Aber zunächst einmal sei auch meinerseits festgestellt, die Callcenterbranche ist eine boomende Branche, von daher ist sie sicherlich auch eine wichtige Branche für unser Land. In Callcentern arbeiten zu einem ganz hohen Prozentteil Frauen,
und ein großer Anteil der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Callcentern arbeitet Teilzeit. Das dürfte Ihre Thesen von Aufstockerinnen und so weiter natürlich unterstützen.
Bei mir hat Ihr Antrag mindestens genauso viele Fragen wie andere Dinge ausgelöst. Sie sprechen die Handlungsempfehlungen für die Arbeitsmarktpolitik des Landes Brandenburg an, Vorschläge zur Verbesserung der Situation der Beschäftigten in Callcentern, von der Viadrina hergestellt, hätte ich fast gesagt, also aufgeschrieben, will ich mal sagen. Die Autoren, zwei Wissenschaftler und zwei ver.di-Leute, um es mal so platt zu sagen, haben diese Studie erstellt oder haben diese Handlungsempfehlungen erstellt, gefördert durch das Land Brandenburg aus ESF-Mitteln.
Ja, ein 14-monatiges transnationales Projekt, das habe ich durchaus gesehen und habe mir das auch angeschaut. Die Aussage, die ich in diesem Zusammenhang bloß vermisse, ist, was sagen die Brandenburger denn zu diesen Handlungsempfehlungen. Haben die direkt gesagt, ja, diese Handlungsempfehlungen machen wir uns zu eigen und nehmen das nun als Leitfaden? Ich habe mal beim Arbeitsministerium in Brandenburg auf die Homepage geguckt und konnte nicht die Spur davon entdecken, dass da irgendwelche Ansätze in dieser Richtung geplant sind oder diskutiert werden. Vielleicht können Sie etwas dazu sagen, das würde mich nämlich wirklich interessieren, wie die Brandenburger das sehen.
Die Bewertung, die Sie in Ihrem Antrag bezüglich der geleisteten Arbeit in den Call- oder Servicecentern vor
nehmen, kann man teilen, muss man nicht. Aber ich denke mal, die ist auch nicht so eingleisig gemeint gewesen, wie sie auf dem Papier steht, sondern durchaus so, dass es solche und solche Callcenter gibt. In einigen sind die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sogar durchaus zufrieden, weil das Arbeitsklima sehr gut ist, das dort herrscht, in anderen ist das überhaupt nicht der Fall. Was verallgemeinert werden kann, wenn man den Erhebungen glaubt, ist, dass insgesamt schlecht bezahlt wird und dass es in dieser Branche, wie in ganz vielen anderen auch, selbstverständlich Verbesserungsbedarfe gibt.
Kommen wir nun zu Ihrem Antrag. Da hat mich die Ausführung von Herrn Renz eben ein bisschen gewundert – das war mir beim Lesen der Handlungsempfehlungen nicht aufgefallen –, und zwar sagte er in Bezug auf die Empfehlung, dass geprüft werden soll, inwieweit Arbeitnehmerorganisationen in die Überarbeitung der Servicecenternorm EN 15838 einbezogen werden können, da hätten sie jetzt auch keine Vorstellungen und haben keinen Vorschlag gemacht, sondern müssten das weiter prüfen. Das hat mich wirklich gewundert, weil man zunächst einmal konstatieren muss, wie DIN-Normen entstehen, DIN-Normen auf europäischer Ebene, wohlgemerkt. Wie eine DIN-Norm in Deutschland entsteht, das wissen hoffentlich alle, aber eine europäische Normungsarbeit beginnt mit einem Normungsvorschlag, der von einem Mitglied der Europäischen Normungsorganisation und so weiter – das ist zum Beispiel auch das Deutsche Institut für Normierung – eingebracht werden kann, und dann wird auf EU-Ebene darüber beraten.
Eine DIN-Norm ist erst mal ein freiwillig erarbeiteter Standard und wird unter Leitung des Arbeitsausschusses im DIN, also im Deutschen Institut für Normen, erarbeitet. Wenn man dann mal auf die Homepage guckt, gibt es da einen Button „Mitwirkung“,
und da steht, dass jeder, der möchte, mitwirken kann. Jeder, der möchte, kann mitwirken! Also es kann auch jede Arbeitnehmerorganisation mitwirken, Vorschläge machen, die dort sogar ernsthaft beraten werden.
Das ist der Grundstein dafür, dass diese Norm zum Beispiel auf einfache Art und Weise in einer erweiterten Fassung dort eingespeist wird und weitere Punkte zur Beratung eingebracht werden. Ich fand das ein bisschen seltsam, dass Wissenschaftler und ver.di-Leute das nicht wussten. Also, na ja, dazu möchte ich dann nichts weiter sagen.
Über Ihre beiden nächsten Spiegelstriche habe ich mich weiter gewundert, aber Sie erhellen das gleich alles, darauf freue ich mich schon, Herr Foerster.
Die Landesregierung soll darauf hinwirken, „dass Gesundheitsrisiken für die Beschäftigten in den Servicecentern des Landes durch Gefährdungsbeurteilungen gemäß § 5 Arbeitsschutzgesetz erfasst und Maßnahmen zur Gesunderhaltung der Beschäftigten ergriffen werden“. Das ist das Arbeitsschutzgesetz, das steht da drin.
(Henning Foerster, DIE LINKE: Das passiert nur nicht. Das weiß selbst Herr Dr. Will. Wenn Sie Zeitung gelesen hätten, wüssten Sie das! – Andreas Butzki, SPD: In der Zeitung steht nicht immer die Wahrheit.)
Des Weiteren steht da, „Gefährdungsbeurteilungen zum Schwerpunkt bei Kontrollen durch Arbeitsschutzbehörden und Berufsgenossenschaften in Servicecentern zu machen“.
Wenn Sie hier die Forderung aufmachen, dass die Landesregierung aufgefordert wird, das zu tun, was sowieso Gesetzesgrundlage ist, können Sie das natürlich machen. Die Landesregierung in Form von Frau Ministerin hat dazu Stellung bezogen und durchaus eingeräumt, dass das Personal knapp ist und dass die Aufgaben vielschichtig sind. Aber trotzdem finde ich den dritten Spiegelstrich, wenn er so gemeint ist, wie es hier steht, nicht richtig, weil die zuständigen Behörden, die den Arbeitsschutz prüfen sollen, mehr tun sollen, als Gefährdungsbeurteilungen zum Schwerpunkt ihrer Arbeit zu machen,
denn sie sind insbesondere dazu da, arbeitsbedingte Gesundheitsgefahren festzustellen und auch nach Gefährdungsbeurteilungen zu gucken, die ja die Arbeitgeber selber verschriftlichen und Maßnahmen davon ableiten sollen. Da muss den Prüfbehörden doch gerade die Aufgabe zugestanden werden, auch festzustellen, dass sie nicht ausreichen, dass andere Schwerpunkte gesetzt werden müssen, weil die Gefährdungsbeurteilungen, die, wie gesagt, die Arbeitgeber machen, nicht ihren Ansprüchen genügen.
Zum Landesgütesiegel will ich gar nichts mehr sagen, nur noch zu Ihrem letzten Spiegelstrich, „sich dafür einzusetzen, dass frühere Bemühungen zur Gründung eines tariffähigen Arbeitgeberverbandes für die ServicecenterBranche“ und so weiter und so fort „wieder aufgenommen werden“. Da hat Herr Renz gut seine Wahrnehmung der Sache hier verdeutlicht, indem er darauf hingewiesen hat, dass die Einführung des Mindestlohnes schuld daran ist, dass diese Bemühungen eingestellt worden sind.
Ich glaube, dass auch diese Branche sich von diesem fürchterlichen Schlag der Einführung des gesetzlichen Mindestlohnes in einer Höhe von 8,50 Euro tatsächlich erholen kann und auch erholen wird und dass die Unterstützung und die Gespräche unserer Sozialministerin dieser Branche wieder dabei helfen, auf diesen Weg zurückzukehren. Ich bin da ganz positiv eingestellt, denn bis jetzt hat jede Branche die Einführung des Mindestlohnes verkraften können. Ich glaube mal, auch wenn wir perspektivisch in Augenschein nehmen, die Mindestlöhne zu überprüfen, ob 8,50 Euro denn tatsächlich noch das Maß der Dinge sind, werden wir dann damit leben können.
Herr Foerster, Ihren Antrag werden wir, das können Sie sich ja nach meinen Ausführungen denken, ablehnen. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! „Neue Impulse für ‚Gute Arbeit‘ in den Servicecentern des Landes setzen“, unter diesem Titel vereinen die LINKEN einige Feststellungen und Forderungen, die eine nähere Betrachtung verdienen.
Zunächst einmal soll der Landtag feststellen, dass Servicecenter wichtige Arbeitgeber in Mecklenburg-Vorpom- mern seien. Dieser Feststellung werden dann einige Füll- sätze angefügt. Die Arbeitsbedingungen in den Service- centern oder in vielen sogenannten Servicecentern sind allerdings miserabel. In Mecklenburg-Vorpommern, das ist bekannt, liegen die Löhne und Gehälter immer noch 27 Prozent unter dem Bundesdurchschnitt. Bei den Servicecentern verdienen die Beschäftigten häufig dermaßen wenig, wie es auch Herr Foerster ausführte, dass sie ohne weitere Beschäftigung und/oder Aufstockung nicht den eigenen Lebensunterhalt bestreiten können.
Ich habe vor Kurzem mit einem gesprochen, der auch das Glück hat – in Anführungsstrichen –, hier im Servicecenter in Schwerin arbeiten zu dürfen. Er hat diese Arbeitsstelle von einem Jobcenter aufgezwungen bekommen. Er hat jetzt mit diesem Gehalt weniger, als er vorher mit Hartz IV hatte, weil dermaßen viele Fahrkosten anfallen, und bei dem Gehalt – er verdient 1.150 Euro brutto – bleibt am Ende wenig übrig. So sieht die Situation in unserem Land aus und gerade in Mecklenburg-Vorpommern sind viele Beschäftigte über Leih- und Zeitarbeitsunternehmen und/oder nur auf Teilzeitbasis beschäftigt.
Aber auch Lohndrückerei durch Ausgliederung bei großen Unternehmen kennzeichnet die Servicecenterbranche. Familienfeindliche Arbeitszeiten sind auch bei Callcentern üblich. Ihnen dürfte bekannt sein, dass die Callcenter weiterhin auch auf Sonntagsarbeit bestehen. Nach Auskunft der Telemarketing Initiative Mecklenburg-Vor- pommern sollen hier in Mecklenburg-Vorpommern bis zu 10.000 Arbeitnehmer in dieser Branche beschäftigt sein und
zwischen männlich und weiblich, Herr Ritter. Sie sollten sich mit der deutschen Sprache mal auseinandersetzen,
dann werden Sie feststellen, dass von der Grundanlegung der deutschen Sprache dort kein Geschlechtsunterschied vorgenommen worden ist.
Ein Drittel der Beschäftigten in Mecklenburg-Vorpom- mern in dieser Branche muss sonntags arbeiten. Was aber bislang total außer Acht gelassen wurde, ist die
Werthaltigkeit, zumindest eines Teils der Branche. Dauernervanrufe von Callcentern kennt bestimmt jeder. „Werbeanrufe sind die Landplage des 21. Jahrhunderts“, so wurde bereits im Jahr 2007 der Bundesvorsitzende der Verbraucherzentralen wiedergegeben. Eine Förderpolitik des Landes muss sich natürlich auch am Arbeitsklima beziehungsweise am Arbeitsniveau von Betrieben ausrichten. Wir sehen beispielsweise nur in Angelegenheiten der Daseinsvorsorge Gründe für eine Befreiung von dem Sonntagsarbeitsverbot für Servicecenter.
Der Antrag der LINKEN stellt den Missbrauch von Servicecentern in Form von Konsumrauschanrufen durch die Callcenter nicht infrage. Die NPD-Fraktion kann dem Antrag nicht zustimmen, da Sie zwar Fehlentwicklungen benennen, nicht aber die Ursachen aufzeigen.
Die Gewerkschaften sind hier überhaupt keine Hilfe, das zeigt allein schon der Umgang der Gewerkschaften mit den eigenen Mitarbeitern. Auf der einen Seite tun sie so, als ob sie die Interessen der Arbeitnehmer vertreten, wenn sie selbst Arbeitgeber sind, behandeln sie die eigenen Mitarbeiter wie das letzte Vieh. Notwendig sind aus Sicht der NPD-Fraktion klare, verbindliche Regelungen und keine weiteren Arbeitskreise, wie sie jetzt auch von den LINKEN wieder gefordert werden, denn diese bewirken rein gar nichts.
Die anderen Punkte sind reine Prüfpunkte, die ebenfalls zu keiner Verbesserung führen. Die NPD lehnt den Antrag ab. – Danke schön.
(Beifall vonseiten der Fraktion der NPD – Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE – Stefan Köster, NPD: Haben wir da wieder einen Zwergenaufstand? – Peter Ritter, DIE LINKE: Ja, das war so langweilig.)