Protocol of the Session on July 8, 2016

Wie gesagt, der große Einstellungsbedarf im Osten geht gerade erst los. Darum lassen Sie uns, statt zu improvisieren, die reguläre Unterrichtsversorgung sichern. Dazu gehört unserer Ansicht nach auch eine Abkehr von dem Prinzip, Lehrkräfte ein Jahr lang befristet zu beschäftigen, um sie dann gleich nach den Sommerferien wieder einzustellen. Zwischendurch schickt man die Lehrerinnen und Lehrer in die Arbeitslosigkeit, was zum einen sehr belastend für diese Menschen ist, zum anderen belastet es aber die öffentliche Hand an anderer Stelle, indem wir nämlich Arbeitslosengeld zahlen.

Es gibt Lehrkräfte, die dieses Spiel von Entlassung und Wiedereinstellung schon über lange Zeit und Jahr für Jahr mitmachen müssen, und was einmal eine Ausnahme war, entwickelt sich mehr und mehr zum Regelfall an den Schulen. Die Fallzahl hat sich in den letzten drei Jahren mehr als verdreifacht, nämlich von 77 auf 240 betroffene Lehrkräfte. Wir finden, ein öffentlicher Arbeitgeber sollte mit seinen Angestellten so nicht umgehen können. Die öffentliche Hand muss ein verlässlicher Arbeitgeber mit fairen Arbeitsbedingungen sein. Darum sagen wir ganz klar, spätestens nach einem Jahr muss die Entfristung erfolgen. Schließen Sie sich also unserem pragmatischem Vorschlag an und lassen Sie uns gemeinsam der Herausforderung „Unterrichtsausfall und Lehrkräftebedarf“ begegnen!

(Beifall vonseiten der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 120 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat zunächst der Minister für Bildung, Wissenschaft und Kultur Herr Brodkorb.

(Zuruf aus dem Plenum: Gibt es hier keine Kleiderordnung mehr?)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte dazu nur kurz drei Dinge sagen.

Erstens. Die Oppositionsabgeordnete Berger fordert, dass wir vorzeitig einstellen. Wir haben, glaube ich, schon in der letzten oder vorletzten Woche bekannt gegeben, dass wir das längst tun. Die Ausschreibungen dazu sind am 5. Juli ausgelaufen. Wir haben mit über 200 Stellen die frühzeitige Besetzung – genau in dem Sinne, wie Frau Berger das vorgeschlagen oder gefordert hat – längst vollzogen. Das Verfahren ist vor Monaten eingeleitet worden. Ich finde es einfach ein bisschen schade für die politische Debatte, dass Sie auf diese Tatsache gar nicht eingehen, sondern so tun, als wäre Ihr Anliegen immer noch relevant.

(Ulrike Berger, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das war ja auch erst die Einbringung, Herr Brodkorb, ich komme ja noch mal.)

Zweitens,

(Jochen Schulte, SPD: War das eine Drohung? – Ulrike Berger, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ein Versprechen.)

zweitens. Sie verweisen darauf, dass es relativ viele Befristungen in Mecklenburg-Vorpommern beim Lehrerpersonalkörper gibt. Das stimmt. Die Befristungen sind einerseits eine Folge der Tatsache, dass wir viele Vertretungslehrer für kranke Lehrkräfte einstellen – natürlich sind das befristete Arbeitsverträge, sie vertreten – und dass wir glücklicherweise einen Anstieg der Lehrerinnen und Lehrer in Elternzeit oder im Beschäftigungsverbot aufgrund von Schwangerschaften haben, eine Erhöhung in den letzten zwei, drei Jahren von 250 auf 600 Personalfälle im Jahr. Wir stellen fest, dass es offenbar vor allem im Kontext der Verbeamtung bei jungen Menschen jetzt die Bereitschaft und den Wunsch gibt, sich den Familienwunsch zu erfüllen. Das, finde ich, ist ein wunderbarer Umstand. Da sollten eigentlich alle jubeln, dass das so ist, dass junge Lehrer nach Mecklenburg-Vorpommern kommen, hier Kinder bekommen und ihre Familien gründen. Dass wir natürlich dafür befristet Vertretungslehrer einstellen müssen, das ist vollkommen klar, aber das ist für mich eher ein freudiges Ereignis.

Der dritte Punkt, der übrig bleibt, ist die Frage der Bezahlung der Vertretungslehrkräfte. Da geht es um die Beschäftigung im Sommer. Das Thema hat mich schon deshalb seit mehreren Jahren beschäftigt, weil es eine Reihe von Vertretungslehrkräften gab, die mich in der Lehrersprechstunde darauf angesprochen haben. Wir haben für eine Reihe von Vertretungskräften dieses Problem bereits im Jahr 2013 durch einen Erlass gelöst, nämlich dergestalt, dass, wenn der Befristungsgrund auch im neuen Schuljahr andauert, diese Beschäftigung innerhalb der Sommerferien geschieht. Dort, wo das nicht der Fall ist, geschieht das aus einem einzigen Grund nicht, Frau Berger, aus einem einzigen Grund, und den würde ich gleich erklären, aber mir erst mal Fragen stellen:

Bin ich der Auffassung, dass es richtig wäre, alle Lehrkräfte, die Vertretungslehrer sind, auch in den Ferien zu beschäftigen? Klare Antwort: Ja.

Bin ich der Auffassung, dass es gerecht wäre, es zu tun? Ebenfalls klare Antwort: Ja.

Hätten wir dafür das Geld? Ebenfalls klare Antwort: Ja.

Und jetzt ist die Frage, warum tun wir es nicht. Hier gibt es zwei Gründe. Der eine Grund ist, nicht jeder Lehrer, nicht jeder Vertretungslehrer, dessen Vertrag bis zum letzten Schultag dauert, könnte gerechterweise Anspruch darauf erheben, auch im Sommer beschäftigt zu werden. Es gibt Verträge, die beginnen vier, sechs oder acht Wochen vor dem Beginn der Sommerferien, und wenn jemand vier, sechs oder acht Wochen einen Vertretungsjob hat, dann kann ich ihn natürlich nicht sechs oder sieben Wochen weiterbezahlen. Das wäre allen anderen gegenüber ungerecht. Das ist aber eher ein technisches Problem.

Das eigentliche Problem, woran ich bisher gescheitert bin, Frau Berger, ist – obwohl wir da sachlich gar nicht auseinander sind, die entsprechenden Juristen im Bildungsministerium schreiben mir Folgendes auf, und ich kann es leider nicht entkräften –, dass es Bundesarbeitsgerichtsurteile gibt, die klar feststellen, dass zur Befristung eines Vertrages der letzte Schultag ein sachliches Kriterium ist. Ausgeurteilt! Und die Juristen schreiben mir auf, in dem Moment, wo wir, ohne dass sich ein Befristungsgrund auch im nächsten Jahr anschließt, den Vertrag in dem Fall bis zum Ende der Sommerferien verlängern, haben wir eine sachgrundlose Befristung. Diese Gefahr besteht. Und wenn Sie sachgrundlos befristen im öffentlichen Dienst,

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Müssen Sie entfristen.)

dann haben die Kollegen das Recht, sich auf unbefristete Stellen einzuklagen, die es aber gar nicht gibt, weil die Kollegin, die gerade schwanger ist, demnächst wieder auf ihre Stelle zurückkehrt. Das ist der einzige Grund, warum wir bei einer Reihe von Kollegen im Moment keine Beschäftigung in den Sommerferien haben.

Ich selber finde das nicht gut, ich selber finde das ungerecht, ich würde gerne das Geld ausgeben. Das ist aber im Moment die Rechtsauffassung der zuständigen Juristen der Landesregierung. Wir werden jetzt Folgendes machen, das kann ich gern ankündigen: Wir werden noch mal ein Rechtsgutachten bei einer unabhängigen Stelle in Auftrag geben und sehen, ob es einen Arbeitsrechtler gibt, der eine andere Konstruktionsmöglichkeit sieht, ob man es irgendwie anders beheben kann. Aber dieses Problem kann man nur mit Arbeitsrechtsargumenten aus der Welt schaffen.

Das hat nichts damit zu tun, dass wir sparen wollen, auch wenn Sie hier manchmal unterstellen, dass das Bildungsministerium oder besonders Herr Brodkorb ganz böse ist und die Lehrer quälen will. Das ist alles Quatsch. Wir sind uns in der Sache einig – ich glaube, Frau Oldenburg, das würde hier niemand anders sehen –, dass es schön wäre,

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Wenn er ein ganzes Jahr beschäftigt ist.)

wenn jemand ein ganzes Jahr beschäftigt wäre und er auch in den Sommerferien seinen Vertrag noch hat, auch wenn der Befristungsgrund vielleicht entfällt. Aber arbeitsrechtlich haben wir im Moment ein Problem, weil wir nicht in sach

grundlose Befristungen reingehen können. Das wäre übrigens haushaltsrechtlich problematisch. Wenn ich das tä- te, würde vielleicht Herr Saalfeld mich beim nächsten Mal fragen, warum ich die Stellenermächtigung des Haushaltes durch fehlerhaftes Verwaltungshandeln überschreite.

(Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

Ich habe gesagt, vielleicht. Vielleicht!

(Marc Reinhardt, CDU: Hattest du nicht gesagt, drei Punkte?)

Das sind drei Punkte gewesen. Ich habe ja nicht gesagt, drei Sätze. Ich habe gesagt, drei Punkte.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Insofern, meine Damen und Herren, ist der erste Punkt längst abgearbeitet. Beim zweiten Punkt gibt es keinen Grund zu jammern, sondern sich zu freuen, dass Lehrer Kinder kriegen. Und beim dritten Punkt gibt es rein arbeitsrechtliche Hürden – keine politischen –, an denen wir weiterarbeiten.

Und, Frau Berger, wenn Sie einen qualifizierten Vorschlag haben, der arbeitsrechtlich vertretbar ist,

(Egbert Liskow, CDU: Den hat sie nicht.)

würde ich ihn gerne sofort umsetzen, aber Sie müssten ihn bitte auch vortragen. – Danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der CDU der Abgeordnete Herr Reinhardt.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Liebe Frau Berger, ein bisschen ist das wie mit dem Hasen und dem Igel: Ick bün all hier.

(Heiterkeit bei Wolf-Dieter Ringguth, CDU)

Der Minister hat Ihnen ja eben gesagt, was die wesentlichen Ablehnungsgründe für Ihren Antrag sind. Ich frage mich sowieso, warum Sie den so kurz vor Ende der Legislaturperiode noch stellen.

(Heiterkeit bei Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE – Zuruf von Ulrike Berger, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Drei kurze Gründe vielleicht dazu: Sie haben ja gehört, dass wir das bereits machen. Wenn Sie die Veröffentlichungen verfolgt hätten, hätten Sie bemerkt – der Minister hat es eben auch gesagt –, dass wir bereits, ich glaube, 247 Stellen dieses Jahr ausgeschrieben haben, die eigentlich erst im nächsten Jahr besetzt werden sollen, und wir dafür diese Personalmittel nutzen, von denen Sie sprechen. Es ist übrigens bei einem Personalkörper, der ungefähr 12.000 Mann beinhaltet, nichts Ungewöhnliches, dass am Jahresende tatsächlich auch Gelder übrig bleiben, weil wir ja durch Schwangerschaft, Krankheit, Versetzung oder durch Ausschreibungen nicht immer die vollen Stellen ganz ausnutzen können.

Ich glaube aber, dass wir hier auf einem guten, sehr guten Weg sind. Die letzten Einstellungswellen zeigten, dass der Lehrerberuf in Mecklenburg-Vorpommern attraktiv geworden ist. Das liegt nicht zuletzt daran, dass gerade auf Drängen der CDU-Fraktion endlich die Verbeamtung umgesetzt wurde.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU)

Ich denke, der Bildungsminister ist uns auch dankbar dafür, dass wir da so hartnäckig waren.

(Heiterkeit und Zuruf von Vincent Kokert, CDU)

Ich glaube, das ist ein gutes Zeichen für MecklenburgVorpommern. Wir werden diesen Weg konsequent weitergehen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion DIE LINKE die Abgeordnete Frau Oldenburg.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Vor dem ersten Lesen habe ich gehofft, dass der Antrag etwas hat. Nach dem Lesen stellte ich fest, dass der Antrag etwas hat,

(Dietmar Eifler, CDU: Nämlich nichts.)