Protocol of the Session on June 22, 2012

Was lange währt, wird endlich gut, denn es hat ganz schön gedauert, bis das Netzwerk tatsächlich zustande kam.

(Torsten Renz, CDU: Bisher hatte ich noch gute Laune heute. Das ist jetzt ein bisschen unseriös, muss ich sagen.)

Die Gründung des „Netzwerkes Homophobie“ wurde bereits als eines der Vorhaben der Fachtagung zum Thema Homophobie im November 2009 in Schwerin vorgestellt. Ich möchte betonen, dass die Fachtagung in Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Soziales und Gesundheit des Landes Mecklenburg-Vorpommern

durchgeführt wurde. Dann kam lange nichts und so stellte ich im März 2011 eine Kleine Anfrage an die Landesregierung, um zu erfahren, wie es um die Gründung des Netzwerkes steht. In der Antwort wurde angekündigt, dass das Netzwerk in der zweiten Jahreshälfte 2011 seine Arbeit aufnehmen soll. Zum Zeitpunkt der offiziellen Gründung vor knapp einem Monat haben wir aber nun schon fast die zweite Jahreshälfte 2012 erreicht.

So viel zum Stellenwert dieser Angelegenheit im zuständigen Ressort und so viel zu den Vorhaben der Landesregierung und zur Bedeutung dieses Themas in dieser Koalition.

(Zuruf von Torsten Renz, CDU)

Das habe ich schon dreimal erwähnt, Herr Renz. Wenn Sie aber nicht zuhören, ist das dann auch Ihr Problem.

(Torsten Renz, CDU: Doch, ich kann mich auf zwei Sachen gleichzeitig konzentrieren.)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, zu den Fragen, ob sich denn auch die Landesregierung an dem Netzwerk beteiligen wird und was sie unternimmt, um das „Netzwerk gegen Homophobie“ ideell und finanziell zu unterstützen, konnte mir vor einem Jahr durch die Landesregierung keine Antwort gegeben werden. Deshalb appelliere ich heute an die Koalitionsfraktionen, dem vorliegenden

Antrag zuzustimmen, damit dem Thema endlich mehr Bedeutung in der Landespolitik zukommt.

Wie das Thema auf Landesebene bisher eingeordnet ist, nämlich überhaupt nicht, zeigt auch die Antwort auf eine andere Kleine Anfrage zu Maßnahmen der Landesregierung gegen Homophobie, die ich im März 2011 stellte. Aus der Antwort geht hervor, dass für die Belange von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Transgendern, transsexuellen und intersexuellen Menschen in MecklenburgVorpommern keine besondere Ressortzuständigkeit

gegeben ist. Auch gerade mit Blick auf das Weltgeschehen in Sachen Toleranz, Homosexualität und gleichgeschlechtliche Lebensweisen ist es wichtig, ein Zeichen zu setzen in Mecklenburg-Vorpommern, in Deutschland und darüber hinaus. Auch wohlfeile Reden hier am Pult helfen uns da nicht weiter, sondern nur konkretes Handeln, indem der Landtag heute dem Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zustimmt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, in 68 Staaten der Welt steht Homosexualität immer noch unter Strafe, in 7 Ländern droht sogar die Todesstrafe. In vielen westlichen Ländern sind trotz einer aktiven Lesben- und Schwulenbewegung keine wesentlichen Fortschritte zu verzeichnen. In Mecklenburg-Vorpommern gibt es Lesben- und Schwulenvereine, Beratungs- und Begegnungsstätten. Die Einrichtungen müssen aber immer wieder um ihr Überleben kämpfen und können nicht nur von wohlfeilen Reden hier am Pult leben. Wie wackelig und wenig solide die Finanzierung für die Vereine ist, zeigte sich auch wieder in der Haushaltsaufstellung, die wir in dieser Woche zu Ende gebracht haben.

Zudem brauchen wir endlich funktionierende Hilfsstrukturen für Opfer von homophober Gewalt, denn diese sind in Mecklenburg-Vorpommern nicht wirklich vorhanden.

Somit ist es umso wichtiger, sich endlich einen Kopf zu machen, sprich einen Landesaktionsplan zu erarbeiten.

Den Vorschlag in Punkt 3 des vorliegenden Antrages, einen Landesaktionsplan gegen Homophobie aufzulegen, unterstützen wir daher. Zumal neben Öffentlichkeitsarbeit und Aufklärungskampagnen auch Schulungen für Polizistinnen und Polizisten sowie für pädagogische Fachkräfte gefordert werden. Das sind Punkte, die wir auch in unserem Wahlprogramm verankert hatten.

Die Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare ist ein konsequenter Schritt in Sachen Antidiskriminierung und Gewährung gleicher Rechte für alle Menschen, denn er stellt gleichgeschlechtliche Partnerschaft tatsächlich gleich und weicht nicht auf eine Sondergesetzgebung aus.

(Vizepräsidentin Beate Schlupp übernimmt den Vorsitz.)

Einige europäische Staaten, wie die Niederlande, Belgien, Spanien, Norwegen, Schweden, Portugal und Island, haben die Ehe bereits für gleichgeschlechtliche Paare geöffnet und es gibt in der Tat bereits zahlreiche Initiativen in der Bundesrepublik zur Öffnung der Ehe.

Die Forderung der Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare ist nicht neu in der Bundesrepublik. Zuletzt hat der Bundesrat im September 2010 eine Bundesratsinitiative des Landes Berlin zur Öffnung der Ehe abgelehnt. Ich weiß nicht, wie sich unser Bundesland verhal

ten hat. Zuvor hatte bereits die Fraktion DIE LINKE im Bundestag im Juni 2010 einen Antrag zur Öffnung der Ehe für alle Menschen gestellt. Der Antrag wurde schließlich im Juni 2011 in zweiter Beratung im Bundestag auf der Grundlage der Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses abgelehnt. Ich weiß nicht, wie sich SPD und CDU im Bundestag dazu verhalten haben.

(Torsten Renz, CDU: Kleine Anfrage.)

Das Lebenspartnerschaftsgesetz aus dem Jahr 2001 hat bereits dazu beigetragen, die Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Paare abzubauen. Allerdings ist es an der Zeit, im Sinne der gleichen Rechte für alle Menschen unabhängig von der sexuellen Identität auch die Ehe für gleichgeschlechtliche Paare zu öffnen und die Diskriminierung von Lesben und Schwulen damit ein deutliches Stück zurückzudrängen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, um zu zeigen, dass es Einrichtungen in der Bundesrepublik gibt, die vielleicht noch ein Stückchen weiter sind als die Koalitionsfraktionen, will ich auf die Initiative von „Ford GLOBE“ verweisen. „Ford GLOBE“ ist das schwul-lesbisch-bisexuelle Netzwerk der Ford-Organisation und diese Organisation lädt am 6. Juli zur traditionellen Führung durch das Kölner Ford-Werk ein. Insofern sollten wir uns an solchen Aktivitäten ein Beispiel nehmen und ich bitte Sie herzlich, dem Antrag der Bündnisgrünen zuzustimmen. – Danke schön.

(Beifall vonseiten der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Fraktion der NPD hatte für diesen Tagesordnungspunkt Herrn Pastörs als Redner gemeldet.

(Stefan Köster, NPD: Hat sich erledigt.)

Die Fraktion der NPD verzichtet auf ihren Redebeitrag, von daher rufe ich auf für die Fraktion der SPD die Abgeordnete Frau Tegtmeier.

Ja, sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich glaube, aus den hier bislang gehörten Beiträgen ist zunächst erst mal deutlich geworden, dass wir in der Tat mit unserem Koalitionspartner nicht das gleiche Weltbild in diesem Zusammenhang verfolgen. Wenn man sich den Beitrag der Sozialministerin angehört hat und den von Frau Friemann-Jennert,

(Zuruf von Torsten Renz, CDU)

hat jeder hier im Raum, denke ich mal, gesehen, dass wir uns da halt in dieser Beziehung nicht auf demselben Level, will ich es mal nennen, befinden. Und deswegen ziehe ich den Schluss meiner Rede eigentlich an den Anfang und sage: Wir werden dem Antrag nicht zustimmen, teilweise allerdings auch aus dem heraus, was durch Herrn Ritter und auch vorher schon hier begründet wurde, weil entsprechende Bundesratsinitiativen und Bundesinitiativen innerhalb dieser Legislaturperiode

(Peter Ritter, DIE LINKE: Nehmen Sie mich aber bitte jetzt nicht als Ablehnungsgrund!)

bereits abgelehnt worden sind.

(allgemeine Heiterkeit und Unruhe – Glocke der Vizepräsidentin)

Und solange wir keine andere Konstellation im Bund haben, ist ein verändertes Abstimmverhalten in dem Zusammenhang auch nicht zu erwarten. Das dazu.

(allgemeine Unruhe)

Es ist in der Tat so – und das hat Herr Ritter eben auch bereits gesagt –, dass es erst 22 Jahre her ist, dass die Weltgesundheitsorganisation Homosexualität aus ihrer Liste der definierten Krankheiten herausgenommen hat. Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen: Es ist erst 22 Jahre her!

Wenn man in politischen Dimensionen denkt, wie lange Prozesse da oft dauern – ich denke nur an die Festschreibung der Gleichstellung von Mann und Frau im Grundgesetz, und wo wir uns da jetzt befinden –, ist das eine ziemlich kurze Spanne, muss ich mal sagen. Es ist eine ziemlich kurze Spanne, und festzuhalten bleibt in jedem Fall, dass die internationale Situation von Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Transgendern nach wie vor ziemlich düster ist.

Und einen Satz von Frau Friemann-Jennert möchte ich noch kurz aufgreifen. Sie sagten vorhin in Ihrem Beispiel mit diesem Flyer von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, dass es auch tatsächlich homosexuelle Tiere gibt. Das ist überhaupt gar nicht selten. Das ist eine Form, die die Natur hervorbringt.

(Udo Pastörs, NPD: Eine Spielart der Natur.)

Das gibt es weitverbreitet im Bereich der Tiere, das gibt es bei Pflanzen, da haben wir ja oft die Situation, dass Pflanzen männlich und weiblich sind,

(Udo Pastörs, NPD: Da kommen wir ja noch hin.)

und das gibt es beim Menschen als ganz natürlich vorkommende Form der Sexualität. Und wenn man da auf den Begriff „Phobie“ kommt, dann gucken Sie doch mal in die Richtung dahinten. Wenn da keine Leute mit einer ganz ausgeprägten Phobie gegen natürliche Vorgänge in der Natur sind,

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

also dann weiß ich es ja wohl wirklich nicht.

In Deutschland haben wir bereits einige Fortschritte erzielt, doch auch bei uns bleibt national natürlich noch etliches im Kampf gegen Homo- und Transphobie zu tun. Es ist daher unserer Auffassung nach, also der Auffassung der SPD-Fraktion nach, ein Fehler und ein falsches Signal, wenn die Bundesregierung die Mittel für die Antidiskriminierungsstelle des Bundes kürzt. Ich denke mal, da hätte man eher noch ein bisschen was drauflegen können, weil da ja nicht nur in diesem Bezug noch viel Arbeit vor uns liegt. Bundesseitig muss dafür gesorgt werden, dass die Antidiskriminierungsrichtlinie auch in anderen Rechtsbereichen Anwendung findet. Bislang ist das ja so ziemlich auf das Arbeitsrecht eingeschränkt. Auch da liegt noch viel Arbeit vor uns. Das ist aber

auch von der jetzigen Bundesregierung, nach den Diskussionen, die stattgefunden haben, leider nicht zu erwarten.

(Zuruf von Stefan Köster, NPD)

Am 26. Mai hat die Bundes-SPD gemeinsam mit der Arbeitsgemeinschaft der Lesben und Schwulen in der SPD ihre Kampagne für den Christopher Street Day 2012 bekannt gemacht.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Unter dem Motto „Traut Euch …“ werben wir für die Forderung zur Öffnung der Ehe auch für lesbische und schwule Paare. Wir wollen, dass endlich die strukturellen Diskriminierungen von Lesben und Schwulen etwa im Familien-, Beamten- und Steuerrecht beendet werden. Wir wollen, dass endlich ein gesellschaftliches Klima des Respekts und der Akzeptanz gegenüber Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Transgendern vorherrscht.