Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich komme erst mal zu den Luftbuchungen des Ministers. Diese Arbeitszeit ist die sogenannte nicht messbare Arbeitszeit, die jetzt auf einmal gemessen wird. Das ist ja schon mal ein Widerspruch.
Und zum anderen wird eine Lehrerstelle im Ministerium berechnet mit 27 Stunden beziehungsweise 27,5 Stunden, nichts anderes ist eine Lehrerstelle.
Wenn wir jetzt sagen, wir haben 66 Stellen gespart, heißt das, wir haben 20 Jahre lang die Lehrer zu gering bezahlt. Denn wenn es jetzt auf einmal ihre Arbeitszeit ist, die wir in Stellen umrechnen, wo war dann diese Arbeitszeit vorher, als wir sie nicht bezahlt haben, weil es die sogenannte nicht messbare Arbeitszeit ist?
Dann würde ich auch vorschlagen, ziehen Sie von den 66 Stellen, Herr Minister, mal sofort die Mehrarbeit ab, die den Lehrerinnen und Lehrern zukommt, weil ab kommenden Schuljahr für jeden Schüler in der Regionalen Schule zur Mittleren Reife eine mündliche Englischprüfung verbindlich sein soll, wie es die Vorabhinweise zur Mittleren Reife ergeben. Das bitte dann gleich gegenrechnen, wenn wir schon bei diesen Buchungen sind.
Nun möchte ich mich aber aufs Gesetz an sich konzentrieren. Der Minister hat es als „relativ unaufgeregte Regelungen“ sowie als „unspektakulär“ klassifiziert. Allerdings erwarten die Eltern, die Lehrerinnen und Lehrer – motiviert durch die zahlreichen Gespräche, die der Minister in den vergangenen Monaten geführt hat – verständlicherweise bedeutsame Änderungen, Änderungen, die den Bildungsweg der Schülerinnen und Schüler erfolgreicher und das Arbeiten der Lehrkräfte strukturierter und auf das Wesentliche konzentriert, nämlich das Unterrichten, werden lassen. Wenn dies alles gelingen soll, sind schon spektakuläre – im positiven Wortsinne – Ergänzungen und Veränderungen notwendig. Ein Indiz dafür, dass es nicht ganz so unspektakulär bleiben wird, sind
erste Stellungnahmen von Lehrerverbänden und Elternvertretungen, die schon zusätzliche Änderungen vorschlagen.
Sehr geehrte Damen und Herren, in der Tat ist die Entfristung der Schulwahlfreiheit ein eher formaler Akt, der sich aus dem Prüfauftrag des Schulgesetzes ergibt. Ob sich die Ergebnisse der dazu durchgeführten Evaluation auch über einen längeren Zeitraum bestätigen, kann gegenwärtig nicht abgesehen werden, denn Faktoren wie die demografische Entwicklung, die neuen Schulentwicklungsplanungen nach der Kreisgebietsreform oder die Auswirkungen der Inklusion auf die Schulstandorte und damit auf freie Schulwahl konnten schon wegen des gesetzlich festgelegten Termins dabei noch gar nicht berücksichtigt werden. Die Evaluationsergebnisse sind in diesem Sinne lediglich eine Zustandsbeschreibung, die mit Bedenken gerade auch der Koalitionsfraktionen verknüpft ist. Diese Sorge spiegelt sich eindeutig im Antrag der CDU- und SPD-Fraktion „Langfristig bestandsfähiges Schulnetz sichern“ deutlich erkennbar wider, wäre dieser Antrag doch überflüssig, wenn mit den Ergebnissen der Evaluation eine wirkliche Zukunftsprognose verbunden wäre.
Aber dazu werden wir ja dann bei dem entsprechenden Antrag, Herr Renz, noch ausführlich diskutieren.
Sehr geehrte Damen und Herren, der zweite wesentliche Punkt ist die Reduzierung der gesetzlichen Vorgabe, für jede Schülerin und jeden Schüler einen individuellen Förderplan zu erstellen. Nun mussten sich die Lehrerinnen und Lehrer drei Jahre lang quälen. Viele Schulleitungen entschlossen sich aufgrund ihres Fürsorgeauftrages ihren Kolleginnen und Kollegen gegenüber, diese Schulgesetzänderung etwas zu ignorieren.
Jo, aber Gesetzesverstöße, wenn sie denn einer Überlastung entgegenwirken, sind, glaube ich, in diesem Sinne förderlich.
Der mit dieser gesetzlichen Regelung verbundene Arbeits- und Bürokratieaufwand für die Lehrkräfte wurde schon in den Anhörungen zum damaligen Gesetzentwurf von den Anzuhörenden kritisiert. Leider wurden diese Warnungen auch von den Koalitionsfraktionen ignoriert. Allerdings mussten sie auch genauso handeln, war diese Förderplanodyssee doch als spektakuläre Neuerung in der vorherigen Schulgesetzänderung verkauft worden.
Spektakulär war sie in der Tat, nämlich für die Arbeitsbelastung der Lehrkräfte. Denn wenn etwas nicht einzusehen oder gar zu verstehen ist, unterwirft man sich ungern und nur halbherzig dieser fehlerhaften Anweisung. Die jetzige Kehrtwende ist also richtig, sie ist logisch und sie ist sinnvoll. Nun, manches dauert eben seine Zeit, allerdings schade, dass nicht die Koalitionäre diese unnötige Zeit ans Bein gebunden haben, sondern die Lehrkräfte.
Aber erfreulich ist für mich auch die Tatsache, dass der jetzige Bildungsminister, damals ein Verfechter der Losung „Förderpläne für alle“, durch seine geführten Lehrergespräche seine Meinung revidiert. Es ist also doch sehr nützlich, wenn man Betroffene nicht nur fragt, sondern ihre Meinung auch ernst nimmt.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, bezogen auf die fachlichen Aspekte des Gesetzentwurfs habe ich einige Bedenken. Zum einen halte ich die Reduzierung von individuellen Förderplänen auf eine konkret benannte Schülergruppe an allgemeinbildenden Schulen im geänderten Paragrafen 53 des Entwurfs für richtig. Jedoch sehe ich die Streichung der Förderpläne an den Förderschulen durch die Änderung des Paragrafen 36 des Schulgesetzes äußerst kritisch. Denn gerade diese Mädchen und Jungen, die die Förderschulen mit dem Förderschwerpunkten „Lernen“ sowie „geistige Entwicklung“ besuchen, bedürfen einer ganz individuellen Begleitung, brauchen Unterstützung und Vertrauen, benötigen Wegweiser zum erfolgreichen Lernen. Und diese Wegweiser, die Fördermöglichkeiten und die Lernziele müssen gemeinsam mit ihren Eltern und mit ihnen definiert werden, und zwar in Förderplänen.
Zum anderen beziehen sich meine Bedenken auf die neuen Grundsätze der Bewertung des Arbeits- und Sozialverhaltens, zu denen es nur sehr allgemeine Aussagen im neuen Paragrafen 62 Absatz 1 gibt. Die konkreten Regelungen werden erst deutlich, wenn die dafür notwendige Verordnung nach Paragraf 69 Nummer 3 vorliegt. Auch diese Neuerung kommt leider erst, nachdem sich die Lehrerinnen und Lehrer in zahlreichen Dienstberatungen, Lehrer- und Fachkonferenzen sowie auf Schulkonferenzsitzungen über ein Verfahren zur Bewertung geeinigt hatten, ein nicht immer praktikables Vorgehen, uneinheitlich von Schule zu Schule und schwer verständlich für Eltern und Ausbilder.
Es gibt Schulen – und da möchte ich an dem anschließen, was Herr Brodkorb sagte –, an denen müssen die Lehrkräfte für jede Schülerin und jeden Schüler, den sie unterrichten, mindestens zehn Kriterien im Arbeitsverhalten und zehn Kriterien im Sozialverhalten bewerten. Im Durchschnitt unterrichtet eine Lehrerin/ein Lehrer 120 bis 140 Schüler. Da dürfen sie dann pro Halbjahr 2.800 Ankreuzübungen vollführen – sicher ganz prima motivierend, sinnvoll und auch warnsinnig aussagekräftig. Bei dieser Rechnung habe ich jetzt die Religionslehrer weggelassen, die alle Kinder einer Schule unterrichten, mindestens 6.000 Kreuze pro Halbjahr.
Wenn wir nun eine Arbeitsentlastung anstreben, die es ermöglicht, dass die Lehrkräfte sich auf sinnvolle Tätigkeiten beschränken können, dann wird hier der erste richtige Stein dazu ins Rollen gebracht. Deshalb, und auch um Fehler zu vermeiden, wäre es aber wünschenswert, wenn die neue Verordnung analog den Regelungen des Lehrerbildungsgesetzes erst nach Zustimmung des Bildungsausschusses wirksam wird.
Sehr geehrte Damen und Herren, in der Hoffnung, Mängel des noch gültigen Schulgesetzes zu beheben und
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Landtagsabgeordnete! Wenn man die 21 Jahre Schule in Mecklenburg-Vor- pommern vom Schulreformgesetz 1991 bis zum aktuell gültigen Schulgesetz analysiert – und ich weiß, wovon ich spreche –, kann man feststellen, dass wir erstmals eine Schulgesetzesänderung haben, die Entlastung für unsere Lehrerinnen und Lehrer schafft und für Entbürokratisierung an den Schulen sorgt. Das ist ein gutes, ein positives Signal, dass Dinge bewegt werden können, wenn man Praktikern zuhört, wenn man versteht, wenn man handelt. Deshalb bin ich unserem Bildungsminister sehr dankbar, dass er dieses Mammutprogramm der Lehrersprechstunden auf sich genommen hat und gemeinsam mit den beiden Koalitionsfraktionen die entsprechenden Regelungen in Angriff nimmt. Und ich höre auch schon Zustimmung von der Opposition.
Auch wenn man von der Opposition immer wieder hört, dass noch so viel fehlt, dass alles schneller gehen und dass man mehr Geld in die Hand nehmen muss, ich bin davon überzeugt, dass diese Schulgesetzesänderung nur ein erster, aber, ich denke, doch wichtiger Schritt auf dem Weg zu einer besseren Schule in MecklenburgVorpommern ist. Die Berichte und Ergebnisse der beiden Arbeitsgruppen werden bald vorliegen und es wird noch einiges im Bereich der Schulbildung zu erwarten sein. Dass es nichts zum Nulltarif geben wird, das wissen alle Beteiligten.
Meine Damen und Herren, die uns vorliegende Novellierung des Schulgesetzes muss jetzt vorgenommen werden, wir haben es jetzt schon mehrfach gehört, da die Schulwahlfreiheit nur auf drei Jahre befristet ist und am Ende dieses Schuljahres auslaufen würde. Nach der stattgefundenen Evaluation kann festgestellt werden, dass die Schulwahlfreiheit nur geringe Auswirkungen auf den Bestand der bestehenden Schulstandorte hat.
Die Auswertung der Statistiken der Jahre 2010/11 und 2011/12 zeigt, dass nur sehr wenige Schülerinnen und Schüler nicht die örtlich zuständige Schule aufsuchten. Meist sind die Prozentzahlen weit unter fünf Prozent. Interessant ist auch festzustellen, dass die prozentualen Anteile der Abgangsklassen ähnlich der prozentualen Anteile der Eingangsklassen sind.
Nach den Mitteilungen der Landkreise gab es keine Auswirkungen auf den öffentlichen Personennahverkehr. Von 2010/11 zu 2011/12 waren keine veränderte Linienführung und auch keine zusätzlichen Fahrten erforderlich.
Der Entfristung dieser Regelung über die Schulwahlfreiheit steht nach Meinung der SPD-Fraktion nichts entgegen. Sie hat sich bewährt, es gibt keine größeren Probleme und sie kann so auf eine dauerhafte gesetzliche Grundlage gestellt werden. Wenn es gelingt, die Schulbusse noch effektiver im Sinne der Schulwahlfreiheit einzusetzen, wird die Schulwahlfreiheit gerade auf dem Lande, denke ich, noch attraktiver.
Sehr geehrte Damen und Herren Landtagsabgeordnete, in der Koalitionsvereinbarung zwischen SPD und CDU sind anspruchsvolle Ziele in der Bildungspolitik für unser Bundesland formuliert. Ein wichtiger Punkt ist dabei die Verbesserung der Attraktivität des Lehrerberufes. Einige Punkte zur Lehrerentlastung und Entbürokratisierung sind in Anträgen von CDU und SPD in den nächsten Landtagssitzungen auf der Tagesordnung. Deshalb will ich in meinem jetzigen Redebeitrag nur schlaglichtartig auf die weiteren angestrebten Veränderungen in diesem Schulgesetzentwurf eingehen.
Erstellung von individuellen Förderplänen: Wir haben schon einiges gehört. Wenn man effizienter und ziel- gerichteter arbeiten will, dann werden individuelle Förderpläne nur für Schülerinnen und Schüler mit Teilleistungsschwächen und mit vermutetem oder festgestelltem Förderbedarf aufgestellt. Die jetzt gültige Regelung, dass für alle Schülerinnen und Schüler ein Förderplan auf- zustellen ist, ist nicht zwingend notwendig, ist sehr zeitaufwendig und der Nutzen rechtfertigt nicht diesen immensen Arbeitsaufwand. Zur Verbesserung der Vergleichbarkeit und Handhabung sollte ein einheitliches standardisiertes Verfahren für unsere Schulen entwickelt werden.
Zur landeseinheitlichen Bewertung des Arbeits- und Sozialverhaltens: Ich werde da auch noch in meinem Antrag näher drauf eingehen. Frau Oldenburg hat das so beschrieben. Ich kenne da auch verschiedene Schulen, ich war auch Evaluator.
Das Verfahren zur Bewertung des Arbeits- und Sozialverhaltens muss ebenfalls vereinheitlicht und landeseinheitlich geregelt werden. Die derzeitige Regelung ist für die Kolleginnen und Kollegen an unseren Schu- len sehr zeitaufwendig und die Bewertung für die Eltern und für die Betriebe nur schwer verständlich. Eine Bewertung in Form von Punkten beziehungsweise von Noten sollte gemeinsam mit Praktikern entwickelt werden.
Zentrale Regelungen zur Leistungsbewertung: ln den vergangenen Jahren fehlten landeseinheitliche Maßstäbe zur Leistungsbewertung. Es wird angestrebt, dass zentrale Regelungen der Leistungsbewertung auch außerhalb der Abschlussprüfungen gelten.
Der Minister hat es gerade für diese Abiturregelung ganz klar dargestellt. Wir werden mit unserem Landtagsantrag auch noch für eine Änderung der Prüfung zur Mittleren Reife plädieren und damit eine weitere Entlastung der Lehrerinnen und Lehrer erreichen, ohne dass unsere Schülerinnen und Schüler aus Mecklenburg-Vorpommern daraus einen Nachteil haben.
Sehr geehrte Damen und Herren, zusammenfassend kann festgestellt werden, die Maßnahmen dieser Novellierung des Schulgesetzes waren notwendig und leisten einen ersten großen Beitrag zur Entbürokratisierung in den Schulen und zur Lehrerentlastung. Es ist ein wichtiger Schritt im Bereich der Bildung und zur Umsetzung der Koalitionsvereinbarung zwischen den Fraktionen von SPD und CDU. Die SPD-Fraktion wird das parlamentarische Verfahren dieser vorgesehenen Gesetzänderung weiterhin positiv begleiten. – Ich danke.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Zum Gesetzentwurf der Landesregierung liegt ein Überweisungsvorschlag für den Bildungsausschuss vor. Wir werden dieser Überweisung zustimmen,
obwohl nun bereits zum wiederholten Male wichtige Vorhaben im Bereich Bildung in Windeseile durch die parlamentarischen Gremien gehetzt werden.
Lehrerprüfungsverordnung, Volksinitiative zum Theater zum Beispiel. Das musste auch innerhalb von vier Wochen über die Bühne gehen.