Protocol of the Session on September 26, 2012

und vielleicht noch durch Gutachten untersetzen, dann ist es tatsächlich irgendwann mal eine Frage der Zeit, dass der eine oder andere kommt und sagt, ich mache jetzt mal die Forderung auf, indem ich sage, ich will eine gewisse Nachzahlung haben.

Also insofern will ich einfach nur dafür plädieren, dass wir weiterhin, so, wie ich es zu Beginn gesagt habe, emotionsvoll hier das Thema Bildung diskutieren,

(Zuruf von Andreas Butzki, SPD)

sachlich, das gefällt mir sehr gut in dieser Legislaturperiode, läuft das alles ab. Ich will meinen Beitrag dazu leisten. – Ich danke, dass Sie mir zugehört haben.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU)

Ums Wort gebeten hat noch einmal der Minister für Bildung, Wissenschaft und Kultur.

Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang darauf verweisen, dass nach Paragraf 85 Absatz 2 unserer Geschäftsordnung bei denjenigen Fraktionen, die zu diesem Zeitpunkt nicht mehr über ein volles Viertel ihrer ursprünglichen Redezeit zu diesem Tagesordnungspunkt zur Verfügung haben, Anspruch auf ein zusätzliches Viertel ihrer ursprünglichen Redezeit besteht.

Bitte, Herr Minister.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich hoffe auf Verständnis, dass bei einem so wichtigen Thema wie Schule auch mal ausführlicher diskutiert werden kann. Ich versuche mich dann bei den Folgeanträgen, die das Thema betreffen, wieder zurückzunehmen.

(Udo Pastörs, NPD: Wir verstehen das.)

Sehr geehrter Herr Abgeordneter Renz, ich möchte auf zwei Dinge noch mal reagieren. Bei mir entsteht der Eindruck, dass in Ihrer Rede, ich will nicht von einem Widerspruch sprechen, aber eine gewisse Spannung bestanden hat.

(Jochen Schulte, SPD: Das ist konservative Dialektik. – Heiterkeit vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Ich weiß aber nicht, ob meine Überlegung richtig ist, und würde Ihnen anheimstellen, das dann selbst zu bewerten. Und zwar die Spannung könnte sein, dass Sie auf der einen Seite kritisch angemerkt haben, was sich an unseren Schulen teilweise abspielt mit der Bewertung des Arbeits- und Sozialverhaltens. Das haben Sie kritisch angemerkt und – ich weise darauf hin – ein Ergebnis der Selbstständigkeit von Schulen. Denn nur weil wir den Schulen aufgetragen haben, dass sie was entwickeln sollen, haben sie es auch gemacht. Das könnte man also durchaus als ein Überziehen beim Prinzip der Selbstständigen Schulen ansehen. Auf der anderen Seite haben Sie zum Schluss noch mal gelobt die Selbstständigkeit der Schulen im Bereich der Förderpläne. Da braucht man gar keine Regelung. Ich würde sagen, da könnte eine gewisse innere Spannung erkennbar sein.

Das Problem ist natürlich, präzise zu sagen, an welcher Stelle macht Selbstständigkeit Sinn, an welcher nicht. Ich glaube auch, dass der derzeitige Gesetzentwurf jetzt ein ausgewogenes Verhältnis zwischen diesen beiden Polen hat und insofern vielleicht eine gute Mitte trifft, obwohl wir nicht in allen Punkten unbedingt einer Meinung sein müssen.

Was diese Debatte um die Kalkulation und die Arbeitszeit angeht, da muss ich noch mal einsteigen. Denn es ist natürlich, Frau Oldenburg, so, dass ich Sie bitten muss, mich nur mit Argumenten zu konfrontieren, die auch von mir stammen. Ich habe in meinem ganzen Leben noch nie die Formulierung der „nicht messbaren Arbeitszeit“ verwendet. Was soll denn das eigentlich sein? Warum soll eine Arbeitszeit nicht messbar sein? Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen. Warum soll Zeit

nicht messbar sein? Das ist Abteilung Gaga, so, was auch immer damit gemeint ist. Schon klar, was gemeint ist:

(Zuruf von Simone Oldenburg, DIE LINKE)

Das ist ein Kunstbegriff, der nur deshalb entstanden ist, weil der Dienstherr der Lehrer in Mecklenburg-Vor- pommern, seitdem es Mecklenburg-Vorpommern gibt, keine präzise Aufgaben- und Arbeitszeitbeschreibung der einzelnen Lehrämter vorgenommen hat.

(Andreas Butzki, SPD: Richtig.)

Das heißt, wir haben eine 40-Stunden-Woche im Schnitt, wir haben unsere Unterrichtungsverpflichtung von 27 Stunden à 45 Minuten, macht 20,25 Zeitstunden. Und dann hat der Dienstherr bisher gesagt, ja, der Rest, der muss da irgendwie drin sein, das ist nicht messbar. Natürlich ist das messbar.

Und wenn Sie jetzt dafür plädieren, dass ich solche Rechnungen nicht mache,

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Ja.)

dann muss das ex negativo ein Plädoyer dafür sein, dass wir so weitermachen wie bisher.

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Nein.)

Und da sage ich Ihnen, das wird nicht so sein. Ich werde so nicht weitermachen, weil das, wie es in den letzten 22 Jahren gemacht wurde, eben nicht zu einer sinnvollen Situation geführt hat.

Und ich halte auch das Argument, das Sie hier vorbringen, in der Vergangenheit hätten die Lehrer also objektiv mehr gearbeitet, als sie bezahlt bekommen haben, weil jetzt entlasten wir sie ja, natürlich für Unfug. Das weiß doch jeder. Sondern was macht ein Lehrer, wenn der Dienstherr ihm unnütze Aufgaben gibt, von denen aber erwartet wird, dass er sie erfüllt? Er erfüllt sie und macht eben weniger in der Vor- und Nachbereitung von Unterricht. Da werden die Unterrichtungsstunden eben nicht so gut vorbereitet, dann sind die Elterngespräche eben nicht so lang, dann kümmert man sich eben nicht so intensiv um die Kinder. Und das hat doch pädagogische Konsequenzen. Es kann mir doch keiner erzählen, dass das bedeutet, dass die Lehrer über Jahre mehr Arbeit leisten, unbezahlt und nicht darauf gucken, wie viel Stunden Arbeit sie haben, sondern sie versetzen dann entsprechende Prioritäten und verschieben ihre Arbeitslast. Und genau das darf nicht passieren. Es darf nicht sein, dass die Lehrer im Wesentlichen mit Akten beschäftigt sind und nicht mit Kindern. Dafür sind die nicht da, es sind keine Verwaltungsmitarbeiter, es sind Pädagogen.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Insofern bleibe ich bei diesen Berechnungen.

Und das Interessante ist, immer dann, wenn ich in der GEW oder so gesagt habe, wissen Sie, eigentlich hätte man schon von Anfang an so arbeiten müssen, bevor man Entscheidungen trifft, weil dann wäre nämlich manche Entscheidung vielleicht auch unterblieben, gibt’s Beifall. Plötzlich versteht man die Logik. Und ich

möchte nicht bestreiten, dass der eine oder andere Lehrer – das ist ja auch sein Beruf – bei solchen Vorschlägen mal Noten verteilt, auch der Minister, der wird auch benotet, hat er sich Mühe gegeben, hat er sich bemüht oder nicht, das klappt alles. Aber ich glaube, wenn wir miteinander darüber diskutieren, wird man das schon verstehen.

Das war aber eigentlich gar nicht der eigentliche Anlass für meine Wortmeldung. Ich versuche es, kurz und knapp zu machen. Ich möchte noch mal zum Fall Oldenburg kommen, und da meine ich nicht Frau Oldenburg, sondern die angesprochene Studie von Frau Berger. Und, Frau Berger, ich muss Sie bitten, ob Sie es machen, ist Ihre Sache, aber ich muss als Dienstherr der Lehrer Sie bitten, nicht leichtfertig auf Studien zu verweisen, die das Papier nicht wert sind, auf dem sie geschrieben stehen, wo den Lehrern unterstellt wird, sie würden die Zensuren anhand von Vornamen verteilen. Weil wer das unseren Lehrern unterstellt, es tut mir leid, ich glaube, der befindet sich nicht ganz in der Realität,

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

sondern der Zusammenhang ist genau umgekehrt. Es gibt bestimmte soziale Milieus und kulturelle Milieus, die wählen bestimmte Vornamen.

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Chantal.)

Es gibt in der Tat Häufungen. Und die Kinder haben, wenn sie bestimmten Milieus entstammen, manchmal bestimmte Leistungen und deswegen gibt es einen Zusammenhang zwischen dem Milieu und der Leistung, dem Milieu und dem Namen, aber nicht zwischen dem Namen und der Leistung und auch nicht zwischen der Bewertung der Lehrerinnen und Lehrer. Und da sollte man die Lehrer auch nicht auf diese Art und Weise, wie ich finde, beschimpfen, könnte man jedenfalls den Eindruck gewinnen.

Ein Punkt muss ich sagen, den Sie vorgetragen, der hat mich eigentlich sprachlos gemacht, wenn ich Ihrer Fraktion angehören würde, würde ich vermutlich sagen, hätte mich empört. Da ich längst die Empörungsvokabel nicht so gerne gebrauche,

(Ulrike Berger, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Sie benutzen lieber „exotisch“.)

spreche ich von menschlich unanständig.

Nee, menschlich unanständig, Frau Berger, menschlich unanständig.

Aus folgendem Grund: Hier ist der Vorwurf ergangen, dass Parlament wurde unter Druck gesetzt, nicht anständig behandelt. Sie wissen, und das ist das, was ich menschlich unanständig finde, Sie wissen ganz genau, dass das falsch ist, weil Sie haben an einer Beratung teilgenommen im Bildungsministerium mit allen Fraktionen, wo ich Sie darüber informiert habe, mit den Fraktionen, die ich eingeladen habe.

(Ulrike Berger, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Da ging es nur um die Schulwahlfreiheit und nicht um einen anderen Punkt.)

Nein.

Da habe ich Ihnen genau erklärt, was im Schulgesetz steht. Und dass Sie hier wirklich die anderen Kollegen mit falschen Tatsachen konfrontieren, das finde ich wirklich, na gut, das müssen Sie wissen.

(Ulrike Berger, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Herr Renz war meiner Meinung.)

In Paragraf 143 Absatz 10 steht folgender Satz zu der Schulwahlfreiheit: „Nach zwei Jahren erfolgt eine Evaluation“, zwei Jahre nach Beschluss des Gesetzes, und dann soll darauf folgend eine Gesetzesänderung entstehen. Jetzt rechnen wir das kurz mal durch: Wenn wir die Schulwahlfreiheit zum Schuljahr 2013/2014 haben wollen, am 28. Februar die Anmeldung für die Schule darauf beendet ist im Jahr 2013, muss spätestens zum 1. Januar 2013 das Gesetz in Kraft treten, damit man Klarheit hat für die Eltern – spätestens, eigentlich schon ziemlich spät.

Im Gesetz steht aber, wir dürfen erst zwei Jahre nach Einführung der Schulwahlfreiheit mit der Evaluation beginnen. Zwei Jahre sind genau am 1. August 2012 vorbei. Hätte ich mich also an der Stelle ans Gesetz gehalten und erst nach zwei Jahren mit der Evaluation begonnen, hätte es die Schulwahlfreiheit zum Schuljahr 2013/2014 nicht mehr gegeben,

(Ulrike Berger, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Es geht nicht um die Schulwahlfreiheit, sondern um die vielen anderen Punkte, Förderpläne zum Beispiel.)

weil wir, wie Sie wissen, viele, viele Monate brauchen, um ein Gesetz auf den Weg zu bringen. Und deswe- gen habe ich Ihnen entsprechend erklärt in der Runde, dass wir die Evaluation vorgezogen haben, dass wir ein sehr enges Gesetzgebungsverfahren haben und es verfahrensrechtlich aufgrund des Schulgesetzes gar keine andere Möglichkeit gibt, als dieses enge Kor- sett zu wählen. Das ist also eine Notwendigkeit aus dem Schulgesetz und nicht aus dem Handeln der Regierung. Das habe ich Ihnen alles ausführlich erklärt. Und jetzt hier so zu tun, als wäre das sozusagen ein fahrlässiges Unterdrucksetzen des Parlamentes, der Opposition

(Ulrike Berger, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Und warum arbeiten die Schulen schon mit den Bewertungskriterien, die wir noch nicht mal kennen?)

und als wäre es nicht eine notwendige Folge des Paragrafen 143 Absatz 10 des Schulgesetzes, finde ich, wie gesagt, menschlich unanständig.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)