Wer dem Gesetzentwurf im Ganzen entsprechend der Beschlussempfehlung des Europa- und Rechtsausschusses auf Drucksache 6/421 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. – Danke. Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Damit ist der Gesetzentwurf entsprechend der Beschlussempfehlung des Europa- und Rechtsausschusses auf Drucksache 6/421 mit den Stimmen der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Gegenstimmen der Fraktion der NPD angenommen.
In Ziffer II empfiehlt der Europa- und Rechtsausschuss, einer Entschließung zuzustimmen. Wer der Ziffer II der Beschlussempfehlung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. – Gegenprobe. – Stimmenthaltun
gen? – Damit ist die Ziffer II der Beschlussempfehlung des Europa- und Rechtsausschusses auf Drucksache 6/421 mit den Stimmen der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Gegenstimmen der Fraktion der NPD angenommen.
Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 5: Zweite Lesung und Schlussabstimmung des Gesetzentwurfes der Fraktion DIE LINKE – Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Neuordnung der Landkreise und kreisfreien Städte des Landes Mecklenburg-Vorpommern, Drucksache 6/165.
Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Neuordnung der Landkreise und kreisfreien Städte des Landes Mecklenburg-Vorpommern (Landkreisneuordnungsgesetz – LNOG M-V) (Zweite Lesung und Schlussabstimmung) – Drucksache 6/165 –
In der 5. Sitzung des Landtages am 14. Dezember 2011 ist die Überweisung dieses Gesetzentwurfes in die Ausschüsse abgelehnt worden. Gemäß Paragraf 48 Absatz 3 der Geschäftsordnung des Landtages wird der Gesetzentwurf spätestens nach drei Monaten zur Zweiten Lesung auf die Tagesordnung gesetzt.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir entscheiden heute darüber, ob die politisch und rechtlich hoch umstrittene Altfehlbetragsumlage aufgehoben wird oder nicht. SPD und CDU hatten die Altfehlbetragsumlage im Rahmen der Kreisgebietsreform eingeführt als eine Art Nachholung der früher angeblich zu gering erhobenen Kreisumlage. So steht es jedenfalls in der Gesetzesbegründung. Weitere Ausführungen finden sich hierzu nicht.
(Heinz Müller, SPD: Das ist unwahr, Frau Rösler. Das ist unwahr. – Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)
Auch wurden Fragen der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes bei einer nachträglichen Umlageerhebung oder der Vereinbarkeit dieser Umlage mit Prinzipien der Systemgerechtigkeit beziehungsweise des Finanzausgleichs durch den Gesetzgeber weder gestellt noch untersucht oder gar begründet beantwortet. Keine Untersuchungen gab es zur wirtschaftlichen und sozialen Lage, zu den besonderen Belastungen in den ländlich peripheren Regionen, keine Untersuchungen zu den langjährigen Auswirkungen bundesgesetzlicher Entscheidungen auf die kommunalen Haushalte. All dies wäre Aufgabe der Landesregierung gewesen.
Meine Damen und Herren, diese schweren Versäumnisse sind nicht nur politisch unklug, sie sind verfassungsrechtlich höchst bedenklich. Deswegen wollen wir den Fehler von SPD und CDU heilen und die Regelung aufheben. Dann, Herr Kollege Saalfeld, wäre auch Gelegenheit, über differenzierte Lösungen nachzudenken, wie Sie sie in der Ersten Lesung vorgeschlagen hatten.
Die Koalition scheute jedoch die Diskussion. Dank SPD und CDU konnte der Gesetzentwurf nicht in den Ausschüssen beraten werden, nicht mit Betroffenen debattiert werden. Ein sonst so großartig beschworener Dialog wurde verhindert.
Wovor fürchtet sich die Koalition eigentlich? Vielleicht ahnt sie schon, wie das Landesverfassungsgericht entscheiden wird. Das Gericht hat der Koalition nämlich zwischenzeitlich in seiner aktuellen Entscheidung zur Stadt-UmlandUmlage einen deutlichen Fingerzeig gegeben.
Diese Regelung wurde vom Gericht bekanntlich als mit der Verfassung des Landes Mecklenburg-Vorpommern unvereinbar und nichtig erklärt. Ich zitiere hier insbesondere den dritten Leitsatz der Entscheidung. Dort heißt es, Zitat: „Die vom Gesetzgeber selbst gewählten Maßstäbe kann das Gericht lediglich anhand des Inhalts der Vorschrift selbst, des Zusammenhangs, in dem sie im Gesamtgefüge des Finanzausgleichs steht, und einer Gesamtbetrachtung der kommunalen Struktur zum Zeitpunkt ihrer Einführung gewinnen.“ Zitatende. Und jetzt bitte ich um besondere Beachtung, Zitat: „Anhaltspunkte für die vom Gesetzgeber verfolgte Zielsetzung bietet hierbei vor allem auch die Gesetzesbegründung.“ Zitatende.
Meine Damen und Herren, ich wage die Prognose, dass wir diesen Leitsatz so oder so ähnlich erneut lesen werden. Bereits aufgrund der miesen Gesetzesbegründung, fehlender Untersuchungen und Abwägungen durch den Gesetzgeber wird das Landesverfassungsgericht nach meiner festen Überzeugung auch die Altfehlbetragsumlage der Großen Koalition kippen.
Meine Damen und Herren, dass sich SPD und CDU wahrscheinlich erneut eine Abfuhr aus Greifswald einholen, ist mir persönlich egal.
Nicht egal ist meiner Fraktion hingegen, dass eine kommunalfeindliche und verfassungsrechtlich hoch bedenkliche Regelung weiterhin in Kraft bleibt.
der Fraktion DIE LINKE – wir haben es heute schon gehört – bereits einmal diskutiert am 14.12. des vergangenen Jahres.
Wir haben über die zugrunde liegende Problematik – anders, als Sie es hier wahrheitswidrig dargestellt haben, Frau Kollegin Rösler – ausführlich im Innenausschuss diskutiert. Diese Problematik war Gegenstand einer Anhörung. Wir haben mit den Betroffenen diskutiert, anders, als Sie es hier wahrheitswidrig dargestellt haben. Und wir haben überhaupt keine Angst vor einer Auseinandersetzung um dieses Thema. Wenn wir Angst hätten, vor dem Verfassungsgericht zu scheitern, dann wäre es ja logisch, wir würden unser eigenes Gesetz zurückziehen. Aber dies tun wir nicht und Sie dürfen daraus gerne schließen, dass wir keine Angst haben, vor dem Verfassungsgericht zu scheitern.
Auch an Logik hat es Ihrer Rede ebenso wie an Wahrhaftigkeit massiv gemangelt. Dafür beglücken Sie uns mit Zitaten eines Verfassungsgerichtsurteils zu einem völlig anderen Sachverhalt, in dem drinsteht, dass das Gericht bei der Beurteilung eines Gesetzes sogar die Begründung liest.
Booh, kann ich da nur sagen! Da staune ich aber, dass Sie uns das hier vortragen. Ich gehe davon aus, dass die Begründung selbstverständlich vom Verfassungsgericht herangezogen wird, und zwar bei jedem Gesetz, das vom Verfassungsgericht auf seine Verfassungsmäßigkeit überprüft wird. Dass Sie uns dies hier als sonderliche Drohung vorhalten, halte ich ehrlich gesagt für ziemlich unter einem vernünftigen Niveau.
Also, meine sehr verehrten Damen und Herren, wir haben dieses Thema breit und ausführlich diskutiert und ich kann mir die Argumente im Wesentlichen sparen, weil ich habe sie am 14.12. – Sie können das alle im Protokoll nachlesen – bereits einmal dargestellt. Deswegen lassen Sie mich noch einmal sehr kurz auf das wesentliche Thema kommen.
Wir haben ein Problem, dass wir aus mehreren Kreisen einen Kreis machen und dass – ich vereinfache das jetzt mal etwas idealtypisch – der eine Kreis Altfehlbeträge mitbringt, der andere Kreis nicht, und dass der neue Kreis naturgemäß Rechtsnachfolger beider alten Kreise ist. Und die Frage ist, was machen wir denn dann mit den Altfehlbeträgen.
Natürlich, auf den ersten Blick ist der neue Kreis als Rechtsnachfolger dafür verantwortlich und muss die tragen. Aber dann sagen natürlich die Gemeinden, die aus dem Kreis kommen, der keine Altfehlbeträge hatte, na, das ist aber ungerecht, jetzt zahlen wir für Schulden, die wir gar nicht gemacht haben. Und die anderen, die aus dem Kreis kommen, der diese Altfehlbeträge mitbringt, die sagen – und auch das hat natürlich sehr viel
Berechtigung –, also wir waren in der Vergangenheit schon so belastet, nun könnt ihr uns nicht auch noch mit einer Altfehlbetragsumlage weiter finanziell in Probleme stürzen.
Aber irgendwer, meine Damen und Herren, muss doch für diese Altfehlbeträge aufkommen und in irgendeiner Weise muss das Problem gelöst werden. Und da kann man sehr wohl unterschiedlicher Meinung sein, wie man es denn löst, aber was nicht geht, Frau Rösler, was nicht geht, ist, zu sagen, wir tun mal so, als gäbe es das nicht, und dann gibt es das auch nicht und dann haben wir auch keine Probleme. Denn wenn ich mir Ihren Gesetzentwurf angucke, dann verlangen Sie ja gar nicht – was vielleicht naheliegen würde –, das Land soll das doch alles übernehmen. Nein, das tun Sie nicht. Sie sagen aber auch nicht, wer es dann tut. Schulden lösen sich in Wohlgefallen auf, weil man sie nicht haben will, weil einem das alles nicht passt und weil die Lösung von Problemen manchmal wehtut. Dann tut man so, als gäbe es die Probleme nicht. Ob das wirklich eine Lösung des Problems ist, meine sehr verehrten Damen und Herren, das wage ich sehr zu bezweifeln.
Das, was DIE LINKEN uns hier präsentieren – ich darf das mal in einem Bild darstellten –, ist doch der alte Satz: Ich wasche euch den Pelz, ich wasche sogar sämtliche vorhandenen Pelze, ich föhne noch, ich wickele auch noch ein paar Locken und das Ganze mache ich, ohne euch nass zu machen und sogar ohne Wasser zu benötigen.
Eine solche Geschichte, meine sehr verehrten Damen und Herren, die kann nicht aufgehen und die geht nicht auf. Deswegen hat die Koalition für dieses Problem einen Lösungsweg und dieser Lösungsweg heißt als Erstes, dass wir als Land 100 Millionen Euro zur Verfügung stellen, um solche Altfehlbeträge zu mindern und zu mildern.
Ich weiß, dass diese 100 Millionen Euro nicht dem Gesamtschuldenstand unserer Kreise, die wir zusammengeschlossen haben, entsprechen, sondern dass dies kleiner ist. Aber ich weiß auch – und der Ehrlichkeit halber und einer sachlichen Debatte wegen sollten Sie dies wenigstens zur Kenntnis nehmen, Frau Rösler –, dass dies eine ungeheure Kraftanstrengung des Landes ist und dass dies eine außerordentlich große Summe ist. Und wenn Sie sich die Mühe machen, mit Vertretern der kommunalen Ebene zu sprechen, dann werden die Ihnen im vertraulichen Gespräch immer sagen, das ist weit, weit mehr, als wir zu hoffen gewagt haben,
dass wir hier 100 Millionen Euro für die Schuldentilgung bekommen. Und dieses, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist der erste Schritt zur Lösung und es ist ein sehr wichtiger Schritt. Aber das Land wird hier nicht voll ins Obligo gehen und alle Altfehlbeträge übernehmen können. Wie gesagt, mit 100 Millionen machen wir, glaube ich, schon einen sehr großen Schritt.
Natürlich werden auch die Beteiligten, natürlich wird auch die kommunale Ebene ihren Teil dazu beitragen müssen, diese Altfehlbeträge zu tilgen. Und dafür ist die Altfehlbe
tragsumlage, wie sie im Landkreisneuordnungsgesetz steht, der Weg, den wir vorschlagen, der Weg, den wir beschlossen haben. Ich weiß sehr wohl, dieser Weg gefällt nicht jedem, weil wer zahlen muss, der hat daran in aller Regel wenig Vergnügen. Aber wir müssen aus dem Problem heraus und wir brauchen einen Lösungsweg.
Und wenn wir schon davon reden – auch wenn Frau Rösler jetzt gerade anderweitig beschäftigt ist –, dass wir mit den Betroffenen, mit der kommunalen Ebene über dieses Thema diskutiert haben, dann gab es natürlich die Stimmen, das weiß doch jeder, der dabei war, und ich war dabei, die dieses Gesetz kritisieren. Aber es gab auch die anderen, die uns von der anderen Richtung kritisiert haben. Da war zum Beispiel ein Landrat, der sagt, ihr seid ja viel zu feige und macht hier nur eine Sollregelung. Warum macht ihr nicht eine Mussregelung? Schreibt das endlich klar vor, wie der Weg zu gehen ist. Auch aus dieser Richtung, meine sehr verehrten Damen und Herren, sind wir kritisiert worden.