Protocol of the Session on January 28, 2016

Der Vorwurf der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN beruht nun trotz wiederholter Darlegung der Landesregierung im oben genannten Sinne auf dem bewussten Gebrauch eines anderen Begriffsverständnisses. Als Schulgirokonto kann nämlich andererseits auch ein Konto verstanden werden, das durch die Schulen in eigener Verantwortung eröffnet und bewirtschaftet wird.

Herr Minister, lassen Sie die Anfrage der Abgeordneten Berger zu?

Nein.

Bitte, Herr Minister.

(Zuruf aus dem Plenum: Schön abgeblitzt, was?!)

Ich wiederhole: Als Schulgirokonto kann nämlich andererseits auch ein Konto verstanden werden, das durch die Schulen in eigener Verantwortung eröffnet und bewirtschaftet wird. Hierbei würde es sich um ein sogenanntes Treuhandkonto handeln, da die Schulen das Konto zwar in eigenem Namen, aber auf fremde Rechnung führen würden. Denn wie dargelegt ist es gemäß Paragraf 102 des Schulgesetzes die Aufgabe des Schulträgers, den Schulen den notwendigen Sachbedarf für den Schulbetrieb zur Verfügung zu stellen.

Die Einführung von solchen Treuhandgirokonten ist zwar an sich prinzipiell möglich, dies würde jedoch – nichts anderes habe ich in der Vergangenheit und zuletzt in der Antwort 6/4799 vom 6. Januar 2016 auf die Kleine Anfrage stets erklärt – eine Änderung des Schulgesetzes voraussetzen. Die Einrichtung und Führung von Girokonten in eigener Verantwortung der Schulen kann allerdings nicht unser Anliegen sein.

(Andreas Butzki, SPD: Das stimmt.)

Ich möchte an dieser Stelle noch einmal an die Beschlussempfehlung und an den Bericht des Bildungsaus

schusses auf Drucksache 6/1384 im Zusammenhang mit der zweiten Novelle des Schulgesetzes im Jahr 2012 erinnern. Hier ist wiederholt betont worden, dass es Ziel sei, Freiräume für Lehrkräfte zu schaffen und Bürokratie abzubauen. Sollen nun zukünftig die entsprechenden Konten durch die Schulleiterinnen und Schulleiter geführt werden, würde dies das erklärte Ziel des Abbaus von Bürokratie und der Entlastung von Lehrkräften völlig konterkarieren.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, lassen Sie mich dies kurz näher ausführen. Ungeachtet der Tatsache, dass die Führung eines Treuhandkontos aufgrund einer bereits jetzt möglichen Führung eines Girokontos durch den Schulträger nicht nur entbehrlich und unnötig rechtlich kompliziert wäre, wäre hiermit für die Schulleitung letztlich ein ganz erheblicher Mehraufwand verbunden.

(Andreas Butzki, SPD: So ist es. – Simone Oldenburg, DIE LINKE: Genau.)

Ich ahne, sachkundige Abgeordnete, die Schulerfahrungen haben, werden dazu vermutlich noch etwas ausführen.

Die Schulleiterinnen und Schulleiter müssten zukünftig alle Bewegungen auf den Girokonten der Schule gesondert, vollständig, zeitgerecht und geordnet aufzeichnen und mit Nachweisen versehen. Darüber hinaus müssten Übersichten, Nachweise und die dem Zahlungsverkehr zugrunde liegenden Unterlagen aufbewahrt werden, von einer etwaigen Verpflichtung zur Rechnungslegung und Kassenprüfung einmal ganz abgesehen. Mit anderen Worten: Diese Art von Girokonto würde mit einer kompletten betriebswirtschaftlichen Buchführung und Haushaltsüberwachung in Verantwortung der Schulen verbunden sein. Dies ist durch die Schulen jedoch weder personell und zeitlich leistbar, noch ist es ihre Aufgabe. Vielmehr sehe ich, wie ich es bereits eingangs dargestellt habe, einen vertretbaren Weg darin, vonseiten des Schulträgers ein Girokonto für jede Schule einzurichten und zu bewirtschaften. Dazu steht den Kommunen im Gegensatz zu den öffentlichen Schulen nicht nur qualifiziertes Personal zur Verfügung, die Kommunen sind auch gesetzlich zuständig für diese Art von Aufgaben.

Ich möchte Sie an dieser Stelle noch auf Folgendes hinweisen, Frau Berger: Im Rahmen der EU-Bildungsprogramme, zum Beispiel der europäischen Förderung von Schulpartnerschaften, gibt es bereits jetzt explizite Absprachen zwischen meinem Haus und den kommunalen Landesverbänden dahin gehend, dass hierfür der kommunale Schulträger sein Girokonto einrichtet und dieses nachfolgend den Schulen zur Verfügung stellt.

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Ganz genau.)

Für den Bereich des im Jahr 2011 eingeführten Bildungs- und Teilhabepaketes, welches Kindern und Jugendlichen unter anderem die Teilnahme an eintägigen Wanderfahrten beziehungsweise Klassenfahrten ermöglicht, wird eine vergleichbare Handhabung angestrebt. Dies sind nur zwei von vielen Beispielen, die zeigen, dass das eingangs dargestellte Modell eines Girokontos auf Guthabenbasis bereits jetzt mit Erfolg praktiziert werden kann.

Eine verbindliche Vorgabe an die Schulträger zur Einrichtung eines solchen Girokontos scheitert jedoch an den dafür erforderlichen Aufsichtsmöglichkeiten des Bildungsministeriums. Um diesbezüglich eine verbindliche Rege

lung mit den Schulträgern zu erarbeiten, steht das Bildungsministerium derzeit im Austausch mit dem für die Kommunalaufsicht zuständigen Innenministerium, und die- se Gespräche dauern an. Ich möchte dabei nicht verschweigen, dass es in der Kommunalaufsicht der Landesregierung durchaus andere rechtliche Auffassungen gibt. Allerdings ist das Bildungsministerium für die Auslegung des Schulgesetzes im Rahmen der Landesregierung zuständig. Und meine Position habe ich Ihnen dargelegt.

Deswegen, Frau Berger, darf ich Ihnen Folgendes mitteilen: Entweder wir werden mit den kommunalen Spitzenverbänden zu einer entsprechenden Regelung kommen, wie ich sie mir wünsche, oder es bleibt alles, wie es ist. In diesem Sinne werde ich heute noch veranlassen, dass diese Handreichung auf den Weg gebracht wird und das Thema für mich damit erledigt ist. – Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD – Ulrike Berger, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Nach vier Jahren! Bravo!)

Das Wort hat der Abgeordnete Herr Reinhardt von der Fraktion der CDU.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Man muss sich tatsächlich fragen, ob wir im Bildungsbereich nicht gewichtigere Probleme haben,

(Heiterkeit bei Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Die Frage muss man sich stellen, vor allem hier im Landtag.)

als uns über Girokonten zu unterhalten.

(Jürgen Suhr, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Wenn das Ihr einziges Argument ist, Herr Reinhardt?!)

Nein, nein, wir kommen noch zu ein paar Argumenten.

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Könnt ihr das nicht im Ausschuss machen, der so heroisch geführt wird?)

Die Frage ist auch: Wie konnten es die Schulen in den letzten 25 Jahren tatsächlich schaffen, ohne so eine Mö- glichkeit auszukommen?

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das hat sich doch alles geändert.)

Viele kennen das und auch eine Umfrage – ich gebe zu, sie ist nicht repräsentativ –, die ich unter einigen Schulleitern gemacht habe, ob es eines solchen Mittels, wie es die GRÜNEN hier beantragen, tatsächlich bedarf, hat ergeben, dass sich die meisten Schulleiter bereits geholfen haben: Es gibt an vielen Schulen Fördervereine, Schulvereine,

(Zuruf von Ulrike Berger, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

über die so etwas abgewickelt wird. Ich glaube, dass diese Möglichkeiten auch ausreichend sind.

Ansonsten hat der Bildungsminister darauf hingewiesen, er hat ja zum Schluss darauf hingewiesen: Wir als CDUFraktion haben da vielleicht rechtlich eine gewisse ande

re Auffassung. Ich glaube nicht, dass es sinnvoll ist, so ein Schulgirokonto für alle Schulen beim Schulträger anzulegen, und dass dann der Schulträger, also die Stadt, Gemeinde oder auch Kreisverwaltung, bei Klassenfahrten den Schülern hinterherlaufen muss, wenn es darum geht, Beiträge einzukassieren.

Wir glauben am Ende, wenn es so einer Möglichkeit tatsächlich bedarf, ist dies auch heute untergesetzlich möglich. Das Bildungsministerium könnte wie in den anderen Bundesländern eine Verordnung erlassen. Es ist natürlich auch möglich, dahin gehend das Schulgesetz zu ändern. Wir glauben, dass der Bedarf überhaupt nicht vorhanden ist und dass es so einer Regelung zurzeit nicht bedarf. Deshalb lehnen wir Ihren Antrag ab und werden ihm nicht zustimmen. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU – Heiterkeit bei Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Das auch noch! Nicht nur ablehnen, sondern auch nicht zustimmen! – Heiterkeit bei Simone Oldenburg, DIE LINKE: Das ist bei einer Ablehnung so.)

Das Wort hat die Abgeordnete Frau Oldenburg von der Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ein mündlicher Tadel für den Bildungsminister Brodkorb und das Nachsitzen für die Lehrkräfte Mecklenburg-Vorpommerns – das sind die beiden Inhalte des heutigen Antrages der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

(Zuruf von Patrick Dahlemann, SPD)

Unter dem überlasteten Begriff „Selbstständigkeit der Schulen“ sollen Lehrkräfte Girokonten anlegen dürfen, damit sie dann selbstständig und vor allem zusätzlich die Aufgaben der Schulträger erfüllen sollen. Zu viel wurde mit dem Totschlagargument von mehr Selbstständigkeit den Lehrerinnen und Lehrern sowie den Schulleitungen in den vergangenen Jahren aufgebürdet. Alles, was Geld kostet oder was kein anderer machen will, wurde den Schulen aufgehalst und stets mit der Floskel begleitet: Das erhöht die Selbstständigkeit der Schulen. Selbstständigkeit ist leider ein Pseudonym geworden für: Kein anderer will es machen.

(Heiterkeit und Beifall Andreas Butzki, SPD)

Genauso verhält es sich mit dem Schulgirokonto. Wenn man es einführen will, muss man gegenüber den Lehrkräften und den Mitgliedern der Schulleitungen ehrlich sein und sagen, wenn ihr dieses Konto wollt, dann müsst ihr sämtliche Einzahlungen tätigen, alle Abrechnungen machen, ihr braucht einen Steuerberater und haftet für jegliche Unregelmäßigkeit.

(Andreas Butzki, SPD: Richtig.)

Glauben Sie mir, dann hat sich die eine oder andere Zustimmung schon erledigt, denn ein Schulgirokonto erhöht genauso wenig die Selbstständigkeit von Schulen, wie ein fehlendes Konto die Selbstständigkeit begrenzt. Selbstständigkeit ist nämlich nicht von der Befugnis abhängig, ein Konto zu führen, sondern Selbstständigkeit ist abhängig von der Befugnis, Entscheidungen zu treffen

und diese auszuführen. Entscheidungen wie die Zusammensetzung der Klasse, die Klassengröße, die Gestaltung der Unterrichtsinhalte und die pädagogische Zielsetzung einer Klassenfahrt haben Einfluss auf die Selbstständigkeit von Schulen. Selbstständigkeit bedeutet also unter anderem, gemeinsam mit den Schülerinnen und Schülern Erlebnisse und Ausflüge zu planen, jedenfalls die, die zu planen sind, denn Überraschungen gibt es für die Lehrkräfte bei einer Klassenfahrt noch genügend.

Meine Fraktion will die Lehrerinnen und Lehrer aber vor einer weiteren, in diesem Falle bösen Überraschung bewahren. Wir wollen nicht, dass die Lehrkräfte vor der Fahrt zum Kassierer und nach der Fahrt zum Buchhalter werden, sondern dass weiterhin die Schulträger diese Verwaltungsaufgaben erledigen.

Der Paragraf 100 des Schulgesetzes definiert klar die Aufgaben der Lehrkräfte, ich zitiere: „Lehrerin oder Lehrer im Sinne dieses Gesetzes ist, wer an einer Schule selbstständig Unterricht erteilt. … Die Lehrerinnen und Lehrer unterrichten und erziehen in eigener pädagogischer Verantwortung.“ Ende des Zitats. Sie unterrichten und erziehen! Da steht nicht, dass Lehrkräfte im Nebenberuf Verwaltungsangestellte sind, es steht nichts davon, dass sie Treuhänder für Elterngelder oder entsprechende Sozialleistungen sind. Schulgirokonten erhöhen also nicht die Selbstständigkeit der Lehrkräfte, sondern ihre Mehrarbeit. Dass derzeit Lehrerinnen und Lehrer aus ihrem Verantwortungsbewusstsein gegenüber den Kindern und Jugendlichen notgedrungen als Sparkassenangestellte in die Bresche springen,

(Torsten Renz, CDU: Keine Werbung! Keine Werbung!)

darf nicht dazu führen, ihnen auch noch diese Aufgabe per Gesetz überzuhelfen.

Sehr geehrte Damen und Herren, die Bündnisgrünen beklagen, dass gegenwärtig – ich zitiere aus der Antragsbegründung – „alle Fremdmitteleinnahmen und deren Ausgaben (zum Beispiel Elternbeiträge für Schul- fahrten, … EU-Mittel, … Mittel aus dem Bildungs- und Teilhabepaket) entweder auf Privatkonten von Lehrern bzw. Lehrerinnen oder Eltern, auf Klassenkonten oder auf dem Konto eines Schulfördervereins oder über die zuständigen Ämter verwaltet werden.“ Ende des Zitats. Mal abgesehen davon, dass für EU-Mittel und für Mittel aus dem Bildungs- und Teilhabepaket durchgängig von öffentlichen Trägern geführte Konten zwingend erforderlich sind, sagen die Antragsteller selbst, dass die zuständigen Ämter diese Aufgabe erledigen.