Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich begrüße Sie zur 21. Sitzung des Landtages. Ich stelle fest, dass der Landtag ordnungsgemäß einberufen wurde und beschlussfähig ist. Die Sitzung ist eröffnet. Die Tagesordnung der heutigen Sitzung liegt Ihnen vor. Wir setzen unsere Beratungen vereinbarungsgemäß fort.
Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 23: Beratung des Antrages der Fraktionen der SPD und CDU – Entwicklung auf dem Milchmarkt, auf Drucksache 6/823.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In Mecklenburg-Vorpommern gibt es circa 1.000 milchviehhaltende Betriebe. 90 Prozent dieser Betriebe haben bei uns mehr als 100 Kühe im Stall zu stehen. Das bedeutet, dass damit auch eine entsprechende Anzahl an Beschäftigten an der Milchviehhaltung in unserem Land hängt. Sie, die Beschäftigten, hoffen darauf, dass sie mit ihrem Produkt, der Milch, am Markt einen guten Preis erzielen und wenn der Milchwagen kommt, um die Milch abzuholen, dann bewegt den Bauern nicht nur die Frage danach, wie viel Geld er hat, sondern danach, wie hoch die Qualität ist, wie sich der Arbeitsaufwand gelohnt hat. Er fragt sich, ob der Preis, den er mit der Molkerei erzielt, ob das für seinen Betrieb auskömmlich ist.
Der Milchmarkt, meine Damen und Herren, ist aber kein abgeschotteter Markt für Mecklenburg-Vorpommern, der Milchmarkt ist international aufgestellt. Die Handelsbeziehungen zwischen den Ländern werden immer verflochtener, Einflüsse des Weltmarktes haben damit ganz direkt Auswirkungen auf die Bäuerinnen und Bauern bei uns hier in Mecklenburg und in Vorpommern.
Einflussfaktoren können sein internationale Währungsschwankungen, extreme Wettersituationen, Naturkatastrophen, aber auch gesamtwirtschaftliche Entwicklungen sowie allgemeine Tendenzen an den Rohstoffmärkten. Die Abhängigkeit von den internationalen Märkten sieht man vor allem daran, wenn man sich mal betrachtet, wie die Exportquote bei den verarbeitenden Milchprodukten ist, die liegt bei 46 Prozent. Das heißt, 46 Prozent der verarbeiteten Milch geht in den Export.
Und der internationale Milchmarkt, meine Damen und Herren, entwickelt sich momentan gegenläufig. Zum einen wird in Deutschland, aber auch in anderen Ländern, mehr Milch produziert. So hat beispielsweise Neuseeland angegeben, dass sie im Wirtschaftsjahr 2011/2012 eine Steigerung um 5 Prozent erzielen wollen und Australien eine Steigerung von immerhin noch 2,2 Prozent und Deutschland um ein Prozent erzielen wird. Zum anderen geht die Nachfrage in den asiatischen Importländern nach Branchenangaben zurück. So hat beispielsweise China im vergangenen Herbst seine Einfuhren an Milchpulver erheblich reduziert. Auch Russland hat seinen Import im vergangenen Jahr deutlich gedrosselt. In diesem Jahr sieht es wohl etwas besser aus.
Die Frage ist aber nun, ob diese Entwicklung nachhaltig ist. Die Marktexperten der Banken gehen auf lange Sicht von steigenden Preisen auf dem Milchmarkt aus. Davon abgekoppelt sind offenbar die gegenwärtigen Milchpreise. Wenn wir also erwarten, dass die gegenwärtige Entwicklung Ausdruck einer temporären Schwankung ist, heißt das für uns, dass wir Mechanismen finden müssen, um die Betriebe über diese Zeit zu bringen.
Wir haben uns für das Auslaufen der Milchquote entschieden und ich möchte mich hier auch noch mal ganz klar zu diesem Ziel bekennen. Das bedeutet, dass im Jahr 2015 der Markt offen ist. Angebot und Nachfrage werden den Preis bestimmen.
Klar ist aber, dass die Flexibilität der Betriebe so einfach nicht herstellbar ist. Die Entscheidung, einen Kuhstall zu bauen, ist eine Entscheidung, die über viele Jahre trägt, denn der Bauer hat Zins und Tilgung zu leisten und Zins und Tilgung erwirtschaftet der Bauer über das Produkt, nämlich über die Milch. Preisschwankungen, wie wir sie in den letzten Jahren erlebt haben, bringen die Betriebe daher auch in erhebliche Planungsschwierigkeiten.
Ich komme gleich darauf, ich komme gleich darauf. Nun bleiben Sie doch ganz ruhig da drüben am braun gerandeten Fenster! Bleiben Sie ganz ruhig!
Preisschwankungen, wie wir sie in den letzten Jahren gehabt haben, bringen die Betriebe in erhebliche Planungsschwierigkeiten.
Wir hatten 2009, meine Damen und Herren, und das ist erst drei Jahre her, den tiefsten Milchpreisstand seit den 1970er- Jahren. 2008 und 2009 mussten wir erleben, dass Landwirte im Kampf gegen den Preisverfall Milch weggeschüttet haben.
2010 konnten wir mit 30,9 Cent je Kilo im Jahresdurchschnitt einen 25 Prozent gesteigerten Milchpreis ab Hof
erzielen. 2011 stiegen die Preise weiter, um nun wieder deutlich zu sinken. Daher und auch im Hinblick auf die Abschaffung der Milchquote sage ich, wir brauchen im Markt verlässliche Rahmenbedingungen,
damit sich die bäuerlichen Betriebe auf die Bedingungen einstellen können. Und wenn ich von verlässlichen Rahmenbedingungen spreche, dann meine ich sowohl internationale, europäische als auch nationale Standards.
Zu den Standards zähle ich nicht nur Rahmenbedingungen für Absatz und Handel, sondern ausdrücklich, meine Damen und Herren von den GRÜNEN, Sie werden sich freuen, ausdrücklich auch Tierschutzstandards, die wir schaffen müssen, und zwar nicht nur bei uns, sondern im größeren, im internationalen Maßstab.
(Zurufe von Johann-Georg Jaeger, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, und Jürgen Suhr, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Norbert Nieszery, SPD: So sind wir.)
Zum einen bekennen wir uns zu den Direktzahlungen. Sie sichern den Betrieben weiterhin einen Teil ihres Einkommens, und zwar den verlässlichen Teil ihres Einkommens. Und ich sage auch ganz klar, die Umstellung von der Produktzahlung, die wir in früheren Zeiten hatten, hin jetzt zur Direktzahlung war richtig. Wir wollen daran festhalten. Auch vor dem Hintergrund der Marktschwankungen wollen wir, dass unsere bäuerlichen Betriebe auch in der nächsten EU-Förderperiode nicht benachteiligt werden. Deshalb lehnen wir die von der Kommission geplante Kappung der Direktzahlung für große Betriebe ab, Gleiches gilt für die Degression oder die Absenkung der Direktzahlung ab einer bestimmten Betriebsgröße. Die Direktzahlungen sind für die Stabilität der Betriebe schlicht und einfach wichtig.
Wir wollen, dass die Landesregierung gegenüber dem Bund und der EU-Kommission darauf hinwirkt, dass bestehende und gegebenenfalls auch neu zu findende Instrumente zur Stabilisierung der Milchmärkte in Krisenzeiten eingehend prüft und gegebenenfalls frühzeitig gezielt und flexibel einsetzt.
Zum Dritten wollen wir die Position der Milcherzeuger stärken. Dazu zählen unter anderem die im Antrag aufgeführte Erhaltung der Fördermöglichkeiten zur Gründung von Erzeugergemeinschaften und die weitere Förderung von Investitionen in die Milchviehhaltung.
Darüber hinaus muss die Branche aber auch miteinander arbeiten. Ich stelle mir einen konstruktiven Dialog zwischen Milchbauern und Molkereien vor. Beispielsweise könnte als Ergebnis rauskommen, dass zwischen den Betrieben und den Molkereien Vorverträge über die
Veräußerung von Milch geschlossen werden. Und wenn die Molkereien dann beispielsweise verstärkt das Mittel der Warenterminbörsen nutzen würden, dann könnten auch darüber Preisschwankungen stärker abgefedert werden.
Meine Damen und Herren, ich will nicht so tun, als könnten wir mit dem Beschluss dieses Antrages die wirtschaftlichen Probleme der Betriebe, die durch die Schwankungen der internationalen Märkte entstehen, zu hundert Prozent ausgleichen, das ist nicht der Fall. Wir wollen aber nicht einfach nur zusehen, wie die Betriebe, die im Vertrauen auf die Zukunft investiert haben, den Bach hinuntergehen. Es geht uns um Hilfestellungen, die wollen wir leisten und dafür bitten wir Sie herzlich um Ihre Zustimmung. – Danke.
Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 90 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Milchwirtschaft hat in diesem Hohen Hause in den letzten zwei Jahren zum Glück keine große Rolle mehr spielen müssen. Hintergrund war, wer sich ein bisschen erinnert, der weiß es, 2008/2009 haben wir eine schwere Krise durchlaufen und die Diskussionen am Milchmarkt sind damals geführt worden mit dem Ziel, wie kann man in Deutschland, in Europa eine wettbewerbsfähige, nachhaltige Milchwirtschaft unterstützen. Ich glaube, dass Mecklenburg-Vorpommern dabei eine wichtige Rolle gespielt hat vor dem Hintergrund, dass wir auch für die Zukunft ein mengengesteuertes System haben wollen, außerhalb der Milchquote.
Herr Krüger hat zu Recht darauf hingewiesen, jawohl, wir stehen zum Auslaufen der Milchquote in Deutschland, in Europa, weil dieses mengengesteuerte System der staatlich verordneten Mengenbegrenzung nicht funktioniert hat. Und auf der anderen Seite, glaube ich auch, ist es richtig, dass wir uns hier mit dem Thema auseinandersetzen, weil in Mecklenburg-Vorpommern die Veredlung der Landwirtschaft über die Milch einen der Schwerpunktbereiche überhaupt darstellt. Die meisten Menschen in der Landwirtschaft in Mecklenburg-Vorpommern sind heute nach wie vor in der Milchwirtschaft beschäftigt, das heißt, wenn man es so will, von der landwirtschaftlichen Urproduktion über die neuen Molkereien, die wir in Mecklenburg-Vorpommern haben.
Und jawohl, es ist so, wir sind auf der einen Seite sehr stark orientiert aus Mecklenburg-Vorpommern heraus auf den Binnenmarkt. 60 Prozent der Milch und der Molke