Protocol of the Session on June 9, 2016

Einen Moment, bitte!

(Julian Barlen, SPD: Ganz schlimm ist das!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich möchte Sie bitten,

(Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE: Ich bin ja auch gegen die Schließung, aber das ist einfach rufschädigend.)

in der Debatte aufgrund der Ernsthaftigkeit des Themas, dass hier wieder Ruhe einkehrt in den Saal und Sie bitte der Rednerin folgen.

(Egbert Liskow, CDU: Nein, nein! – Heiterkeit bei Wolf-Dieter Ringguth, CDU – Zurufe von Bernd Schubert, CDU, und Udo Pastörs, NPD)

Und ich möchte vom Präsidium aus die Rednerin hören. Das heißt also, dass Sie Ihre Zwischenbemerkungen

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

und Ihre Zwischenrufe wirklich auf ein Mindestmaß reduzieren.

Bitte schön, Frau Gajek, Sie haben das Wort.

Ja, danke.

Also Herr Dr. Crusius hat das in seiner Stellungnahme geschrieben. Die Protokolle liegen noch nicht vor, haben wir ja erfahren, aber es ist nachzulesen. Wie gesagt,

diese Zahlen müssen benannt werden, müssen auch diskutiert werden. Und es stellt sich natürlich auch die Frage der Entfernung.

Ich denke, eins wird hier deutlich, nämlich die weitere Pathologisierung von Geburten ist letztendlich schädlich.

(Zuruf von Torsten Renz, CDU)

Wir haben uns als Bündnisgrüne schon lange für die dezentrale Geburtshilfe ausgesprochen und wir haben eben auch konkrete Vorschläge gemacht.

Herr Barlen, das muss man der Wahrheit halber auch dazusagen, dass insbesondere wir hier seit Jahren da dran sind, dezentrale Strukturen vorzuhalten. Eine Möglichkeit wäre gewesen, dort ein interdisziplinäres Zentrum aufzubauen für Mütter und Kinder und vielleicht auch noch mit Beratung. Das ist nicht verfolgt worden und das muss man einfach mal zur Kenntnis nehmen.

Sie haben mehrheitlich entschieden, Sie setzen den Grundsatz von Konzentration und Kooperation um. Frau Hesse hat in ihrem Abschlusssatz vorhin gesagt – und da bin ich einfach erschrocken –, das einfach so hinzunehmen. Das Knie, die Hüfte, das Herz, das kann ich natürlich professionalisieren, spezialisieren, aber eine Entbindung ist anders zu betrachten. Es ist doch nicht jedes Kind, was stürzt, pathologisiert. Also ich bitte einfach, die Regelversorgung von der Spezialisierung abzutrennen.

(Zuruf von Bernd Schubert, CDU)

Und nun haben wir diese Konzentration von Fachbereichen

(Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

im Sinne von „nicht jeder soll alles tun“ geschafft. Gut gehende Stationen wurden dichtgemacht und Wolgast war die Geburtsstation mit den wenigsten Kaiserschnitten. Natürlich, auf Antrag des Krankenhausträgers – das schafft auf jeden Fall Vertrauen beim geneigten Patienten oder der Patientin,

(Udo Pastörs, NPD: Besonders bei den Patienten, wenn die gebären.)

eben besonders bei den Frauen, die sich im Zweifel in einer Art Ausnahmezustand befinden. Bleibt uns als Opposition jedenfalls zu hoffen, dass nicht weitere Versorgungsbereiche, also Stationen – ich rede jetzt nicht von Häusern –, Stationen, deren DRGs auch so unterirdisch sind wie die in der Geburtshilfe oder Pädiatrie, abgestoßen werden. Dann konzentrieren wir nämlich nur noch die Fachbereiche, die für die Träger interessant sind. Wer genau muss eigentlich die stationäre Versorgung sicherstellen? Hoffentlich haben die Landkreise und kreisfreien Städte einen Plan B in der Tasche.

Wo genau ist nun aber der Nachsatz „Kooperation“ geblieben? Das war ja der zweite Punkt der Entwicklung in der stationären Gesundheitsversorgung. Welche Klinik kooperiert mit welcher, oder gibt es da tatsächlich Abhängigkeiten? Natürlich nicht! Wer eine Unimedizin im Nacken sitzen hat, wird selbstverständlich freiwillig und aufgrund eigener Abwägung einer Umstrukturierung zu- stimmen.

Besonders spannend fand ich allerdings noch einen Aspekt, den ich bisher viel zu wenig gehört habe, auch von Frau Hesse. Wie kooperiert eigentlich der Bereich der Vertragsärzte mit den Krankenhäusern in dieser Planungs- oder soll ich sagen Bedarfsregion? Das Ministerium nutzt, so heißt es in der Antwort auf unsere Kleine Anfrage, „ein Landesgremium für sektorenübergreifende Versorgungsfragen“. Abgesehen davon, dass wir viel zu lange auf dieses 90a-Gremium warten mussten, habe ich von dort nichts über die Versorgungsgestaltung der Frauen und Kinder in der Region gehört. Dort genau könnte eine Modellversorgungsregion doch wohl in direkter Zusammenarbeit längst umgesetzt werden. Und das haben wir des Öfteren gefordert, nicht erst seit heute.

Wir warten in Strukturfragen und Qualitätsfragen offenbar wieder, bis der Bund uns durch seinen G-BA drängt, tätig zu werden. Warum steuern wir nicht endlich selbst? Wolgast wäre die Chance gewesen, Frau Hesse. Wir können, so sagen Sie, nicht zurückrudern. Ja, jetzt ist es möglicherweise zu spät, aber wir haben schon im Januar den Antrag gestellt. Eine schnelle Lösung soll also nicht stattfinden, aber wir können nachbessern. Dazu gehört eine für die Menschen vor Ort transparente Kooperation der Sektoren „ambulant“ und „stationär“, und mir reicht der Entschließungsantrag von Ihnen nicht. Wir wollen unbedingt das Wahlrecht der Frauen, wo und in welcher Einrichtung oder welchem Ort sie ihre Kinder zur Welt bringen, umgesetzt sehen.

(Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

Insofern sehe ich die Bürgerinitiative für Wolgast als von Ihnen abgelehnt, aber nicht gescheitert. Sie ist vielmehr der zwingende Ideengeber und Forderer für diese Versorgungsregion. Ihnen mag das nicht schwerfallen. Wir brauchen die Menschen im ländlichen Raum, brauchen neue Konzepte, und Kooperationen sollen ein Weg sein.

(Zuruf von Julian Barlen, SPD)

Natürlich haben wir die Enquetekommission gehabt, aber vorher wurden Tatsachen geschaffen, Herr Barlen. Das ist eine vertane Chance. Ich werbe dafür, das zurückzuholen. Wir wollen auch Ergebnisse sehen, nicht nur in Gremien. Nehmen Sie wenigstens – wenn schon nicht unsere Kritik –

(Zurufe von Julian Barlen, SPD, Egbert Liskow, CDU, und Udo Pastörs, NPD)

die Chancen an, die sich Ihnen bieten!

Ich beantrage die namentliche Abstimmung für Ziffer I, und Ziffer II wird normal abgestimmt.

(Egbert Liskow, CDU: Darauf haben wir gewartet.)

Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort hat der Abgeordnete Herr Heydorn von der SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete!

Frau Gajek, ich habe Schwierigkeiten, Ihren Ausführungen zu folgen.

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU, und Beate Schlupp, CDU: Nicht nur Sie.)

Das war ein derartiges Kraut-und-Rüben und ein Hin- und Herspringen

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das stimmt doch überhaupt nicht!)

zwischen den unterschiedlichsten Bereichen, zwischen ambulant und stationär und dann Geburten und dann Ideengeber.

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Dann haben Sie nicht zugehört in der Anhörung, mein Lieber!)

Ich habe mir die Frage gestellt – letzte Ausführungen –: Bürgerinitiative als Ideengeber?

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Es gibt Vorschläge.)

Also wenn ich die Bürgerinitiative richtig verstanden habe, besteht die Idee darin, alles wieder so zu machen, wie es vorher gewesen ist.

(Stefanie Drese, SPD: Alles bleibt beim Alten. – Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ja, das ging doch nach wie vor danach weiter, und das war unser Vorschlag. Man biegt sich das immer so hin, wie man will, Mann!)

Wo das jetzt neu und innovativ ist, das ist für mich nicht so richtig zu erkennen, wo das Neue und Innovative da drin ist, wenn man sagt, wir machen alles wieder so, wie es vorher gewesen ist. Aber „neu“ und „innovativ“ sind auch Lieblingsworte von Ihnen, die kommen in jedem Satz fast dreimal vor.

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Es ist nicht einmal „innovativ“ drin gewesen.)