Dass auf der anderen Seite der Lebensmitteleinzelhandel horrende Gewinne einfährt und diese nicht an den Landwirt heruntergibt, ist für mich nach wie vor ein Riesenproblem. Deswegen werde ich auch mit der Übernahme der Agrarministerkonferenz im Jahr 2016 alles daransetzen, dass wir zu faireren Rohstoffpreisen in der Landwirtschaft kommen.
Wir müssen bitte auch zur Kenntnis nehmen – ob ich das gutheiße oder nicht –, wir werden einen Konzentrationsprozess bekommen,
Auch das will ich hier unterstreichen: Die Landwirtschaft, die Schlachtbetriebe, die Verarbeiter stehen unter einem massiven Preisdruck, mit der Folge, dass viele Produktionseinheiten aus dem Prozess ausscheiden. In der Schweinehaltung ist ein Bestandsrückgang in Mecklenburg-Vorpommern in diesem Jahr im Vergleich zum letzten von 12,3 Prozent festzustellen. Frau Karlowski, Sie nicken und Sie haben es auch wahrgenommen. Wenn wir über 105.300 Schweine in diesem Lande weniger haben, dann bedeutet das auch Arbeitsplatzabbau.
Das bedeutet aber nicht zuletzt, dass die ganze Wertschöpfungskette in sich auch verringert wird. Deswegen darf man das nie durch eine einseitige ideologische Brille sehen – das haben Sie heute nicht gemacht, das begrüße ich ausdrücklich –, sondern wir müssen das aus wirtschaftlichen, ökologischen, aber auch aus sozialen Gesichtswinkeln betrachten.
In Bezug auf die Haltung bei den Milchkühen, da ist mir fast zum Heulen zumute, ich sage das mal so,
wenn unser eigener Betrieb in Dummerstorf jeden Tag deutliche Verluste einfährt. Ja, darüber können Sie lachen, gerne. Fahren Sie in die Betriebe und gucken sich das an!
Wenn Sie sich das anschauen, vor welchem Hintergrund auch diese Frage für die Zukunft von entscheidender Bedeutung für die ländliche Entwicklung von Mecklenburg-Vorpommern sein wird, dann stellt sich die Frage: Was wollen wir eigentlich? Wollen wir jetzt eine Diskussion um die Obergrenzen oder wollen wir eine ausgewogene, regionalbezogene Landwirtschaft, die im Kreislauf wirtschaftet und wo der Grundsatz „Pflanze – Boden – Pflanze – Tier – Mensch“ in einem Kreislauf betrachtet wird? Das ist immer meine Grundposition gewesen und das wird sich auch nicht verändern.
Insbesondere bei den Milchkühen war ich stolz und glücklich, dass wir einen Zuwachs haben. Milch ist im Übrigen eines der anerkanntesten Produkte in der menschlichen Ernährung und auch das ausgewogen produzierte Rindfleisch. Wenn wir überlegen, dass wir über fünf Prozent weniger Betriebe in der Milchproduktion in Mecklenburg-Vorpommern in diesem Jahr zu verzeichnen haben, dann ist das ein Signal dafür, dass der Strukturwandel weitergeht – ich betone noch mal, so bitter das ist – von kleineren Einheiten zu größeren.
Wir sind im Kontext Europa eingebunden. Wenn Sie sich anschauen: Die Iren haben in diesem Jahr 25 Prozent mehr an Milch produziert – 25 Prozent! –, die Niederlande 12,5 Prozent. Das drückt alles auf die Märkte von Deutschland, von Europa und wird zu einem Strukturwandel weiter beitragen. Deswegen habe ich mit darum geworben, dass wir diese Anträge in Ruhe und vor allen Dingen mit Experten diskutieren. Wir machen das seit Jahren bei uns im Haus, nicht nur mit der Landesforschung, sondern auch mit den Universitäten und Hochschulen.
Ich nehme natürlich zur Kenntnis, dass neben den Umweltrahmenbedingungen in der Landwirtschaft auch die Fragen zu den Bestandsobergrenzen und der Bestandsentwicklung eine Rolle spielen. Ich will hier noch mal ausdrücklich betonen: Wir, die Sozialdemokraten, waren es, die auf Bundesebene diesen Prozess angeschoben haben und das ganz klar in die Koalitionsvereinbarung der Großen Koalition hineingeschrieben haben.
Dass der Bund daran arbeitet, dass wir in den Arbeitsgruppen mitwirken und die LINKEN den Antrag mehr oder weniger aus dem Koalitionsvertrag mit aufgenommen haben und dieses auch in den Deutschen Bundestag eingebracht haben, nehme ich zur Kenntnis.
Ich nehme ebenfalls zur Kenntnis, dass der Antrag abgelehnt worden ist. Wir gehen hier anders miteinander um, das halte ich auch für richtig. Wir wollen wissensbasiert und zielorientiert arbeiten. Das habe ich immer versucht und ich will es auch weiterhin tun.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wo stehen wir heute? Bitte nehmen Sie zur Kenntnis: Wir haben 1990 1,1 Millionen Rinder in Mecklenburg-Vorpommern gehalten und hatten im Jahr 1990 knapp 2 Millionen Schweine in Mecklenburg-Vorpommern. Bei den Rindern haben wir heute noch 561.000 und bei den Schweinen haben wir 700.048, das heißt 37 Prozent weniger. Natürlich hat das Konsequenzen auf den gesamten Veredlungsmarkt. Das hat auch Konsequenzen auf den Arbeitsmarkt und damit auf den gesamten ländlichen Raum, nämlich die Lebensfähigkeit dort zu erhalten und vital ländliche Räume überhaupt zu gestalten. Deswegen halte ich es für sehr richtig, hier deutlich zu machen: Wir haben eine sehr moderne, eine ökologisch ausgerichtete, extensiv entwickelte Landwirtschaft in Mecklenburg-Vorpommern mit den geringsten Vieheinheiten, die es in Deutschland und Europa gibt, und zwar mit 0,4 Großvieheinheiten.
Wenn ich mir das in Nordrhein-Westfalen ansehe, wo seit Jahren darüber geredet wird, dass man nun umbauen will, abbauen will und zurückdrängen will, dann nehme ich zur Kenntnis: Da steigen die Tierbestände an unter grünen Ministern. Das trifft nicht nur für NordrheinWestfalen zu, die mittlerweile bei 1,35 GV liegen, also das Vierfache haben – das Vierfache! –, oder in Niedersachsen, wo Herr Meyer Abbau und Umbau propagiert, liegen wir bei 1,25 GV, also auch fast das Vierfache, oder in Schleswig-Holstein fast das Dreifache. Deswegen glaube ich, wir müssen hier insgesamt für Deutschland und Europa einheitliche Rahmenbedingungen finden. Ich glaube auch, dass deutlich wird, dass wir im Dialog bleiben müssen.
Die Beratung des ursprünglichen Antrages der LINKEN hat zu dieser Anhörung geführt. Ich habe ganz bewusst daran teilgenommen. Ich fand es eine sehr sachbezogene, das heißt, eine an der Sache orientierte Diskussion. Darüber habe ich mich gefreut. Ich glaube, dass wir erstens die Diskussion weiter versachlichen müssen. Das findet hier heute statt. Darüber freue ich mich ausdrücklich. Zweitens müssen wir die regionalen Verhältnisse betrachten, und drittens benötigen wir weitere wissenschaftliche Grundlagen. Da sind wir hier wahrscheinlich ziemlich dicht beieinander, jedenfalls die, die sich damit intensiv befassen.
Uns fehlen in Teilen auch wissenschaftliche Grundlagen. Daran muss weiter gearbeitet werden. Ich bewerte das ganz sachlich und nüchtern. Natürlich steht das Einzeltier im Vordergrund, aber was kann das Einzeltier dafür, dass eine ganze Herde mit Antibiotika versorgt werden muss? Daran muss weiter gearbeitet werden.
Ich erwarte ausdrücklich, das können auch diejenigen, die hier im Raum sitzen, mitnehmen, vom Bauernverband weitere Maßnahmen zu mehr Artgerechtigkeit, zu mehr Tierwohl, und ich erwarte es auch von unseren Unternehmen, dass wir wissensbasierte, zusätzliche, neue Grundlagen schaffen, um der allgemeinen Bevölkerung darzustellen, wie wir heute Landwirtschaft betreiben und dass wir immer darauf bedacht sind, hochwertige Lebensmittel in einer intakten Umwelt zu produzieren und auch das Thema „Tierwohl, Ethik und moralische Ver
antwortung für das Geschöpf“ mit einzubeziehen. Wer das nicht macht in der Landwirtschaft, wer dieses Grundprinzip nicht einhält, der wird auf Dauer in der Landwirtschaft keinen Erfolg mehr haben. Das müssen wir zur Kenntnis nehmen.
Der Masterplanprozess – und da will ich mich ausdrücklich bei allen bedanken, auch bei den Umweltverbänden, auch wenn sie gezetert haben oder vielleicht zeitweise aussteigen wollten – ist für mich ein einmaliger Prozess, weil es gelungen ist, parteiübergreifend mit den demokratischen Parteien diesen Prozess durchzuführen und damit letzten Endes einen sehr wertvollen Beitrag zur weiteren Entwicklung der Landwirtschaft, der Ernährungswirtschaft und der ländlichen Räume zu leisten. Das Kompendium, das wir jetzt vorgelegt haben als Abschlussbericht, kann ich nur jedem als Lektüre empfehlen, auch denjenigen, die mit dem Thema Landwirtschaft nichts so richtig am Hut haben.
Ich glaube auch, sehr deutlich sagen zu dürfen, die Nutztierhaltung muss umfassend betrachtet werden. Wir haben es bei der Nutztierhaltung mit einem hochkomplexen Wirtschaftsbereich zu tun, der im internationalen und nationalen Wettbewerb steht. Wir müssen das Tierwohl und den gesellschaftlichen Wandel bei der Bewertung der Nutztierhaltung genauso berücksichtigen wie die Umweltwirkungen, die Wirtschaftlichkeit und die sozialen Bedingungen für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Ich glaube, dass es gut ist, und bin sehr glücklich darüber, dass die Klimakonferenz in Paris hierzu Aussagen getroffen hat. Ich werde das im Rahmen der Agrarministerkonferenz mit aufrufen, das wird schon in der Amtschefkonferenz der Fall sein.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich glaube, dass wir feststellen müssen, dass derzeit keine wissenschaftlich fundierten Gründe für standortbezogene betriebliche Obergrenzen vorliegen. Daran muss wissensbasierend gearbeitet werden. Ja, es stimmt, ich habe vor einem Jahr zwei Zahlen genannt, die will ich hier auch noch mal unterstreichen, diese 800 Milchkühe. Ich bin froh, dass diese übergroße Anlage in
Keez nicht gebaut wird. Ich hatte von Anfang an erhebliche Bedenken, das habe ich auch der Unternehmerin und dem Unternehmer ins Gesicht gesagt.
Ich glaube, dass es ein gutes Signal ist, dass man sich mit der Milchviehhaltung weiter auseinandersetzt. Ich denke, dass in dem Sinne für Mecklenburg-Vorpommern weiter gute Entscheidungen getroffen werden. Wir dürfen Mecklenburg-Vorpommern nicht isoliert von anderen Ländern oder von Deutschland und Europa betrachten. Deswegen halte ich es für richtig, dass nicht zuletzt der Beirat der Bundesregierung, Sie haben ihn angesprochen, wo auch von mir persönlich hoch akzeptierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Professoren beteiligt sind, einbezogen wird und dass die Diskussion bezüglich einer gesellschaftlich akzeptierten Nutztierhaltung, die von uns auf den Weg gebracht wurde – ich habe das am Anfang gesagt – begonnen hat.
Was ich natürlich zur Kenntnis nehme, ist, dass es jetzt insbesondere von der CSU und der CDU ein Zurückwei
chen von Grundaussagen in dieser Frage gibt. Hier müssen wir weiterkommen. Ich glaube, dass es richtig ist, dass wir vonseiten der Bundesregierung auf ein Konzept zu warten haben und ein Bündel von Maßnahmen auf den Weg gebracht werden muss. Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich will unterstreichen, dass sich der Bundestag mit dem Thema auseinandergesetzt und die Obergrenzen abgelehnt hat.
Ich will an dieser Stelle Ihnen, Frau Karlowski, einen Hinweis geben. Der ist ernst und ehrlich gemeint. Wenn Sie sagen, dass Sie bis zu 560 Sauen vorschlagen, und auf der anderen Seite die Aufzuchtmöglichkeiten auf 500 begrenzen, dann müssen Sie der Öffentlichkeit erklären, wie man mit 500 Mastschweinen betriebswirtschaftlich eine Möglichkeit schaffen will.
Ich sage Ihnen hier und heute: Betriebswirtschaftlich bedeutet das mit 500 Mastschweinen eine Viertelarbeitskraft.
Ich will es hier nur andeuten: Mit 500 Mastschweinen bei den Preisen, die wir heute haben, würden Sie mit so einem Stall eine Viertelarbeitskraft beschäftigen können. Das bedeutet unterm Strich: Wie soll das sozial, wie soll das ökonomisch, wie soll das letzten Endes betriebswirtschaftlich funktionieren?
Deswegen ist es ausdrücklich mein Wunsch, dass wir sachlich bleiben und dass wir erlauben, dass hier Ökonomie, Ökologie und soziale Verantwortung in einem Zusammenhang stehen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich will für mich, unser Haus und unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ausdrücklich sagen, dass wir alles daransetzen, dass wir mit tierwohlorientierten Entwicklungen in der Nutztierhaltung weiterkommen, aber es muss auch gewährleistet sein, dass wir Vollbeschäftigten Möglichkeiten eröffnen und dass letzten Endes damit die tierartspezifische Nutztierhaltung umgesetzt werden kann. Wir benötigen ausreichende Produktionsumfänge in der Tierhaltung, um einerseits eine tierwohlorientierte Tierbetreuung sicherzustellen und andererseits Arbeitszeit und zeitgemäße Arbeitsbedingungen zu ermöglichen.
In den Betrieben, die ich jetzt gerade besucht habe, habe ich mit über 80 Junglandwirten zusammengesessen und habe mich sehr darüber gefreut, was da für ein Drive, eine Leidenschaft und eine Zukunftsorientiertheit drin ist. Lassen Sie uns das bitte in diesem Lande nicht alles zerreden und kaputtmachen! Ich bitte sehr darum, dass wir hohes Vertrauen haben zur Landwirtschaft, zu dieser Fachorientiertheit, zu der Superausbildung, die unsere Leute durch
laufen haben, und dass man ihnen eine Perspektive gibt. Deswegen sage ich hier noch mal ausdrücklich: Trotz dieser Schwierigkeiten, die wir haben, werden wir zwischen Weihnachten und Neujahr 530 Millionen Euro an unsere Landwirte auszahlen, weil ich davon überzeugt bin, dass wir alles daransetzen müssen, Liquidität in die Betriebe zu bekommen und auf der anderen Seite diese Leidenschaft, die diese Betriebe in sich tragen mit ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, zu unterstützen.