Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 26: Das ist die Beratung des Antrages der Fraktion der NPD – Wohnungseinbruch endlich als Verbrechen einstufen, Drucksache 6/5318.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich will nicht so weit gehen wie der SPD-Justizminister Maas, der bastelt gerade am Straftatbestand des Mordes herum. Er stellt sich eine Art „Mord light“ vor, den kleinen Mord für zwischendurch sozusagen. Bei Mord soll man in Zukunft mit fünf Jahren Gefängnis davonkommen können, wenn man etwa aus Verzweiflung handelte oder durch eine schwere Beleidigung zum Zorn gereizt wurde. Letzteres ist wohl als Zugeständnis an Leute aus Kulturkreisen zu verstehen, wo man schon gerne mal ein Messer zieht, wenn man sich beleidigt wähnt. Schwere Zeiten für Satiriker stehen bevor.
Mir aber geht es in diesem Antrag um ein anderes Delikt, den Wohnungseinbruchsdiebstahl. Einbrüche sind mittlerweile zu einer Massenerscheinung geworden. Nach der von der „Welt“ vorab veröffentlichten Kriminalstatistik für das Jahr 2015 wurden 167.136 Wohnungseinbrüche bundesweit gezählt. Das sind 9,9 Prozent mehr als im Jahr zuvor. Die meisten dieser Taten gehen auf das
Ein Vertreter des Bundes Deutscher Kriminalbeamter, André Schulz, stellte diesen Sachverhalt in der „BildZeitung“ vom 31. März 2016 wie folgt dar, Zitat: „Deutschland ist für Einbrecher ein Paradies. Wir sind ein reiches Land inmitten eines grenzenlosen Europas. Das weckt Begehrlichkeiten bei Einbrecherbanden“. Nächstes Zitat: „Professionelle Banden aus Südosteuropa gehen … regelrecht auf Raubzug in Deutschland, nehmen sich ganze Landstriche und Städte auf einmal vor.“ Nächstes Zitat: „Dahinter steckt in vielen Fällen die georgische Mafia, die in Georgien gezielt Verbrecher anspricht und … nach Deutschland schickt. Hier beantragen sie – ohne Aussicht auf Erfolg – Asyl und brechen in den acht bis zwölf Monaten, in denen sie im Asylverfahren stecken, … ein. … Viele Täter stammen … aus Serbien, aus Nordafrika, aber sehr oft handelt es sich bei den Tätern auch um Roma-Clans aus Albanien und dem Westbalkan.“ Zitatende.
Ein Wohnungseinbruch ist ein schwerer Schlag gegen die Opfer. Es geht um viel mehr als um die entwendeten Gegenstände. Fremde dringen in den ganz persönlichen Lebensbereich ein, sodass viele Betroffene sich nie mehr in ihren eigenen vier Wänden sicher fühlen können. Da wird nicht nur gestohlen und verwüstet, das ist auch psychischer Terror. Trotzdem gilt der Wohnungseinbruch immer noch als minderschwere Straftat, nicht als Verbrechen, sondern als sogenanntes Vergehen. Das hat Konsequenzen: Im Gegensatz zu Verbrechen können Vergehen per Strafbefehl geahndet werden. Den Herren Einbrechern wird somit ein öffentlicher Prozess erspart. Das Ganze geht auf dem Postweg.
Anders als bei Verbrechen können Verfahren bei Vergehen auch wegen Geringfügigkeit eingestellt werden. Wohnungseinbrüche sind aber nicht geringfügig, deshalb wäre ein eigenständiger Straftatbestand zu schaffen, der den Wohnungseinbruch als Verbrechen einstuft, das heißt, Mindeststrafe ein Jahr. Die Einstellung wegen Geringfügigkeit wäre unzulässig. Im Augenblick ist der Wohnungseinbruch als qualifizierte Form, also eine Variante des Grunddelikts Diebstahl ausgestaltet. Da der ein Vergehen ist, gilt das auch für die Variantenqualifikationen. Die sind dann auch nur Vergehen.
Man müsste sich also bei der Schaffung eines neues Straftatbestandes von dem Begriff „Wohnungseinbruchsdiebstahl“ verabschieden, wie beim Straftatbestand des Raubes, der enthält neben Nötigungs- auch Diebstahlselemente, ist aber trotzdem keine qualifizierte Form des Diebstahls. Der Wohnungseinbruch weist ebenfalls nicht nur Diebstahlselemente auf, sondern oft solche der Sachbeschädigung und in Form psychischer Gewalt auch der Körperverletzung. Erheblicher psychischer Stress, etwa durch Mobbing oder Stalking, kann auch Körperverletzung sein. Das gilt auch für den Schock, den viele durch Einbrüche erleiden.
Der Bund Deutscher Kriminalbeamter fordert, dass der Wohnungseinbruch endlich als Verbrechen bestraft und entsprechend eingestuft werden muss, und dem schließen wir uns an.
120 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! An der Thematik können Sie schon erkennen, es geht hier in die Tiefen der Juristerei.
Der Oberjurist von der NPD hat uns jetzt einen Vortrag gehalten. Ich würde als Nichtjurist trotzdem sagen, da war einiges richtig, einiges auch falsch,
In dem Antrag führen Sie aus, dass der Wohnungseinbruch wie das Grunddelikt, also wie Einbruch, mit einer Mindeststrafe unter einem Jahr bedroht sei, und suggerieren, dass der Gesetzgeber den Wohnungseinbruchsdiebstahl mit einem normalen Diebstahl gleichsetzt – obwohl ich das ein bisschen korrigieren muss, Herr Andrejewski, in der Tat, Sie haben vom qualifizierten Tatbestand gesprochen –, das wäre so nicht richtig, aber das haben Sie ja selber dargestellt.
Der Wohnungseinbruchsdiebstahl wurde schon immer als eine besondere Art des Diebstahls begriffen und er wurde deshalb auch immer, abgekoppelt vom Grunddelikt, mit einer höheren Grundstrafe versehen. Im Rahmen der sechsten Strafrechtsreform im Jahre 1998 wurde der Wohnungseinbruch zu einem Spezialfall des besonders schweren Delikts. Das hatte zur Konsequenz, dass der Einbruchsdiebstahl aus Wohnungen gegenüber den übrigen Einbruchsdiebstählen mit einer doppelt so hohen Strafe versehen wurde und eine Geldstrafe gar nicht mehr in Betracht kommt. Im Mindestmaß ist der Wohnungseinbruchsdiebstahl mit sechs Monaten bis hin zu zehn Jahren Freiheitsentzug bestrafbar.
Ich möchte noch mal darauf hinweisen, dass das Grunddelikt des Diebstahls einen Strafrahmen von höchstens fünf Jahren Freiheitsentzug vorsieht. Insoweit sind Ihre Ausführungen im Antrag irreführend und nicht vollständig.
Weiter fordern Sie, dass der Wohnungseinbruchsdiebstahl nicht mehr als qualifizierte Form des Diebstahls und als Verbrechen zu normieren sei. Wenn Sie dies fordern, dann hat Ihr Rechtsberater möglicherweise nicht so ganz aufgepasst. Für die Einstufung eines Straftatbestandes als Vergehen oder Verbrechen ist es nämlich vollkommen egal, ob es ein eigenständiger Straftatbestand ist oder ein qualifiziertes Delikt. Ich will Ihnen das einmal an einem Beispiel verdeutlichen, nämlich der Körperverletzung.
Im Grunddelikt wird Körperverletzung mit einer Freiheitsstrafe von höchsten fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, also ein Vergehen. Die schwere Körperverletzung hingegen – also wenn man jemanden so verletzt, dass er sein Leben lang davon gekennzeichnet ist – ist ein Quali
fikationstatbestand der einfachen Körperverletzung und ein Verbrechen, da es im Mindestmaß mit einem Jahr Freiheitsstrafe bedroht ist. Das Strafmaß ist also das Abgrenzungskriterium zwischen Vergehen und Verbrechen. Alle Delikte mit einem Strafmaß von mindestens einem Jahr Freiheitsstrafe sind Verbrechen, ganz egal, ob es sich dabei um eigenständige Straftatbestände oder um Qualifikationstatbestände handelt. Also auch in diesem Punkt ist Ihre Forderung falsch.
Ebenfalls wird Ihre Forderung, den Wohnungseinbruchsdiebstahl dem Tatbestand des Raubes anzunähern, von den Fraktionen des Landtages abgelehnt. Richtig ist, dass auch ein Raub Elemente eines Diebstahls enthält, allerdings immer unter dem Einsatz von Gewalt. Dieses Nötigungsmittel ist für Juristen aber elementarer Bestandteil und unterscheidet den Diebstahl vom Raub. Wohnungseinbruchsdiebstahl und Raub unterscheiden sich also erst mal objektiv in einem wichtigen Merkmal und sollten deshalb nicht einfach so in einen Topf geschmissen werden.
Im Juristendeutsch hätten wir nun den objektiven Tatbestand betrachtet und als nicht erfüllt angesehen. Ihr Antrag könnte somit bereits an dieser Stelle abgelehnt werden. Dennoch, meine Damen und Herren, möchte ich auch kurz auf die subjektive Seite des Wohnungseinbruchs, des Wohnungseinbruchsdiebstahls eingehen. Das ist nämlich die Seite, die eigentliche Seite, auf die Sie hier anspielen: der Wohnungseinbruchsdiebstahl, und ich stelle auf die Tat des Einbruchs denn auf den Diebstahl ab.
Das Eindringen von fremden Personen in unsere Privat- sphäre erfüllt die Menschen mit Angst und lässt sie mit unguten Gefühlen zurück. Wir wollen nicht, dass unser Zuhause ungefragt betreten wird, dass Unbekannte sich dort bewegen und unsere persönlichen Sachen berühren oder durchwühlen. Das Zuhause ist für die Menschen ein Ort der Zuflucht – meist so gestaltet, dass man abschalten kann vom Berufsalltag –, an dem man mit Freunden und Familie schöne Dinge erleben will, und es soll ein sicherer Rückzugsort sein. Betreten fremde Menschen ungefragt diesen Rückzugsort, kommt das für viele regelrecht einer Entweihung gleich.
Mit Ihrem Antrag suggerieren Sie, dass die Politik dieses subjektive Sicherheitsempfinden nicht wahrnimmt. Auch hier muss ich Ihnen sagen, dass das falsch ist. Bereits im März letzten Jahres gab es vonseiten des bayerischen Justizministeriums eine Initiative im Bundesrat, die Strafen bei Wohnungseinbruchsdiebstahl so zu verschärfen, dass Verfahrenseinstellungen eben nicht mehr möglich sind. Zusätzlich sollte der Anwendungsbereich der Telekommunikationsüberwachung auf den Wohnungseinbruchsdiebstahl erweitert werden. Dies hätte eine effektivere und angemessene Bekämpfung und Bestrafung des Wohnungseinbruchsdiebstahls mit sich gebracht.
Mecklenburg-Vorpommern hat sich dafür ausgesprochen, so wie alle CDU-geführten Justizministerien. Diese Anregung wurde zwar im Rechtsausschuss des Bundesrates abgelehnt, aber es zeigt, dass wir uns sehr wohl mit dem subjektiven Sicherheitsgefühl der Menschen vor Ort auseinandersetzen und die Initiative ergreifen. Dass es schließlich nicht zu den Strafverschärfungen gekommen ist, das ist Teil der Demokratie. Demokratie heißt Mehrheiten. Aber nur, weil diese Meinung 2015 noch keine Mehrheit gefunden hat, bedeutet dies nicht, dass es
An dieser Stelle möchte ich, weil es dazu passt, eine dpa-Meldung von gestern auszugsweise zitieren. Zitat: „Union und SPD setzen auf mehr Polizei und Geld gegen Einbrüche. Union und SPD wollen mit mehr Polizisten und höheren Zuschüssen zur Wohnungssicherung gegen Einbrüche vorgehen. … Das im vergangenen Herbst aufgelegte Programm zur Einbruchssicherung mit 30 Millionen Euro soll … mit zusätzlichem Geld ausgeweitet werden“, wie aus einem der Deutschen PresseAgentur vorliegenden Papier hervorgeht, das die Spitzen beider Bundestagsfraktionen bei einer Klausur im badenwürttembergischen Rust beschließen wollen. „Die Mindestinvestitionssumme von 2.000 Euro solle gesenkt und der Zuschuss auf bis zu 20 Prozent erhöht werden.“ Ich denke, das ist eine wichtige Maßnahme. „Außerdem sollen die Polizeien von Bund und Ländern neue Methoden nutzen, mit denen Einbruchskriminalität durch Analyse bisheriger Tatmuster vorhergesagt werden kann.“ Passt nicht ganz, aber ich finde, das ist eine wichtige Mitteilung, die zu diesem Antrag passt.
Also, meine Damen und Herren, die NPD braucht sich hier nicht so als Hüter von Recht und Gesetz aufzuspielen. Der Antrag ist auch in diesem Punkt nicht nutzbringend, meine Herren von der NPD. Ihr Antrag ist aus mehreren Gründen und aus juristischer Sicht einfach unsinnig und unnötig.
(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD, Wolf-Dieter Ringguth, CDU, und Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE)
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Nachdem Sie, Herr Texter, beziehungsweise die Landesregierung von Mecklenburg-Vor- pommern offensichtlich versagt haben bei der Verschärfung der Verfolgung von Einbrüchen,
sollten Sie doch froh sein, wenn die NPD sich dessen annimmt und dafür Stimmung macht, damit der Druck noch ein bisschen weiter ansteigt.
Außerdem haben Sie ja das, was der Bund Deutscher Kriminalbeamter gefordert hat, für Unfug und für überflüssig erklärt, und das ist gerade einen Monat her. Der Bund Deutscher Kriminalbeamter ist mit Ihnen und Ihren Parteianstrengungen wohl nicht so zufrieden wie Sie mit sich selber und wir halten uns lieber an diese Organisation als an Ihre Parteien.
Was Sie da zum Thema „Verbrechen und Vergehen“ erzählen, ist natürlich bekannt. Sie können den einfachen Weg gehen, indem Sie die Strafe auf ein Jahr erhöhen, die Mindeststrafe, dann haben Sie ein Verbrechen. Wir sind aber der Meinung, dass das nicht ausreicht, sondern dass der Wohnungseinbruch sich so sehr von einfachem Diebstahl, vom Eierdiebstahl im Laden unterscheidet und doch eher dem Raub anzunähern ist, dass das ein eigenständiger Straftatbestand sein sollte.
Ich sehe nicht ein, warum man das nicht durchführen könnte, auch im Hinblick darauf, wie es in MecklenburgVorpommern aussieht. Nach der letzten Kriminalstatistik haben wir hier mittlerweile etwa 1.500 Einbrüche im Jahr. Ein bisschen merkwürdig, überall ist die Kriminalstatistik angestiegen, neun Prozent bundesweit, und überall wird auch eingeräumt, dass es ausländische Verbrecherbanden sind, die dafür verantwortlich sind.
Nur hier spielen die angeblich keine Rolle und hier ist sie angeblich, nachdem sie vier Jahre lang immer angestiegen ist, die Einbruchsrate, hier soll sie augenblicklich zurückgegangen sein.