Also jetzt reichts! Es sind hier sehr viele Zwischenrufe gekommen, die unparlamentarisch waren. Ihren habe ich jetzt hier rausgepickt.
Von daher mache ich Sie darauf aufmerksam, dass ich, wenn ich noch mal von Ihnen einen Zwischenruf hören werde, einen Ordnungsruf erteile. Es sind hier wahr
scheinlich auch noch andere Ausdrücke gefallen, die mir nicht wörtlich zu Gehör gekommen sind. Und ich bitte jetzt wirklich ernsthaft darum, die Rednerin ausreden zu lassen und die Zwischenrufe darauf zu beschränken oder zumindest so zu artikulieren, dass hier der Rede durch alle, die daran interessiert sind, gefolgt werden kann.
Wenn von Ihnen das Argument angeführt wird, dass Jugendoffiziere doch gar nicht für die Bundeswehr im Unterricht werben, dann frage ich Sie, ob das Auto mit dem Logo der Bundeswehr, ob die Uniform des Jugendoffiziers mit dem Logo der Bundeswehr,
ob die Informationsmappen für die Schüler mit dem Logo der Bundeswehr, ob die Kugelschreiber mit dem Logo der Bundeswehr, ob die Visitenkarten des Jugendoffiziers, die an alle Schülerinnen und Schüler verteilt werden, selbstverständlich mit dem Logo der Bundeswehr, ob das alles keine Werbung ist.
(Torsten Renz, CDU: Aber das auf einer Messe zu verteilen, ist okay? – Zurufe von Jürgen Seidel, CDU, und Michael Andrejewski, NPD)
Sehr geehrte Damen und Herren, außerhalb des Unterrichts können sie das tun, selbstverständlich, außerhalb des Unterrichts.
Warum unterstützt die Landesregierung im Rahmen der politischen Bildung durch einen Freifahrtschein die Bundeswehr
und warum tut man sich so schwer, die Deutsche Vereinigung für Politische Bildung in den Unterricht zu lassen? Die Deutsche Vereinigung für Politische Bildung darf momentan nicht in den Unterricht.
Herr Minister hatte im Ausschuss vor mehreren Wochen gesagt, das wäre eine Doppelfinanzierung. Der Lehrer wird finanziert über das Weiterbildungsförderungsgesetz. Würde die Vereinigung für Politische Bildung dann auch finanziert werden, wäre das eine Doppelfinanzierung.
Und es ist genauso eine Doppelfinanzierung, denn die Lehrkraft muss während des Besuches des Jugendoffiziers anwesend sein.
Selbstverständlich ist es auch verfassungsrechtlich zulässig, dass der Jugendoffizier unterrichtet, obwohl oder gerade weil die Wehrpflicht ausgesetzt wurde.
Aber der Jugendoffizier muss bei seinem Unterricht die notwendige Neutralität und Toleranz gegenüber den erzieherischen Vorstellungen der Eltern beachten.
Wer von Ihnen, wer von den Lehrkräften kennt denn bei jeder Schülerin, bei jedem Schüler die Erziehungsvorstellungen der Eltern?
(Unruhe vonseiten der Fraktion der CDU – Stefan Köster, NPD: Sie müssen den Multi-Kulti- Schwachsinn aus den Schulen raushalten.)
Da man dies gar nicht alles kennen kann, allein schon deshalb ist es unangebracht, den Lehrerinnen und Lehrern diese hohe Verantwortung aufzubürden,
allein genau auf diese Neutralität und Toleranz zu achten. Niemand der Jugendlichen, Herr Minister – und das ist unser Hauptkritikpunkt –, kann sich derzeit den Unterrichtsbesuchen der Bundeswehr entziehen.
Denn – so besagt es die Handreichung zur Kooperationsvereinbarung – Veranstaltungen mit Jugendoffizieren an Schulen gelten als regulärer Unterricht. Und wieder bleibt es dann eben an der Lehrkraft hängen, den Beutelsbacher Konsens zu beachten, dass die Ausgewogenheit im Unterricht da ist.
Jeder Schüler muss hin, keiner kann weg. Lediglich für Besuche bei Bundeswehreinrichtungen wird den Eltern eine Möglichkeit gegeben, ihr Kind nicht dorthin zu schicken.
Ich zitiere aus der Handreichung zur Kooperationsvereinbarung: „Besuche von Bundeswehreinrichtungen fallen generell unter die Verwaltungsvorschrift ‚Lernen am anderen Ort‘ … Die Teilnahme ist Schülerinnen und Schülern ab vollendetem 14. Lebensjahr möglich. Vorab ist das Einverständnis der Erziehungsberechtigten einzuholen … Sollten im Einzelfall Schülerinnen oder Schüler beziehungsweise deren Erziehungsberechtigte dem Besuch der Einrichtung nicht zustimmen, nehmen die Schülerinnen und Schüler am Unterricht von Parallelklassen teil.“ Ende des Zitats. Das gilt nur für die Besuche bei der Truppe.
Sehr geehrte Damen und Herren, niemand überprüft, ob die Eltern überhaupt diese Einverständniserklärung erhalten, niemand überprüft, ob und in welchem Umfang sichergestellt wird, dass die Lehrkraft zur Veranstaltung der Bundeswehr einen weiteren externen schulischen Kooperationspartner zum Unterricht hinzuzieht, so, wie es in der Handreichung steht. Wir haben keine Kooperationsvereinbarungen mit Friedensinitiativen, wir haben nur eine Kooperationsvereinbarung mit der Bundeswehr,
Sehr geehrter Herr Minister, kündigen Sie die Kooperationsvereinbarung! Die macht Ihnen nur Ärger und eingehalten wird sie auch nicht. Denn laut Kooperationsvereinbarung müssen die Bildungsangebote im „Mitteilungsblatt“ und in den Onlinemedien des Bildungsministeriums veröffentlicht werden. Aber die Antwort auf meine Kleine Anfrage lautet hierzu: „Die Landesregierung veröffentlicht die dem Kooperationsvertrag entsprechenden Bildungsangebote auf Anfrage. Für den genannten Zeitraum lagen keine Anfragen vor.“ Ende des Zitats. Dies wird nicht eingehalten, dann kann es auch weg.
Und weiter gehts: Laut Kooperationsvereinbarung muss jeweils zum Schuljahresende ein schriftlicher Bericht der Jugendoffiziere an das Bildungsministerium erfolgen. Zum Beispiel fragte ich im April 2014 nach dem Bericht für das Schuljahr 2012/2013. Die Antwort des Ministeriums: „Für den aufgeführten Zeitraum liegt kein Bericht vor.“ Wieder nicht gemacht, kann auch weg.
Nächster Punkt: Die Kooperationsvereinbarung sieht regelmäßige Gespräche der Jugendoffiziere mit den Leitern der Schulbehörden oder einem beauftragten Vertreter zur Umsetzung der Kooperationsvereinbarung vor. Dazu antwortet mir die Landesregierung: „Regelmäßige Gespräche mit den jeweiligen Schulamtsleiterinnen und Schulamtsleitern haben nach Rückmeldung des zuständigen Jugendoffiziers in den aufgeführten Schuljahren nicht stattgefunden.“ Wieder nicht gemacht, kann also weg.
Dann besagt die Kooperationsvereinbarung aber auch noch, dass Jugendoffiziere in die Aus- und Fortbildung von Referendaren eingebunden sind. Und jetzt vermuten Sie schon richtig, denn die Antwort zu dieser Frage lautet, „der Landesregierung (liegen) keine Informationen vor, ob Jugendoffiziere in die Aus- und Fortbildung von Referendarinnen und Referendaren sowie Lehrkräften eingebunden waren“. Das wird nicht erfasst, und das nicht nur, obwohl es in der Kooperationsvereinbarung steht, sondern die Fachaufsicht für Aus- und Fortbildung liegt beim Bildungsministerium.
Die Regierung kommt nicht hinterher mit dem Einhalten der Kooperationsvereinbarung. Dann kann man sie einfach auch lassen. Sie hat sich verpflichtet, die Kooperationsvereinbarung zu erfüllen, aber diese selbst gestellte Pflicht wird nicht erfüllt, und dann ist es doch besser, ehrlich zu sein, die Vereinbarung zu kündigen, die Jugendoffiziere, die Karriereberater an die Berufsinformationsmessen zu holen, die Vereinigung für Politische Bildung in den Unterricht.