Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Abgeordnete! Alle wichtigen Aspekte, da stimmen wir völlig überein, sind eigentlich mit dem gestrigen Tage hier unter Tagesordnungspunkt 6 debattiert worden. Zur Ergänzung dieser Debatte möchte ich dennoch drei Punkte hinzufügen:
Erstens. Die GRÜNEN fordern auch in ihrem Bundeswahlprogramm die Absenkung des Wahlalters auf 16 auf Bundesebene, also stimmen wir selbstverständlich auch dem vorliegenden Antrag der LINKEN zu.
Zweitens. Minister Caffier hatte gestern die forsaUmfrage aus dem Jahre 2010 zitiert, wonach 63 Prozent der befragten Jugendlichen das Wahlrecht ab 16 Jahren ablehnen.
Ich will aber nochmals darauf hinweisen, dass die befragten Jugendlichen zwischen 14 und 29 Jahren alt waren. Ich halte das aus methodischer Sicht für fragwürdig, dass man 14- bis 29-Jährige befragt, wie sie zum Wahlrecht von 16- und 17-Jährigen stehen.
Eine bessere Studie ist hingegen die Studie „Jugend in Brandenburg 2010“ der Universität Potsdam. Demnach würden 66 Prozent der betroffenen Jugendlichen ihr Wahlrecht auch wahrnehmen wollen. Das ist mehr als der Gesamtdurchschnitt der Bevölkerung, die ihr Wahlrecht wahrnehmen möchten,
und im Übrigen liegt die Zustimmung des Wahlrechts ab 16 bei den unter 18-Jährigen doppelt so hoch wie bei den über 18-Jährigen. Das heißt, wenn Sie natürlich von 14- bis 29-Jährige befragen, dann erfassen Sie gar nicht das Problem. Ich glaube, die Wählergruppe, die 16- bis 17-Jährigen wollen wählen, und das geht deutlich aus dieser Studie hervor.
Drittens. Ein häufiges Gegenargument ist, dass Jugendliche angeblich möglicherweise dazu tendieren, extremistischer zu wählen. Das kann man nicht wirklich bestätigen. Ich denke, dass es sich hier nämlich nur um eine Verschiebung des Problems handelt und wir uns als Demokraten der Herausforderung so früh wie möglich stellen sollten. Selbst wenn zum Beispiel, als kleines Beispiel, die 16- und 17-Jährigen doppelt so häufig die rechtsextremistische NPD wählen würden, würden sie deren Ergebnis nur um 0,2 Prozentpunkte beeinflussen können. Der entscheidende Hauptanteil des Problems wird durch Nichtwähler und NPD-Wähler jenseits des 18. Lebensjahres verursacht. Warum sollten wir also zwei Jahrgänge von der Wahl abhalten, nur weil die Älteren das Hauptproblem nicht in den Griff bekommen?
Also nur um Legendenbildung vorzubeugen, Herr Holter, ich hatte in der parlamentarischen Vorbereitung zu den Sitzungen in dieser Landtagssitzungswoche
in der Tat angeregt, dass wir dies aus Effektivitätsgründen ja möglicherweise auch in verbundener Aussprache hätten erledigen können. Peter Ritter hatte da gute Gründe und er hat sie auch vorgetragen.
Und wenn eine Fraktion Gründe vorträgt, dann ist das durch andere Fraktionen zu respektieren, dann ist das eben so und dann reden wir eben heute noch mal darüber.
Ich nehme das auch ernst, meine Herren von der Linksfraktion in den vorderen Reihen, und will auch noch mal auf Ihren Antrag eingehen, denn Sie haben ja Ihren Antrag unter anderem so ein bisschen damit begründet, dass nun die Partei, Fraktion auf Bundesebene, ich zitiere mal, „in Bewegung gekommen sei“. Das ist ja auch gut so. Der Kopf ist rund, nicht? Und der ist aus gutem Grunde rund, damit es immer mal vielleicht auch neue Ideen gibt.
Das mag ja alles richtig sein, aber wenn Sie dann noch darauf hinweisen, dass nun auch ein Parteikonvent der SPD die Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre beschließen möchte, sage ich, ganz unabhängig davon, wie sich die SPD innerparteilich zu dem Thema nun irgendwie positioniert, müssen wir es aber – und das ist jetzt hier gesagt worden – nun mal eben dem Bundestag und dem Bundesrat überlassen, über das Wahlalter für den Bundestag zu diskutieren. Das ist hier nicht unsere Baustelle, um das mal deutlich zu sagen.
Und was ich besonders als heikel empfinden würde, ist, wenn eine Empfehlung, gleich, welchen Inhalts die nachher zum Schluss auch sei, ja, wenn sozusagen wir uns anmaßen, dem Bundestag durch einen Landtag irgendwelche Inhalte da zu servieren. Das ist einfach nicht angemessen und das halten wir für grundsätzlich nicht gut.
Aber ich gehe gern auf ein Argument ein, das gestern im Zweifel noch nicht besprochen wurde, nämlich dieses Argument, das Sie hier in Ihrem Antrag gebracht haben, dass es ja der Politikverdrossenheit entgegenwirken könnte. Und da sage ich mal, wenn es um die Bekämpfung von Politikverdrossenheit geht, da sind wir uns erst mal grundsätzlich einig, das ist schlimm genug und wir müssen alles dafür tun, dass Politikverdrossenheit nicht weiter greift, als das schon jetzt der Fall ist. Aber ich kann einfach nicht erkennen, wie man das mit einer Absenkung von Wahlalter auch nur irgendwie hinbekommen könnte. Wenn man sich nämlich mal die Ergebnisse der letzten Bundestagswahl so in der Statistik anguckt, dann stellt man fest, dass in den Ländern, wo zum Beispiel kommunales Jugendwahlrecht längst eingeführt ist, die Wahlbeteiligung der jungen Leute zwischen 18 und 21 im Vergleich zu den anderen Ländern, wo das nicht der Fall ist, sich eher überhaupt nicht ändert.
Württemberger haben das nicht gemacht und da liegt die Differenz bei 6 Prozent. Also wenn bei der letzten Bundestagswahl in Baden-Württemberg die durchschnittliche Wahlbeteiligung allgemein bei 73 Prozent gelegen
Im Bundesland Hessen, die haben ja das Jugendwahlrecht, und zwar das kommunale wieder abgeschafft. Die hatten das schon mal, haben es wieder abgeschafft, da gab es eine Differenz von 7 Prozent.
Und wenn wir jetzt nach nebenan, nach SchleswigHolstein gucken, die haben ja ein kommunales Wahlrecht, da liegt die Differenz bei 11 und bei uns sogar bei 12 Prozent. Wir haben ja ein kommunales Wahlrecht für Jugendliche.
Also eine bessere Beteiligung dadurch, dass man zum Beispiel bei der Kommunalwahl die Jugendlichen schon beteiligt, auch bei den anderen Wahlen zu erreichen, das ist so nicht nachzuvollziehen. Natürlich wollen wir das Interesse von Jugendlichen an Politik wecken, aber Wahlrecht, das ist doch nicht irgendwas. Das ist in einer freiheitlichen Demokratie etwas so Grundlegendes, da sind wir von der CDU eben der Auffassung, das können wir doch nicht einfach zu so einem pädagogischen Hilfsmittel irgendwo degradieren. Dafür ist Wahlrecht einfach zu wichtig.
Und Lorenz Caffier als Innenminister hat ja gesagt, er kann sich gar nicht vorstellen, und ich kann es mir im Übrigen auch nicht vorstellen, dass wir dazu das Grundgesetz ändern würden. Das, glaube ich, ist mit uns als Christdemokraten auch in den nächsten Jahren nicht zu machen.
Aber das hat – und mein Kollege Müller hat es schon gesagt – uns natürlich nicht davon abgehalten zu sagen, ja, wir überweisen in den Rechts- und Europaausschuss, ja, wir debattieren darüber. Aber ich glaube, es ist ein Gebot der Ehrlichkeit, Herr Ritter, dass man auch schon deutlich sagt, unsere Position als CDU – und ich spreche also nicht nur für mich, sondern für meine Fraktion – ist gerade, was die Absenkung des Wahlalters bei Bundestagswahlen betrifft, klar und deutlich, und wir weisen noch einmal darauf hin, es ist nicht unsere Angelegenheit.
(Peter Ritter, DIE LINKE: Gehst du jetzt nach Hause, oder was?! – Heiterkeit vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU und DIE LINKE)
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir von der NPD-Fraktion werden dem Antrag beziehungsweise der Überweisung zustimmen, aber wie ich es in meiner Ausführung in der gestrigen Sitzung unter Tagesordnungspunkt 6 bereits erwähnte, der
Grund für die Politikverdrossenheit in diesem Land ist nicht die Grenze des Wahlalters, sondern Ihre volksfeindliche Politik.
Ihre Politik hat dazu geführt, dass diese Verdrossenheit schon lange keine Randerscheinung mehr ist, sondern sich zu einer Art Volkskrankheit ausgebreitet hat. Um den Genesungsprozess in Gang zu setzen, muss man auch hier wie bei einer richtigen Krankheit zuerst die Ursachen bekämpfen. Einer nationalen, am deutschen Volk orientierten Politik würde man auch Vertrauen schenken und die Wahlbeteiligung würde wieder steigen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Selbst bei den wenigen Sätzen, die Herr Müller eben von sich gegeben hat,
merkt man auch da, wo die Reise hingeht. Volkskrankheiten und Ausmerzen, das ist das Gedankengut der Herren der NPD-Fraktion. Und sie versuchen es wirklich bei jedem Thema immer wieder unterzubringen, aber ich glaube, die Menschen, auch draußen, sind klug genug, um das zu erkennen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, man ist ja vor Überraschungen nicht gefeit und insofern gebe ich ehrlich zu, dass ich nicht erwartet hätte, dass die Koalition sagt, okay, wir überweisen auch diesen Antrag. Insofern ein herzliches Dankeschön! Aber ich sage auch hier wie gestern, dass für mich natürlich dann das Ergebnis der Diskussion im Rechtsausschuss eigentlich schon feststeht, da die Gräben zwischen den Koalitionspartnern offensichtlich so tief sind, dass sie nicht zugeschüttet werden können.
Und weil das so ist, Herr Waldmüller, ist auch so manche Begründung, warum man sich gegen das Thema „Wahlalter 16“ hier so vehement stemmt im Landtag, sehr merkwürdig. Also da wird dann die Zuständigkeit herangezogen, da werden die Ebenen herangezogen, wir haben als Landtag mit dem Bundestagswahlrecht ja überhaupt nichts zu tun, wird gesagt.