Die Museumswissenschaft hat sich rasant weiterentwickelt und ist mit dem Internationalen Museumsrat ICOM längst zu einem Forum internationaler Forschung geworden. Auch der Besuch von Burgen, Schlössern und Gärten boomt seit einigen Jahren. 2014 nahmen deutschland- weit die Besucherzahlen solcher Anlagen um 4 Prozent gegenüber dem Vorjahr zu. Schloss- und Burgmuseen machen zwar nur einen Anteil von 4,3 Prozent innerhalb der Museumsarten in Deutschland aus, der Anteil der Besucher liegt allerdings bei knapp 12,2 Prozent. Sie werden also überproportional gut besucht. In diesem dynamischen Feld sind Museen gefordert, analog zu ihrem Leitbild ein Konzept festzulegen, das neben funktionellen, organisatorischen, inhaltlichen und finanziellen Grundlagen auch Entwicklungsperspektiven aufzeigt.
Die Initiativen von Finanz- und Bildungsministerium zur Sanierung und Neugestaltung der historischen Räume im Schloss kommen also genau zum richtigen Zeitpunkt, und zwar in doppelter Hinsicht: einmal wegen der Welterbebewerbung, andererseits ist es ohnehin an der Zeit, hier etwas Neues zu wagen. Mit der Neukonzeption bietet sich eine großartige Chance, die Entwicklungsperspektiven auf internationale Qualitätsstandards zu fokussieren und das Schweriner Schloss zu einem inklusiven Erlebnisraum für alle Zielgruppen werden zu lassen. Für das weitere Vorgehen sollten strukturiert folgende Punkte erörtert werden:
Erstens. Was ist das Ziel der Präsentation? Hier ist es wichtig, dass das Schloss als Lern- und Erlebnisraum Beachtung findet, um das Leben am Schweriner Hofe im 19. Jahrhundert in möglichst vielen Facetten nachvollziehbar zu machen.
(Stefan Köster, NPD: Echte Frechheit. – Zurufe von Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE, und Johannes Saalfeld, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Zweitens. Welche Themen sollten in die Präsentation aufgenommen werden? Hier ist eine gut gestrickte Dramaturgie, fußend auf einer gründlichen Bestandsanalyse, sehr wichtig.
Drittens. Welche Präsentationsmittel sind dafür geeignet? Welche Medien können zum Einsatz kommen? Wie präsentiert man historische Räume, vor allem ohne Inventar? Welche Erfahrungen haben andere Schlösser mit ähnlichen Voraussetzungen im internationalen Kontext gesammelt?
Viertens. Welche Zielgruppen sollen angesprochen werden und welche Bedürfnisse bringen diese mit? Ich weiß
das aus meiner Arbeit beim Tourismusverband, die Bedürfnisse der Gäste haben sich gewandelt. Das gilt natürlich auch für die Museumsbesucher. Kommen hauptsächlich große Gruppen ins Schloss oder Individualtouristen auf Bildungsreise? Finden Kindergartenkinder, Jugendliche, Familien, Senioren und Fachleute Anreizpunkte für einen Besuch?
Fünftens. Welches Begleitprogramm ergänzt das Angebot sinnvoll und bietet immer wieder neue Anknüpfungspunkte auch für ein Stammpublikum? Denn wir alle wissen, man besucht ein Museum mit der gleichen Ausstellung einmal, vielleicht zweimal, vielleicht geht man auch noch ein drittes Mal da hin, aber dann muss etwas Neues her, damit es wieder attraktiv wird. Und dann geht es natürlich auch um besondere Angebote während der Hochsaison, wenn in Größenordnungen Touristen hier herkommen.
Sechstens. Vor allem sollte erörtert werden, welche Partner dazu ins Boot geholt werden müssen, um all diesen Anforderungen gerecht zu werden und die Chance zu nutzen, das Schweriner Schloss zu einem grandiosen Erlebnisort, zu einem gelebten Welterbe zu machen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich fasse zusammen: Als Lern- und Erlebnisraum sprechen Ausstellungen mit ihren Objekten alle Sinne an und befördern so die aktive Auseinandersetzung mit Geschichte und Gegenwart. Das muss die Zielsetzung sein. Mit der Neukonzeption des Erlebnisraumes Schloss Schwerin eröffnet sich die Möglichkeit, die Welterbebewerbung zu unterstützen und mit der notwendig gewordenen Überarbeitung die Ausstellung einem internationalen Standard anzugleichen. Um dies zu realisieren, ist es eben essenziell, über den Tellerrand zu schauen und externe Fachleute hinzuzuziehen. Es ergeben sich, denke ich, aus der Verknüpfung Welterbe und Erlebnisraum ungeahnte Synergieeffekte, die die internationale Aufmerksamkeit weiter erhöhen werden. Deshalb bitte ich Sie sehr herzlich um Zustimmung zum Antrag. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD und Dietmar Eifler, CDU – Tino Müller, NPD: Tosender Applaus.)
Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 90 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich will gleich unsere Bewertung und unser Votum vorwegnehmen: Der Antrag findet unsere Zustimmung, der Antrag ist vernünftig und er ist gut begründet. Frau Landtagspräsidentin hat eben noch mal untersetzend dargelegt, welche Fragen beantwortet werden sollen, was damit zusammenhängt und welche Vorstellungen es seitens der Antragstellerin gibt.
Nun ist es jedoch so, dass ein Antrag nicht für sich allein steht, singulär, sondern auch im Kontext des politischen Geschehens betrachtet werden muss. Wenn man dann de facto einen Schritt zurücktreten und den Antrag anschauen kann, dann, sage ich mal, geschehen offensichtlich noch Zeichen und Wunder, auch was die Kulturpolitik in diesem Hohen Hause angeht. Denn jahrelang haben Sie, sehr geehrte Damen und Herren von SPD und CDU, Kulturinitiativen, die aus den Reihen der Fraktionen kamen, weitestgehend der Opposition überlassen. Bestenfalls haben Sie sich in Auseinandersetzungen mit uns darauf kapriziert, was eigentlich alles nicht geht, was wir nicht bedacht haben, und sozusagen Kultur nach Kassenlage beurteilt und die Finanzfrage aufgeworfen.
Es ist darauf Bezug genommen worden, dass dieser grundlegende Antrag 2007 – er ist zeitlich noch mal präzisiert worden, Oktober 2007 – hier behandelt wurde. Ich möchte darauf verweisen, dass seinerzeit die Fraktion DIE LINKE, damals noch als PDS-Linkspartei vorgetreten ist und für diesen Sachverhalt geworben hat. Es gab eine Reihe Skeptiker, die es zu überzeugen galt, aber es gab letztendlich ein einmütiges Votum. Seither, denke ich mal – das ist auch aus den Worten von Frau Bretschneider deutlich geworden –, ziehen alle an einem Strang und in eine Richtung. Das ist gut so und so sollte es bleiben.
Ich finde es auch gut, dass mit diesem Antrag verbunden wird, dass Sie den Weg der Landeshauptstadt Schwerin zum Titel „Weltkulturerbe“ mithilfe eines Erlebnisraumes verkürzen wollen und dabei besonders die kulturelle Bildung im Blick haben. Das halten wir für absolut richtig und wichtig. Dass Sie den Ehrenamtlern für ihr Engagement danken und Schulen, Kitas und Vereine einbeziehen wollen, ist vollumfänglich zu unterstützen. Und dass Sie allen Beteiligten danken, durch deren Einsatz die Sympathie vieler Schweriner Bürgerinnen und Bürger gewonnen wurde, um das Residenzensemble auf die UNESCO-Liste zu bekommen, ist ehrenwert. Das sind alles Punkte, die wir unterstützen – deswegen mein eingangs hier vorgetragenes Votum unserer Fraktion.
Dennoch gibt es ein paar Sachen, die uns schon enttäuschen, weil es hier gestern wirklich eine heftige Debatte darüber gab, einen gemeinsamen Antrag zu Fragen „Jugend im Landtag“ vorzubringen, und darüber, was die Hinderungsgründe waren. Da müssen wir dann auch noch mal kritisch nachlesen, warum es dazu kam. Aber an dieser Stelle, sehr geehrte Damen und Herren von SPD und CDU, wäre es eigentlich angezeigt gewesen, auf uns zuzukommen und zu sagen, wir haben diese Idee, wir haben auch die Substanz, diesen Antrag entsprechend zu formulieren, und es geht doch um den gemeinsamen Willen. Das hat uns schon enttäuscht, das will ich sagen.
(Peter Ritter, DIE LINKE: Das hätten wir sogar ohne Aussprache hingekriegt. – Zuruf von Marc Reinhardt, CDU – Peter Ritter, DIE LINKE: Jaja.)
Dieser Antrag – ich will aber auch in dem Zusammenhang sagen, dass man ihn nicht nur für sich und für den Erlebnisraum Schloss und das Weltkulturerbe sehen darf – darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass wir auf dem Gebiet der Kultur, insbesondere der Museumspädagogik, viele Baustellen im Land haben. Es kommt darauf an, die Museen auch hier insgesamt weiterzuentwickeln. Der Bildungsausschuss, ja, Frau Berger, sehr geehrte
Damen und Herren des Bildungsausschusses, hat sich gerade in Rostock kundig gemacht und sich darüber verständigt, was ansteht. Museumspädagogik ist ein ganz großes Thema, genauso wie die Fachkräftesicherung in den Museen. Auch das will ich in diesem Zusammenhang erwähnen, weil wir, wenn wir diesen Sachverhalt aufrufen und wenn wir über dieses Thema reden, nicht allein über Schwerin reden, sondern insgesamt über die kulturelle Infrastruktur in unserem Land.
Und weil es um Schloss und Schlossgarten geht und somit im gewissen Sinne letztendlich über die Stadtgrenzen Schwerins hinausschauend eben um Schlösser und Gärten, Parks und Gutsanlagen insgesamt, denke ich, Herr Bildungsminister, auch an den staatlichen Gartenkonservator. Ich habe die große Hoffnung, dass nach dieser langen Odyssee und diesen ganzen Verzögerungen, die es auf diesem Gebiet gegeben hat, die nicht allein beim Bildungsministerium zu verorten sind, sondern selbstverständlich auch bei der Hochschule, dass diese unklare Situation spätestens im Herbst ein Ende haben wird und wir wieder einen staatlichen Gartenkonservator im Land haben, der diese Fragen fachkundig betreut.
Wenn wir über dieses Thema reden, ist es uns LINKEN auch wichtig, darauf hinzuweisen, dass wir mit Sorge auf einige Museumsstandorte im Land schauen. Wir haben gerade im Bildungsausschuss erfahren, dass es drei renommierte Museen in diesem Land gibt, deren Existenz akut gefährdet ist. Bei den Mönchguter Museen kann der Förderverein die damit verbundenen Ressourcen, die notwendig sind, nicht stemmen. Das Handwerkermuseum in Gingst ist bedroht und, das ist besonders brisant, das im Blaubuch – das ist das renommierte Verzeichnis national bedeutsamer Museen – enthaltene Schliemann-Museum in Ankershagen ist ebenfalls in seiner Existenz bedroht. Darauf möchten wir hinweisen. Das sind Themen, die mit diesem Antrag auch etwas zu tun haben.
Der letzte Punkt, den ich ansprechen möchte, ist – wie gesagt, wir unterstützen diesen Antrag –, dass wir in diesem Zusammenhang darauf aufmerksam machen möchten, dass der nicht ohne finanzielle Folgen ist, auch nicht ohne finanzielle Folgen für die Stadt Schwerin. Nun kann man sagen, die Stadt Schwerin bekommt über den Hauptstadtvertrag Mittel zugewiesen und kann diese auch einsetzen, aber wie wir wissen, ist ein Großteil der Mittel, die Schwerin für den Landeshauptstadtvertrag bekommt, schon für den Erhalt des Mecklenburgischen Staatstheaters gebunden. Das ist uns ebenfalls wichtig. Aber um den Erlebnisraum Schloss letztendlich mit dem Schloss Schwerin mit Leben erfüllen zu können, braucht Schwerin an dieser Stelle auch finanzielle Unterstützung. Ein Verweis allein auf den Hauptstadtvertrag und die damit verbundenen Mittel reicht nicht aus. Das möchten wir hier anmerken.
So weit unsere Bemerkungen zu diesem Antrag, den wir, wie gesagt, unterstützen. – Schönen Dank für die Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Landtagspräsidentin hat schon sehr umfangreich in den Antrag
eingeführt. Man soll ja zuerst etwas Positives sagen: Ich finde es gut, Herr Koplin, lieber Torsten, dass ihr den Antrag so unterstützt, und nun können wir uns natürlich noch darüber …
(Helmut Holter, DIE LINKE: Wir hätten den ja auch gemeinsam machen können wie 2007. – Zuruf von Dr. Hikmat Al-Sabty, DIE LINKE)
Man kann vieles gemeinsam machen. In diesem Landtag ist ja jede Fraktion abwechselnd darüber mal betrübt gewesen, dass man irgendwas nicht gemeinsam gemacht hätte.
(Helmut Holter, DIE LINKE: Hier geht es aber um eine gemeinsame Sache, da kann man auch mal sauer sein.)
Ich denke, man kann über so was auch immer reden, man kann sich darüber streiten, wer es erfunden hat, Herr Holter. Man kann auch, wie Sie, wieder dazwischenrufen und das kaputtbrüllen, das kann man natürlich alles machen. Das wird aber, glaube ich, dieser Sache nicht ganz gerecht.
Noch mal kurz: Worum geht es hierbei? Das Museumskonzept für das Schweriner Schloss soll überarbeitet werden, um es inhaltlich auf die Welterbebewerbung des Residenzensembles Schwerin auszurichten. Ein modernisierter Bildungs- und Erlebnisraum für Einheimische, aber auch für Touristen aller Altersgruppen, der den Vorgaben der UNESCO entspricht, soll geschaffen werden. Und es soll eine Prüfung erfolgen, welcher externe Sachverstand für die Umsetzung infrage kommt.
Die CDU, das wird Sie nicht wundern oder vielleicht auch doch, hat den Prozess, das ehemalige Residenzensemble Schwerin mit den angrenzenden Parkanlagen, dem Alten Garten und seinen Baudenkmälern zum Weltkulturerbe UNESCO zu erklären, von Anfang an aktiv unterstützt, sicherlich wie alle anderen Fraktionen, auch in der Stadtpolitik vor Ort. Die CDU setzt sich dafür ein, und das ja schon seit vielen Jahren, dass das historische Erbe Mecklenburg-Vorpommerns auch für zukünftige Generationen bewahrt wird.
Und weil Herr Koplin fast schon in eine allgemeine kulturpolitische Debatte abgeglitten ist, will ich das zumindest an einem Punkt auch tun: Auch für uns ist das vor allem für die nächste Legislaturperiode von großer Bedeutung, dass gerade für den Unterhalt denkmalgeschützter und ortsprägender Gebäude, ob in unseren kulturhistorisch bedeutenden Städten oder auch im ländlichen Raum, deutlich mehr getan wird. Aus unserer Sicht bedarf es in der nächsten Legislaturperiode, vor allem wenn wir auch an die Schlösser und Herrenhäuser denken, eines eigenständigen Landesdenkmalschutzprogramms.
In dieser Sache will ich es dann auch bewenden lassen. Herr Koplin und auch Frau Bretschneider haben es gesagt, hier sind am Ende alle gefordert: die Kommune, das Land, aber auch der Bund, um gemeinsam an einem Strang zu ziehen, damit diese Bewerbung in Zukunft Erfolg hat und wir den UNESCO-Welterbetitel für dieses Ensemble bekommen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Auch uns liegt dieser Welterbeantrag sehr am Herzen und darum werden wir dem Antrag zustimmen, auch wenn die Regierungsfraktionen die Hürden für eine Zustimmung ziemlich hoch gesetzt haben. Es hätte dem Anliegen sicherlich nicht geschadet, wenn Sie mit den Lobeshymnen und Selbstbeweihräucherungen auf die Landesregierung etwas sparsamer umgegangen wären, denn der eigentliche Inhalt des Antrages beginnt erst auf Seite 2.
Die Initiative für die Bewerbung um den Weltkulturerbetitel ging ja bekanntlich gar nicht von der damaligen Landesregierung oder vom Landtag aus, sondern von dem Verein Pro Schwerin e.V. Diese Bewerbung haben wir also dem ehrenamtlichen Engagement von Bürgerinnen und Bürgern in Schwerin zu verdanken.
Wenn schon so viel Lob verteilt wird, hätte sich das doch zumindest im Antragstext auch wiederfinden können.