Protocol of the Session on May 23, 2012

Vielen Dank, Herr Holter.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Gundlack für die Fraktion der SPD.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete! „Arbeit muss sich lohnen – Kleine und mittlere Einkommen nicht weiter belasten“, dies ist das Thema der heutigen Aktuellen Stunde. Ich habe mich gefragt, welchen aktuellen Bezug dieses Thema eigentlich hat. Da wird wohl die Abstimmung im Bundesrat am 11. Mai 2012 über den Beschluss des Deutschen Bundestages zum Gesetz zum Abbau der kalten Progression gemeint sein. Ja oder Nein – die Abschaffung der kalten Progression ist wohl das Thema auch der heutigen Aktuellen Stunde. Unser Ministerpräsident hat dem Gesetz im Bundesrat nicht zugestimmt, wie Sie sicherlich alle wissen.

Meine Damen und Herren Abgeordnete, von einer Steuerentlastung will die CDU-Fraktion offenbar aber heute auch nicht sprechen. Soll hier also der Status quo erhalten bleiben, oder wie ist das Thema heute zu verstehen? Die CDU-Fraktion möchte die kleinen und mittleren Einkommen nicht weiter belasten. Dieses „weiter“ soll doch nicht etwa heißen, irgendjemand hätte eine Steuererhöhung der mittleren und kleinen Einkommen geplant?

(Zuruf von Vincent Kokert, CDU)

Die SPD-Fraktion im Landtag Mecklenburg-Vorpommern plant so etwas jedenfalls nicht. Ganz im Gegenteil, wir fordern die Einführung einer Vermögenssteuer, eine Reform der Erbschaftssteuer und die Anhebung des Spitzensteuersatzes von 42 auf 49 Prozent.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD – Vincent Kokert, CDU: Wer hat den eigentlich abgesenkt? – Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Ja, das müssen wir mal feststellen. Wer hat den damals abgesenkt?)

Meine sehr geehrten Damen und Herren,

(Peter Ritter, DIE LINKE: 40 Jahre.)

eine Einkommenssteuerentlastung bedeutet gleichzeitig einen Verzicht auf Steuereinnahmen bei Bund, Ländern und Gemeinden.

(Zuruf von Torsten Renz, CDU)

Eine solide Gegenfinanzierung der von Bundes-CDU und -FDP geplanten Steuerentlastung ist jedoch nicht in Sicht.

(Zuruf von Marc Reinhardt, CDU)

Solide Haushaltsführung und Schuldenabbau hingegen sind unsere Ziele.

(Marc Reinhardt, CDU: Dafür kämpfen wir heute noch im Land.)

Und nun, meine Damen und Herren, eineinhalb Jahre vor der nächsten Bundestagswahl, nach zwei verkorksten Landtagswahlen, da, und gerade da,

(Zuruf von Rudolf Borchert, SPD)

wollen Sie die Bürgerinnen und Bürger nicht weiter so belasten. Es gibt für diese Vorgehensweise nur ein Wort: unseriös.

(Rudolf Borchert, SPD: So ist es.)

Nehmen wir einmal das Argument, dass gerade die kleinen und mittleren Einkommen eine Entlastung benötigen. Welche Einkommen meinen Sie denn eigentlich?

(Zuruf aus dem Plenum: Unsere.)

Das habe ich gehört, ja, unsere.

(Heiterkeit vonseiten der Fraktion der SPD)

Viele der hier offenbar Angesprochenen, auch Sie, Herr Liskow, ne,

(Zuruf aus dem Plenum – Heiterkeit vonseiten der Fraktion der SPD)

zahlen wegen der Steuerfreistellung am Rande des Existenzminimums keine Steuern und können daher auch nicht entlastet werden. Die im Gesetz zum Abbau der kalten Progression enthaltene Anhebung des Grundfreibetrages in 2013 auf 8.130 und 2014 auf 8.354 Euro ist verfassungsrechtlich geboten und nicht als Geschenk der Bundesregierung zu verstehen.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Na also.)

Durch die Anhebung wird garantiert, dass ein Erwerbseinkommen in Höhe des Existenzminimums steuerfrei bleibt.

Meine Damen und Herren der CDU-Fraktion, Sie fordern in dieser Aktuellen Stunde „Arbeit muss sich lohnen“. Sie haben natürlich recht und auch die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer werden Ihnen beipflichten. Und Sie sprechen auch meiner Fraktion aus dem Herzen, wenn,

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Siehste!)

wenn, Herr Ringguth,

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Siehste, aus dem Herzen sprechen wir. – Zuruf von Dr. Norbert Nieszery, SPD)

ja, wenn Sie es auch so meinen würden. Sie sprechen von Gerechtigkeit und sind nicht bereit, einem bundeseinheitlichen Mindestlohn zuzustimmen.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD – Dr. Norbert Nieszery, SPD: Das ist richtig, jaja.)

Wenn Sie wirklich etwas für die Menschen tun wollen, dann setzen Sie sich doch endlich für einen allgemeingültigen bundesweiten gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 Euro

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Das macht Frau Merkel erst kurz vor der Wahl. – Heinz Müller, SPD: Sehr richtig.)

in Ost und West und für Mann und Frau ein.

(Vincent Kokert, CDU: Schreien Sie das nicht so laut, sonst ist das Thema auch noch weg, Herr Gundlack. – Zuruf von Wolf-Dieter Ringguth, CDU)

Dies wäre ein Schritt in die richtige Richtung. Dies hilft denen, die täglich hart arbeiten, aber von ihrer Arbeit nicht leben können und ergänzende Hilfe benötigen. Diejenigen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Niedriglohnsektor, die sich nicht über Sozialleistungen aufstocken lassen wollen, schuften dafür nach einer aktuellen Studie des DGB 50 Stunden und mehr in der Woche. Im Schnitt verdienen sie 5,95 Euro bis 7,18 Euro, das hauptsächlich als Kraftfahrer, Lagerarbeiter und Beschäftigte im Gastgewerbe. Damit geht der Unterhaltserwerb voll auf die Gesundheit, was letztlich ein gesellschaftliches Problem ist. Das wollen wir nicht!

Mit dem von uns geforderten gesetzlichen Mindestlohn wäre den Menschen mit kleinen Einkommen wirklich geholfen, auch mit Blick auf die Gefahr von Altersarmut, denn meine Damen und Herren der CDU-Fraktion, gute Arbeit soll auch gut bezahlt werden.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD – Dr. Norbert Nieszery, SPD: Sehr richtig.)

Kommen wir zum eigentlichen Thema der Aktuellen Stunde: Steuerentlastung. Meine Damen und Herren Abgeordnete, betrachten wir einmal die Auswirkungen des Gesetzes zum Abbau der kalten Progression. Wir haben die Ausgangslage, dass die Staatsverschuldung in Deutschland in den letzten Jahren weiter angestiegen ist und nach dem Plan des Bundeskabinetts auch bis 2016 weiter ansteigen wird. Der Bundesfinanzminister will in diesem Jahr nur noch 26 Milliarden Euro neue Schulden. Die Betonung liegt auf „neue Schulden“. Das soll uns dann auch noch als Erfolg verkauft werden. Weniger neue Schulden, na prima! Aber richtig wäre es jetzt, angesichts der guten konjunkturellen Lage und den damit einhergehenden Steuermehreinnahmen, die Staatsverschuldung abzubauen,

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Oh, oh, oh! – Zuruf von Torsten Renz, CDU)

das hieße zu tilgen und Rücklagen zu bilden.

(Torsten Renz, CDU: Wenn der Kompromiss zustande kommt, hast du keine Argumente mehr.)

Die Eurokrise birgt auch jetzt noch enorme finanzielle Risiken für den Bund,

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Sehr richtig.)

die Ländern und letztlich

(Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

auch für die kommunale Ebene.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Mach mal weiter so. Das wollen die bloß nicht hören.)