Ich rufe auf in Artikel 1 die Paragrafen 16 bis 18 entsprechend der Beschlussempfehlung. Wer dem zuzustimmen wünscht, die oder den bitte ich um ein Handzeichen. – Gegenprobe. – Und die Stimmenthaltungen? – Damit sind in Artikel 1 die Paragrafen 16 bis 18 entsprechend der Beschlussempfehlung bei gleichem Stimmverhalten angenommen.
Ich rufe auf die Artikel 2 und 3 sowie die Überschrift entsprechend der Beschlussempfehlung. Wer dem zuzustimmen wünscht, die oder den bitte ich um ein Handzeichen. – Danke. Die Gegenprobe. – Und die Stimmenthaltungen? – Damit sind die Artikel 2 und 3 sowie die Überschrift bei gleichem Stimmverhalten entsprechend der Beschlussempfehlung angenommen.
Und die Stimmenthaltungen? – Zugestimmt haben die Fraktionen der SPD, CDU und DIE LINKE, dagegen stimmte die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und es enthielt sich die Fraktion der NPD. Damit ist der Gesetzentwurf entsprechend der Beschlussempfehlung des Innenausschusses auf Drucksache 6/5322 angenommen.
An dieser Stelle lasse ich über den Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 6/5363 abstimmen, soweit er die Einfügung einer Entschließung beinhaltet. Wer dem zuzustimmen wünscht, die oder den bitte ich um ein Handzeichen. – Danke. Die Gegenprobe. – Und die Stimmenthaltungen? – Zugestimmt hat die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, dagegen stimmten die Fraktionen der SPD und CDU und es enthielten sich die Fraktion DIE LINKE und die Fraktion der NPD. Damit ist der Änderungs- antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 6/5363, soweit er die Einfügung einer Entschließung beinhaltet, abgelehnt.
Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 5: Die Zweite Lesung und Schlussabstimmung des Gesetzentwurfes der Landesregierung – Entwurf eines Gesetzes über den Vollzug des Jugendarrestes in Mecklenburg-Vorpommern und zur Änderung weiterer Gesetze, Drucksache 6/4215, hierzu die Beschlussempfehlung und den Bericht des Europa- und Rechtsausschusses, Drucksache 6/5343. Hierzu liegt Ihnen ein Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 6/5366 vor.
Gesetzentwurf der Landesregierung Entwurf eines Gesetzes über den Vollzug des Jugendarrestes in Mecklenburg-Vorpommern und zur Änderung weiterer Gesetze (Zweite Lesung und Schlussabstimmung) – Drucksache 6/4215 –
Beschlussempfehlung und Bericht des Europa- und Rechtsausschusses (3. Ausschuss) – Drucksache 6/5343 –
Das Wort zur Berichterstattung hat der Vorsitzende des Europa- und Rechtsausschusses Herr Müller von der SPD-Fraktion. Bitte.
Entwurf eines Gesetzes über den Vollzug des Jugendarrestes in Mecklenburg-Vorpommern und zur Änderung weiterer Gesetze. Mit dieser Vorlage schließen wir die Erarbeitung einer ganzen Reihe von Landesgesetzen im Zusammenhang mit der Umsetzung der Föderalismusreform 2006 im Bereich des Strafvollzugs ab. Begonnen hat das noch in der 5. Wahlperiode mit der Regelung der Untersuchungshaft und der Errichtung des Landesamtes für ambulante Straffälligenarbeit. In der laufenden Wahlperiode haben wir die Sicherungsverwahrung geregelt, dann kam der Strafvollzug und nun eben der Vollzug des Jugendarrestes.
Die Beschlussempfehlung beruht auf vier sehr intensiven Beratungssitzungen, die in die Ergebnisse einer Anhörung Eingang gefunden haben. Dort haben wir Fachleuten aus Verwaltung, Wissenschaft und Praxis die Gelegenheit gegeben, Stellung zu dem Gesetzentwurf zu beziehen. Alle Sachverständigen haben aus verschiedenen Blickwinkeln heraus mit dem Vollzug des Jugend- arrestes zu tun. Eine ausführliche Zusammenfassung der Stellungnahmen finden Sie im Berichtsteil der Beschluss- empfehlung. Ich möchte die Gelegenheit noch einmal nutzen, mich sehr herzlich bei allen Sachverständigen für ihre Unterstützung bei diesem Thema zu bedanken.
Meine sehr verehrten Damen, meine Herren, gestatten Sie mir noch kurz einige wenige Erläuterungen zum Hintergrund. Der Jugendarrest war bislang weder in einem eigenständigen Gesetz noch überhaupt auf Landesebene geregelt. Wir betreten also insoweit landesgesetzgeberisches Neuland, denn die entsprechenden Vorschriften waren auf verschiedene Regelwerke verteilt. Bei all diesen Regelwerken handelte es sich um Vorschriften des Bundesrechts.
Der vor Ihnen liegende Gesetzentwurf der Landesregierung orientiert sich an einem Musterentwurf für ein Jugendarrestvollzugsgesetz, der in einer gemeinsamen Arbeitsgruppe aus sechs Bundesländern erarbeitet wurde. Die Orientierung an diesem Musterentwurf sichert somit einen länderübergreifend ähnlichen Jugendarrestvollzug.
Dieses Gesetz besteht aus vier Artikeln. Artikel 1 betrifft die Regelungen zum Vollzug des Jugendarrests, in den Artikeln 2 und 3 sollen das Jugendstrafvollzugsgesetz und das Untersuchungshaftvollzugsgesetz geändert werden, damit die Rechtsqualität des jeweiligen Vollstreckungsplans in den verschiedenen Vollzugsgesetzen des Landes einheitlich wird. Artikel 4 regelt das Inkrafttreten.
Der Europa- und Rechtsausschuss empfiehlt, den Gesetzentwurf mit einer Änderung im Artikel 1 und im Übrigen unverändert anzunehmen. Die Änderung geht auf einen Änderungsantrag der Fraktionen der CDU, SPD und DIE LINKE zurück. Es geht hier darum, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der sozialen Dienste, der Justiz und der Jugendgerichtshilfe aus dem Anwendungsbereich der Vorschriften über Besuche herauszunehmen, denn es handelt sich dabei nicht um klassische Besucher.
Eine ganze Reihe weiterer Änderungsanträge der demokratischen Opposition haben wir im Ausschuss beraten, insgesamt fast 30. Sie sind alle ausführlich in meinem schriftlichen Bericht verarbeitet. Diese große Anzahl ist
auch ein Ausdruck der zuweilen gegenteiligen Positionen im Hinblick auf die Regelungsmaterie. Die Diskussionen über die unterschiedlichen Positionen im Ausschuss haben uns dennoch, wie ich finde, inhaltlich weitergebracht und insofern gestatten Sie mir, dass ich auch hier die Gelegenheit nutze, mich noch mal sehr herzlich bei den Kolleginnen und Kollegen des Ausschusses für ihre engagierte Mitarbeit zu bedanken.
Meine sehr verehrten Damen, meine Herren, der Europa- und Rechtsausschuss hat den Gesetzentwurf mehrheitlich mit den Stimmen der Fraktionen der SPD, CDU und NPD, gegen die Stimmen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Stimmenthaltung vonseiten der Fraktion DIE LINKE in der durch einen gemeinsamen Antrag der Fraktionen der CDU, SPD und DIE LINKE veränderten Fassung angenommen. Ich bitte Sie nun um Ihre Zustimmung zu diesem Gesetzentwurf, damit wir gemeinsam den Vollzug des Jugendarrests auf eine fundierte gesetzliche Grundlage stellen können. – Vielen herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD und Wolf-Dieter Ringguth, CDU – Detlef Müller, SPD: Wolf-Dieter, super! – Heiterkeit bei Wolf-Dieter Ringguth, CDU)
Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 90 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne also die Aussprache.
(Der Abgeordnete Andreas Texter spricht bei abgeschaltetem Mikrofon. – Zuruf aus dem Plenum: Mikro!)
... Damen und Herren! Herr Müller hat es bereits angesprochen, es gibt derzeit in Mecklenburg-Vorpommern kein Gesetz, welches sich ausdrücklich, ausschließlich und abschließend mit dem Jugendarrest beschäftigt. Daher ist es auch die Auffassung unserer Fraktion, dass die Thematik so wichtig ist, dass wir die einschlägigen Normen nicht im Jugendstrafvollzugsgesetz oder im Jugendhaftvollzugsgesetz verstreut lassen sollten. Deshalb war und ist es gut und richtig, dass das Ministerium einen entsprechenden Gesetzentwurf vorgelegt hat.
Alle Anzuhörenden sahen das ebenso. In der Anhörung wurde der Gesetzentwurf grundsätzlich begrüßt. Auch die Opposition hat die Notwendigkeit eines solchen Gesetzes gesehen. In den Details, das hat Herr Müller auch schon mal angedeutet, wurden dann aber doch sehr unterschiedliche Ansichten von dem Ziel eines solchen Gesetzes deutlich. Beispielsweise sprach Herr Suhr in der Ausschusssitzung selber von dem, Zitat, „Geist, den dieses Gesetz atmet“, und verzichtete in seinem Antrag auf die Zielsetzung, den Arrestierten ihr begangenes Unrecht, dessen Folgen und ihre Verantwortung dafür bewusst zu machen. Sie sprachen dies in Ihrem Antrag nur im Zusammenhang mit der Förderung des TäterOpfer-Ausgleichs an. Für das Ministerium und meine Fraktion ist dieser Punkt, den jungen Menschen ihr begangenes Unrecht aufzuzeigen, aber elementar und so wichtig, dass wir es als Ziel des Jugendarrestes formuliert sehen wollten.
Das ist der Punkt, der erste Schritt, an dem wir beginnen müssten. Den jungen Menschen muss doch deutlich gemacht werden, dass ihr Verhalten falsch war. Nur dann können sie erkennen, dass sie etwas ändern müssen, wenn ihr Lebensweg nicht in einer Einbahnstraße, beispielsweise in einer Haftstrafe, enden soll. Für sein Handeln muss man die Konsequenzen tragen. Das haben mir meine Eltern gesagt, ich habe das meinen Kindern auch so beigebracht, aber es gibt eben Unterschiede, soziale Umstände und Lebenswege, in denen junge Menschen diesen Grundsatz nicht vermittelt bekommen. Wenn das Elternhaus dies nicht übernehmen kann oder will, dann muss es eben die Gesellschaft übernehmen. Deshalb, meine Damen und Herren, brauchen wir dieses Gesetz, deshalb brauchen wir auch den Jugendarrest und deshalb brauchen wir dies als konkret formulierte Zielstellung im Gesetz.
Bei Ihnen, werte Kollegen von den LINKEN und den GRÜNEN, habe ich bei den Änderungsanträgen, die wir ja teilweise heute hier im Änderungsantrag der GRÜNEN vorliegen haben, beziehungsweise bei denen, die wir im Ausschuss diskutiert haben, manchmal das Gefühl, man würde so ein bisschen über einen Streichelzoo sprechen und nicht über jugendliche Straftäter.
Wir reden beim Jugendarrest auch nicht unbedingt vom Ersttäter, wir reden hier über Straftäter, über Menschen, die geraubt haben, die geschlagen haben, die andere Menschen verletzt haben, oder aber über die, die einen Teil ihrer Tage im Drogenrausch verbracht haben. Wir reden über Menschen, die schon mehrfach mit dem Gesetz in Konflikt geraten sind. Wir reden über Straftäter, denen einzig zugutegehalten werden kann, dass sie noch sehr jung sind. Deshalb nehmen wir sie an die Hand und zeigen ihnen, dass ein fest strukturierter Tagesablauf einen Halt im Leben darstellt und dass ein Leben ohne Straftaten funktioniert. Da hilft aber aus unserer Sicht keine Kuschelpädagogik, da helfen feste Strukturen. Mindestens eine Stunde am Tag zur freien Gestaltung genügt da vollkommen, ein Mehr an freier, unstrukturierter Zeit führt nur zu Ideen, die nicht zielführend sind. Wohin das junge Menschen führen kann, sieht man ja. Die Arrestierten wären nicht da, wo sie sind, wenn sie mit ihrer freien Zeit eben doch sinnvoll umgehen könnten.
Oder aber die Forderung, die Fähigkeiten und Begabungen der Arrestierten zu ergründen und zu fördern: Die Höchstdauer, meine Damen und Herren, für einen Arrest sind vier Wochen. Wie soll das genau erfolgen? Sie verweisen in dem Fall einfach auf Schleswig-Holstein, aber Sie nehmen sich doch dieser Ansicht an, da kann man ja auch eine Antwort von Ihnen erwarten und eben nicht von den Schleswig-Holsteinern. Das war also in der Anhörung deutlich und auch in den Anträgen.
Ich habe mich im Rahmen der Beratungen mit dem schleswig-holsteinischen Gesetz auseinandergesetzt, auf das Sie in Ihrem Änderungsantrag ja öfter verwiesen haben, und ich habe mich auch mit der Kritik daran auseinandergesetzt. An den Stellen, an denen es in der von Ihnen geforderten Weise von unserem Gesetzentwurf abweicht, wird es als zu abstrakt und zu wenig praktikabel kritisiert. Genau das waren auch unsere Kritikpunkte an Ihrem Änderungsantrag, denn wenn man nur eine
sehr, sehr begrenzte Zeit zur Verfügung hat, dann muss man den Verantwortlichen im Vollzug etwas Umsetzbares an die Hand geben.
Meine Damen und Herren, meine Fraktion ist der Ansicht, dass die begrenzte Zeit des Jugendarrestes so gut wie möglich genutzt werden sollte und dass die Auseinandersetzung mit dem Unrecht und mit den Folgen der Schwerpunkt der Arbeit mit den Arrestierten sein sollte.
Ein weiterer Punkt, den ich kurz ansprechen möchte, weil er sich ja immer wieder so negativ anhört, ist: Ja, in unserem Gesetzentwurf schreiben wir das Tragen von Anstaltskleidung vor. Im Änderungsantrag wird das anders gefordert. Wir haben uns gerade nach der Anhörung ganz bewusst dafür entschieden, diesen Passus im Gesetz nicht zu ändern.
Der Leiter der Jugendarrestanstalt bei uns im Land hat es ganz deutlich gesagt: Kleidung ist gerade bei Jugendlichen ein Statussymbol, sie dient der gegenseitigen Abgrenzung, sie dient aber oft auch als Erkennungszeichen. Wenn wir den Jugendlichen aufzeigen wollen, dass es ein besseres und aussichtsreicheres Leben außerhalb ihrer bisherigen Strukturen gibt, dann können wir sie nicht in der Arrestanstalt mit ihrer Kleidung herumlaufen lassen und sie dazu befähigen, sich selbst im Jugendarrest mit ihrem Aussehen abzugrenzen.
Meine Fraktion ist der Ansicht, dass der Jugendarrest, so, wie er dem Landtag hier vorliegt, sehr gut ausgestaltet ist. Die Mitarbeiter haben gute, handhabbare Vorgaben im Umgang mit den Arrestierten durch die klar formulierte Zielstellung des Gesetzes. Der Vollzug soll den Arrestierten das von ihnen begangene Unrecht, dessen Folgen und ihre Verantwortung hierfür bewusst machen, er soll einen Beitrag leisten, die Arrestierten zu einem eigenverantwortlichen Leben ohne weitere Straftaten zu befähigen. Jugendkriminalität ist und bleibt eine Herausforderung, meine Damen und Herren. Hier dürfen wir mit unseren Anstrengungen nicht nachlassen. Ich denke, das Jugendarrestvollzugsgesetz ist ein guter Baustein bei dieser Arbeit.
Auf die Inhalte des Änderungsantrages bin ich schon, glaube ich, ausführlich eingegangen. Wir lehnen den Änderungsantrag ab und bitten darum, diesem vorliegenden Gesetzentwurf so zuzustimmen. – Vielen Dank.