Meine Damen und Herren, wenn es hierzu noch eines weiteren Beweises bedarf, dann verweise ich auf die Landtagsdrucksache 6/4177. Vor fast einem Jahr wurde mein Kollege, mein geschätzter Kollege Peter Ritter, etwas unruhig.
über eine Kleine Anfrage erneut nach dem Verhandlungsstand über den Zukunftsvertrag nachgefragt. Sie sehen auch hieran, dieses zentrale Koalitionsvorhaben hatte die volle Aufmerksamkeit meiner Fraktion. In der
Beantwortung dieser Fragen zum konkreten Verhandlungsstand gelingt der Landesregierung wirklich ein verbales Meisterstück, denn der Begriff „Zukunftsvertrag“ wurde nicht ein einziges Mal ausgesprochen.
Wer sein Regierungsprojekt vor der Öffentlichkeit versteckt, wer es totschweigen möchte, der hat selbst erkannt, dass er vor den Trümmern seiner eigenen Politik steht.
Meine Damen und Herren, seit Juli 2015 hat sich also die Landesregierung von ihrer Koalitionsvereinbarung verabschiedet. Der Zukunftsvertrag ist tot. Es lebe eine sogenannte „Rahmenvereinbarung“! Diese Rahmenvereinbarung sollte „einer prozesshaften Entwicklung unterliegen“. Man kann auch sagen, sie ist sporadisch oder sprunghaft. Diese Vereinbarung sollte keinen konkreten Inhalt haben, jedenfalls nichts, was haushaltsrelevant wäre. Die Vereinbarung sollte „keine konkreten Vorhaben“ beinhalten, außer der Feststellung, dass „Haushaltskonsolidierung eine ständige Herausforderung … bleibt“ – alles nachzulesen in der schon genannten Drucksache.
Meine Damen und Herren, diese Rahmenvereinbarung sollte nach der Sommerpause unterzeichnet werden – nach der Sommerpause 2015. Es spricht also alles dafür, dass auch diese Vereinbarung gestorben ist. In diesem Fall möchte ich das Scheitern aber ausdrücklich begrüßen. Eine Vereinbarung ohne Inhalt, ohne Vorhaben, also ohne Sinn und Verstand braucht niemand, meine Damen und Herren.
DIE LINKE betrachtet den politischen Alltag, das politische Geschäft nicht blauäugig. Ich verkenne selbstverständlich nicht, dass ein Vertrag vertragsbereite Partner voraussetzt, dass ein Vertrag geradezu von Kompromissen lebt, die er dann ja auch verbindlich im Ergebnis festschreiben will. Genau hier beginnt die Kunst der Politik und das gilt auch für einen Zukunftsvertrag. Hier sorgt Ziffer 326 des Koalitionsvertrages selbst für einen holprigen Start von Verhandlungen, wenn die längst politisch verkauften Fonds für Konsolidierung und Kofinanzierung als Vertragsbestandteil definiert werden. Mit ergebnisoffenen Verhandlungen hat dies alles wenig zu tun.
Meine Damen und Herren, die Koalitionsregierung weigert sich bis heute, den gescheiterten Zukunftsvertrag öffentlich und erhobenen Hauptes zu Grabe zu tragen. Ich bin gespannt auf das, was der Innenminister und die Koalitionsrednerinnen und -redner hier vortragen werden. Die Koalition bemüht sich vielmehr klammheimlich, dieses Projekt unter dem Rest einer Rahmenvereinbarung zu verscharren. Und selbst über dieser Vereinbarung kreisen inzwischen die Geier.
Und dennoch meine ich, dass dieser gescheiterte Zukunftsvertrag hervorragend geeignet ist, die Regierungspolitik der letzten fünf Jahre konkret und übergreifend zu bilanzieren.
Daher gestatten Sie mir dazu, meine Damen und Herren, abschließend drei Anmerkungen: Erstens, der geschei
terte Zukunftsvertrag ist Ergebnis und Ausdruck eines Politikstils der Koalition gegenüber der Opposition, der weitgehend von Überheblichkeit und Arroganz geprägt war. Sie, die CDU, Herr Renz, würden sagen: Diktatur der Mehrheit. Im Rahmen unseres bereits zitierten ersten Antrages zu diesem Thema
hatte meine Kollegin Jeannine Rösler eine konstruktive Mitarbeit der Opposition angeboten. Ich kann mich noch ganz gut erinnern an Diskussionen, bei denen auch verschiedene Vertreter dieser Parteien anwesend waren, wo wir 2011 genau über den Zukunftsvertrag diskutiert haben. Damals, nachdem Frau Rösler das angekündigt hatte, war es für Herrn Müller viel zu früh, für Herrn Heinz Müller viel zu früh und für Herrn Marc Reinhardt dagegen zu spät, denn die Verhandlungen hätten ja längst begonnen, Herr Reinhardt.
Und Herr Reinhardt führte dazu das Stück vom Hasen und Igel auf: Ick bin all hier. Ich empfehle Ihnen, lieber Herr Reinhardt, heute vielleicht besser die Rolle des Pinocchio einzunehmen.
(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE und Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ja.)
die möglichen Vertragspartner, Städte- und Gemeindetag sowie der Landkreistag, haben umfangreiche Überlegungen zu möglichen Vertragsinhalten erarbeitet. Sie sind zumindest unserer Fraktion, aber, ich denke, auch den anderen Fraktionen bekannt. Für beide Verbände steht außer Zweifel, dass ein Zukunftsvertrag über die laufende Legislatur hinaus wirken müsste. Namentlich der Städte- und Gemeindetag hat sich mit Schreiben vom 30. Januar 2012 an das Innenministerium gewandt. Aus diesem …
Ich darf aus diesem Schreiben zitieren: „Wegen der zeitlichen Ausrichtung sollte versucht werden, eine Verständigung über die wesentlichen Punkte des Zukunftsvertrages mit den demokratischen Fraktionen herbeizuführen.“ Hierzu nicht einen einzigen Versuch unternommen zu haben, meine Damen und Herren, das nenne ich Arroganz der Macht. Das Ergebnis liegt vor uns.
Der gescheiterte Zukunftsvertrag ist zweitens Ergebnis und Ausdruck einer Arroganz der Landesregierung ge
Der erste Antrag meiner Fraktion, meine Damen und Herren, zu diesem Thema enthält unter Punkt 3 folgende Forderung, ich darf zitieren: „Über Elemente und konzeptionelle Grundstrukturen eines solchen Zukunftsvertrages unterrichtet die Landesregierung den Landtag, um diese Verhandlungsergebnisse den Beratungen zum Doppelhaushalt 2012/2013 zugrunde legen zu können.“ Ende des Zitats. Für den Städte- und Gemeindetag stand im oben genannten Schreiben außer Zweifel, dass ein solcher Vertrag ins parlamentarische Verfahren gehört.
Meine Damen und Herren, dieser Landtag kennt bis auf den heutigen Tag weder Bestandteile noch Strukturen eines Zukunftsvertrages. Na ja, und heute wäre ein solches Angebot ohnehin nur noch Leichenfledderei.
Meine Damen und Herren, diesen das Parlament meidenden Politikstil hat die Landesregierung dann auf dem Gebiet der Kommunalpolitik zur Regel werden lassen. Ich darf hier den Kommunalgipfel am 7. März 2013 und den zweiten Kommunalgipfel am 19. März 2014 erwähnen. Hier durfte der Landtag nachträglich abnicken, was in der Staatskanzlei ausgekungelt wurde. Insbesondere die Vereinbarung,
insbesondere die Vereinbarung zwischen Landesregierung und kommunalen Landesverbänden vom 19. Februar 2014, wiederum ohne Mitwirkung des Landtages, stieß öffentlich auf scharfe Kritik,
Meine Damen und Herren, diese Vereinbarung war in der Tat das Gegenteil eines Zukunftsvertrages, denn jetzt wurde Schweigen mit Geld erkauft und Stagnation alimentiert.
Meine Damen und Herren, wenn das prägende Merkmal der Kommunalpolitik der 5. Wahlperiode nach allgemeiner Auffassung Sprachlosigkeit war, dann wird diese Legislatur letztlich geprägt sein von Tatenlosigkeit.
Das heißt ausdrücklich nicht Faulheit. Ganz im Gegenteil, ich will hier erwähnen, dass der Innenminister Ämterbereisungen durchgeführt hat, dass es ausgiebige Verhandlungen um ein FAG-Gutachten gegeben hat. Aber man wird beim besten Willen den Eindruck nicht los, dass sehr, sehr viel unternommen wurde, um in dieser Legislatur nichts tun zu müssen. Wäre hier ein Zukunftsvertrag