Protocol of the Session on June 9, 2016

(Heinz Müller, SPD: Okay. Okay.)

Als wichtiger sehe ich die Novellierung des FAG an. Aber der Umgang mit dem Zukunftsvertrag ist eben symptomatisch, und das auch für den Umgang der Koalition und der Landesregierung mit den Kommunen.

Ich will das an einigen Punkten verdeutlichen.

Erstens. Insbesondere ist die Frage der kommunalen Finanzausstattung bis heute nicht geklärt, weil sich SPD und CDU innerhalb der Koalition eben auf die angekündigte Reform des FAG nicht einigen konnten. Es soll jetzt 2018 kommen, 2011 war es vereinbart. Da liegen de facto sieben Jahre dazwischen, in denen nichts passiert. Das finde ich bedauerlich.

(Heinz Müller, SPD: Ach, es passiert doch was, Herr Saalfeld.)

Zweitens. Sie ziehen sich auf die Notwendigkeit eines Gutachtens zurück. Sie sagen, da wird doch was gemacht, da wird begutachtet und dann können wir auf Grundlage dieses Gutachtens ein neues FAG aufstellen. Ja, meine sehr geehrten Damen und Herren, das ist alles richtig, gut und schön, aber ich glaube, es hätte auch schneller sein können. Denn dass hier nun drei Jahre lang untersucht wird, das ist vor allem dem Umstand geschuldet, dass es möglichst nicht mehr in dieser Legislatur fertig sein sollte. Sie wissen alle, dass der Landesrechnungshof empfohlen hat: Nehmen Sie doch die Kassenstatistiken – da sind Sie viel schneller fertig – für Ihre Datengrundlage. Das wäre sicherlich ein Punkt gewesen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, immerhin spricht jetzt auch der Kommunalminister Caffier von der

Notwendigkeit einer besseren Finanzausstattung der Kommunen, zumindest tut er das, wie gesagt, auf seinen CDU-Parteitagen kurz vor der Landtagswahl.

(Torsten Renz, CDU: Unseren.)

Was hat er eigentlich die letzten Jahre gemacht, frage ich mich?

(Torsten Renz, CDU: Über 400 Millionen werden den Kommunen zusätzlich zur Verfügung gestellt.)

Ich meine, es ist ja schön, dass die Erkenntnis zumindest am Ende der Legislatur kommt, aber es hätte vielleicht früher kommen können.

Drittens. Sie verkennen die Lage der kommunalen Ebene, denn mit Ihrer Politik des Aussitzens tragen Sie dazu bei, dass in den Kommunen Investitionen auf die lange Bank geschoben werden. Der Erhalt der kommunalen Infrastruktur bleibt auf der Strecke.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, auch die Leistungsfähigkeit im Bereich der sogenannten freiwilligen Leistungen ist immer mehr begrenzt. Leidtragende sind Ehrenamtliche und Vereine, vor allem im Sport, in der Kultur und bei der Jugendförderung.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist doch sicherlich völlig unstrittig, dass wir einen Investitionsstau in den kommunalen Infrastrukturen haben. Das hat der Landesrechnungshof im Übrigen zuletzt in seinem Kommunalfinanzbericht 2015 angemahnt und noch mal verdeutlicht, dass wir hier riesige Probleme haben und dass auch die Hilfsprogramme oder Notpakete, wie ich sie immer nenne, über 410 Millionen Euro das nicht beheben konnten in den vergangenen Jahren. Wir haben weiterhin ein strukturelles Defizit in den Finanzen der Kommunen.

(Präsidentin Sylvia Breitschneider übernimmt den Vorsitz.)

Statt der dringend erforderlichen Verlässlichkeit setzen Sie also auf reine Krisenpolitik ohne langfristige Lösungen. So kann man Ihre Notpakete zusammenfassen. Das ist auch das Gegenteil von nachhaltiger Finanzpolitik, wie ich sie verstehe.

Viertens. Sie ignorieren offensichtlich, dass ein erheblicher Anstieg der kommunalen Kassenkredite zu verzeichnen ist. Diese sind zum Ende des Jahres 2014 immerhin auf einen Rekordwert von 700 Millionen Euro gestiegen. Das ist ein Anstieg in den letzten drei Jahren von etwa 200 Millionen Euro. Das damit verbundene strukturelle Defizit nehmen Sie offensichtlich nicht zur Kenntnis, wenn Sie sagen, alles ist bestens, denn das ist ja wohl die Botschaft vom Auftritt des Innenministers und der Vertreter der Koalition heute gewesen: Alles bestens! Die Zahlen erzählen aber eine andere Geschichte und haben eine andere Botschaft. Die sind bei einem Rekordstand der Schulden in den Kommunen.

Fünftens. Bei der Stadt-Umland-Umlage sind Sie wie ein Tier gesprungen und als klassischer Bettvorleger gelandet. Zur Erinnerung: Im FAG bestand mal eine StadtUmland-Umlage, die durch das Verfassungsgericht in ihrer damaligen Ausgestaltung gekippt wurde. Mit der aufgeschobenen Überarbeitung des Finanzausgleichsgesetzes wird auch die Neuregelung der Stadt-Umland

Umlage vertagt, und zwar bis ins Jahr 2018. Dies ist unverständlich, da eine verfassungskonforme Umsetzung bereits seit April 2013 in der Schublade des Innenministers liegt. Die Städte stellen zusätzliche Leistungen und Infrastruktur für ihr Umland bereit. Ein entsprechender Ausgleich für diese Mehrkosten ist gerechtfertigt und das wird auch im Land noch nicht mal von den Umlandgemeinden bestritten. Das finde ich echt famos! Darüber gibt es eigentlich keinen Streit, aber unsere Zentren werden hier Jahr für Jahr um Beträge von mehreren Millionen – insgesamt gerechnet, kumulativ – gebracht. Und das finde ich nicht gut, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Torsten Renz, CDU: Und der ländliche Raum?)

Und jetzt muss ich noch mal auf die sogenannten Kommunalgipfel der letzten Jahre zu sprechen kommen. Dort wurde nur Krisenpolitik betrieben. Die jüngsten Gipfel sollten Integrationskonzepte zwischen Land und Kommunen voranbringen. Aber was liegt denn nun nach über einem halben Jahr Gipfelei konkret als Ergebnis vor? Nichts! Wo ist denn das Integrationskonzept? Wir hatten es ja als Opposition – LINKE und GRÜNE – mehrfach angemahnt, hatten eine Aussprache dazu, hatten Anträge dazu,

(Peter Ritter, DIE LINKE: So ist es.)

hatten selbst Vorschläge gemacht, wie man das gestalten kann, wie man sich auf den Weg machen kann.

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Dann hieß es: Nee, brauchen wir alles nicht, Landesregierung und Kommunen sind auf einem super Weg. Es gab schon den ersten Flüchtlingsgipfel, es wird noch einen zweiten geben. Der sollte, glaube ich, im April stattfinden, von dem hat man nie wieder was gehört, außer – es gibt ein Ergebnis –: Man hat die Verantwortung weitergeleitet auf den Bund, der solle mal mehr zahlen. Das war der kleinste gemeinsame Nenner, auf den sich das Land zurückgezogen hat.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Enthält sich im Bundesrat zur entsprechenden Entschließung. Das kriegen sie fertig.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich komme daher zum Ende meiner Rede. Das Herz unserer Demokratie schlägt in unseren Kommunen, aber das Herz dieser Großen Koalition schlägt nicht für unsere Städte und Gemeinden. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Reinhardt für die Fraktion der CDU.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! So ein bisschen hat man hier den Eindruck, wenn man den Oppositionsparteien zuhört, es geht um den Streit um des Kaisers Bart.

Herr Saalfeld sprach von Finanzausgleichsleistungen des Landes an die Kommunen von 2,2 Milliarden. Ich glaube, es sind 1,2 Milliarden, Herr Saalfeld. Natürlich, wenn man

die Steuereinnahmen der Kommunen dazunimmt, kommt man auf diese 2,2 Milliarden. Insofern sehen dann die Relationen ja etwas anders aus.

(Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE: Da wird es noch weniger.)

Und wenn Sie behaupten, 410 Millionen sind ein Tropfen auf den heißen Stein, dann weiß ich nicht, ob man das so sagen sollte. Ich finde, das ist durchaus eine beträchtliche Zahl.

Herr Holter!

(Helmut Holter, DIE LINKE: Ja, anwesend! – Heiterkeit bei Udo Pastörs, NPD)

Was man am Ende sagen muss, und das hat Herr Müller auch gesagt: Wenn jetzt Ihre Kritik darin besteht, dass es keinen unterschriebenen Vertrag gibt, der hier dem Landtag vorliegt – das kann man tatsächlich aus der Koalitionsvereinbarung herauslesen, dass das vielleicht unser Ziel gewesen ist –, dann kann man das so hinnehmen und es ist vielleicht auch die Aufgabe der Opposition, darauf hinzuweisen, daraus aber ein Scheitern der Regierungspolitik abzuleiten, finde ich doch sehr vermessen.

Sie haben die Fakten schon gehört vom Innenminister und auch von Heinz Müller. Ich will vielleicht das Wichtigste noch mal wiederholen, worum es geht, wenn wir über die Zukunft der Kommunen reden. Es geht um mehr Geld, es geht um Konsolidierung, es geht aus meiner Sicht auch um Standarderprobung und es geht um das neue FAG.

In allen Feldern sind wir in den letzten fünf Jahren durchaus vorangekommen. Ich will hier noch mal an die 410 Mil- lionen erinnern. Wir haben die 100 Millionen Konsolidierungsfonds, wir haben die 50 Millionen Kofinanzierungsfonds. Sie haben schon gehört, dass dort über 230 Millionen Investitionen ausgelöst sind. Es gab in der Tat zwei Kommunalgipfel. Auch die werden ja von Ihnen immer argwöhnisch beäugt. Nichtsdestotrotz wurden auf dem letzten noch mal 160 Millionen zusätzlich verteilt für die Jahre 2014 und 2017 und wir haben dann auch noch einmal bei dem ersten Kommunalgipfel 100 Millionen zusätzlich. Es sind also insgesamt 410 Millionen zusätzlich in die kommunalen Haushalte geflossen, und das außerhalb des FAGs.

Nun kann man sagen, das ist zu wenig. Das ist durchaus berechtigt. Es gibt sicherlich viele Baustellen auch auf der kommunalen Ebene und es ist sicherlich immer schön, wenn es mehr Geld gibt. Gerade die CDUFraktion hat sich in den letzten fünf Jahren immer dafür eingesetzt, dass, wenn Probleme da sind, die auch gelöst werden und dass die mit zusätzlichem Geld aus dem Landeshaushalt gelöst werden. Wer in unser Wahlprogramm guckt, sieht auch, dass wir das für die nächsten Jahre vorhaben, dass wir weiterhin an der Seite der Kommunen stehen wollen.

(Torsten Renz, CDU: Insbesondere die CDU. – Zuruf von Barbara Borchardt, DIE LINKE)

Insofern kann ich nicht so ganz erkennen, wo Sie ein Scheitern der Regierungspolitik gerade in diesem Feld ausmachen. Das Einzige, was ich am Ende erkennen

kann, ist: Wenn Sie sich so einen Punkt rausgreifen und meinen, weil der Vertrag nicht vorliegt, ist die Regierungspolitik gescheitert, dann ist aus meiner Sicht nur eins gescheitert, und das ist Ihre Oppositionspolitik. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU und Heinz Müller, SPD)

Vielen Dank, Herr Reinhardt.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Pastörs für die Fraktion der NPD.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube, es ist nicht übertrieben festzustellen, dass die noch amtierende Landesregierung die kommunale Selbstverwaltung kaputt gemacht hat. Beeindruckend sind die Zahlen, die das belegen, und da helfen dann auch das Beschwichtigen und das Schönreden von Herrn Caffier und von Herrn Heinz Müller als Genosse sehr, sehr wenig. Denn sie beide sind nach dem Prinzip verfahren einer typischen SPD-CDUPropaganda: ein Drittel Wahrheit, ein Drittel Verschleierung und ein Drittel faustdicker Lügen

(Heiterkeit bei Ministerpräsident Erwin Sellering)

in der Hoffnung, dass die Menschen, die Wählerinnen und Wähler, das draußen nicht erkennen, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Johannes Saalfeld, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Und Sie verzichten auch noch auf die eigene Wahrheit.)