Noch eins, Frau Berger: Auch wenn der Wahlkampf vor der Tür steht und Sie offenbar darauf hinarbeiten, dies zu Ihrem großen Wahlkampfschlager zu entwickeln,
(Ulrike Berger, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Seit viereinhalb Jahren, Herr Minister, sind wir an dem Thema dran im Gegensatz zu Ihnen, die es verpennen.)
hören Sie endlich auf, Eltern und Schüler zu verunsichern! Ihre Vorwürfe sind in dem Umfang, wie Sie sie vortragen, völlig haltlos, an den Haaren herbeigezogen und reine Wahlkampfrhetorik. – Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Zum wiederholten Male beschäftigen wir uns heute mit dem Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zur Schülerbeförderung. Jetzt liegt uns auch noch eine sogenannte Schulwegstudie vor. Nach einer kurzen Überprüfung weist dieses Papier rechnerische, inhaltliche und methodische Fehler auf. Auch die Stellungnahme des Landkreises Vorpommern-Rügen vom 14. April dieses Jahres in der „OstseeZeitung“ weist auf deutliche inhaltliche Fehler hin.
In Einzelfällen kann es zu Problemen kommen, diese werden dann aber von den Verantwortlichen des Landkreises Vorpommern-Rügen genau analysiert, um vernünftige Lösungen für die Schüler zu finden. Jeder Schüler hat das Recht, in einer vorgeschriebenen Zeit zu einer örtlich zuständigen Schule zu kommen.
Am letzten Freitag war die Schülerbeförderung auch Thema auf der Sitzung des Landeselternrates. Eine Elterninitiative aus dem Landkreis Vorpommern-Rügen stellte Problemfälle dar. Laut Schulgesetz Paragraf 113 ist aber die Schülerbeförderung eine Aufgabe, die die Landkreise zu erfüllen haben. Das wissen alle Beteiligten, auch Sie.
Da aber die Landkreise höchst unterschiedliche Satzungen erlassen haben, kommt es zu größeren oder kleineren Unterschieden innerhalb unseres Landes. Besonders im Landkreis Vorpommern-Rügen scheint es dabei unterschiedliche Probleme zu geben. Aber wer soll die Lösungen finden? In erster Linie sind da die Kreistagsmitglieder und insbesondere die Mitglieder des Bildungs-, Kultur- und Sportausschusses gefragt. Eine Konsolidierung des Kreishaushaltes darf es nicht zulasten unserer Fahrschülerinnen und Fahrschüler geben. Da sind wir uns, denke ich, alle einig. Aber daraus die Forderung abzuleiten, dass es im ganzen Land eine kostenfreie Schülerbeförderung zu geben hat, ist schon sehr gewagt.
In der Überschrift steht: „Ungleichbehandlung beenden – kostenlose Schülerbeförderung landesweit durchsetzen“. Probleme würden insbesondere entstehen, wenn Schüler die Kreisgrenzen überqueren. Sollten wir dieser Forderung der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN stattgeben, wäre die notwendige Konsequenz, dass die Landesregierung nicht nur den Schülertransport organisieren müsste, sondern auch die Schulnetzplanung für alle Landkreise übernehmen müsste. Ob das auch die Zustimmung des Städte- und Gemeindetages beziehungsweise des Landkreistages trifft, wage ich sehr stark zu bezweifeln.
Die Fraktion BÜNDNIS 90 versucht wieder einmal den Eindruck zu erwecken, dass nur sie sich um die Schülerbeförderung kümmert. Man gibt Gutachten oder Studien in Auftrag, wie zuletzt von Frau Berger vorgestellt. Diese
Studie bildet nur einen kleinen Teil des Landes ab, aber die Ergebnisse sollen dann für das ganze Land gültig sein. Über die Defizite des Papiers hat gerade der Bildungsminister ausführlich berichtet. Ich persönlich halte Ihre Schlussfolgerungen, werte Frau Berger, auch für unseriös und werde deshalb nicht weiter darauf eingehen.
Über die Mehrkosten wird gar nicht gesprochen, da die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN selbst keine Lösung zur Finanzierung der Schülerbeförderung hat. Da heißt es sofort unter Punkt IV: „Die aus diesen Maßnahmen resultierenden Mehrkosten sind durch das Land zu tragen.“ Woher das Geld kommen soll, wird von Frau Berger nicht näher beleuchtet. Das ist aber unabdingbar, wenn man für eine solide Haushaltspolitik steht.
Wenn die Regierungskoalition von SPD und CDU allen Forderungen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN aus dem sozialen, kulturellen und Bildungsbereich nach Infrastrukturmaßnahmen und vielem stattgeben würde, wären viele zusätzliche Hunderte Millionen Euro fällig. Auch in Vorwahlkampfzeiten sollte man finanzpolitisch ehrlich bleiben.
In Ihrem Antragspunkt II.2. zur Schülerbeförderung in den beiden kreisfreien Städten zeichnet sich eine Lösung ab. Rostock und Schwerin haben beziehungsweise werden ihre Hausaufgaben machen und Einzugsgebiete festlegen. Die Landesregierung wird mit den beiden größten Städten des Landes schnell zu Lösungen kommen. Der Minister hat es gerade gesagt.
Ihr Antragspunkt III, ein kostenloses Azubi-Ticket für die Dauer der Berufsschulpflicht den Auszubildenden zur Verfügung zu stellen, steht auch unter der Rubrik Wahlkampf. Die Verantwortung der Ausbildungsbetriebe wird vollkommen außer Acht gelassen. Eine große Verantwortung liegt bei der Wirtschaft, die den Auszubildenden tarifgerechte und tarifgemäße Vergütungen zu zahlen hat. Die Regierungskoalition hat dieses Thema schon seit Langem erkannt und eine entsprechende Richtlinie zur Bezuschussung von Fahrkosten erlassen.
Durch das Nachsteuern mit wesentlich weniger Bürokratie und erheblich höherem Haushaltsansatz wird das jetzt von Jugendlichen, die anspruchsberechtigt sind, gut angenommen. Das Problem, dass der Zuschuss auf andere Sozialleistungen angerechnet wird, darf nicht sein. Auf Bundesebene setzt sich die Koalition für eine entsprechende Lösung ein.
Zum Schülerverkehr möchte ich feststellen, dass die Organisation des Transportes ein hochkomplexer Prozess ist. In einem dünn besiedelten Flächenland mit zahlreichen kleinen Dörfern und Einzelgehöften müssen viele einzelne Fakten berücksichtigt werden. Dazu kommt noch, dass der Schülerverkehr auch von den Bewohnern als Personennahverkehr mitgenutzt werden kann, um die Mobilität im
ländlichen Raum abzusichern. Die Routen müssen so gewählt werden, dass die 40-Minuten-Grenze für die Klassen 1 bis 4 und die 60-Minuten-Grenze für die Klassen 5 bis 12 eingehalten werden, die Mädchen und Jungen nicht umsteigen müssen, der Transport sicher durchgeführt wird, zum Beispiel jeder einen Sitzplatz hat, die Kosten nicht explodieren und vieles mehr.
Das bedeutet aber auch, dass die Verantwortlichen für die Organisation der Schülerbeförderung sich einvernehmlich mit den Schulen über Schulanfangszeiten und Schulendzeiten einigen müssen. Hier gibt es einen großen Abstimmungsbedarf. Wer mal an solchen Beratungen teilgenommen und intensiv mitgewirkt hat, einige Landtagsabgeordnete sind ja auch Kreistagsmitglieder, weiß, wie schwierig es ist, zufriedenstellende Lösungen bei der Schülerbeförderung zu finden. Es gibt die verschiedensten Möglichkeiten, wie die Landkreise das umsetzen, sei es mit dem ÖPNV, dem Schulbus, dem Sammeltaxi oder dem Einzeltaxi, oder Erziehungsberechtigte erhalten Geld für die Schülerbeförderung. Ein Anspruch besteht zur örtlich zuständigen Schule. Darüber hinaus können die Landkreise entscheiden, ob sie einen Zuschuss zur Schülerbeförderung zur örtlich nicht zuständigen Schule oder zu einer Schule in freier Trägerschaft als freiwillige Leistung zahlen möchten. Das ist eine Entscheidung, die die Landkreise im Rahmen ihrer kommunalen Selbstverwaltung selbst treffen.
Ich habe auch den Antrag mal zum Anlass genommen, mich mit den Verantwortlichen meines Heimatlandkreises, der Mecklenburgischen Seenplatte, immerhin der größte Landkreis Deutschlands,
für die Schülerbeförderung in Verbindung zu setzen. Im Landkreis lernen ungefähr 24.000 Schülerinnen und Schüler. Davon sind rund 11.200 Fahrschülerinnen und Fahrschüler. Also man kann sagen, rund die Hälfte der Mädchen und Jungen müssen einen Schülertransport in Anspruch nehmen. In nur wenigen Ausnahmefällen werden die 40 Minuten für Grundschüler beziehungsweise die 60 Minuten für Schüler weiterführender Schulen nicht eingehalten. So gibt es durch die besondere Flächensituation des Landkreises bei den Hochbegabten – nur ein Gymnasium in Neubrandenburg führt solche Klassen – beziehungsweise einigen Förderschülerinnen und Förderschülern Probleme bei den Schulwegzeiten und Fahrwegzeiten. Bei den Förderschülerinnen und -schülern ist durch unsere heutige beschlossene Inklusionsstrategie eine Lösung erreicht worden. Bei den anderen Einzelfällen gibt es individuelle Lösungen. Der Schulentwicklungsplan, der im letzten Jahr im Kreistag beschlossen wurde, sieht nur die Schließung einer einzigen Förderschule vor. So bleibt die derzeitige Situation auch mittelfristig erhalten.
Die Kosten bei der Schülerbeförderung sind in den letzten Jahren aus den verschiedensten Gründen gestiegen. Deshalb sind die Landkreise auch mit dem Innenministerium im Gespräch. Sollten Bürgerinnen und Bürger mit Entscheidungen zur Schülerbeförderung nicht einverstanden sein, muss das vor Ort geklärt werden.
(Ulrike Berger, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Da war es wieder! – Zuruf von Johannes Saalfeld, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Um Konflikten aus dem Weg zu gehen, werden Vorschläge zur Einsparung oder Umschichtung von den GRÜNEN im Haushalt nie vorgenommen.
Fazit: Im Ergebnis bleibt festzuhalten, dass die Landkreise für die Schülerbeförderung verantwortlich sind. Probleme müssen vor Ort geklärt werden. Diesen Antrag benötigen wir nicht. Die SPD-Fraktion lehnt ihn ab. – Danke.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich falle mal gleich mit der Tür ins Haus: Meine Fraktion lehnt diesen Antrag ab,
zweitens, dass die Schulentwicklungsplanung eine pflichtige Selbstverwaltungsaufgabe der Landkreise ist und bleibt,
drittens, dass die Kinder und Jugendlichen kostenlos zu ihrer örtlich zuständigen Schule fahren können, unabhängig von einer willkürlichen Eingrenzung auf zwei beziehungsweise vier Kilometer,
viertens, dass die Schülerinnen und Schüler kostenlos zu jeder öffentlichen, nicht örtlich zuständigen Schule befördert werden, wenn diese näher am Wohnort liegt als die örtlich zuständige Schule,
(Ulrike Berger, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Dann sollten Sie wenigstens einigen unserer Punkte zustimmen können, Frau Oldenburg.)
… fünftens, dass das Land den Kreisen und künftig auch den kreisfreien Städten zusätzliche finanzielle Mittel zur Verfügung stellt, damit Kinder weiterhin die gleiche öffentliche Schule besuchen, wenn ihre Eltern innerhalb des Landkreises umziehen und die 40- beziehungsweise 60-Minuten-Regelung nicht überschritten wird.