Herr Jaeger, man könnte ja mal mit Rostock anfangen und außerdem, es spricht überhaupt nichts dagegen, den Antrag noch zu erweitern, auch um das, was genau von Ihnen gefordert wird.
Wir beschäftigen uns heute in diesem Hohen Haus nicht das erste Mal mit Atomtransporten über die Rostocker Häfen, letztmalig geschah dies auch im Dezember 2010. Damals ging es um das Vorhaben der Bundesregierung, atomare Abfälle aus Ahaus über den Hafen Rostock nach Russland zu verschiffen und überirdisch in Majak zu lagern. Das konnte glücklicherweise verhindert werden.
Auf alle Fälle ist die Tatsache, dass trotz beschlossenen Atomausstiegs oder gerade wegen des Atomausstiegs die sichere Lagerung von atomarem Müll unabweisbar ist und damit nach bisher herrschendem Duktus Transporte vonstattengehen. Solange die Atomkraftwerke laufen, und das ist nach unserer Auffassung zu lange, wird es auch zukünftig Transporte von unbestrahlten Brennelementen geben und anderen radioaktiven Stoffen und dann auch über die Häfen Deutschlands. Die Öffentlichkeit erfährt inzwischen auch erst nach erfolgten Transporten, wann über welche Wege welche Stoffe transportiert wurden. All das wollen wir nicht.
Deshalb steht meine Fraktion ganz klar zu ihren früheren Positionen und unterstützt den Antrag der GRÜNEN. Wir wollen – zumindest, solange die Endlagerfrage nicht geklärt ist – gar keine Transporte von Atommüll in und durch Deutschland, weder zu Land noch über die See, und das betrifft dann auch alle Häfen Mecklenburg-Vorpommerns.
Auch wir wollen ausschließen, dass Atomtransporte über unsere Häfen verschifft werden, egal woher, egal wohin, und nicht nur über Rostock, sondern über alle mecklenburg-vorpommerschen Häfen. Für uns stehen Atomtransporte in fundamentalem Widerspruch zu den Interessen unseres Landes und der Bevölkerung. Nicht zuletzt deshalb begrüßt meine Fraktion den Beschluss der Rostocker Bürgerschaft, der den Oberbürgermeister und das Land auffordert, gemeinsam eine Teilentwidmung der Rostocker Häfen für Atomtransporte zu prüfen und vorzunehmen.
Aber auch andernorts regt sich Widerstand gegen die über deutsche Häfen laufenden Atomtransporte. Das Bundesland Bremen – das ja wie gesagt nicht eine Kommune ist, sondern ein Land – wagte sich auf rechtliches Neuland und sperrte seine Häfen Anfang 2012 zumindest grundsätzlich für den Transport hoch radioaktiven Materials. Die Bremer haben dazu einen Weg gesucht und für sich gefunden. Das unterscheidet sie eben von der hiesigen Großen Koalition. Sie änderten dazu ihr Hafenbetriebsgesetz. In Hamburg sind ähnliche Bestrebungen auch im Gange. Nicht zuletzt haben meine Kolleginnen und Kollegen im Mai 2011 dazu einen Antrag in die Hamburger Bürgerschaft eingebracht.
Rein rechtlich ist die Lage beim Transport radioaktiven Materials nicht einfach – mehrere sind schon darauf eingegangen –, weil das Bundesamt für Strahlenschutz für die Erteilung der Genehmigung zur Beförderung von Kernbrennstoffen gemäß Paragraf 4 Atomgesetz zuständig ist. Trotzdem gibt es nach unserer Meinung allerdings den im Antrag der GRÜNEN vorgeschlagenen Weg, Atomtransporte über Rostock und die anderen Häfen des Landes zu verhindern. Ein von der Fraktion DIE LINKE in der Bremischen Bürgerschaft in Auftrag gegebenes Rechtsgutachten der Anwaltskanzlei Göhmann bestätigt das.
Und, Herr Schulte, ich brauche Ihnen das ja nicht zu sagen: Fünf Juristen, zehn verschiedene Meinungen.
Mit einer Teilentwidmung des Hafens, die das Umschlagen von radioaktiver Fracht untersagt, könnten Rostock und das Land solche Transporte verhindern. Das Gutachten besagt im Einzelnen, dass eine Teilentwidmung von Häfen durch das Land zulässig ist, da hier die Gesetzgebungskompetenz bei den Ländern liegt. Die Teilentwidmung eines Hafens verstößt auch nicht gegen andere Bundesgesetze und damit ausdrücklich auch nicht gegen das Atomgesetz. Welche Güter ein Hafen umschlägt oder eben auch nicht, wird nicht durch den Bund entschieden. Bremen hat entschieden. Damit steigt allerdings auch die Gefahr aus unserer Sicht, dass Rostock zukünftig als Ausweichhafen genutzt werden könnte. Wir in Mecklenburg-Vorpommern haben selbst kein Atomkraftwerk. Das Kraftwerk, das ehemalige „Bruno Leuschner“, wurde abgeschaltet, recht so. Wir haben verantwortlich gehandelt und die hoch radioaktiven Teile des Kraftwerks im Zwischenlager Nord zwischengelagert. Wir haben den Müll produziert und bei uns wird er zwischendeponiert.
Deshalb ist es nur recht und billig, dass wir von den Ländern, in denen Kraftwerke laufen, die giftigen Atommüll produzieren, ebenfalls verlangen, genauso verantwortlich damit umzugehen. Wir wollen auch nicht, dass weiter Atomkraftwerke laufen, die mit Brennstoffen versorgt werden müssen. Das Land ist Mitgesellschafter der Hafen-Entwicklungsgesellschaft Rostock und hält 25,1 Prozent Anteile. Deshalb ist es wichtig, dass das Land dem Rostocker Oberbürgermeister unter die Arme greift und bei der Umsetzung des Bürgerschaftsbeschlusses behilflich ist.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wieder einmal legt die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN einen Antrag vor, der durch die Betroffenheit eines einzelnen Abgeordneten geprägt ist. In dem Antrag fordern Sie, meine Damen und Herren von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, …
Im Antrag fordern Sie, meine Damen und Herren von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, die Landesregierung auf, gemeinsam mit der Hansestadt Rostock eine Teilentwidmung der Rostocker Häfen für hoch radioaktiven Atommüll, Brennelemente und andere hoch radioaktive Stoffe unverzüglich zu prüfen und vorzunehmen. Hier stellt sich bereits die Frage, weshalb Sie solch einen Beschluss lediglich für die Häfen der Hansestadt Rostock herbeiführen wollen. Meine Vorredner sind auch darauf eingegangen.
(Johann-Georg Jaeger, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Wir machen gern einen Änderungsantrag mit Ihnen zusammen. – Zuruf von Johannes Saalfeld, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
So hat die Bürgerschaft der Hansestadt Rostock bereits im Dezember 2010 einen derartigen Beschluss herbeigeführt, der bis heute nicht umgesetzt wurde. Aber dennoch vertreten wir hier im Landtag die Interessen des ganzen Landes.
Sehr geehrte Damen und Herren, klar ist, dass die rechtliche Situation und die Zuständigkeiten im Bereich der Beförderung und der Lagerung von hoch radioaktivem Atommüll, Brennelementen und anderen hoch radioaktiven Stoffen im Wesentlichen bei den Bundesbehörden liegen. Aus diesem Grunde ist es umso verständlicher, dass der Beschluss der Bürgerschaft der Hansestadt Rostock noch nicht umgesetzt wurde. So ist nach Paragraf 23 Absatz 1 Atomgesetz für die Beförderung im Hafenbereich das Bundesamt für Strahlenschutz und
nach Paragraf 2 Absatz 2 der Zuständigkeitsverordnung zum Atomgesetz die jeweilige Hafenbehörde für die Beförderung zuständig.
Weitere Regelungen gibt es im europäischen Recht zur Sicherung des freien Warenverkehrs und im Bereich des Hafenrechts unter anderem im Wasserverkehrs- und Hafensicherheitsgesetz des Landes Mecklenburg-Vorpommern und der Hafenverordnung. Dabei ist klar, dass die kommunalrechtlichen Hafennutzungsverordnungen gegenüber den europa- und bundesrechtlichen Vorgaben nachrangig sind. Für einen ähnlich gelagerten Fall in der Hansestadt Bremen – das ist also auch schon von meinen Vorrednern angesprochen worden – gibt es bereits zahlreiche Rechtsgutachten, die zu sehr unterschiedlichen Rechtauffassungen kommen.
Sehr geehrte Frau Schwenke, Ich möchte dem Berufsstand der Juristen nicht zu nahe treten. Ich lasse es einfach so im Raum stehen.
Auch Sie, meine Damen und Herren von BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN, haben sich in den zurückliegenden Jahren für die Energiewende eingesetzt. Sie haben Beschlüsse der Bundesregierung zum Atomausstieg unterstützt und müssen diese nun auch mittragen. Hierfür ist es notwendig, Transporte von radioaktiven Stoffen zu ermöglichen, um einen geordneten Ausstieg realisieren zu können.
Sie können nicht einfach so nach dem Motto verfahren: „Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass!“
Die gemäß vorliegendem Antrag für eine Teilentwidmung vorgesehen Stoffe sind meines Erachtens nicht ausreichend definiert. Im Antrag haben Sie hoch radioaktiven Atommüll, andere hoch radioaktive Stoffe und Brennelemente aufgeführt. Die Transporte von Brennelementen innerhalb der Europäischen Union werden nach europäischem Recht abgewickelt, sodass das zuständige Bundesamt für Strahlenschutz bei seiner Transportgenehmigung nach dem Atomgesetz keinerlei Ermessensspielraum hat. Des Weiteren ist zu bedenken, dass, wenn Stoffe der Gefahrgutklasse 7 nicht mehr im Rostocker Seehafen umgeschlagen werden können, der Seehafen den Status des Universalhafens verliert. Dies würde im weiteren Verlauf Auswirkungen auf die Umschlagsunternehmen, Transporteure und die wirtschaftliche Entwicklung des Seehafens insgesamt nach sich ziehen.
In dem Zusammenhang will ich nicht unerwähnt lassen, dass wir vor wenigen Wochen hier im Hohen Hause mit Blick auf die maritime Wirtschaftsentwicklung in unserem Bundesland um die Ausweisung von Verkehrstrassen und insbesondere des Seehafens Rostock in die transeuropäischen Netze geworben haben. Und nun legt uns die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN diesen Antrag vor, mit dem die Landesregierung zur Teilentwidmung der Rostocker Häfen und damit zur Schwächung der maritimen Hafenwirtschaft aufgefordert werden soll.
Klar ist, dass meine Fraktion eine Lex Rostock, in deren Folge die maritime Wirtschaft nicht unerheblich geschwächt werden würde, nicht unterstützen wird. Deshalb lehnen wir diesen Antrag ab. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Dieser Antrag erinnert sehr an eine NPDInitiative vom 15. Juni 2011, Landtagsdrucksache 5/4412. Folgendes hat die NPD-Fraktion damals gefordert:
Die Landesregierung wird beauftragt, die Hafenentwicklungsgesellschaft Rostock mbH anzuweisen, jeglichen Umschlag von Atomtransporten, insbesondere von atomaren Brennstäben, sofort einzustellen.“
Das wurde damals natürlich als faschistisches Teufelszeug abgelehnt. Zum Vergleich jetzt der GRÜNENAntrag von heute:
„Die Landesregierung wird aufgefordert, gemeinsam mit der Hansestadt Rostock eine Teilentwidmung der Rostocker Häfen für hochradioaktiven Atommüll, Brennelemente und andere hochradioaktive Stoffe unverzüglich zu prüfen und vorzunehmen.“
Im Wesentlichen dasselbe in Grün, kein Vorwurf, damals saßen Sie ja noch nicht in diesem Laden und es ist ja auch ein Dauerbrennerthema.
Warum war der Originalantrag der NPD so berechtigt? Weil endlich Schluss damit sein muss, dass die reichen Bundesländer und Regionen alles, was mit radioaktiven Substanzen zu tun hat, mit Begeisterung in arme Regionen oder Bundesländer abschieben. Ein mögliches Endlager gehört nicht nach Lubmin, sondern dieses Vergnügen gebührt zur Abwechslung mal Baden-Württemberg oder Bayern. Da gibt es auch geeignete Bodenformationen, auch wenn der politische Einfluss dieser Länder bisher darauf gerichtet war, alles an die armen Länder abzuschieben. Und wenn radioaktive Stoffe schon auf See transportiert werden sollen und in Häfen gelagert oder umgeschlagen werden sollen, dann wäre Kandidat Nummer 1 Hamburg, das ist eine reiche Stadt.
Wenn überhaupt Gewinne gemacht werden mit den radioaktiven Stoffen, dann fließen die dorthin, sicherlich nicht ins arme Bremen, auch nicht ins arme Mecklenburg-Vorpommern. Die, die profitieren, sollen auch die entsprechenden Substanzen aufnehmen. Am besten sollte man sie in die reichen Villengegenden direkt transportieren und in den Gärten der Reichen vergraben. – Vielen Dank.