Protocol of the Session on June 10, 2016

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich begrüße Sie zur 122. Sitzung des Landtages. Ich stelle fest, dass der Landtag ordnungsgemäß einberufen wurde und beschlussfähig ist. Die Tagesordnung der heutigen Sitzung liegt Ihnen vor. Wir setzen unsere Beratung vereinbarungsgemäß fort.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 34: Beratung des Antrages der Faktion DIE LINKE – Keine Militarisierung in der Bildung in Mecklenburg-Vorpommern, Drucksa- che 6/5303.

Antrag der Faktion DIE LINKE Keine Militarisierung in der Bildung in Mecklenburg-Vorpommern – Drucksache 6/5303 –

Das Wort zur Begründung hat für die Fraktion DIE LINKE der Abgeordnete Herr Dr. Al-Sabty.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wollten die Bürgerinnen und Bürger, dass nie wieder Krieg von deutschem Boden ausgeht. Es war auch Konsens, dass von Deutschland aus keine Förderung von Kriegen mehr erfolgen sollte.

Die im Grundgesetz verankerte Verpflichtung Deutschlands, dem Frieden der Welt zu dienen, wird systematisch unterlaufen, auch in Mecklenburg-Vorpommern, meine Damen und Herren. Bewaffnete Konflikte und Kriege schaffen weltweit attraktive Märkte für Militär- und Rüstungsgüter. Deutschland befindet sich an der dritten Stelle hinter den USA und Russland im Rüstungsexportgeschäft. Aufträge und Drittmittelforschungsprojekte werden von der Rüstungsindustrie, vom Bundesverteidigungsministerium und der Bundeswehr vergeben.

Heute stehen deutsche Soldaten wieder im Kriegseinsatz. Die deutsche Wirtschaft ist einer der weltweit größten Exporteure von Waffen und Kriegsmaterial auf der Welt. Mit Waffen aus deutscher Produktion werden Kriege geführt, zum Beispiel in der Türkei gegen die Kurden, in Saudi-Arabien gegen Jemen. Seit Monaten führt Saudi-Arabien Krieg gegen das Nachbarland Jemen. Spezialtechnik aus Deutschland wie Handschellen und Schlagstöcke wird zur Folter eingesetzt. Und das geschieht nicht nur in den genannten Ländern, meine Damen und Herren, sondern in vielen anderen mehr.

Kriege haben noch nie Probleme gelöst, sondern bringen immer nur Tod, Verstümmelung und treiben Menschen auf der ganzen Welt in die Flucht. Die Kriegsausgaben bereichern nur einige wenige Unternehmer und Politiker, stürzen aber ganze Völker ins Unglück. Um diesen Wahnsinn zu beenden, muss gehandelt werden. Die Militarisierung in der Bildung des Landes MecklenburgVorpommern muss beendet werden.

(Torsten Renz, CDU: Wo findet die denn statt?)

Die Forschung an den Hochschulen muss ausschließlich dem Frieden dienen. Es dürfen nicht weiterhin Forschungskapazitäten und öffentliche Finanzen für die militärische Forschung verschwendet werden.

(Torsten Renz, CDU: Wie hoch ist denn die Summe, die da fürs Militär eingesetzt wird?)

In Rostock ist eine Zivilklausel in der Grundordnung der Universität verankert, aber es herrscht darüber kein Bewusstsein. In Greifswald hat sich die Universität in ihrem Leitbild verpflichtet, sich für das friedliche Zusammenleben der Menschen und Völker einzusetzen. Es muss sichergestellt werden, dass diese Verpflichtungen auch konsequent umgesetzt werden, meine Damen und Herren. Zwar hat diese Landesregierung die Hochschulautonomie zu achten, aber es gibt Instrumente, um sicherzustellen, dass Forschung mit dem Ziel der militärischen Nutzung abgelehnt wird.

Meine Fraktion fordert deshalb, Zivilklauseln im Landeshochschulgesetz des Landes zu verankern. Die Einhaltung von bestehenden Zivilklauseln kann Bestandteil der Zielvereinbarungen des Landes mit den Hochschulen sein.

(Torsten Renz, CDU: Dann sagen Sie doch mal, wann die Uni Rostock dagegen verstößt!)

Mit diesen Zielvereinbarungen könnten auch Initiativen zur Beförderung von Friedensforschung vorangebracht werden.

(Torsten Renz, CDU: Abenteuerlich!)

Die Hochschulen im Land sind in den letzten Jahren immer abhängiger von öffentlichen oder privat vergebenen Drittmitteln geworden. Das führt zu Kooperationen von staatlichen Hochschulen und Forschungseinrichtungen mit Rüstungsunternehmen. Möglich sind Formen von Auftragsforschung, industriegestiftete Lehrstühle, gemeinsame Institute oder vertraglich geregelte Projekte.

(Torsten Renz, CDU: Sagen Sie doch mal konkret, in welcher Höhe, und stellen Sie das nicht einfach so pauschal in den Raum!)

Sehr geehrte Damen und Herren, durch eine bessere Finanzierung der Hochschulen muss diese Abhängigkeit wieder aufgelöst werden. Außerdem fordern wir auch, dass die Landesregierung Initiativen und Vorhaben zur Beförderung von Friedensforschung und auf diese ausgerichtete Lehre an den Hochschulen und Forschungseinrichtungen immateriell und finanziell unterstützt. Nur wenn das Wissen vorhanden ist, wie Konflikte vermieden und gelöst werden, dann kann dauerhaft Frieden zwischen Staaten und Völkern bewahrt werden. Das dafür eingesetzte Geld würde viel Leid verhindern und wäre auch gut angelegt, um die Ursachen für Flucht und Vertreibung einzudämmen.

Sehr geehrte Damen und Herren, ich gehe davon aus, dass in der Aussprache das Argument zu hören sein wird, dass die Rüstungsforschung und Rüstungsproduktion Arbeitsplätze schafft und Geld in die Steuerkasse spült. Dazu muss ich im Voraus ein paar Gedanken äußern. Menschenleben zu opfern, um Geld zu verdienen, ist inakzeptabel, und für meine Fraktion ist das keine Option.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

DIE LINKE, meine Damen und Herren, ist auch deshalb eine konsequente Friedenspartei, weil Kriege und ihre

Folgen – zum Beispiel humanitäre Hilfe, Aufnahme von Flüchtlingen – Unmassen an Steuergeld verschlingen und weil Menschen in Kriegen radikalisiert werden und sich diese Radikalisierung auch in Europa findet. Das hat in der letzten Zeit viele Menschenleben in Belgien und Frankreich gekostet. Auch deutsche Touristinnen und Touristen sind zum Beispiel in der Türkei und Ägypten gestorben, Bürger aus Greifswald wurden in Istanbul verletzt.

Ein weiterer Schwerpunkt unseres Antrages ist, den Einfluss der Bundeswehr auf die Erziehung der Kinder zu vermeiden. Die Bundeswehr wirbt an den Schulen und in den Kitas für den Beruf der Soldatin oder des Soldaten und zumindest verdeckt für den Einsatz von Kriegswaffen. Die Belastungen bis hin zu Verletzung und Tod werden in den Veranstaltungen gezielt verharmlost. Deshalb fordert meine Fraktion, die Kooperationsvereinbarung zwischen dem Bildungsministerium und dem Wehrbereichskommando I „Küste“ der Bundeswehr zu kündigen. Die Bundeswehr hat, meine Damen und Herren, in Kitas und Schulen wirklich nichts zu suchen.

(Heiterkeit bei Udo Pastörs, NPD)

Wir brauchen keine Soldaten, sondern Fachkräfte, die Mecklenburg-Vorpommern voranbringen

(Stefan Köster, NPD: Vor allem aus Syrien, Afghanistan …)

und das Land weltweit würdig, …

Ruhig, Brauner!

(Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

… weltweit würdig als zivile Fachleute vertreten. Zivilisten schaffen Wohlstand.

Sehr verehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen,

(Udo Pastörs, NPD: Wohlstand muss doch geschützt werden.)

wenn Sie in Zukunft in einem friedlichen und sicheren Mecklenburg-Vorpommern leben wollen, dann stimmen Sie unserem Antrag zu! – Danke schön.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE – Udo Pastörs, NPD: Was für ein Träumer! Was für ein Träumer!)

Im Ältestenrat ist eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 90 Minuten vorgesehen worden. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat zunächst der Minister für Bildung, Wissenschaft und Kultur Herr Brodkorb.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordnete! Auch wenn es mir nach der sanft vorgetragenen Rede von Herrn Al-Sabty etwas schwerfällt, deutlich zu antworten, werde ich mich trotzdem darum bemühen, es zu tun.

Zum wiederholten Mal, Herr Al-Sabty, konfrontiert DIE LINKE das Parlament und die Öffentlichkeit mit einer

Debatte über die Bundeswehr an den Schulen, über Forschung, die sich mit militärischen Fragen beschäftigt.

(Dr. Hikmat Al-Sabty, DIE LINKE: Und mit Recht.)

Zum wiederholten Male, Herr Al-Sabty, finde ich die Art und Weise, wie Sie dies tun, am Ende schäbig

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU – Dr. Hikmat Al-Sabty, DIE LINKE: Das glaube ich nicht.)

und nichts anderes.

(Regine Lück, DIE LINKE: Das ist legitim, dass man so was tut.)

Das fängt schon an, meine sehr verehrten Damen und Herren, mit dem Titel Ihres Antrages.

(Regine Lück, DIE LINKE: Das ist legitim, dass man das unterstellen darf in einer Demokratie.)

Gucken wir uns das mal ganz genau an, was Sie da tun!

(Regine Lück, DIE LINKE: Das hat mit Schäbigkeit überhaupt nichts zu tun.)

Der heißt „Keine Militarisierung in der Bildung in Mecklenburg-Vorpommern“.

(Udo Pastörs, NPD: Das setzt voraus, dass es eine gäbe. Das gibts gar nicht.)