Es ist wichtig, das zu definieren, um ganz einfach den Vorwürfen einer rein fiskalischen und ökonomischen Betrachtung zu begegnen. Auch halten wir eine nachhaltige prognostische Schulentwicklungsplanung bis 2030 derzeit nicht für seriös machbar, denn die Anforderungen an die Gestaltung der Inklusion werden nicht ohne Auswirkungen auf die Schulstruktur umzusetzen sein. Wie konkret diese Rahmenbedingungen aussehen, kann heute noch niemand sagen. Die dafür eingesetzte Expertenkommission wird auch dazu Vorschläge machen müssen. Ohne diese Vorschläge jetzt prognostisch bis 2030 zu planen, ist deshalb sinnvoll kaum möglich.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, abschließend möchte ich noch darauf verweisen, dass Ihre Formulierung offen lässt, auf welches Schulnetz Sie sich beziehen. Neben den staatlichen Schulen gibt es Schulen in freier Trägerschaft. Diese sind von den Rahmenbedingungen und Zwängen der Schulentwicklungsplanungsverordnung allerdings nicht unmittelbar betroffen. Wenn wir uns dann sinnvolle Gedanken um ein nachhaltiges Schulnetz für das Land machen, dürfen diese Schulen jedoch nicht unberücksichtigt bleiben, denn die Lehre aus der Vergangenheit ist doch, dass häufig dort, wo staatliche Schulen geschlossen wurden, neue Schulen in freier Trägerschaft entstanden, und das wiederum gefährdete in der Folge weitere Standorte staatlicher Schulen. Wir müssen auch auf diesem Gebiet für faire Wettbewerbsbedingungen sorgen.
Mit unserem Änderungsantrag haben wir die genannten Kritikpunkte geheilt. Sie nehmen den Punkt 1 unseres Änderungsantrages an. Das finde ich gut. Was mir allerdings nicht einleuchtet, ist die Ablehnung des Punktes 2 unseres Änderungsantrages.
Nun könnte es sein, dass der genannte Termin für die Prognose zu früh ist, dann ändern Sie das Datum.
Völlig unverständlich ist jedoch die Ablehnung der Darstellung der Mehrkosten. Frau Dr. Seemann hat gestern zu Recht auf die Festlegung der Geschäftsordnung verwiesen, nach der bei Anträgen mit Finanzrelevanz die Mehrkosten dargestellt werden müssen.
Wir fordern nur das, nicht einmal die Darstellung der Deckung dieser Kosten. Insoweit sind Sie hier in Ihrer eigenen Argumentation nicht konsequent. Überlegen Sie
noch einmal, ob Sie dem Punkt 2 unseres Antrages zustimmen wollen! Ansonsten werden wir uns bei diesem Punkt enthalten und ich beantrage getrennte Abstimmung.
Liebe Frau Kollegin Oldenburg, Ihrer Rede konnte ich eigentlich bis auf wenige Kleinigkeiten entnehmen, dass dieser Antrag sehr sinnvoll ist,
und ich freue mich – das wollte ich eigentlich zum Schluss sagen – auf die konstruktive Zusammenarbeit in Abarbeitung dieses Antrages. Herr Renz hat das völlig richtig gesagt, wir werden Ihren Änderungsantrag in Punkt 1 auch annehmen, das macht durchaus Sinn. Ich denke, es ist auch im Sinne des Schulfriedens deutlich zu machen, dass wir an diesen wichtigen Themen fraktionsübergreifend zwischen den demokratischen Fraktionen zusammenarbeiten.
Punkt 2 nehmen wir in der Tat nicht an. Da ist zum einen das Datum, das könnte man vielleicht noch ändern, aber zum anderen, wenn ich gestern auf die Landesverfassung verwiesen habe, dann ist es natürlich für die Landesregierung selbstverständlich, wenn es zu Vorlagen kommt, dass die Mehrkosten dann auch dargestellt werden.
Insofern wüsste ich jetzt auch nicht, weshalb wir dann die Landesregierung auffordern sollen, bei Angaben oder Vorlagen, die Sie machen, dann entsprechende Mehrkosten anzugeben. Bezüglich der Formulierung, Prognosen über ein möglichst langfristig bestandsfähiges Schulnetz vorzulegen, habe ich mir die Frage gestellt, wenn Prognosen gemacht werden sollen, dann müssen natürlich Kriterien zugrunde gelegt werden. Das ist bei uns Voraussetzung gewesen, sonst kann ich überhaupt keine Prognose abgeben. Insofern wüsste ich nicht, weshalb wir da eine andere Formulierung hätten machen sollen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, mit dem Antrag der Koalitionsfraktionen wollten wir den neu gebildeten Landkreisen die Möglichkeit geben, mit etwas mehr Ruhe die anstehenden Schulnetzplanungen vorzunehmen, und es können die Ergebnisse der Arbeitsgruppe „Inklusion“, die vom Bildungsminister Mathias Brodkorb berufen wurde und bereits intensiv arbeitet, mit berücksichtigt werden. Uns allen ist klar, dass wir mit diesem Antrag nur ein oder maximal zwei Jahre Zeit gewinnen. Aber diese Zeit brauchen wir, um alles vernünftig vorzubereiten, denn wir haben, denke ich, in den vergangenen Jahren mehr oder weniger leidvoll erlebt, was dabei rauskommt, einen Schnellschuss vorzunehmen, später wieder umzusteuern, zurückzurudern oder gar alles zurückzunehmen. Letztlich stellt sich aber nicht nur für Bildungsminister Brodkorb, sondern vor allen Dingen
auch für uns hier in dem Hohen Hause die Frage, wie weiter mit den Schulen in Mecklenburg-Vorpommern unter den massiv veränderten Bedingungen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, diese Grundsatzentscheidung wird uns keiner abnehmen. Was uns eint oder einen sollte, hoffe ich, ist, wir alle wollen eine leistungsfähige Schule mit hochmotivierten Lehrerinnen und Lehrern, deren Arbeit gesellschaftlich anerkannt wird, mit Mädchen und Jungen, die gern in die Schule gehen, wissbegierig sind und einen freundschaftlichen Umgang untereinander pflegen. Unsere Schulen im Land müssen so attraktiv sein, dass sich auch junge Pädagoginnen und Pädagogen für den Lehrerberuf in Mecklenburg-Vorpommern interessieren und ihn vor allem auch annehmen.
Da scheint es mir persönlich sehr wichtig, den Referendaren, die ihre Ausbildung erfolgreich abgeschlossen haben, zeitnah und unbürokratisch eine unbefristete Stelle anzubieten. Vorrang haben hier selbstverständlich ausgebildete Lehrerinnen und Lehrer mit Mangelfächern, aber auch andere Fachkombinationen, bei denen derzeit ein nicht so hoher Bedarf besteht, müssen bei uns hier in Mecklenburg-Vorpommern eine Chance erhalten. Die Botschaft an unsere Referendare muss lauten: Wir brauchen euch, wir kümmern uns um euch, ihr habt eine tolle Perspektive in Mecklenburg-Vorpommern und ihr erhaltet eine gerechte Entlohnung.
Ebenso wichtig ist, dass Lehramtsstudentinnen und -studenten nach erfolgreichem Abschluss des Ersten Staatsexamens ohne Zeitverlust eine Referendarstelle in unserem Bundesland erhalten. Hier haben wir großen Handlungsbedarf und ich sage das ganz deutlich, der Ruf ist in diesem Bereich leider schon etwas lädiert. Ich habe in den letzten Jahren Beispiele erlebt, worüber man eigentlich nur den Kopf schütteln kann, aber dies nicht wirklich verstehen kann. Deshalb gehe ich auch davon aus, dass die Verantwortlichen im Bildungsministerium hier eine Kurskorrektur vornehmen. Wir stehen im Wettbewerb mit den anderen Bundesländern. Unsere Studentinnen und Studenten haben jetzt schon die Auswahl und sie gehen dorthin, wo sie die beste Perspektive haben.
Aber so, wie wir uns um junge Kolleginnen und Kollegen kümmern, müssen wir uns auch intensiv über Entlastung bei den älteren Kolleginnen und Kollegen kümmern. Und dabei – das sage ich ausdrücklich – geht es nicht in erster Linie um das Geld, sondern wie kann der Schulalltag insgesamt erleichtert werden. Unser Arbeitskreis hatte in letzter Zeit zahlreiche Gespräche mit Verbandsvertretern, mit Schulleiterinnen und Schulleitern, aber auch mit Klassenleiterinnen und Klassenleitern.
Und deshalb begrüße ich es sehr, dass im Bildungsministerium die Arbeitsgruppe zur Steigerung der Attraktivität des Lehrerberufs ins Leben gerufen wurde. Hier gilt es, Angebote zu unterbreiten, die die Arbeitssituation unserer Lehrerschaft verbessern. Es müssen Lösungsvorschläge entwickelt werden, die langfristig garantieren, dass wir auch zukünftig eine flächendeckende Versorgung mit Lehrerinnen und Lehrern in Mecklenburg-Vorpommern haben. Wir müssen ergebnisoffen diskutieren. Dabei geht es neben den Bedingungen in der Schule genauso um die Vergütung und Verbeamtung. Aber viel wichtiger ist, dass sich unsere Pädagoginnen und Päda
gogen an den jeweiligen Schulen wohlfühlen und ihre Arbeit auch geachtet und anerkannt wird. Wir dürfen nicht vergessen, was gerade die älteren Kolleginnen und Kollegen in den letzten 20 Jahren geschultert haben. Ich möchte an dieser Stelle namens der SPD-Fraktion gerade auch den älteren Kolleginnen und Kollegen an den Schulen ganz herzlich danken.
Für mich ist es wichtig, dass wir fraktionsübergreifend ein Schulsystem für unser Bundesland entwickeln, das durch die breite Mehrheit unserer Bevölkerung mitgetragen wird. Bei allen Debatten zum Thema „Schule“ müssen unsere Kinder immer im Mittelpunkt aller Betrachtungen stehen. Wir brauchen keine Retuschen am jetzigen Schulsystem, sondern ein Schulgesetz und ein Schulnetz, das mehrere Legislaturperioden überdauert. Deshalb setzt Minister Brodkorb auf die volle Unterstützung der SPD-Landtagsfraktion bei der Organisation des Schulfriedens, dem sich nach ersten Vorbesprechungen, so habe ich es jedenfalls gehört, alle demokratischen Fraktionen auch anschließen wollen.
Bei der jetzigen Situation von Schule in MecklenburgVorpommern gibt es noch große Reserven, die wir alle gut kennen. Die Ergebnisse zeigen zwar in den letzten Jahren punktuell Verbesserungen, aber wenn wir uns allein den Stundenausfall anschauen,
(Helmut Holter, DIE LINKE: Wenn die Fachpolitiker nicht eingewiesen sind in die Dinge, die verabredet sind, dann hören sie damit auf.)
Die Schulabbrecherquote mit circa 14 Prozent sowie die Anzahl der Förderschulen sind einfach zu hoch.
Ein weiteres Problem stellen die weiter zurückgehenden Schülerzahlen bis zum Jahr 2020 dar. In unseren Gesprächen in den letzten Wochen und Monaten mit Schulträgern in ländlichen Gebieten wurde uns Folgendes mitgeteilt: Die Bürgermeister und in der Regel auch Gemeindevertreter wollen die Schule vor Ort natürlich erhalten und weiterentwickeln. Die Bürgermeister kennen aber auch die Zahlen. Wenn sie schon Geld in die Hand nehmen wollen und investieren, dann soll es nicht nur für drei oder fünf Jahre sein, sondern die renovierten und umgebauten Schulen sollen deutlich länger genutzt werden.
Gerade die Investitionen für die Umsetzung der Ergebnisse der Inklusion werden vor allem die Schulträger vor finanzielle Kraftakte stellen. Aber egal, wie die Entscheidung auch ausfällt, unsere Schulen müssen so ausgestattet werden, dass sie besser sind als vorher und dass sie im Wettbewerb mit anderen Bundesländern sehr gut bestehen können. Öffentliche Schulen haben den Auf
trag, unseren Kindern die Chancengleichheit, ob sie im Dorf, in einer Kleinstadt oder in einem größeren Zentrum leben, zu garantieren, und dabei – darauf hat der Minister hingewiesen – müssen die Schulwegzeiten in einem erträglichen Rahmen bleiben.
Ich empfehle uns, mal bei unseren nördlichen Nachbarn in Skandinavien hinzuschauen. Wie lösen sie die Probleme in noch dünner besiedelten Räumen und wie geht man dort eigentlich schon seit Jahren mit dem Thema Inklusion um? Auch diese Positionen und Erkenntnisse sollten wir tiefgründig mitdiskutieren. Die Ergebnisse der beiden schon erwähnten Arbeitsgruppen im Bildungsministerium müssen unbedingt in die Betrachtung mit einbezogen werden. Wir müssen es einfach schaffen, verlässliche Strukturen für die Schulen in Mecklenburg-Vorpommern aufzubauen.
Persönlich freue ich mich auf einen spannenden Prozess und ein faires Miteinander in den Beratungen. Auch wenn die Vorstellungen unterschiedlich sein mögen, wollen wir doch alle das Gleiche, eine gute Schule für unsere Kinder in Mecklenburg-Vorpommern, und das sollte uns letztendlich in diesem Hohen Hause auch einen. – Vielen Dank.