Protocol of the Session on January 28, 2016

fragen, was die wiederholte Befassung nach nur zwei Monaten in diesem Hause eigentlich soll, wo doch das Land im Bundesrat den von Ihnen und auch von uns verlangten Änderungen zugestimmt hat.

(Susann Wippermann, SPD: So ist es.)

Eine erneute Befassung im Landtag kann dennoch nicht schaden, Frau Wippermann,

(Peter Ritter, DIE LINKE: So ist es.)

denn die Bundesregierung hat die wichtigen Änderungsvorschläge des Bundesrates nicht aufgenommen.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Sehr richtig.)

Stattdessen wurde der Gesetzentwurf Ende des Jahres mit all seinen Problemen in den Bundestag eingebracht.

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Das Thema Störerhaftung entwickelt sich damit allmählich zu einem Kapitel aus der Geschichte „Die ewig unbelehrbare Bundesregierung“. Trotz massiver Kritik des Bundesrates und trotz der Vorlage eines Alternativvorschlages, trotz Kritik von Verbänden, Wirtschaft und Zivil- gesellschaft hält die Große Koalition in Berlin an ihrem Gesetzesvorschlag fest. Das ist insofern schwierig, als es sich beim Telemediengesetz um ein sogenanntes Einspruchsgesetz handelt. Der Einfluss des Bundesrates ist in diesem Fall geringer als bei zustimmungsbedürftigen Gesetzen. Der Bundesrat kann seine abweichende Meinung dadurch zum Ausdruck bringen, dass er Einspruch gegen das Gesetz einlegt. Der Einspruch des Bundesrates kann durch den Deutschen Bundestag jedoch überstimmt werden.

Wenn wir jetzt also wissen, dass die Bundesregierung scheinbar kein Interesse an einer Änderung ihres Entwurfes hat, sollte sich das Land überlegen, wie es sicherstellt, dass die eigenen Interessen nicht unter die Räder geraten. Ich frage Sie also: Wie wird sich das Land verhalten, wenn der Bundestag die Änderungsvorschläge des Bundesrates ablehnt? Was unternimmt diese Landesregierung in der Zwischenzeit, um die Interessen des Landes durchzusetzen? Welche Gespräche führen Sie mit den zuständigen Ministerien und Ihren Kolleginnen und Kollegen aus dem Bundestag?

Wie wir lesen konnten, fand gestern ein Treffen zwischen den Bundestagsfraktionen von SPD und CDU statt. Was sind denn die Ergebnisse? Es reicht eben nicht aus, hier nur Sonntagsreden zu halten.

(Egbert Liskow, CDU: Dann machen Sie es doch auch nicht!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich hatte die leise Hoffnung, Sie könnten uns einige dieser Fragen beantworten.

(Zuruf von Wolfgang Waldmüller, CDU)

Ich hatte auch die Hoffnung, dass Sie uns heute mitteilen, woran es liegt, dass die Bundesregierung sich so stur stellt. Die CDU im Land betont doch stets ihre guten Kontakte zur Bundeskanzlerin. Ich habe aber das Gefühl, dass die CDU wieder einmal nur blockiert.

(Wolfgang Waldmüller, CDU: Was?!)

Genauso gut hätten aber auch die Kollegen der SPD beim Bundeswirtschaftsminister und SPD-Bundesvor- sitzenden Sigmar Gabriel nachfragen können. Immerhin kommt der Gesetzentwurf aus seinem Haus. Auf diese Fragen gab es jedoch leider keine Antworten.

Die Probleme sind damit nach wie vor die gleichen wie im November, als wir zuletzt zu diesem Thema debattierten. Ich bin deswegen so frei und wiederhole noch einmal die wesentlichen Kritikpunkte aus der Rede meines Kollegen Johannes Saalfeld in der Novembersitzung.

(Heiterkeit bei Wolfgang Waldmüller, CDU)

Herr Waldmüller, Sie freuen sich schon.

Anstatt Rechtssicherheit zu schaffen, schafft der Gesetzentwurf der Bundesregierung neue Unsicherheiten. So ist geplant, dass Anbieter „zumutbare Maßnahmen“ ergreifen müssen, um eine Rechtsverletzung durch Nutzer zu verhindern. Aber was bedeutet eigentlich „zumutbar“? Weiter heißt es, dass „angemessene Sicherungsmaßnahmen“ gegen den unberechtigten Zugriff auf das drahtlose Netzwerk ergriffen werden sollen. Aber was bedeutet „angemessen“? Solche unklaren Rechtsbegriffe provozieren ja geradezu eine erneute Auslegung durch die Gerichte.

Außerdem soll der Zugang nur dem Nutzer gewährt werden, der erklärt hat, im Rahmen der Nutzung keine Rechtsverletzung zu begehen. Ich frage mich, ob die Bundesregierung als Nächstes vorschlägt, dass alle Autofahrer vor der Benutzung einer Straße jedes Mal eine Erklärung abgeben müssen, dass sie keine Rechtsverletzungen begehen werden. Diese Vorstellung ist absurd! Warum der offene Zugang zum Internet jedoch derart eingeschränkt wird, erschließt sich wohl nur der Bundesregierung. Das ist ziemlich weltfremd.

(Egbert Liskow, CDU: Weil es scheinbar was anderes ist.)

Es ist übrigens nicht explizit geregelt, wie diese Rechts- treueerklärung erfolgen soll. In der Praxis wird es wohl auf eine Vorschaltseite hinauslaufen. Übrigens gilt dies auch für private Anbieter. Abgesehen davon, dass eine technische Einrichtung einer solchen Seite nicht ohne Weiteres möglich ist, sondern zusätzliche Kosten für Fachleute verursacht, bedeutet das in der Konsequenz auch, dass jeder von uns, der ein WLAN zu Hause betreibt, von seiner Familie und seinen Freunden eine solche Erklärung für das eigene Netz verlangen müsste. Das ist zwar absurd, aber es macht das permanente Misstrauen und einen Generalverdacht, insbesondere von der CDU, gegen alle Internetnutzer deutlich.

(Dietmar Eifler, CDU: Das ist doch Quatsch.)

Dabei fehlt es an jedem Beleg, dass die Nutzung offener Netze zur vermehrten Rechtsverletzung führt. Modellversuche in der Praxis zeigen sogar explizit das Gegenteil. Außerdem ist eine Evaluation im Gesetzentwurf nach zwei Jahren vorgesehen. Wir sollten also erst einmal die Chancen offener Netze nutzen und nach zwei Jahren eine datenbasierte Evaluation durchführen.

Kurzum, dieses Gesetz beseitigt erstens die Rechtsunsicherheiten nicht und zweitens sind mit diesem Gesetz

praktisch keine offenen Netze möglich, denn alles läuft auf eine Registrierung hinaus. Damit bleiben es geschlossene Netze. Der Entwurf des Telemediengesetzes zeigt wieder einmal, dass die Bundesregierung der Bremsklotz einer schnellen digitalen Entwicklung des Landes im Allgemeinen und der Bremsklotz für die Entwicklung offener WLAN-Netze im Speziellen ist. Meine sehr verehrten Damen und Herren, während der Ersten Lesung des Gesetzentwurfes hat mein Kollege aus der GRÜNEN-Bundestagsfraktion Konstantin von Notz passenderweise festgestellt, dass die Große Koalition nicht nur orientierungslos durch das Neuland Internet läuft, sondern sich sogar hoffnungslos verlaufen hat. Lassen Sie uns das weiterdenken! Die Länder können der Nordstern sein, der einer orientierungslosen Bundesregierung zurück auf den richtigen Weg hilft. Darum wird es endlich Zeit für eine engagierte Lobbyarbeit dieser Landesregierung beim Bund. Es wird Zeit, dass Sie sich im Interesse der Wirtschaft, der Tourismuswirtschaft im Besonderen, und im Interesse der Menschen im Land für freie und offene Zugänge zum Internet einsetzen. Ein guter Vorschlag dafür liegt auf dem Tisch. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort hat der Abgeordnete Herr Waldmüller von der Fraktion der CDU.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich werde es relativ kurz machen.

Herr Holter, Sie haben es selbst schon gesagt bei der Einbringung Ihres Antrages, gerade im November haben wir einen Antrag von Ihnen gehabt zur Novelle des Telemediengesetzes. Der hieß damals „Freifunk in Mecklenburg-Vorpommern stärken – Störerhaftung abschaffen“. Im Grunde, aber das haben Sie gesagt, ist die Intention des heutigen Antrags die gleiche wie damals. Nichtsdestotrotz halte ich es genauso …

(Helmut Holter, DIE LINKE: Sie haben den feinen Unterschied nicht begriffen.)

Doch, doch, ich habe das schon. Ich will nur sagen, dass das ein sehr, sehr wichtiges Thema ist, überhaupt keine Frage.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Na immerhin!)

Mehrfach haben wir – und das haben Sie ja heute auch noch mal gesagt – in den zurückliegenden Monaten die Bedeutung der Internetverfügbarkeit für alle Lebensbereiche diskutiert, und ich glaube, es gibt da überhaupt keinen Dissens über die Notwendigkeit für unsere Wirtschaft, für die Tourismuswirtschaft und dergleichen. Ob man nun über Breitband oder frei zugängliche WirelessLAN-Netze spricht, Internetverbindungen sind eine maßgebliche Baustelle für die künftige wirtschaftliche, kulturelle, soziale, medizinische – was auch immer – oder de- mografische Entwicklung in einem Land.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Und überhaupt.)

Die Entwicklung im Bereich des Internets ist aber äußerst dynamisch und deshalb fällt es auch der Politik manchmal schwer, mit der Geschwindigkeit und mit den geän

derten Rahmenbedingungen durch gesetzliche Maßnahmen zu begleiten beziehungsweise Schritt zu halten.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Deswegen bringen wir jeden Monat dazu einen Antrag ein.)

So hat der Bundesgerichtshof im sogenannten „Sommer unseres Lebens“-Urteil festgestellt – und das ist nun mal ein BGHUrteil –: „Der Betrieb eines nicht ausreichend gesicherten WLAN-Anschlusses ist adäquat kausal für Urheberrechtsverletzungen, die unbekannte Dritte unter Einsatz dieses Anschlusses begehen.“ Und das ist dann auch die Schwierigkeit.

Gerade mit der Novelle des Telemedizingesetzes haben sich Bundesregierung

(Heiterkeit bei Helmut Holter, DIE LINKE: Mediengesetzes!)

und Bundestag dieses Themas angenommen, und Ziel der Novelle ist es jetzt – Sie haben es gesagt – im Wesentlichen, die sogenannte Störerhaftung zu regeln.

Ich habe Sie nicht verstanden, wenn Sie so lachen.

(Helmut Holter, DIE LINKE: Sie reden vom Telemedizingesetz, es heißt Telemediengesetz.)

Dann entschuldigen Sie meinen Versprecher.

(Heiterkeit und Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Herr Holter, wir reden vom Telemediengesetz.

Ziel der Novelle ist es im Wesentlichen, die sogenannte Störerhaftung zu regeln. Urheberrechte, etwa aus den Bereichen Film und Musik, aber auch aus dem Bereich Sport, müssen eben geschützt sein. Die Schäden der jährlichen illegalen Downloads werden auf etwa 1 Milliarde Euro geschätzt. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf soll letztendlich sichergestellt werden, dass illegale Nutzungen vermieden, der Datenschutz und nicht zuletzt die öffentliche Sicherheit gewährleistet werden.

Bereits – das ist mehrfach und von jedem Redner ange- führt worden – am 6. November 2015 wurde der Gesetzentwurf der Bundesregierung im Bundesrat beraten. Der Ausschuss für Innere Angelegenheiten empfiehlt dem Bundesrat, gegen den Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 Grundgesetz keine Einwendungen zu erheben.