Protocol of the Session on July 8, 2016

Eines, denke ich, wird auch jedem einleuchten, der seine fünf Sinne beisammen hat, dass man nicht überall alle Angebote wird vorhalten müssen, und damit komme ich zu den GRÜNEN.

(Stefan Köster, NPD: Geben Sie doch zu, dass Sie den ländlichen Raum schon aufgegeben haben!)

Dass Sie sich insoweit in die Büsche schlagen wollen, das habe ich bei der letzten Kommissionssitzung schon mitgekriegt, und das wird hier noch mal richtig deutlich. Wir haben heute faktisch folgende Situation: Egal welche Zentren Sie sich angucken, ob Sie die Oberzentren nehmen, ob Sie die Mittelzentren nehmen oder auch die Grundzentren, wenn Sie fragen, was passiert, dann sagen Ihnen die Verantwortlichen, ältere Menschen ziehen zu. Und wenn man die älteren Menschen fragt, warum ziehen Sie dahin, dann sagen sie, weil ich da einen Arzt habe, weil ich da Einkaufsmöglichkeiten habe und weil ich da noch Begegnungsmöglichkeiten habe. Das können Sie doch nicht negieren!

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das habe ich doch nicht gemacht.)

Und wenn jemand sagt, das ist im Grunde genommen ein Fakt bei uns in Mecklenburg-Vorpommern und wir wollen den Leuten helfen, wenn sie solche Entscheidungen treffen, wenn sie sagen, ich gehe dahin, wo ich noch eine Versorgung habe und wo ich nicht 25 Kilometer bis zum nächsten Hausarzt fahren muss, dann können Sie

uns doch nicht unterstellen, dass wir die ländlichen Räume aufgeben. Das ist doch bizarr! Das ist doch Unfug in Reinkultur und das muss an dieser Stelle auch noch mal gesagt werden. Wir sind hier nicht verantwortungslos. Wir wollen etwas für die Leute tun und nicht gegen die Leute.

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Mit den Leuten! – Zuruf von Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wenn ich mir noch mal Ihre Diskussion um das Krankenhaus Wolgast vergegenwärtige, das ist genau so eine Geschichte!

(Zurufe von Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN, und Udo Pastörs, NPD)

Wir sind doch diejenigen, die konstruktiv Überlegungen anstellen, wie die medizinische Versorgung aufrechterhalten werden kann, und nicht nur so tun,

(Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

uns unnütz auf die Galerie stellen und sagen, alles kein Problem, macht euch keine Sorgen,

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Nein, das sind doch Vorschläge.)

wir GRÜNEN sind bei euch und tun alles,

(Zuruf von Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

und die anderen sind diejenigen, die es nicht wollen und es verhindern.

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das ist doch Quatsch!)

Das finde ich unredlich in der politischen Auseinandersetzung und ich kann nur sagen, das fand ich keinen guten Auftritt hier, Frau Gajek. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD – Zurufe von Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN, und Udo Pastörs, NPD)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe die Aussprache.

Im Rahmen der Debatte ist beantragt worden, den Abschlussbericht der Enquetekommission auf Drucksache 6/5610 verfahrensmäßig für erledigt zu erklären. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. – Die Gegenprobe. – Gibt es Stimmenthaltungen? – Damit ist der Abschlussbericht der Enquetekommission auf Drucksache 6/5610 verfahrensmäßig für erledigt erklärt worden mit den Stimmen der Fraktionen von SPD, CDU, DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei Stimmenthaltung der Fraktion der NPD.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, bevor wir unsere Beratung fortsetzen, gestatten Sie mir noch einige Worte.

Wir erhielten die traurige Nachricht, dass unser ehemaliger Kollege Georg Nolte im Alter von 74 Jahren verstor

ben ist. Georg Nolte wurde am 2. Dezember 1942 in Leipzig geboren. Als Nachrücker kam er bereits in der 1. Wahlperiode in den Landtag. In der 2. Wahlperiode wurde Georg Nolte direkt in den Landtag gewählt, kandidierte nochmals für die 3. Wahlperiode und konnte sein Direktmandat verteidigen. Georg Nolte war als Vorsitzender im Ausschuss für Arbeit, Gesundheit, Soziales, Familie und Frauen, als Vorsitzender des Finanzausschusses und als Vorsitzender des Wirtschaftsausschusses tätig und hat sich hier große Verdienste erworben. Wir werden sein Andenken stets in Ehren halten.

Ich darf Sie nun bitten, sich zu Ehren des Verstorbenen von Ihren Plätzen zu erheben.

(Die Anwesenden erheben sich von ihren Plätzen.)

Vielen Dank.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 96: Beratung der Unterrichtung durch den Bürgerbeauftragten des Landes Mecklenburg-Vorpommern – 21. Bericht des Bürgerbeauftragten gemäß § 8 Absatz 7 des Petitions- und Bürgerbeauftragtengesetzes des Landes Mecklenburg-Vorpommern für das Jahr 2015, Drucksache 6/5290, hierzu Beschlussempfehlung und Bericht des Petitionsausschusses, Drucksache 6/5604.

Unterrichtung durch den Bürgerbeauftragten des Landes Mecklenburg-Vorpommern 21. Bericht des Bürgerbeauftragten gemäß § 8 Absatz 7 des Petitions- und Bürgerbeauftragten- gesetzes des Landes Mecklenburg-Vorpommern (Petitions- und Bürgerbeauftragtengesetz – PetBüG M-V) für das Jahr 2015 – Drucksache 6/5290 –

Beschlussempfehlung und Bericht des Petitionsausschusses (1. Ausschuss) – Drucksache 6/5604 –

Das Wort zur Berichterstattung hat der Vorsitzende des Petitionsausschusses Herr Dachner.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten! Mit der Drucksache 6/5604 legt Ihnen der Petitionsausschuss nunmehr seine Beschlussempfehlung und seinen Bericht zum 21. Tätigkeitsbericht des Bürgerbeauftragten vor. Im Benehmen mit dem Ältestenrat wurde dieser Bericht zunächst in die mitberatenden Fachausschüsse überwiesen und dann in den federführenden Ausschuss, den Petitionsausschuss.

Wir haben also am 02.06. und am 23.06. zu diesem Bericht getagt und auch beraten, und während der Beratung des Petitionsausschusses am 2. Juni 2016 stellte uns der Bürgerbeauftragte seinen Bericht vor. Er führte aus, dass im Berichtszeitraum 2015 die Anzahl der neu eingegangenen Petitionen im Wesentlichen nicht gestiegen ist, sondern nur leicht. Wie schon in den vergangenen Jahren umfassen auch im Berichtszeitraum 2015 die vom Bürgerbeauftragten bearbeiteten Fälle im Bereich Sozialrecht und Soziales mehr als 50 Prozent. Sie betreffen vor allem die Bereiche des Arbeitslosengeldes II, der Grundsicherung und der Krankenhilfe sowie Entscheidungen der Kinder- und Jugendhilfe.

Hierzu hat der Bürgerbeauftragte ausgeführt, dass seine Tätigkeit in diesen sozialrechtlichen Belangen zum überwiegenden Teil darin besteht, die Bürger zu informieren, sie zu beraten und Auskünfte zu erteilen. Diese Beratungsleistungen, die vor allem im Rahmen der vom Bürgerbeauftragten regelmäßig durchgeführten Sprechtage erbracht werden, bilden eine sinnvolle Ergänzung zur Tätigkeit des Petitionsausschusses. Und ich darf schon sagen, dass es eine sehr beachtliche Arbeit ist, 50 Prozent dieser gesamten Petitionen durch Sprechtage und auch telefonische Entgegennahmen zu bearbeiten, denn anders als beim Bürgerbeauftragten, der zu den überwiegend mündlich vorgebrachten Eingaben berät, prüft der Petitionsausschuss die zwingend schriftlich vorzubringenden Petitionen im Rahmen des Petitionsverfahrens.

Neben der Beratung in sozialen Angelegenheiten liegt ein weiterer Schwerpunkt der Arbeit des Bürgerbeauftragten darin, die Belange behinderter Bürger wahrzunehmen. Als Gegenstand vieler Petitionen sind hier die Eingliederungshilfen, der Betreuungsschlüssel und die Mobilität sowie Betreuung behinderter Menschen zu nennen. Dabei zielte das Engagement des Bürgerbeauftragten im Berichtszeitraum auch darauf ab, ein weitestgehend barrierefreies Umfeld zu schaffen, was der Petitionsausschuss ausdrücklich begrüßt.

Naturgemäß gibt es immer wieder Themenbereiche, die sowohl vom Bürgerbeauftragten als auch vom Petitionsausschuss gemeinsam bearbeitet werden. Zu nennen sei hier beispielsweise die Umsetzung der Inklusion in den Schulen oder die Ausweisung neuer Windeignungsgebiete. Daneben gab es im Berichtszeitraum auch Einzelfälle, die der Bürgerbeauftragte dem Petitionsausschuss vorgetragen hat, da es ihm zuvor nicht gelungen war, ein für den Petenten zufriedenstellendes Ergebnis zu erreichen. Ich habe gestern von einem solchen Fall berichtet. Auch uns gemeinsam gelingt es manchmal nicht, dem Anliegen der Bürger zu entsprechen, und das bedauern wir sehr. Ich komme beim zweiten Teil der Rede noch einmal darauf zurück.

Der Petitionsausschuss spricht sich daher ausdrücklich für eine weitere gute Zusammenarbeit und Abstimmung zwischen dem Bürgerbeauftragten und dem Petitionsausschuss – insbesondere bei thematisch gleichen Petitionen – aus, denn es ist das gemeinsame Ziel des Bürgerbeauftragten und des Petitionsausschusses, die Rechte der Petenten weiter zu stärken und zu gewährleisten, dass bei berechtigten Anliegen alle Möglichkeiten ausgeschöpft werden, um diesen Anliegen zum Erfolg zu verhelfen.

Vor diesem Hintergrund bitte ich Sie um Zustimmung zu Punkt I der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses und unter Punkt II empfiehlt Ihnen der Petitionsausschuss, den 21. Bericht des Bürgerbeauftragten verfahrensmäßig für erledigt zu erklären. Auch für diesen Punkt bitte ich um Ihre Zustimmung.

Abschließend danke ich dem Bürgerbeauftragten und natürlich auch seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für eine gute Zusammenarbeit, die wir erleben durften. Aber auch dazu sage ich im zweiten Teil noch einiges deutlicher und mehr. – Danke schön.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Vielen Dank, Herr Dachner.

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 45 Minuten vereinbart. Die Fraktion der CDU hat gemäß Paragraf 86 unserer Geschäftsordnung beantragt, dem Bürgerbeauftragten im Rahmen der Aussprache das Wort zu erteilen. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat zunächst der Bürgerbeauftragte des Landes Mecklenburg-Vorpommern Herr Matthias Crone.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Sehr geehrter Herr Vorsitzender des Petitionsausschusses, vielen Dank für diese Einführung. Es ist sicher auch gut, dass der Bericht des Bürgerbeauftragten für das Jahr 2015 nach der bündigen Beratung in den Ausschüssen heute noch einmal abschließend hier behandelt werden kann. Eine Reihe von Themen des Berichts wurde ja dort erörtert und vertieft.

Ich bin dankbar, dass sehr zentrale und kardinale Themen auch in der vorgesehenen Entschließung des Landtages angesprochen werden. Den im Text enthaltenen Zuspruch für die Arbeit in den dort genannten Bereichen verstehe ich als Ermutigung und Auftrag, weiterhin gerade hier den Menschen besonders beizustehen. Das ist erstens die Beratung und Unterstützung von Hilfesuchenden im Bereich des Sozialrechtes. Der Jahresbericht weist ja aus, dass ein Großteil der Fälle in diesem Zusammenhang steht. Dieser Schwerpunkt entspricht auch dem gesetzlichen Auftrag.

Hervorheben möchte ich, dass wir zum Arbeitslosengeld II ein besonderes Beratungsangebot machen, das schon wegen der sehr komplexen Rechtslage mehr als sinnvoll ist. Ich will aber auch unterstreichen, dass es bei den sozialrechtlichen Problemen, die uns vorgetragen wurden, oft nicht nur um die richtige Rechtsanwendung, um den korrekten Verwaltungsvollzug geht – dazu haben Sie ja Beispiele im Bericht –, es geht in unserer Arbeit auch um solche Probleme, die schon im Gesetz angelegt sind und hier gelöst werden müssen.

Da ist es zu begrüßen, wenn deshalb derzeit der Bundesgesetzgeber Vereinfachungen beim Arbeitslosengeld II erreichen will, aber mir fehlen dann doch noch Verbesserungen bei den Regelungen etwa zur Vermögensverwertung. Diese Regelungen sollten regional differenziert sein. In einer Region des Landes war dies ja ein ganz großes Thema: Die Verwertung von Hausgrundstücken. Und hier zeigte sich natürlich, wir wussten es ohnehin, dass das Grundeigentum in einer Dorflage Vorpommerns doch anders zu bemessen ist als etwa in der Innenstadt Münchens.

Alle vier parlamentarisch gewählten Bürgerbeauftragten Deutschlands waren sich auch – das will ich hier aktualisierend gerne ergänzen – darin einig, dass noch weitere Punkte im Sozialgesetzbuch II angefasst werden sollten, etwa die Abschaffung der schärferen Sanktionierungsregelungen für Arbeitslose unter 25, aber vor allem die vorzeitige Verrentung mit 63 Jahren. Es ist nur für die Statistik gut, Menschen so früh in die Rente zu schieben. Das treibt viele nach der Verren

tung dann doch wieder in die Sozialhilfe. Zumindest müsste die Grenze nach unserer Auffassung für die vorzeitige Rente von 63 Jahren schrittweise erhöht werden, entsprechend der Anhebung des Renteneintrittsalters sonst.

Zweites Thema des Beschlussvorschlages ist die Inklusion von Menschen mit Behinderungen. Die Inklusion – wir hörten es vorhin – ist ein ganz großes Thema. Das ist schon von der Quantität her so, denn rund 180.000 Menschen unseres Landes haben amtlich anerkannt eine Schwerbehinderung. Das ist zahlenmäßig nun wahrlich keine Randgruppe mehr. Inklusion ist aber vor allem von der Qualität her ein großes Thema, denn sie umfasst viele Lebensbereiche und ganz existenzielle Belange. Da geht es eben nicht nur darum, ob Rollstuhlfahrer schwellenfrei die Straße überqueren oder Sehgeschädigte gut die Zustiegskante der Haltestelle ausmachen können, da geht es um Sicherung der Mobilität insgesamt. Da geht es auch darum, dass wir weitgehend barrierefreien Wohnraum zu bezahlbaren Preisen zur Verfügung stellen, damit Menschen überhaupt vernünftig wohnen und leben können. Und da geht es ganz besonders um den Zugang zu Bildung, Ausbildung und Arbeit.

(Regine Lück, DIE LINKE: Sehr richtig.)