Protocol of the Session on December 18, 2015

das nämlich eine spezifische Landeskinderregelung im juristischen Vorbereitungsdienst möglich gemacht hat, und ich möchte noch einmal betonen, was die verfassungsrechtlichen Vorbehalte anbelangt, dass der Vorbereitungsdienst keine Berufsausübung ist, sondern Ausbildung im Sinne von Artikel 12 Absatz 1 des Grundgesetzes, und dass hier natürlich andere Regelungen und Richtlinien gelten müssen.

Also wie ernst Sie es hier in der Diskussion gemeint haben, wie ernst Sie mit unserem Antrag in die Auseinandersetzung gehen wollen, das können Sie jetzt unter Beweis stellen, indem Sie wenigstens der Überweisung in den Ausschuss zustimmen. – Ansonsten wünsche ich Ihnen, kommen Sie gut ins neue Jahr und besinnliche Weihnachtsfeiertage.

(Beifall vonseiten der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Berger.

Ich schließe die Aussprache.

Im Rahmen der Debatte ist durch die Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN die Überweisung des Antrags in den Bildungsausschuss beantragt worden. Ich lasse zunächst über diesen Antrag abstimmen. Wer ist mit der Über- weisung des Antrags in den Bildungsausschuss einverstanden? – Wer stimmt dagegen? – Gibt es Stimment- haltungen? – Vielen Dank. Damit ist die Überweisung bei Zustimmung der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Gegenstimmen der Fraktion der SPD, der CDU, der LINKEN und der NPD, bei zwei Stimmenthaltungen seitens der Fraktion DIE LINKE abgelehnt.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Drucksa- che 6/4857. Wer dem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich jetzt um sein Handzeichen. – Wer stimmt dagegen? – Gibt es Stimmenthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Damit ist der Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 6/4857 bei Zustimmung der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Gegenstimmen aller anderen Fraktionen abgelehnt.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 31: Beratung des Antrages der Fraktion der NPD – Rückwirkenden Überprüfungszeitraum für Verwaltungsakte nach dem SGB II

und dem SGB XII von einem Jahr auf vier Jahre erhöhen, auf Drucksache 6/4849.

Antrag der Fraktion der NPD Rückwirkenden Überprüfungszeitraum für Verwaltungsakte nach dem SGB II und dem SGB XII von einem Jahr auf vier Jahre erhöhen – Drucksache 6/4849 –

Das Wort zur Begründung hat der Abgeordnete Herr Andrejewski für die Fraktion der NPD.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Eigentlich haben die Jobcenter die Pflicht, die Leistungsbezieher über ihre Ansprüche und rechtlichen Möglichkeiten zu informieren. Das wird oft und gerne vergessen. In Bescheiden wird zwar darauf hingewiesen, dass Widerspruch eingelegt werden kann, die Frist wird auch angegeben, aber mir ist kein Fall bekannt, in dem ein Jobcenter freiwillig von sich aus zugegeben hätte, dass es auch so etwas wie Überprüfungsanträge gibt.

Wenn die Widerspruchsfrist versäumt ist, ist das kein Pro- blem. Man stellt stattdessen einen Überprüfungsantrag. In dem beanstandet man, dass das Recht falsch angewandt wurde und infolge dessen Sozialleistungen zu Unrecht nicht gewährt wurden. Abstrakt reicht es nicht, dass man sagt, überprüfen Sie mal im letzten Jahr oder in den letzten zwei Jahren alle Bescheide. Es muss eine konkrete Sache angegeben werden, ein konkreter Sachverhalt ist zu schildern, auf den sich das Ganze bezieht. Zum Start von Hartz IV war das mit einer Rückwirkung von vier Jahren möglich. Praktisch konnten es sogar fünf Jahre werden, wenn jemand Ende 2011 einen solchen Antrag einreichte, erstreckte sich die Wirkung bis Anfang 2007.

Die Jobcenter, die, anders als ihre Eigenbezeichnung vermuten lässt, recht arbeitsscheu sind, fanden das gar nicht gut und heulten beim sogenannten Gesetzgeber so lange rum, bis das Gesetz zu ihren Gunsten geändert wurde beziehungsweise die Gesetze. Jetzt erstreckt sich die Rückwirkung nur noch auf ein Jahr, in der Praxis kann es bis zu zwei Jahre sein. Wer heute noch, Ende 2015, einen Überprüfungsantrag einreicht, kann dies nur noch in Bezug auf Bescheide aus dem Jahr 2014 tun. 01.01.2014, das geht noch, alle rechtswidrigen Bescheide aus 2013 und vorher sind endgültig bestandskräftig.

Die Begründung für diese Gesetzesänderung war abenteuerlich. Es hieß, für Leistungen aus dem SGB II und dem SGB XII gelte das Aktualitätsprinzip, also sollten nur noch aktuelle Notlagen behoben werden. Wenn aber ein Leistungsbezieher vor fünf Jahren in einer Notlage war, weil Sozialleistungen zu Unrecht verwehrt wurden, dann ist ja diese Notlage heute nicht mehr aktuell. Er lebt noch, er ist nicht verhungert, sonst könnte er den Überprüfungsantrag ja auch nicht einreichen. Folglich würde eine Nachzahlung aktuell völlig unzulässigerweise der Vermögensbildung des Betreffenden dienen. Das ginge nun aber gar nicht, das heißt, rechtswidrige Behördenentscheidungen bleiben stehen. Notlagen, die durch solche Entscheidungen entstanden und irgendwie mehr schlecht als recht überstanden wurden, gelten als akzeptabel, weil sie ja länger als zwei Jahre her sind. Entschädigungen für diese Notlagen verbieten sich, um zu verhindern, dass Hartz-IV-Bezieher oder SGB-XII-Bezieher hierdurch reich werden könnten.

Wir meinen, dass den Jobcentern ein wenig mehr Arbeit nicht schaden könnte. Es schadet ihnen auch nicht, wenn

sie vielleicht erstmals mit dem ihnen unbekannten Konzept der Gerechtigkeit konfrontiert würden. Daher treten wir dafür ein, dass die Vierjahresfrist wiederhergestellt wird. Das ging ja auch in den ersten Jahren von Hartz IV, warum soll es jetzt nicht gehen? Es wäre zugunsten der Bürger und zu Ungunsten der Jobcenter, aber das ist hinnehmbar.

(Beifall vonseiten der Fraktion der NPD)

Herr Abgeordneter Andrejewski, ich weise Sie darauf hin, dass die von Ihnen hier vorgetragenen pauschalen Unterstellungen über die Arbeit der Mitarbeiter der Jobcenter von uns auf das Entschiedenste zurückgewiesen werden.

(Stefan Köster, NPD: Das ist Lebenserfahrung, Frau Präsidentin.)

Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 120 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat der Abgeordnete Herr Foerster für die Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Fraktionen! Ich weiß nicht, wie es Ihnen beim Blick auf die heutige Tagesordnung, konkret auf diesen Tagesordnungspunkt ging. Mich jedenfalls hat es schon überrascht, dass wir uns auch in der 110. Sitzung mit einem Antrag der NPD in Sachen SGB II und SGB XII auseinandersetzen müssen.

(Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

Zwar versucht Herr Andrejewski hier seit Jahren erfolglos, sich als einzig wahren Fürsprecher derjenigen Menschen im Land zu inszenieren, die sich im Hartz-IV- oder im Sozialhilfebezug befinden und die zweifelsohne vielfach mit Problemen verschiedenster Art konfrontiert sind, allerdings hatte er in der 104. Sitzung vom 22. Oktober dieses Jahres im Grunde schon die Waffen gestreckt. Sinngemäß sagte er damals, dass nach neunjähriger Leidenszeit,

(Michael Andrejewski, NPD: Leidenszeit?!)

in der er erfolglos unzählige Anträge mit Bezug zum SGB II gestellt habe, diesbezüglich nunmehr alles abgegrast sei und er sich folglich auf die Suche nach einem neuen Feld gemacht habe. Und für alle, die es bereits vergessen haben, seinerzeit ging es um die Frage, ob die Beiträge freiwillig Versicherter vom tatsächlichen oder fiktiven Bruttoeinkommen abgeleitet werden sollen, also ein Thema mit Bezug zum SGB V. Da der Ausflug in das für ihn ungewohnte Terrain genauso „erfolgreich“ war wie alle anderen Initiativen in den neun Jahren zuvor, hat er sich nun offenbar entschieden, doch wieder Anträge mit SGB-II-Bezug zu stellen. Offenbar fällt ihm dabei jedoch nichts Neues mehr ein, denn der vorliegende Antrag ist nichts weiter als aufgebrühter Kaffeesatz.

Bereits am 15. Mai 2013 hat die NPD in einem Antrag gefordert, die Landesregierung solle sich dafür einsetzen, Paragraf 40 Absatz 1 Satz 2 SGB II ersatzlos zu streichen. Schon damals wusste Herr Andrejewski, das geht

aus dem Protokoll zur damaligen Rede hervor, dass auch das SGB XII in gleicher Weise geändert wurde. Diese Forderung, die heute hier aufgemacht werden soll, fand damals jedoch keinen Eingang in den Antrag.

Heute nun fordert die NPD mit dem vorliegenden Antrag die ersatzlose Streichung beider Passagen – dachte ich jedenfalls –, aber bei genauerem Hinsehen fiel mir auf, dass neben der Streichung von Paragraf 116a SGB XII tatsächlich, man höre und staune, die ersatzlose Streichung des Paragrafen 40 Absatz 1 Satz 2 SGB XII gefordert wird, bei dem es um die Verordnungsermächtigung geht, und der da lautet, ich darf mal zitieren: „Der Vomhundertsatz nach Satz 1 Nummer 1 ist auf zwei Dezimalstellen zu berechnen; die zweite Dezimalstelle ist um eins zu erhöhen, wenn sich in der dritten Dezimalstelle eine der Ziffern von 5 bis 9 ergibt.“ Zitatende.

Herr Andrejewski wird uns den tieferen Sinn dieses Vorschlags sicher gleich erklären. Vielleicht hat er sich aber auch einfach nur so wenig Mühe gemacht, dass ihm bei der Abgabe dieses Antrags nicht aufgefallen ist, dass er vergessen hat, das korrekte Gesetz, also das SGB II, an der entsprechenden Stelle einzufügen. Diesen An- trag könnte man also schon aus formalen Gründen ablehnen.

Ich will noch kurz etwas zum Inhalt sagen. Es ist allgemein bekannt, dass es kaum ein Thema gibt, bei dem die demokratischen Fraktionen in diesem Landtag so unterschiedlicher Auffassung sind wie bei der Bewertung von Hartz IV. SPD und GRÜNE haben in Regierungsverantwortung im Bund, unterstützt von CDU und FDP, die Agenda 2010 auf den Weg gebracht. Sie vertraten seinerzeit die Auffassung, dass dringend eine Flexibilisierung des Arbeitsmarktes und ein neues Prinzip des Forderns und Förderns etabliert werden müsste. Einen wesentlichen Teil der Agenda 2010 bildete dann das sogenannte HartzKonzept.

Meine Fraktion hat diese Politik der Ausweitung des Niedriglohnsektors und des damit verbundenen Drucks auf die Beschäftigten im Normalarbeitsverhältnis immer abgelehnt und folglich standen wir auch der Aufweichung des im deutschen Sozialrecht zugunsten der Betroffenen geltenden Grundsatzes, einen nicht rechtskonform erlassenen Verwaltungsakt durch die zuständige Behörde überprüfen lassen zu können, immer ablehnend gegenüber. Genau das ist seinerzeit passiert, als die Höchstgrenze für den Zeitraum, in dem man rückwirkende Leistungen geltend machen kann, für Betroffene, die Leistungen im Rahmen von Hartz IV oder der Sozialhilfe beziehen, von vier Jahren auf ein Jahr reduziert wurde.

(Vizepräsidentin Beate Schlupp übernimmt den Vorsitz.)

Die CDU sieht unter der Agenda 2010 nach wie vor eine wichtige Weichenstellung auf dem Weg zu mehr Beschäftigung. Teile der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bewerten dies inzwischen differenzierter. Diese Positionen sind uns allen hier im Raum lange bekannt und waren auch immer wieder Gegenstand von parlamentarischen Auseinandersetzungen zwischen den demokratischen Fraktionen. Dennoch wird es der NPD auch mit dem heutigen Antrag nicht gelingen, den Spaltpilz ins demokratische Lager zu tragen. Unser Staat, die Bundesrepublik Deutschland, mag in vielen Belangen, gerade auch in sozialen Fragen, verbesserungswürdig sein, er basiert

jedoch auf Grundwerten, die als Lehren aus dem Zweiten Weltkrieg und damit aus dem dunkelsten Kapitel deutscher Geschichte gezogen wurden,

(Heiterkeit bei Tino Müller, NPD – Zuruf von David Petereit, NPD)

und die mit den politischen Grundüberzeugungen der NPD so unvereinbar sind, das man nur hoffen kann, dass die Karlsruher Richter das Verbotsverfahren diesmal zu einem erfolgreichen Ende führen.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von Stefan Köster, NPD, und Tino Müller, NPD)

Verschiedene Redner der demokratischen Fraktionen haben Ihnen diesbezüglich ja gestern beziehungsweise vorgestern auch im Rahmen der Haushaltsberatungen den Spiegel vorgehalten. Wir lehnen diesen Antrag folgerichtig ab.

Liebe Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Fraktionen, ich bedanke mich für die in der Sache harten aber überwiegen fairen Debatten im zurückliegenden Jahr, bei meiner Fraktion für die Unterstützung meiner Arbeit, und ich wünsche den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern dieses Hauses und in den Ministerien friedvolle und besinnliche Weihnachten.

(David Petereit, NPD: Sie haben die Flüchtlinge vergessen.)

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der NPD der Abgeordnete Herr Andrejewski.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten, meine Damen und Herren! Entschuldigung, das „geehrt“ nehme ich zurück.

Herr Foerster, im Gegensatz zu Ihnen lebe ich nicht in einer roten Blase, fernab jeder Realität, wo der Genosse Stalin als Sieger des Zweiten Weltkrieges triumphiert, den Sie offen ja sehr verehren – das ist ja wohl Ihre Lehre aus dem Zweiten Weltkrieg – und dessen Justiz Sie sich wohl auch wünschen,

(Thomas Krüger, SPD: Wen verehren Sie denn eigentlich?)

damit die NPD und alle anderen politischen Gegner möglichst schnell verboten würden.

Ich habe Kontakt zur Realität und zu wirklichen Menschen,

(Henning Foerster, DIE LINKE: Kommen wir mal zu Ihren Kameraden!)