Protocol of the Session on March 14, 2012

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Herr Saalfeld.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Lassen Sie mich zunächst feststellen, dass in den vergangenen Monaten die Probleme der Städte und Gemeinden sowie der neuen Kreise nicht weniger geworden sind, sondern ganz im Gegenteil zugenommen haben. Die Umsetzung der Kreisgebietsreform knirscht an allen Ecken und Enden.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Sehr richtig.)

Die strukturellen Haushaltsdefizite bestehen unvermindert fort. Die Einführung der neuen kommunalen Haushaltsrechnung belastet die kommunalen Verwaltungen sowie die vielen ehrenamtlichen Gemeindevertreter. Die notwendige Harmonisierung der Hebesätze wird nicht angegangen. Die Theater- und Orchesterkrise spitzt sich immer weiter zu und die kürzlich gekippte Stadt-UmlandUmlage reißt bei den Städten Löcher in die Haushalte.

Es zeigt sich, dass die Landesregierung in den vergangenen Wochen und Monaten nicht in der Lage war, die Probleme der Kommunen und Kreise kooperativ und konstruktiv abzuarbeiten. Ganz im Gegenteil wurde durch handwerkliche Fehler (Stichwort: Stadt-Umland-Umlage) oder durch unverrückbare Top-down-Vorgaben der Landesregierung (Stichwort: Einfrieren der Theater- und Orchesterförderung) die angespannte Situation vor Ort weiter verschärft. Vieles wird von der Landesregierung auf die lange Bank geschoben oder ist handwerklich schlecht vorbereitet und umgesetzt.

Auch bei der Altfehlbetragsumlage ist berechtigter Zweifel angezeigt, ob diese Umlage eine verfassungsrechtliche Prüfung übersteht. Wir GRÜNEN glauben nicht daran.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Sehr richtig.)

Gerade vor dem Hintergrund des aktuellen Urteils des Landesverfassungsgerichtes zur Stadt-Umland-Umlage müssen hohe Anforderungen an das Regelwerk gestellt werden, wenn es sich um einen Eingriff in Selbstverwaltungsrechte einer Gemeinde handelt. Auch in der aktuellen Regelung ist möglicherweise der interkommunale Gleichbehandlungsgrundsatz nicht ausreichend ausgestaltet worden. Eine Klärung und abschließende Bewertung kann jedoch nur die Judikative treffen.

Gleichwohl halten wir Grünen die Idee der Altfehlbetragsumlage für richtig. Wir brauchen Entscheidungen im Interesse der Gemeinden und Kreise. Mit Blick auf das zukünftige Zusammenwachsen der neuen Landkreise wäre es falsch, nur einen Teil der Gemeinden innerhalb der Kreise per Umlage für Schulden des Altkreises zu belasten. Dies würde zu ungleichen Entwicklungsvoraussetzungen innerhalb eines Kreises führen und möglicher- weise Strukturverwerfungen nach sich ziehen.

Keine Bürgerin und kein Bürger kann glaubhaft von der Leistungsfähigkeit unseres politischen Systems überzeugt werden, wenn in nebeneinanderliegenden Kommunen über Jahrzehnte unterschiedlichste Entwicklungschancen vorherrschen. Das widerspräche auch dem Solidaritätsgedanken zwischen den Kommunen eines Kreises. Gleichwohl sehen wir Bund und Land in Verantwortung gegenüber den Kommunalfinanzen. Die jetzt beantragte Streichung der Altfehlbetragsumlage löst aber das Problem der Schulden auch nicht und würde die Kreise mit ihren Problemen alleine lassen. Stattdessen brauchen wir eine umfangreiche neue Regelung – ich hatte es letztens schon erklärt –, auch mit einer Öffnungsklausel, um maßgeschneiderte Lösungen vor Ort zu ermöglichen.

(Vizepräsidentin Regine Lück übernimmt den Vorsitz.)

Deswegen lehnen wir den Antrag der LINKEN ab und warten auf eine juristische Bewertung dieser Regelung durch das Landesverfassungsgericht. Vermutlich werden wir dann noch mal in einem neuen Gesetzgebungsverfahren hier bessere Regelungen finden.

Im Übrigen möchte ich in diesem Zusammenhang auf ein praktisches Problem der bisherigen Regelung hinweisen: Bei der Verabschiedung von Haushaltssatzungen, die auch eine Altfehlbetragsumlage enthalten, würden bis zu 20 Prozent der jeweiligen Kreistagsmitglieder befangen sein und dürften nicht an der Abstimmung teilnehmen,

weil sie Bürgermeister in den betroffenen Gemeinden sind. Das kann nun auch nicht Sinn der Übung sein und zeigt nochmals deutlich, dass die bisherige Regelung die Verantwortung zu sehr auf die Seite der Kreise und Gemeinden verlagert hat. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Peter Ritter von der Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Reinhardt hat festgestellt, dass es bei ihm nicht zu einem Erkenntnisgewinn gekommen ist zu diesem Gesetzentwurf, der hier vorliegt und der zur Beratung ansteht. Wie soll es auch zu einem Erkenntnisgewinn kommen, wenn man sich der Kenntnisgewinnung verweigert und einer Überweisung des Gesetzentwurfes in den Innenausschuss widerspricht und sich damit einer Diskussion nicht stellt?

Aber Sie haben recht, es hat zu dem anderen Gesetz, welches Grundlage ist für unseren heutigen Gesetzentwurf, eine Anhörung gegeben, nämlich zum Kreisstrukturreformgesetz. Aber auch die Anhörung, die dort stattgefunden hat, hat offensichtlich bei Ihnen nicht zu einem Erkenntnisgewinn geführt, denn wenn es so gewesen wäre, Herr Reinhardt, dann wäre es nicht zu der Regelung im Gesetz gekommen.

Ich erinnere an die Ausführungen in der Anhörung zum Kreisstrukturgesetz beziehungsweise Landkreisneuordnungsgesetz. Dort wurde die Einführung der Altfehlbetragsumlage durchgehend von nahezu allen Anzuhörenden abgelehnt. „Die Auffassung des Städte- und Gemeindetages“, ich zitiere jetzt mal aus der Begründung zu unserem Gesetzentwurf, „Die Auffassung des Städte- und Gemeindetages Mecklenburg-Vorpommern, wonach diese Regelung einer verfassungsrechtlichen Überprüfung nicht standhalten dürfte …, wurde von zahlreichen Anzuhörenden geteilt. Ein Antrag, aufgrund verfassungsrechtlicher Bedenken auf die Einführung einer Altfehlbetragsumlage zu verzichten, fand jedoch keine parlamentarische Mehrheit...“

Also es hat genügend kritische Hinweise gegeben, es hat genügend Warnungen gegeben bezüglich dieser Altfehlbetragsumlage – allein Sie haben sie ignoriert. Und sich dann hier hinzustellen und zu behaupten, es gäbe keine neuen Erkenntnisse, das ist nicht zielführend, weil Sie verhindern Anhörungen zu einem Gesetzentwurf und Sie registrieren die Ergebnisse, die in einer Anhörung zu einem anderen Gesetzentwurf gemacht worden sind, einfach und sagen, das ist halt so.

Natürlich haben wir ein Problem, Herr Müller, ist doch völlig klar. Und dieses Problem ist auch nicht zu lösen mit der Frage, ja was wäre denn, wenn es keine Kreisgebietsreform gegeben hätte, denn dann hätte es auch diesen Gesetzentwurf mit diesen Paragrafen nicht gegeben.

(Helmut Holter, DIE LINKE: Sehr richtig.)

Also insofern kann man diese Frage so überhaupt nicht stellen, Herr Reinhardt.

(Zuruf von Marc Reinhardt, CDU)

Eine Möglichkeit wäre natürlich – um auch die Debatte der GRÜNEN aufzugreifen, wir brauchen eine neue Regelung –, zunächst über ein Schuldenmoratorium nachzudenken. Aber bevor wir über eine neue Regelung nachdenken, müssen wir die alte Regelung erst einmal kippen. Das ist Anlass unseres Gesetzentwurfes. Wenn Sie den nicht mittragen wollen, bleibt nur noch zu sagen, wir sehen uns nach Greifswald wieder, und für die Regierung alles Gute für die nächste Auseinandersetzung vor dem Verfassungsgericht. Ich glaube, das wird die nächste Ohrfeige sein, die sich der Innenminister dort abholt. – Danke schön.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Einzelberatung über den von der Fraktion DIE LINKE eingebrachten Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Neuordnung der Landkreise und kreisfreien Städte des Landes Mecklenburg-Vorpommern (Landkreisneuordnungsgesetz) auf

Drucksache 6/165.

Ich rufe auf die Artikel 1 und 2 sowie die Überschrift in der Fassung des Gesetzentwurfes. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. – Gegenprobe. – Danke. Damit sind die Artikel 1 und 2 sowie die Überschrift in der Fassung des Gesetzentwurfes der Fraktion DIE LINKE bei Zustimmung von der Fraktion DIE LINKE und der Fraktion der NPD abgelehnt mit den Gegenstimmen der Fraktion der SPD, der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Somit ist der Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 6/165 abgelehnt.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 6: Erste Lesung des Gesetzentwurfes der Landesregierung – Entwurf eines Gesetzes zum Staatsvertrag über die Gründung der Gemeinsamen Klassenlotterie der Länder, Drucksache 6/362.

Gesetzentwurf der Landesregierung Entwurf eines Gesetzes zum Staatsvertrag über die Gründung der GKL Gemeinsame Klassenlotterie der Länder (GKL-Staatsvertragsgesetz – GKL-StVG M-V) (Erste Lesung) – Drucksache 6/362 –

Das Wort zur Einbringung hat die Finanzministerin Frau Polzin.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! In Deutschland wurden Klassenlotterien bisher von zwei Anstalten des öffentlichen Rechts veranstaltet. Mecklenburg-Vorpommern ist eines von zehn Trägerländern der Nordwestdeutschen Klassenlotterie, der NKL, und dann gibt es, wie Sie wissen, noch die Süddeutsche Klassenlotterie, die SKL. Diese regionale Aufteilung soll nun aufgehoben werden.

Die Gemeinsame Klassenlotterie, die GKL, soll durch Fusion der beiden bisherigen entstehen. Diese Fusion wird notwendig, da der erste Glücksspieländerungsstaatsvertrag vorsieht, dass Klassenlotterien künftig nur noch von einer von allen Ländern gemeinsam getrage

nen Anstalt des öffentlichen Rechts veranstaltet werden dürfen.

Mit dem Ihnen vorliegenden Gesetz soll nun der Staatsvertrag zur Gründung der Gemeinsamen Klassenlotterie in Landesrecht überführt werden. Mit dem Staatsvertrag errichten die sechzehn Vertragsländer in gemeinsamer Trägerschaft eine rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts unter der Bezeichnung „Gemeinsame Klassenlotterie der Länder“, die ab 1. Juli 2012 die ordnungsrechtliche Aufgabe der Länder zur Sicherstellung eines ausgewogenen Glücksspielangebots durch einheitliche Veranstaltung von staatlichen Klassenlotterien wahrnehmen soll.

Künftig werden Klassenlotterien ausschließlich und bundesweit einheitlich von der GKL veranstaltet. Dadurch wird eine konsequente Ausrichtung des staatlich organisierten Glücksspielangebotes an den Zielen des Glücksspielstaatsvertrages beziehungsweise der Glücksspielgesetze der einzelnen Länder erleichtert und durch den Abbau von Mehrfachstrukturen werden die Transparenz gegenüber den spielinteressierten Bürgerinnen und Bürgern sowie die Effizienz bei der Aufgabenerfüllung gesteigert.

Die GKL soll mit einem Nettovermögen in Höhe von 25 Millionen Euro ausgestattet werden. Die Unternehmensbewertungen von NKL und SKL haben ergeben, dass die einzubringenden Anteile am Nettovermögen durch die Unternehmenswerte gedeckt sind. Belastungen für den Haushalt sind daher nicht zu erwarten. – Ich bitte um Überweisung und entsprechende Beschlussfassung in den Ausschüssen.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Im Ältestenrat wurde vereinbart, eine Aussprache nicht vorzusehen. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen.

Der Ältestenrat schlägt vor, den Gesetzentwurf der Landesregierung auf Drucksache 6/362 zur Beratung an den Finanzausschuss zu überweisen. Wer stimmt diesem Überweisungsvorschlag zu? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist der Überweisungsvorschlag mit den Stimmen der SPD, der CDU, der LINKEN, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN bei Gegenstimmen der NPD angenommen.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 7: Erste Lesung des Gesetzentwurfes der Landesregierung – Entwurf eines Gesetzes zum Staatsvertrag über die Veranstaltung von digitalen terrestrischen Hörfunkprogrammen durch den Norddeutschen Rundfunk vom 02.02.2012, Drucksache 6/363.

Gesetzentwurf der Landesregierung Entwurf eines Gesetzes zum Staatsvertrag über die Veranstaltung von digitalen terrestrischen Hörfunkprogrammen durch den Norddeutschen Rundfunk (NDR- Digitalradio-Staatsvertrag) vom 02.02.2012 (Erste Lesung) – Drucksache 6/363 –

Das Wort zur Einbringung hat der Ministerpräsident Herr Erwin Sellering.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Entwurf für einen Digitalradio-Staatsvertrag, der Ihnen vorliegt, ist knapp bemessen, besteht nur aus zwei Paragrafen, deshalb: kurzer Vertrag – kurze Rede. Dabei ist mir selbstverständlich bewusst, dass man das Thema, um das es in dem Vertrag geht, die Einführung von DAB+ in Mecklenburg-Vorpommern, durchaus zurückhaltend sehen kann, wird auch von manchen zurückhaltend gesehen. Aber gerade wegen dieser Vorbehalte werbe ich dafür, dass wir uns das einfach ganz pragmatisch und sachlich anschauen.

Digitalradio gibt es seit etwa 20 Jahren. Digitalradio konnte sich in Mecklenburg-Vorpommern während dieser Zeit nicht flächendeckend durchsetzen und etablieren. Das hängt natürlich damit zusammen, dass die Haushalte im Land mit UKW-Empfangsgeräten gut ausgestattet sind, von der Stereoanlage im Wohnzimmer über den Radiowecker bis zum Autoradio. Es ist wohl klar, dass das Digitalradio auf lange Zeit ein ergänzendes Angebot bleiben wird.

Jetzt wurde im Jahr 2011 ein neuer Anlauf mit einer weiterentwickelten Version DAB+ gestartet. Dazu wurden erstmals bundesweite Frequenzen ausgeschrieben, auf denen öffentlich-rechtliche und private Anbieter dann ihre Programme ausstrahlen. Diese bundesweiten Programme werden seit dem 16. Dezember letzten Jahres auch über die Schweriner Frequenz ausgesendet. Jetzt möchte der NDR außerdem seine eigene regionale Frequenz für ein eigenes Angebot nutzen. Um die Beauftragung genau dieses Angebotes geht es hier heute. Das muss über einen Staatsvertrag geregelt werden.

Aus Sicht der Landesregierung ist es vernünftig, dass wir für dieses ganz kleine besondere Problem einen eigenen Staatsvertrag machen und das nicht etwa mit dem NDRStaatsvertrag verbinden, denn wir wissen aus der Erfahrung, wer an einem Faden zieht, der hat beim NDRStaatsvertrag gleich das ganze Knäuel in der Hand und das zu entwirren, ist immer nicht ganz einfach.