ich kann es nachvollziehen, dass die westdeutschen Länder es ganz gut finden, anstatt selber Hochschulkapazitäten aufzubauen, von uns zu erwarten, dass wir das machen unter Beteiligung von Bundesmitteln. Denn wenn wir die Referenzen überschreiten, werden wir zusätzliches Geld auf den Tisch legen müssen, ansonsten bekommen wir das nicht.
(Ulrike Berger, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Was gibt es Schöneres für ein Land, als den Zuzug von jungen Leuten?)
Das heißt, wir bezahlen dann den Aufbau von Kapazitäten und die Ausbildung, für die eigentlich westdeutsche Länder zuständig wären. Und Sie wissen ja, das ist heute schon so. Das habe ich beim letzten Mal ausgeführt. Schon heute ist es so, oder perspektivisch ist es so, dass etwa zwei Drittel der Studenten in Mecklenburg-Vorpommern nicht aus Mecklenburg-Vorpommern kommen werden,
nur aufgrund der Landesmittel. Zwei Drittel kommen von außerhalb. Das ist völlig in Ordnung, das habe ich auch beim letzten Mal gesagt. Das wollen wir so.
Aber was Sie vorschlagen, ist, dass nicht nur zwei Drittel von außerhalb kommen sollen, sondern drei Viertel, vier Fünftel,
weil das die Konsequenz davon sein wird. Und da muss ich Ihnen sagen, dieses Land wird aus eigenen Mitteln
langfristig 40 bis 50 Prozent mehr Studienplätze bereitstellen, als es selber braucht. Wenn das jedes Land so machen würde wie wir, wenn zum Beispiel auch Schleswig-Holstein je Einwohner so viele Studienplätze bereitstellen würde wie wir – und andere Länder auch –, dann hätten wir diese Diskussion gar nicht, sondern ein hochschulpolitisches Eldorado in ganz Deutschland.
Wir sind föderal strukturiert und das heißt, jedes Land muss seiner Verantwortung nachkommen. Wir tun dies. Aber man kann von einem Land wie Mecklenburg-Vorpommern nicht verlangen, dass sozusagen andere Länder ihre Haushalte auf unsere Kosten sanieren. Das ist nicht möglich. Ich darf zum Beispiel einen Bereich benennen, der das besonders deutlich macht: Sie wissen, dass viele Länder ihre Ausbildungskapazitäten im Medizinbereich ganz bewusst niedrig halten. Es gibt Länder, die haben überhaupt keine Medizinischen Fakultäten, weil das die teuersten Ausbildungen sind, die es gibt. Jeder Absolvent der Hochschulmedizin kostet uns im Minimum eine viertel Million Euro,
Wir haben das Dreifache des Bundesdurchschnitts an Studienplätzen – das Dreifache in Mecklenburg-Vorpommern. Das arme Land Mecklenburg-Vorpommern finanziert das Dreifache des Bundesdurchschnitts. Frage: Wie viele junge Menschen aus Mecklenburg-Vorpommern finden an unseren Medizinischen Fakultäten eigentlich einen Studienplatz, obwohl wir das Dreifache anbieten? Fragen Sie mal nach, wie viele Abiturienten aus Mecklenburg-Vorpommern
an unseren Medizinischen Fakultäten überhaupt einen Studienplatz bekommen, obwohl wir das Dreifache, das Dreifache
(Johannes Saalfeld, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Nein. Verhandeln Sie das mal mit anderen Bundesländern!)
(Heinz Müller, SPD: Wer hat hier eigentlich das Wort? – Helmut Holter, DIE LINKE: Die Abgeordneten.)
ich bleibe dabei, wir wollen mehr Studienplätze anbieten, deutlich mehr, als wir brauchen, und wir fordern alle anderen Länder auf, sich ebenso zu verhalten. Und dann
haben alle jungen Menschen in diesem Lande, die studieren wollen, wunderbare Möglichkeiten, dies auch zu tun. Aber wir als Mecklenburg-Vorpommern können nicht die Finanzlasten schultern,
wenn sie ihrer Verantwortung nachkommen würden. Alles andere, wie gesagt, kann ja dem Plenarprotokoll zur 3. Sitzung entnommen werden.
Sehr verehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste! Bereits im November 2011 haben wir uns mit dem Thema auch schon aufgrund Ihres Antrages beschäftigt. Es geht um die Frage der Entwicklung der Studierendenzahlen. Aber die Koalitionsfraktionen haben dazu keinen Handlungsbedarf gehabt und sie haben den Antrag abgelehnt.
Nun liegen, wie Herr Saalfeld auch gesagt hat, neue Vorausberechnungen der Studienanfängerzahlen der KMK vor. Sie bestätigen den Handlungsbedarf, denn vergleicht man die Vorausberechnungen der Studienanfänger durch die KMK im Jahre 2009 mit der neuen Vorausberechnung vom 24. Januar dieses Jahres, stellt man auch für Mecklenburg-Vorpommern erhebliche Abweichungen fest. Im Jahr 2009 wurden bis zum Jahr 2015 5.590 Studienanfänger vorausberechnet. Nach der jetzigen Vorausberechnung von diesem Jahr müssen wir von 7.252 ausgehen. Bis zum Jahre 2020 sollen es sogar 14.252 sein. Das ist erfreulich, liebe Kolleginnen und Kollegen. Die Gründe hat Herr Saalfeld genannt.
Unsere Hochschulen in Mecklenburg-Vorpommern sind attraktiv. Wir haben gute Angebote, die landschaftliche Lage ist wunderbar. Mit einigen Einschränkungen haben wir gute Studienbedingungen. Die Ursachen für die Steigerung der Studienanfängerzahlen hat Herr Saalfeld unter anderem genannt: die doppelten Abiturjahrgänge und die Abschaffung der Wehrpflicht. Aber die Gesamtzahlen steigen bis zum Jahre 2020 erheblich an, deshalb kann ich den Antrag unserer Kollegen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sehr gut verstehen, nachvollziehen in Punkt 1.
Die Landesregierung muss tatsächlich mit der Bundesregierung diesbezüglich in Verhandlungen eintreten, damit die aktuelle Prognose an den „Hochschulpakt 2020“ angepasst wird. Mit der neuen Prognose sind die Finanzierungsregeln des Hochschulpakts zu überprüfen, weil er
unterfinanziert ist. Die Länder dürfen deshalb mit den steigenden Studierendenzahlen nicht alleingelassen werden, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Nun erlauben Sie mir eine Anmerkung zu Punkt 2 des Antrages, zu dem wir einen Änderungsantrag eingereicht haben. Die Zielvereinbarung zwischen der Landesregierung und den einzelnen Hochschulen sind im Januar 2011 für eine Geltung von fünf Jahren unterschrieben und vom Landtag abgeschlossen worden, bestätigt worden. So eine lange Phase ist für die Gewährleistung einer Planungssicherheit gut, das hat sich auch bewährt, liebe Kolleginnen und Kollegen. Für die Möglichkeit, auf kurzfristige Änderungen zu reagieren, gibt es das Instrument „Teilzielvereinbarung“.
Mit unserem Änderungsantrag fordern wir die Landesregierung auf, wegen des Anstiegs der Studierendenzahl Teilzielvereinbarungen abzuschließen. Dieser Anstieg führt zu Qualitätseinbußen in der Lehre und im Studium. In diesem Zusammenhang muss das Landespersonalentwicklungskonzept bezüglich der Stellen an den Hochschulen geprüft werden. Es handelt sich auch um die Frage, inwieweit es, Entschuldigung, es stellt sich die Frage, inwieweit die Studentenwerke auf diesen Ansturm vorbereitet sind. Bei steigender Studentenzahl braucht die Hochschule zusätzliche Professoren- und Dozentenstellen, ansonsten gehen die Standortvorteile verloren.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, auf die Eckwerte der Hochschule 2011 bis 2015 beschränkt, greift zu kurz. Wichtig ist eine Anpassung mit der Zielvereinbarung der neuen Planungsperiode, also ab 2011. Fakt ist, die Landesregierung darf die Studienanfänger nicht im Regen stehen lassen. Denn wir wissen doch, dass Studierende auf sehr schlechte, ich sage mal, schlechte Studienbedingungen mit dem Wechsel an andere Hochschulen reagieren.