Protocol of the Session on April 22, 2016

Ums Wort gebeten hat die Finanzministerin Frau Polzin.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bedanke mich zunächst dafür, dass es zu dieser verbundenen Aussprache kommt, denn es gibt ja eine Reihe Schnittmengen zwischen den beiden Anträgen und wir können die Zeit dann effizient nutzen.

Ich möchte mich zunächst ganz kurz auf die sich außerhalb der Schnittmenge befindenden Punkte der Linksfraktion zusammenfassend äußern. Wir haben zum Thema „Besteuerung von Vermögen“ hier schon verschiedene Debatten geführt. Ich glaube, wir kennen die gegenseitigen Positionen, die sich zumindest in der Sache zwischen der Linksfraktion und der Finanzministerin nicht wesentlich unterscheiden. Aber was den Realisierungsgrad von bestimmten Dingen anbelangt, teile ich meine Kraft tatsächlich für die Dinge ein, die ich ändern kann. Da gibt es nämlich ganz viel, um das man sich kümmern muss, und alles andere wird man im Auge behalten.

Was ist zum Beispiel ganz aktuell bei Vermögen? Dass es uns gelingt, die Erbschaftssteuer verfassungsgemäß zu machen, und das im Länderkanon.

(Rudolf Borchert, SPD: Wer blockiert denn die? – Zuruf von Thomas Krüger, SPD)

Es ist schwierig. Ich will nicht ausufern, aber das ist natürlich schon ein Fund, bei dem mir teilweise die Haare zu Berge zu stehen, und dennoch braucht man in der Demokratie Mehrheiten. Diese Binsenweisheit müsste ich Ihnen eigentlich nicht wiederholen.

Einen zweiten Punkt, den ich zum Antrag der LINKEN sagen möchte: Die Situation, die für Deutschland analy

siert wird, teile ich in Größenordnungen. Ich möchte Ihnen aber vielleicht ein bisschen mit auf den Weg geben, dass man vieles auf Mecklenburg-Vorpommern nicht eins zu eins übertragen kann. Wenn ich nämlich gerade auf der einen Seite sehe, dass sich die Mindesteinkommen erhöht haben – 100 Millionen im Jahr mehr Einkommenssteuer sind da ein ganz deutliches Signal –, Mindestlohn und Entwicklung am unteren Ende können wir alle nur gemeinsam gut finden, aber die gibt es auch nachweislich.

Und es gibt eine zweite Zahl: Sogenannte Einkommensmillionäre, die wir in den Finanzämtern separat führen, gab es vor etlichen Jahren 28 in Mecklenburg-Vorpom- mern. Das sind Größenordnungen, da sind meine Kollegen aus den südlichen Ländern dabei, sich vor Lachen auf die Schenkel zu schlagen, aber es ist nun mal Fakt, dass die großen Vermögen nicht bei uns sind. Diese Zahl der Einkommensmillionäre hat sich zum letzten Jahr schrittweise halbiert. Also am oberen Ende ist dann auch nichts gewachsen. Deshalb sind wir dennoch absolut mit auf dem Weg, denn egal, ob wir die Steuern bei uns erheben oder in der Bundesrepublik insgesamt, letztendlich ist es erstens wichtig für Steuergerechtigkeit und zweitens sind die Einnahmen über den Länderfinanzausgleich durchaus für uns wieder nützlich.

Ich denke, über das in beiden Anträgen formulierte Ziel, Steuerehrlichkeit weiter zu stärken, sind wir uns sehr einig. Auch das ist keineswegs neu, allerdings haben die Panama Papers diese Debatte natürlich neu entfacht, auch wenn nach meinem Gefühl die von den Journalisten aufgearbeiteten Daten in Mecklenburg-Vorpommern nicht die große Welle geschlagen haben, das ist wie in der letzten Zeit mit den Steuer-CDs und den Selbstanzeigen so gewesen. Dennoch soll es ja einige getroffen haben und ich habe natürlich ein großes Interesse daran, dass diese Daten in unseren Behörden landen, damit wir damit umgehen können, denn aufgrund von Zeitungsartikeln kann man noch nicht handeln. Da sind wir aber im Gespräch.

Ich denke, das Problem von systematischer Steuervermeidung, Steuerbetrug und Steuerhinterziehung ist etwas, was jeden Bürger anrühren sollte, und das tut es ja auch, wie wir wissen, denn letztlich ist er davon betroffen. Ich habe allerdings auch das Gefühl, dass wir bei der Steuerehrlichkeit schon einen Wandel zu spüren bekommen. Steuerhinterziehung wird längst nicht mehr als Kavaliersdelikt betrachtet. Diesen Wandel haben wir auch der Vielzahl prominenter Fälle zu verdanken, die schon vor geraumer Zeit die öffentliche Debatte befeuert haben. Zu diesem Bewusstseinswandel haben auch die Finanzministerinnen und Finanzminister der Länder beigetragen, indem sie die Regelung zur strafbefreienden Wirkung der Selbstanzeige verschärft und dem unsäglichen Steuerabkommen mit der Schweiz nicht zugestimmt haben.

Und auch jetzt haben die Finanzministerinnen und Finanzminister der Länder umgehend reagiert. Auf unserer letzten Konferenz am 7. April haben wir einstimmig über alle Parteien hinweg mehr Transparenz bei Steueroasen und Briefkastenfirmen gefordert. Uns geht es unter anderem darum, dass das BEPS-Projekt weiter vorangetrieben wird. Gerade multinationale Unternehmen sparen Steuern allein durch das geschickte Verlagern und Kleinrechnen von Gewinnen. Mit dem BEPS-Projekt, an dessen Erarbeitung sich über 60 Staaten beteiligten, wird

das Problem der Steuervermeidung international angegangen. Und das ist auch der einzig Erfolg versprechende Weg in unserer vernetzten Welt. Unternehmensgewinne müssen dort besteuert werden, wo sie erzielt werden. Dafür brauchen wir natürlich mehr Transparenz und einen verbesserten Informationsaustausch. Daher kann das BEPS-Projekt auch nur der Anfang sein.

Ein weiterer wichtiger Partner, der zurzeit in Teilen eher als Gegner agiert, müssen die Kreditinstitute sein. Wir brauchen endlich klare Regelungen im Kreditwesengesetz, um gegen die Institute vorgehen zu können, die systematische Beihilfe zur Steuerhinterziehung leisten. Die Länder, also auch der Bundesrat, haben bereits vor mehr als zwei Jahren einen Gesetzesentwurf vorgelegt, mit dem Sanktionsmöglichkeiten deutlich verschärft wurden, bis hin zum Lizenzentzug. Das mag drastisch erscheinen, aber wenn Banken sich von Steuerhinterziehern wissentlich benutzen lassen, bedarf es einer rechtlichen Handhabe, nicht nur Verantwortliche zu entbinden, sondern auch Institute vom Markt nehmen zu können. Mich haben die Enthüllungen der Panama Papers vor allem deshalb überrascht, weil sie aufzeigen, wie Banken aus reinem Profitstreben Geschäfte unterstützen, die häufig allein der Steuervermeidung dienen. Das ist geradezu bigott, wenn man sich vor Augen führt, dass Institute in der Bankenkrise mit jenen Steuergeldern gestützt wurden. Leider ist die Gesetzesinitiative der Länder bislang nicht vom Bundestag aufgegriffen worden. Ich bin mir sicher, dass diese Debatte nun wieder Fahrt aufnehmen wird.

Im Kreise der Kolleginnen und Kollegen aus anderen Ländern haben wir zudem die Steuerabteilungsleiter aufgefordert zu prüfen, inwiefern die Gesetzgebung geändert werden könnte, um Praktiken, wie sie hier durch die Panama Papers bekannt geworden sind, künftig zu unterbinden und zu sanktionieren. Dabei geht es unter anderem um die Erweiterung von Mitwirkungspflichten der Steuerzahler, eine effektivere Betriebsprüfung, vor allem hinsichtlich etwaiger Beziehungen von Steuerpflichtigen zu Briefkastenfirmen, und die Einführung der Anzeigepflicht von Banken, die Briefkastenfirmen vermitteln. Bis Juni wollen wir hier erste Ergebnisse sehen und ich bin gern bereit, über den Fortgang den zuständigen Fachausschuss oder auch das Parlament zu unterrichten.

Um den aktuellsten Stand darzustellen, verweise ich auf eine heutige Beschlussvorlage im Bundesrat, in der zunächst die Länder Niedersachsen, Berlin, Bremen, Hamburg und Thüringen einen Textvorschlag über all die Punkte, die ich eben genannt habe, gerade in Richtung Transparenz zusammengefügt haben. Das Land Mecklenburg-Vorpommern wird natürlich zustimmen. Ich habe noch keine aktuelle Botschaft, ob wir auch beitreten. Auf alle Fälle gehe ich davon aus, dass es in der Finanzministerkonferenz heute eine breite Bundesratsmehrheit geben wird zu den angesprochenen Punkten, auch von Ihnen angesprochenen Punkten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren aus den beiden antragstellenden Fraktionen, ich werte also diese Antragslage quasi als Unterstützung der Politik, die wir an dieser Stelle machen. Und ich glaube, ich habe zumindest deutlich machen können, dass wir die Zeit nicht verschlafen und im Grunde das von Ihnen Geforderte heute schon in Berlin quasi als Beschlussvorlage da haben. Insofern halte ich Ihre beiden Anträge für heute für bearbeitet,

(Heinz Müller, SPD: Erledigt.)

aber uns allen muss klar sein, dass wir auf dem Weg natürlich mühsam, aber kontinuierlich und konsequent weitermachen müssen. – Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der CDU der Abgeordnete Herr Eifler.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren!

Ja, Herr Schulte, Sie müssen mit mir vorliebnehmen.

(Jochen Schulte, SPD: Ich freu mich auch immer, wenn Sie reden, Herr Eifler.)

Aber wir haben ja kein Problem miteinander und insgesamt.

Die Konsequenz wäre jetzt nach den Worten der Ministerin, sie hat es gesagt, das, was hier beantragt worden ist mit diesen beiden vorliegenden Anträgen, dass das also schon in Bearbeitung ist, und konsequent wäre, damit auch zu sagen, die Anträge haben sich somit erledigt.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Jaja.)

Standardsatz, Herr Ritter.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Jaja.)

Nein, nein, aber ganz so einfach will ich mir das nicht machen. Na klar, auf der Grundlage der Panama Papers sind die beiden Anträge hier in den Landtag gekommen. Bei der Fraktion DIE LINKE fehlt zu der Antragseinreichung die Begründung. Ich konnte ja annehmen, dass das heute im Laufe der Einbringung hier vorgetragen wird. Frau Rösler, das haben Sie auch gemacht. Dazu kann ich eigentlich nur sagen: inhaltlich nichts Neues aus der Position, eindeutig weiter die Neiddebatte angeheizt und Instrumentalisierung dieses Themas in Bezug auf die Wiedereinführung der Vermögenssteuer.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Und sonst so alles in Ordnung?)

Also in den Kochtopf sind sehr viele Zutaten hineingelegt worden, mit einer riesigen Steuerberatungsbekämpfung wurde dann alles verrührt, aber das Gericht ist einfach nicht besser geworden. Es war auch nicht anders zu erwarten.

Ich will aber auf noch ein Thema sehr ernsthaft eingehen, nämlich auf die Steuerverantwortung unserer vielen ehrlichen, aufrichtigen Unternehmerinnen und Unternehmer. Wer also die aktuellen Steuerzahlen gehört hat, weiß, 7,1 Prozent im Monat März im Vergleich zum Vorjahr haben Bund, Länder und Kommunen mehr Steuern eingenommen. Wenn hier diese Unternehmen dem Generalverdacht unterstellt werden, dass alle Unternehmen Steuern hinterziehen, so entspricht das nicht der Tatsache. Und wir können stolz auf die Unternehmen sein, die so eine Wirtschaftskraft erwirtschaften, nämlich die beste Sozialpolitik – und das wissen wir alle, weil es umverteilt wird – ist eine gute Wirtschaftspolitik, woraus

die Gelder generiert werden. Wie gesagt, 7,1 Prozent im Monat März im Vergleich zum Vorjahr, das ist eine beachtliche Leistung der Wirtschaft. Deshalb ist es einfach nicht fair, hier die Neiddebatte anzuheizen, darauf abzustellen und zu sagen,

(Johannes Saalfeld, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Herr Eifler, das ist wirklich ein bisschen unterkomplex.)

die Unternehmen tun alles, um Steuern zu hinterziehen. Selbst bei der Begrifflichkeit der Steuervermeidung, meine Damen und Herren, das ist eine rechtlich zulässige Angelegenheit, denn die Steuervermeidung geschieht auch dann, wenn Unternehmen investieren. Und genau davon wächst und lebt unsere Wirtschaft. Also sollte man da ein Stück weit Augenmaß anlegen und zurückhaltend sein.

(Zuruf von Ulrike Berger, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich komme noch mal auf die beiden Anträge zurück: Beide Anträge kommen nach meiner Einschätzung ziemlich oberflächlich daher. Die LINKEN werfen vieles in einen Topf und haben am Ende ein buntes Potpourri. Die GRÜNEN dagegen sprechen in ihrem Antrag sowohl in Punkt 2 als auch in der Begründung stets nur von wirksamer Bekämpfung. Ich stelle mir aber die Frage, warum Sie keine konkreten Vorschläge machen, wie Sie vorgehen wollen. In der derzeitigen Debatte stehen noch zahlreiche Vorschläge im Raum. So wirkt der Antrag auf mich nicht sehr überzeugend, sondern er enthält lediglich allgemeine Phrasen.

(Ulrike Berger, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ganz anders als Ihre Rede hier.)

Sehr geehrte Damen und Herren, lassen Sie mich zunächst einige Sachen zur Vermögenssteuer und dann im Anschluss zu den anderen Forderungen sagen. Die Forderung von der Linksfraktion nach einer Wiedereinführung der Vermögenssteuer beziehungsweise der höheren Besteuerung von größerem Vermögen ist nicht neu. Allein in dieser Legislaturperiode hatten wir zwei derartige Anträge, einmal auf der Landtagsdrucksache 6/1354 am 21.11.2012 mit dem Titel „Wiedereinführung der Vermögenssteuer dringend geboten“ und dann auf Landtagsdrucksache 6/3738 am 25.02.2015 unter dem Namen „Große Vermögen stärker besteuern“.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Gut, dass Sie noch mal daran erinnern.)

Zudem hat es durch Ihre Fraktion drei Kleine Anfragen zum Thema Vermögenssteuer gegeben.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Danke für den Hinweis, dass das im Protokoll steht.)

Meine Fraktion hat zum Thema Vermögenssteuer eine fundamental andere Auffassung als die Linksfraktion. Ohnehin lehnen wir Steuererhöhungen ab.

(Zuruf von Torsten Koplin, DIE LINKE)

Fakt ist, wer eine Vermögenssteuer einführen will, muss zunächst einmal die Vermögensverhältnisse aller Menschen in Deutschland ermitteln. Den Zugriff auf alle Vermögen in Deutschland verschweigen Sie jedoch.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Das ist doch für den Armuts- und Reichtumsbericht, was Sie hier eben fordern, Herr Eifler, oder?)

Dies tun im Übrigen auch GRÜNE und Teile der Sozialdemokraten gern. Fakt ist aber auch, das Bundesverfassungsgericht hat bereits 1995 kritisiert, dass die Vermögenssteuer gegen den Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes verstößt,

(Johannes Saalfeld, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Sie zielen da auf eine sehr kleine Zielgruppe. Die wählen FDP. Sie setzen sich für die Falschen ein. – Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

da bereits besteuertes Eigentum doppelt besteuert wird. Deshalb wurde die Vermögenssteuer auch abgeschafft.

Entscheidend ist für uns jedoch, von einer Wiedereinführung wäre vor allem das deutsche Unternehmertum betroffen.