Protocol of the Session on July 8, 2016

(Präsidentin Sylvia Bretschneider übernimmt den Vorsitz.)

Aber, meine Damen und Herren, wir verlieren dabei nie die sozialen und die wirtschaftlichen Aspekte aus den

Augen. Nachhaltiges Wirtschaften heißt für uns, die Einheit von Ökonomie, Ökologie und Sozialem zu sichern.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wer Forderungen nach einer Stickstoffsteuer erhebt, sollte auch immer eine Folgenabschätzung gemacht haben. Mit einer solchen deutschlandweiten Steuer verschlechtern wir die ohnehin schwierige Situation unserer landwirtschaftlichen Betriebe weiter. Wir haben das in der vorherigen Debatte ausführlich besprochen.

Wenn wir über so etwas reden, kann das eigentlich nur europa- und weltweit funktionieren. Auch ein landwirtschaftlicher Betrieb, ob nun ökologisch oder konventionell ausgerichtet, muss sich am Ende des Tages und vor allen Dingen am Ende des Wirtschaftsjahres betriebswirtschaftlich rechnen, wie es so schön neudeutsch heißt. Die einseitige Einführung einer solchen Steuer wird zur Folge haben, dass noch mehr deutsche Betriebe in die Schieflage geraten. Ein Europa ohne Grenzen für landwirtschaftliche Produkte und Dienstleistungen, das wir sicher alle wollen, darf eben nicht dazu führen, dass nur noch die Großen und die Starken überleben. Ein Europa, das mit CETA und TTIP riesige Freihandelszonen schaffen wird, unabhängig von aller daran geübter Kritik, darf nicht dazu führen, dass kleine Familienbetriebe nicht mehr überleben können. Auch das wäre eine Folge eines solchen vorgeschlagenen einseitigen Schrittes.

Aus all den genannten Gründen wird meine Fraktion den vorliegenden Antrag ablehnen. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE, Thomas Krüger, SPD, und Wolf-Dieter Ringguth, CDU)

Vielen Dank, Herr Professor Dr. Tack.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Krüger für die Fraktion der SPD.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Landwirtschaft befindet sich in ihrer schwersten Krise seit Bestehen unseres Bundeslandes. Da fragt man sich: Was fällt den GRÜNEN dazu ein?

Märzlandtagssitzung: Neuverpachtung nur noch an Ökobetriebe – das hieße, es käme zum Landentzug bei konventionellen Betrieben, heißt Verschärfung der Krise.

In der letzten Landtagssitzung forderten die GRÜNEN eine Verteuerung der Bewässerung.

(Zuruf von Ulrike Berger, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Verteuerung heißt eine Verteuerung der Produktion und das heißt Verschärfung der Krise.

In der Aprillandtagssitzung und auch in dieser Woche wieder forderten die GRÜNEN eine Begrenzung des Flächenkaufs, selbst bei mittleren Betrieben ab 500 Hektar, meine Damen und Herren, das heißt, die Krisen von morgen zu befördern, weil schlicht und einfach eine Diversifizierung in den Betrieben schlechter stattfinden kann.

Heutige Landtagssitzung: Die GRÜNEN fordern Strafzahlungen für Stickstoffüberschüsse, heißt Verschärfung der Krise.

Meine Damen und Herren, falls Sie nicht wissen, wie so ein Stickstoffüberschuss entsteht, vielleicht mal ein Beispiel: Der Landwirt bringt ja nicht den Stickstoff einfach so aus, sondern er überlegt sich sehr genau, wie viel Biomasse da wachsen wird, und bringt entsprechend den Stickstoff aus. Jetzt gibt es eine große Trockenheit oder welche Umweltereignisse auch immer, er hat eine schlechte Ernte, weil schlicht und einfach so viel Biomasse gar nicht aufgewachsen ist, und es bleibt ein Rest im Boden. Der Landwirt hat die Verluste dadurch, dass er natürlich nicht so viel Erntegut verkaufen kann, und wird von den GRÜNEN noch durch den Stickstoffüberschuss bestraft. Meine Damen und Herren, so kann man als Opposition arbeiten, Regierungsfähigkeit sieht anders aus.

Aber kommen wir zum Thema. Wir müssen – und da sind wir uns mit den GRÜNEN ja einig – zu einer Verringerung der Stickstoffüberschüsse kommen, nur eben nicht so, wie die GRÜNEN es machen. Die von den GRÜNEN vorgeschlagene Abgabe über das bestehende Ordnungsrecht hinaus halte ich jedoch für falsch und in der jetzigen Situation ist es für mich auch ein instinktloser Vorschlag. Emittenten von Stickstoff in die Umwelt sind neben der Landwirtschaft auch der Verkehr, Abwässer aus der Kanalisation und natürlich die Energieerzeugung im konventionellen Bereich. Wir befassen uns heute mit der Landwirtschaft.

Meine Damen und Herren, richtig ist, dass seit Jahren an dem Thema gearbeitet wird, und nicht nur hier von uns im Land, sondern auch von der EU und im Bund, das haben wir in der Debatte hier alles schon mal erläutert, die EU mit den Maßnahmen rund um die ökologischen Vorrangflächen, den Pufferstreifen, die Eiweißpflanzen und Zwischenfrüchte. Wir haben rund um die Gewässer Maßnahmen auf Bundesebene, die Düngeverordnung. Sie wissen, dass es von 2006 an und Folgejahre – im dreijährigen Schnitt wird das ja dann gemessen – eine ständige Absenkung gegeben hat auf weniger als 90 Kilo, 2007 auf weniger als 80 Kilo, 2008 auf weniger als 70 Kilo und seit 2009 auf weniger als 60 Kilo je Hektar.

Die Düngemittelverordnung soll jetzt zu einer weiteren Reduzierung führen. Letztlich sollen wir ab dem Anbaujahr 2018 auf weniger als 50 Kilo je Hektar an Überschüssen im dreijährigen Mittel kommen. Zudem stellt die Düngemittelverordnung noch eine Reihe anderer Dinge klar, zum Beispiel, dass nicht gedüngt werden darf auf überschwemmten, wassergesättigten, gefrorenen, schneebedeckten Böden. Die Zeiten werden beschränkt, zu denen gedüngt werden kann, und eine genauere Abbildung der Stoffkreisläufe muss passieren.

Kritisieren kann man, dass die Düngemittelverordnung immer noch nicht in Kraft ist, das tue ich hiermit ausdrücklich. Dennoch wird die Düngemittelverordnung nicht schneller kommen, wenn wir immer neue Forderungen auf den Tisch legen. Auf Landesebene – darauf ist der Minister ausführlich eingegangen – hat es zwei Arbeitsgruppen gegeben. Das lasse ich jetzt hier einfach mal alles weg.

Meine Damen und Herren, wenn wir über eine effiziente Düngung reden, kommen wir am Einsatz von moderner sensorgesteuerter Technik nicht vorbei. Stichwort ist jetzt

Smart Farming und ich frage die GRÜNEN mal – Frau Dr. Karlowski hat ja noch Redezeit, sie schüttelt gerade den Kopf, offenbar sieht sie es anders, aber ich sehe es so, wir kommen daran nicht vorbei –, und ich frage die GRÜNEN mal, wie die kleinen Betriebe, die Sie am Mittwoch hier wieder gefordert haben, sich diese Technik leisten können. Oder liegt vielleicht nicht gerade darin ein Vorteil, dass wir große Betriebe haben, die diese teure Technik effizient einsetzen können?

Meine Damen und Herren, die GRÜNEN fordern uns auf, die Betriebe mit Geldzahlungen zu bestrafen. Ich habe noch eine Frage an Frau Dr. Karlowski: Wie machen Sie das denn künftig, wenn Ihre Biobetriebe die Schweine in der Freilandhaltung haben? Da geht ja die Gülle ganz direkt in den Boden, ganz direkt in den Grundwasserspiegel rein. Wie machen Sie das? Sollen die auch bestraft werden? Vielleicht können Sie da ja noch mal für Aufklärung sorgen.

Meine Damen und Herren, wie sieht die Realität aus? Die Betriebe müssen ihre Nährstoffbilanzen aufstellen. Wenn Verstöße erfolgen, so wird der Betrieb beraten. Er wird beraten, wie er künftig effektiver den wertvollen teuren Dünger einsetzen kann. Das hilft nicht nur der Umwelt, sondern auch dem Portemonnaie der Landwirte.

Betriebe, bei denen Verstöße gegen die Grenzwerte festgestellt werden, stehen – und das ist auch richtig so – in einem besonderen Fokus. Sollte trotz Beratung keine Reduzierung der Nährstoffüberschüsse im Boden erreicht werden oder zumindest eine Trendumkehr erkennbar sein, dann sind auch heute schon finanzielle Sanktionen über das Ordnungsrecht möglich. Das ist geltendes Recht. Eine darüber hinausgehende obligatorische finanzielle Bestrafung der Landwirte halten wir für falsch und Ihren Antrag werden wir – das wird Sie nicht wundern – ablehnen.

Meine Damen und Herren, das ist meine letzte Rede in dieser Legislaturperiode, deswegen meinen herzlichen Dank an den Ausschusssekretär, an das Sekretariat, mit dem wir gut zusammengearbeitet haben. Dank auch an alle Agrarpolitiker. Ich glaube, wir haben im Agrarausschuss sehr vernünftig zusammengearbeitet und es war in vielen Fällen so, dass auch Vorschläge von der Opposition bei uns ernsthaft erwogen und angenommen worden sind, wenn sie vernünftig waren. Also dieses Regierungs-Oppositions-Spiel haben wir, glaube ich, so sehr vernünftig gehandhabt und mein ganz besonderer und ausdrücklicher Dank gilt dem Vorsitzenden Professor Dr. Tack. Es war mir eine Ehre, lieber Fritz, mit dir zusammen arbeiten zu dürfen. – Herzlichen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE)

Vielen Dank, Herr Krüger.

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Frau Dr. Karlowski für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich habe jetzt noch mal die Gelegenheit, zum Thema zu sprechen und auf einige der Aspekte, die hier genannt wurden, einzugehen.

(Thomas Krüger, SPD: Auf meine Fragen.)

Ich gehe erst mal auf die Rede von Minister Backhaus ein, der ja auch sagt, er schätzt die Aussagen des Sachverständigenrates für Umweltfragen, wo genau diese Stickstoffüberschussabgabe, die wir hier als Prüfauftrag in den Landtag eingebracht haben, gefordert wird als Teil von vielen anderen Forderungen.

Für mich selbst ist diese Stickstoffüberschussabgabe – übrigens auch eine Pflanzenschutzmittelabgabe – ein sehr wichtiges Thema. Deswegen haben wir das heute noch mal in dieser letzten Sitzung des Landtages auf die Tagesordnung gesetzt und ich hoffe, dass das Thema weiter bewegt werden wird, wenn es auch wahrscheinlich, so, wie es sich schon abzeichnet, heute keine Mehrheit finden wird.

(Zuruf von Beate Schlupp, CDU)

Herr Backhaus, Sie setzen auf die Novelle der Düngemittelverordnung. Herr Krüger, Sie taten das, gleichzeitig wissend, dass die Sachverständigen des Landesamtes für Umwelt, Naturschutz und Geologie jetzt schon abschätzen können, dass die Novelle, die ja auch im Bundesrat durch die GRÜNEN mitgetragen wird, so gut sie jetzt im Konsens miteinander abgestimmt ist, trotzdem das Problem nicht an der Wurzel packen und die Ziele der Wasserrahmenrichtlinie weiter sprengen wird.

Ich bin mir relativ sicher, aber nicht ganz sicher, selbst wenn wir der EU unsere neue Düngemittelverordnung für Deutschland vorlegen würden, würde man nicht sagen, jetzt könnt ihr euer Vertragsverletzungsverfahren einstellen. Ob das passiert, ist überhaupt noch nicht entschieden.

(Heiterkeit bei Thomas Krüger, SPD: Und für eine Strafzahlung passiert das, ja?)

Es kann genauso gut passieren, dass die EU sagt, okay, jetzt haben wir eine neue Düngemittelverordnung. Gleichzeitig wissen wir, dass weiterhin weder die EUNitratrichtlinie noch die Wasserrahmenrichtlinie eingehalten werden können mit den dort gesetzten Werten. Deswegen halte ich weiterhin dieses Instrument – und das ist, wie gesagt, ein Prüfauftrag – für sehr wichtig. Eine Stickstoffüberschussabgabe, bei der alle Werte über die in der Düngemittelverordnung festgelegten Werte für Stickstoff hinausgehen, muss mit einer Steuer oder einer Abgabe belegt werden.

Dass das juristisch möglich ist, hat der Jurist Dr. Möckel vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung in Leipzig gezeigt. Er hat aufgeführt, dass es Bundesverfassungsgerichtsurteile gibt, die die Zulässigkeit von lenkenden Steuern,

(Udo Pastörs, NPD: Lenkenden Steuern!)

lenkenden Steuern und anderen Instrumenten zuverlässig beweist.

(Heinz Müller, SPD: Man kann mit Steuern steuern.)

Richtig, man darf mit Steuern steuern. Das ist dort dargelegt. Man kann auch den Verbrauch von Betriebsmitteln besteuern.

(Beate Schlupp, CDU: Oh, es gibt sicherlich hundert Juristen, die widerlegen, dass das möglich ist.)

Das ist zulässig nach Grundgesetz Artikel 106. Diese Gesetzgebungskompetenzen stehen der Bundesrepublik, stehen dem Bund zu.

(Egbert Liskow, CDU: Glücklicherweise sind Sie nicht in der Bundesregierung.)

Eine Sonderabgabe als Lenkungsabgabe ist auch gedeckt durch das Grundgesetz Artikel 74.

Meine Damen und Herren, wir Bündnisgrünen sind der Überzeugung, dass Umweltkosten wirklich internationalisiert werden müssen. Das ist das Verursacherprinzip, was ich eingangs gesagt habe. Die Wasserrahmenrichtlinienziele müssen erreicht werden, auch die Ziele der EU-Nitratrichtlinie, und die rechtlich zulässigen Ausgestaltungsva- rianten sind zum Beispiel eine Sonderabgabe auf Nährstoffüberschüsse oder auch Verbrauchssteuern auf zugekaufte Betriebsmittel. Das sind alles Instrumente, was wir jetzt aber nicht auf den Tisch gelegt haben als Vorschlag.

Sie, Herr Krüger, befürworten also die Verlagerung der Umweltkosten, die die Intensivlandwirtschaft verursacht, auf die Wasser- und Bodenverbände, die das dann wiederum den Verbrauchern aufbürden, und auf die Trinkwasserfassungen.

(Thomas Krüger, SPD: Wie kommen Sie zu dieser Schlussfolgerung?)