Sie sind zitiert worden. Sie können es ja richtigstellen. Dann können Sie sagen – das wäre noch viel lustiger, wenn Sie jetzt hier ans Mikro treten –,
(Johannes Saalfeld, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Jetzt legen Sie Frau Berger den nächsten Satz in den Mund.)
Ich glaube, es gibt drei Zeugen dafür – das gebe ich hier gern öffentlich zu Protokoll –, es gibt drei integre Zeugen dafür, dass sich Folgendes im Rahmen des Inklusionsfriedens abgespielt hat:
Ich habe den Abgeordneten Butzki, Reinhardt, Oldenburg und Berger vorgeschlagen, die freie Schulwahl an den Grundschulen einzuführen.
Alle vier Fraktionen haben gesagt, auch Sie: Nein, das machen wir nicht, weil dann die Gefahr besteht, dass manche Grundschulen im ländlichen Raum geschlossen werden müssen.
Das, was ich interessant finde, ist, Frau Berger, dass wir vier uns alle eindeutig erinnern, alle nicken und Sie schütteln den Kopf. Da kann ich mir auch vorstellen, warum. Weil es Ihnen jetzt nachträglich peinlich ist, dass Sie sich hinter verschlossenen Türen so verhalten und in der Öffentlichkeit das Gegenteil fordern,
Ich glaube, alle anderen Abgeordneten würden es bestätigen. Ich glaube, da haben Sie schlechte Karten. Das macht für mich auch deutlich, wie glaubwürdig Ihre Anstrengungen in diesem Bereich sind.
Damit haben wir im Übrigen dann auch das Thema „Wegezeiten“ erreicht. Frau Berger hat eine sogenannte wissenschaftliche Studie vorgelegt, die belegen soll, dass in unserem Land alles im Argen liegt. Was aber wirklich im Argen liegt, ist genau dieses Papier.
Viel Zeit möchte ich darauf nicht verwenden, aber einige Darstellungen sind so haarsträubend, dass sie doch ins Protokoll gehören.
Die erste Frage einer Schülerbeförderung lautet: Leben in dem Ort überhaupt Schüler? Die An- oder Abwesenheit von Schulkindern wirkt sich natürlich auf die Gestaltung der Fahrpläne für den Schülerverkehr aus. In dieser Studie, in dieser Sache Fehlanzeige, das wurde gar nicht in den Blick genommen.
Die weiteren systematischen Fehler in den Berechnungen lassen mich aber noch ratloser zurück, soweit es überhaupt eine Möglichkeit gibt, „ratlos“ noch zu steigern.
(Ulrike Berger, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Sprechen Sie doch mal zum Thema! Das ist Thema der nächsten Landtagssitzung, Herr Minister, und nicht dieser. – Rainer Albrecht, SPD: Einfach mal zuhören!)
Dabei stelle ich gar nicht in Abrede, dass es an der einen oder anderen Stelle im Schülerverkehr Potenzial zur Verbesserung gibt. Aber wenn es das gibt, liegt es bei den Landkreisen, beim Kreistag, beim Bildungsausschuss, denn die Schülerbeförderung wird vor Ort organisiert.
Wo Menschen arbeiten, passieren Fehler, und wir können sicher noch etwas besser machen. Wer seinen Wohnsitz bewusst in wenig besiedelten Regionen nimmt, der muss im gesamten Land mit Einschränkungen leben. Das
betrifft nicht nur den Bereich der Schulen, aber Ihre hanebüchenen Verallgemeinerungen auf der Grundlage von schlicht falschen Berechnungen und Annahmen kann ich hier nicht stehenlassen. Ich sehe Sie in der Pflicht, Frau Berger, bevor Sie die breite Öffentlichkeit aufscheuchen, zumindest stichprobenhaft die vorgelegte Untersuchung zu überprüfen. Dann wäre Ihnen vielleicht aufgefallen, dass es in Grimmen nicht nur eine Grundschule gibt, sondern zwei, oder dass die Autoren der Studie prinzipielle Probleme mit dem Schulsystem bei uns im Lande zu haben scheinen. Vielleicht sollten Sie den Autoren einen kurzen Überblick verschaffen, was die Begriffe „Verbundene Regionale Schule mit Gymnasium“ und „Kooperative Gesamtschule mit gymnasialer Oberstufe“ bedeuten. Zu Ihrer Information: am Ende dasselbe. An beiden können Schülerinnen und Schüler das Abitur erwerben. Sie sind somit adäquater Ersatz für die ehemaligen Gymnasien.
Schön wäre es auch gewesen, wenn Sie wenigstens überprüft hätten, ob Ihre Autoren durchgehend die gleichen Zahlen verwenden – das ist gar nicht so schwierig –, dann wäre Ihnen aufgefallen, dass in Tabelle 28 von 246 Grundschulstandorten die Rede ist, aber in Tabelle 16 von 299. Hier werden plötzlich die Grundschulteile der Gesamtschule mit eingerechnet. Davon abgesehen ist keine der beiden Zahlen korrekt. In der amtlichen Schulstatistik werden 322 Einrichtungen mit Grundschulbereich gezählt.
Ganz zum Schluss möchte ich Ihnen anhand eines Ihrer wirklich absurdesten Beispiele einmal darlegen, wie es sich in der Realität und in Ihrer sogenannten Studie verhält. Ich habe mir auf der von Ihrer Fraktion bereitgestellten Karte – diesen Beispielfall teile ich an interessierte Abgeordnete gern aus, ich habe die Bilder zum Nachvollziehen mitgebracht –,
ich habe mir bei Ihrer bereitgestellten Karte einmal eines der roten Fähnchen herausgesucht und versucht nachzuverfolgen, wie Sie auf eine Wegzeit von 81 Minuten für einen Grundschüler kommen. Die tatsächliche Wegzeit beträgt nach Aussagen der Schule und des Landkreises nämlich nur 5 Minuten.
Rechnen wir nach! Also wir haben einen Grundschüler aus Lüssow. Dieser Schüler möchte seine örtlich zuständige Grundschule in Süderholz besuchen, laut Google Maps zwei Kilometer Luftlinie.
Der Schüler geht, und jetzt kommt die Rechnung, der Schüler geht 10 Minuten zur Haltestelle, um dann 9 Minuten auf den Bus zu warten.
Mit diesem Bus fährt der Schüler eine Haltestelle in die falsche Richtung. Kein Scherz! Oder doch, Frau Berger? Jedenfalls ergibt sich dort eine Wartezeit von 45 Minuten,
um dann wieder zwei Stationen in Richtung Schule zu fahren. Der zweite Bus, Sie ahnen es, fährt an der ersten Haltestelle vorbei. Dann läuft der Grundschüler noch einmal 8 Minuten zu Fuß zur Schule, alles in den Karten nachvollziehbar, obwohl die Haltestelle direkt vor der Schule liegt.
Wir haben übrigens nachgefragt, wo die Haltestelle ist, Frau Berger, sowohl bei der Schule als auch beim Landkreis. Wenn ich hier in Schwerin zu Fuß ins Bildungsministerium laufe, dauert das etwa 10 Minuten, aber nur, wenn ich nach der Schlossbrücke rechts abbiege.
(Heiterkeit bei Henning Foerster, DIE LINKE – Ulrike Berger, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Im Moment debattieren wir über die Kostenübernahme, nicht über die Schul- transporte, Herr Minister. Heben Sie sich das für die nächste Landtagssitzung auf!)
Von Ihren spektakulären 81 Minuten sind genau 5 Minuten übriggeblieben, meine sehr verehrten Damen und Herren. Aus 81 mach 5! Stichproben haben gezeigt, dass es sich hierbei nicht um einen Einzelfall handelt. Über absurde zweistündige Fußwege muss ich jetzt nicht mehr reden.
Nein, Frau Berger, realistisch ist diese Studie auf keinen Fall. Glauben Sie wirklich, dass der Landkreis so etwas zulassen würde? Die entsprechenden Mitarbeiter des Landkreises haben sich öffentlich bereits entgegen Ihrer Studie geäußert. Glauben Sie wirklich, dass die Menschen, die sich jedes Jahr aufs Neue verantwortungsvoll um die Planung des Schülerverkehrs kümmern, so wenig Kompetenzen aufweisen, dass sie solche Schulwege nicht verhindern? Wir sprechen hier über einen Grundschüler. Was die GRÜNEN den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Kreise vorwerfen, ist haltlos, und ich bin geneigt zu sagen, das ist schäbig, meine sehr verehrten Damen und Herren!