das Gesetz jetzt einheitliche Verfahren. Dies hat den Vorteil, Transparenz für die Betroffenen, für die Arbeitgeber, für die zuständigen Stellen zu schaffen.

Erstens. Bisher war die Berufsausübung und der Zugang zu deren Anerkennungsverfahren von der deutschen Staatsangehörigkeit und Herkunft aus EU-Mitgliedstaaten abhängig. Darauf hat Frau Ministerin Schwesig zu Recht hingewiesen. Das neue Gesetz schafft diese Voraussetzung ab.

Zweitens. Das neue Gesetz schafft für neue EU- und Nicht-EU-Bürgerinnen und -Bürger einen Anspruch auf Gleichwertigkeitsprüfung. Dies galt bisher nur für Spätaussiedlerinnen und -aussiedler.

Nun, liebe Kolleginnen und Kollegen, wie läuft ein Gleichwertigkeitsverfahren?

Erstens. Die zuständigen Stellen prüfen den im Ausland erworbenen Abschluss im Vergleich zu den deutschen Referenzberufen. So wird der Standard der deutschen Qualifikationen gewährleistet.

Zweitens. Die Entscheidung muss binnen drei Monaten nach Vorliegen aller Unterlagen ergehen.

Drittens. Für einheitliche Verfahren sorgt das Berufsqualifikationsfeststellungsgesetz. Danach wird die Zuständigkeit für die Durchführung von Anerkennungsverfahren für bestimmte Berufe bei einer Stelle angesiedelt. Dies bietet Verlässlichkeit und Transparenz.

Die Informationen für einen Antragsteller oder eine Antragstellerin müssen vereinfacht und verbessert werden. Das bundesweite Netzwerk Integration durch Qualifizierung, kurz IQ, hat alle notwendigen Instrumente und Strategien für eine erfolgreiche Anerkennungspraxis vorbereitet. Das Netz ist in unserem Land mit Partnern tätig. Hierzu gehören

die drei Integrationsfachdienste Migration, kurz IFDM,

Migra e. V. in Rostock,

Gesellschaft für nachhaltige Regionalentwicklung und

Strukturforschung e. V. in Neubrandenburg,

Verbund für Soziale Projekte GmbH in Schwerin und

Robert-Schmidt-Institut an der Fachhochschule Wis

Da alle Anträge und Unterlagen vollständig und gut vorbereitet sein müssen, empfehlen diese Institutionen, eine professionelle und prozessbegleitende Beratung in dem Gesetz zu verankern.

Nun, Kritikpunkte an diesem Gesetz sind folgende:

Erstens. Die Gebührenhöhen unterscheiden sich je nach Teilanerkennung und vollständiger Anerkennung. Die Antragstellerinnen und Antragsteller müssen für die Gebühren selbst aufkommen. Diese liegen für eine vollständige Anerkennung, liebe Kolleginnen und Kollegen, bei 250 Euro. Hinzu kommen noch die Kosten für die Übersetzung aller Unterlagen.

Zweitens. Die Antragstellerinnen und Antragsteller müssen durch geeignete Unterlagen nachweisen, eine entsprechende Erwerbstätigkeit ausüben zu wollen, zum Beispiel durch Einreisevisum zur Erwerbstätigkeit, durch Kontaktaufnahme mit einem potenziellen Arbeitgeber oder durch ein eigenes Geschäftskonzept. Dies ist häufig schwierig.

Drittens. Für die in Paragraf 11 festgelegten Ausgleichsmaßnahmen ist die Teilnahme der Betroffenen an entsprechenden Anpassungs- oder Qualifizierungsmaßnahmen nicht ausreichend geregelt. Insbesondere ist die Sicherung des Lebensunterhaltes nicht gewährleistet, wenn die Ausgleichsmaßnahmen über einen längeren Zeitraum gehen und keine Erwerbstätigkeit möglich ist.

Viertens. Die Anerkennung von Lehrerberufen bedarf einer Verbesserung. Eine Regelung im Lehrerbildungsgesetz fehlt noch. Bislang geht es um Antragstellende, die aus EU-Staaten hierherkommen. Es muss eine Erweiterung für Nicht-EU-Bürgerinnen und -Bürger geben. Wir brauchen das gerade in unserem Land angesichts des bestehenden Lehrermangels.

In meiner Kleinen Anfrage zur Umsetzung des Bundesgesetzes zur Verbesserung der Feststellung und Anerkennung von im Ausland erworbenen Berufsqualifikationen vom 7. August dieses Jahres habe ich die Frage gestellt, welche Rahmenbedingungen, Strukturen und Verfahren in unserem Land entwickelt und ausgebaut werden sollen, damit Migrantinnen und Migranten mit einer Teilanerkennung Zugang zu Nachqualifikationen haben. Die Landesregierung führt hierzu die drei Integrationsfachdienste Migration an sowie das aus den Bundesmitteln finanzierte Regionalnetzwerk Integration durch Qualifizierung. Hier stellt sich die Frage, ob die drei Integrationsfachdienste im Land diese abfedern können. Die Haushaltsmittel sind für 2012/2013 im Vergleich zu 2010 und 2011 nahezu gleich geblieben.

Zum Schluss muss gesagt werden, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass das Gesetz zu begrüßen ist. Wichtig ist, eine Begleitung für Migranten und Migrantinnen vor und während des Anerkennungsverfahrens sicherzustellen.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Ruhig, ruhig, ruhig!

Dabei müssen Migranten und Migrantinnen Wege aufgezeigt werden, wie und wo sie eventuell fehlende Qualifikationen mit entsprechender finanzieller Förderung nachholen können. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der CDU der Abgeordnete Herr Renz.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Endlich ist es so weit, endlich werden in Deutschland verbindliche Regelungen geschaffen, die nämlich die Lebensleistung von Menschen anerkennen. Das ist nämlich ein Kern- thema dieses Gesetzes.

(Helmut Holter, DIE LINKE: Wer war denn immer dagegen? Wer hat da Widerstand geleistet? Das war doch wohl die CDU, Herr Renz.)

Ich scheine ja in irgendein Wespennest gestochen zu haben,

(Helmut Holter, DIE LINKE: Nö.)

dass die LINKEN gleich so anspringen.

Fakt ist, dass die Bundesregierung unter Führung der CDU erstmalig in Deutschland Regelungen geschaffen hat, die diese Lebensleistung, die ich eben benannt habe, nämlich die Anerkennung der Berufsabschlüsse, verbindlich regelt.

(Andreas Butzki, SPD: Ja, das wurde auch Zeit.)

Und ich denke, das ist ein großer Erfolg, dass im September 2011 der Bundestag das beschlossen hat.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU)

Der Bundesrat hat dann im November 2011 eine entsprechende Beschlussfassung herbeigeführt, dass es jetzt zu den Umsetzungen auf Länderebene kommt. Und in den Bundestagsdebatten und in den Debatten dort im Bundesrat wurde explizit darauf hingewiesen, dass das in einem großen Konsens passiert ist, nämlich länderübergreifend, dass wir endlich dann zu diesen Regelungen kommen, die diese Lebensleistung anerkennen.

Ich glaube, es ist auch sehr zieltreffend hier formuliert im vorliegenden Gesetzentwurf, nämlich Ziel dieses Gesetzes ist es, die wirtschaftliche Einbindung von Fachkräften mit Auslandsqualifikation maßgeblich zu verbessern und die Integration von im Land lebenden Migranten und Migrantinnen in den deutschen Arbeitsmarkt zu fördern. Ich glaube, hier sind zwei Kernpunkte treffend formuliert.

Auch wenn es Vorredner schon getan haben, will ich es noch mal tun, hier konkrete Zahlen zu nennen: Es sind nämlich 285.000 potenzielle Antragsteller, die infrage kommen, die dann die Anerkennung der Berufsabschlüsse hier erhalten können. Und was auch sehr wesentlich ist, die Zahl wurde noch nicht genannt, von die

sen 285.000 sind es schon 16.000, die einen Hochschulabschluss aufweisen. Insofern ist es natürlich eine interessante Perspektive, inwieweit wir diese Arbeitskräfte fachgerecht in unseren Arbeitsmarkt einbinden können.

Ich will auch noch zwei weitere Zahlen nennen, näm- lich dass der Gesetzentwurf, der auf Bundesebene hier die Rahmenrichtlinie geschaffen hat, insgesamt circa 350 Ausbildungsberufe und 60 bundesgesetzlich geregelte Berufe erfasst und, was sehr wesentlich ist, insbesondere Heil- und Rechtsberufe. Also auch der Bereich der Pflege, wo wir ja nun alle wissen, dass wir dort einen entsprechenden Fachkräftebedarf haben, wird hiermit erfasst.

Die zwei wesentlichen Punkte noch mal: Wir schaffen über solche gesetzlichen Regelungen eine entsprechende Integrations-, ja, eine Willkommenskultur für ausländische Mitbürger. Und ein zweiter wesentlicher Punkt, auch das will ich noch mal deutlich sagen: Der Fachkräftebedarf, der in Deutschland ansteht, der wird natürlich nicht nur durch diesen Bereich abgedeckt werden können, aber dieser Bereich, nämlich diese Anerkennung der Berufsabschlüsse, ob nun auf Facharbeiterebene oder auch entsprechende Diplomausbildungen, kann natürlich einen Beitrag dazu leisten, den Fachkräftebedarf in Deutschland mit abzudecken.

Ich ganz persönlich habe eine Lebenserfahrung vor 10, 15 Jahren gehabt als Berufsschullehrer. Ich habe unterrichtet im Sanitär-/Heizungsbereich, und zwar Umschüler, und hatte dort sehr viele Bürger, also Russlanddeutsche, die hier in Deutschland eine neue oder ihre Heimat wieder gefunden haben. Und es hat mich schon sehr nachdenklich gestimmt,

(Udo Pastörs, NPD: Deutsche aus Russland.)

es hat mich schon sehr nachdenklich gestimmt, wenn ich dort Lehrer unterrichtet habe, die null Anerkennung hatten in ihrem Bereich hier in Deutschland und die sich dann umqualifizieren lassen haben zum Heizungsbauer. Damit will ich diesen Beruf nicht abwerten, aber ich glaube, es ist richtig, dass wir uns in Deutschland mit diesem Thema und mit solchen Gesetzen befassen, sodass es ermöglicht wird, Abschlüsse in die Tat umzusetzen, dass sie in Deutschland ihre Anerkennung erhalten, wenn sie die entsprechende gleiche Qualität aufweisen.

Ich hoffe, dass dieser Gesetzentwurf entsprechende Effekte für das Land Mecklenburg-Vorpommern nach sich zieht, um die Ziele, die ich eben hier beschrieben habe, entsprechend zu erfüllen. Ich wünsche uns konstruktive Diskussionen im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens. – Danke.