Protocol of the Session on December 17, 2015

wenn die Fahrtwegstrecke ungefähr gleich lang ist.

(Zuruf von Andreas Butzki, SPD)

Hier haben wir unterschiedliche politische Auffassungen, das müssen Sie einfach mal aushalten.

(Zuruf von Simone Oldenburg, DIE LINKE)

Der Gesetzentwurf hat in Artikel 1 zwei Punkte, die wir gern getrennt abstimmen lassen wollen. Punkt 1 soll die seit Jahren praktizierte freie Grundschulwahl in Orten mit mehreren Grundschulen noch einmal rechtlich absichern. Die vier demokratischen Fraktionen hatten gemeinsam vereinbart, diesen Punkt im Schulgesetz zu präzisieren. Diese Änderung tragen wir vereinbarungsgemäß auch gerne mit. Aber – und jetzt wird es spannend – entgegen dieser Absprache musste der Bildungsminister in letzter Sekunde noch einen zweiten Punkt hineindiktieren. Nun sollen die kreisfreien Städte Rostock und Schwerin plötzlich verpflichtet werden, straßengenaue Schuleinzugsbereiche zu bilden. Bisher war ihnen das freigestellt und die Städte haben darauf verzichtet, weil innerhalb der Stadt ohnehin die Schulwahlfreiheit bestand.

Warum sollte also eine Stadt komplizierte Schuleinzugsbereiche bilden und vor allem auch regelmäßig aktualisieren,

(Marc Reinhardt, CDU: Man kann nicht nur Vorteile genießen. – Zuruf von Andreas Butzki, SPD)

wenn niemand sie braucht, weder die Stadt noch die Eltern und Schülerinnen und Schüler? Auch der Gesetzentwurf enthält nichts, was die Einführung von Schuleinzugsbereichen in kreisfreien Städten sinnvoll machen würde.

(Marc Reinhardt, CDU: Nur in kreisfreien Städten.)

Warum nun also die neue Verpflichtung, Schuleinzugsbereiche zu bilden, die niemand braucht? Wie begründet der Gesetzentwurf das Ganze? Gar nicht, kein Wort dazu. Es gibt im Gesetzentwurf zwar eine Erläuterung zu Punkt 2, hier handelt es sich aber offenkundig um einen redaktionellen Fehler, denn diese Erläuterung hat inhalt

lich mit diesem Punkt gar nichts zu tun. Schon deshalb ist die Gesetzesvorlage handwerklich ein Desaster.

(Vizepräsidentin Beate Schlupp übernimmt den Vorsitz.)

Aber nun zu unserer Landesverfassung. Der Gesetzentwurf überträgt an die Kommunen Schwerin und Rostock unstreitig neue Aufgaben, er sieht aber gleichzeitig keine Deckung der zusätzlichen Verwaltungskosten für diese Städte vor. Artikel 72 Absatz 3 unserer Landesverfassung erklärt unmissverständlich, ich zitiere: „Die Gemeinden und Kreise können durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes durch Rechtsverordnung zur Erfüllung bestimmter öffentlicher Aufgaben verpflichtet werden, wenn dabei gleichzeitig Bestimmungen über die Deckung der Kosten getroffen werden. Führt die Erfüllung dieser Aufgaben zu einer Mehrbelastung der Gemeinden und Kreise, so ist dafür ein entsprechender finanzieller Ausgleich zu schaffen.“

(Zuruf von Simone Oldenburg, DIE LINKE)

Das ist das Konnexitätsprinzip unserer Verfassung, das jede einzelne Kommune vor der Aufbürdung zusätzlicher Kosten schützt. Daran müssen sich auch Gesetzentwürfe der Fraktionen der SPD, CDU und DIE LINKE halten. Ich weiß, dass der Bildungsminister inzwischen wider besseres Wissen öffentlich behauptet, wir wären gegen die Schulwahlfreiheit in den Städten. Aber lieber lassen wir uns vom Minister zu Unrecht verglimpfen,

(Heiterkeit bei Andreas Butzki, SPD: Verglimpfen! Verglimpfen! Verglimpfen!)

verunglimpfen, als deswegen einen schlechten Gesetzentwurf mitzutragen.

(Marc Reinhardt, CDU: Verglimpft! Verglimpft!)

Die Vertreterin der Stadt Schwerin hat in der Anhörung sehr deutlich gemacht, dass durch den Gesetzentwurf zusätzliche Kosten für die kreisfreien Städte entstehen.

(Zuruf von Marc Reinhardt, CDU)

Wir haben einmal die Hausaufgaben gemacht, die Sie als Antragsteller eigentlich hätten machen müssen, und über die GRÜNEN-Stadtfraktion in Schwerin eine genaue Kostenabschätzung von Frau Gramkow ermitteln lassen. Die Stadt Schwerin hat dazu am 1. Dezember mitgeteilt, dass die Bildung von Schuleinzugsbereichen einen Verwaltungsaufwand von mindestens einer halben Personalstelle verursacht.

(Zuruf von Andreas Butzki, SPD)

Das sind allein für Schwerin nach TV-L E8 rund 25.000 Euro. Die Kosten für die rund doppelt so große Hansestadt Rostock dürften noch ein Stück höher ausfallen. Die Kosten müssten den Städten ersetzt werden.

(Andreas Butzki, SPD: Das wissen wir schon.)

So will es unsere Landesverfassung und das ist auch richtig so, denn es kann ja wohl nicht sein, dass die Kommunalaufsicht die Stadt Schwerin ständig zur Kürzung ihrer Kultur- und Sozialausgaben drängt, der Han

sestadt Rostock den Theaterneubau untersagt, den Kommunen dann aber hintenherum wieder neue Aufgaben aufbürdet. Das ist unseriös und intransparent.

(Marc Reinhardt, CDU: Das ist keine neue Aufgabe.)

Natürlich ist es eine neue Aufgabe für die kreisfreien Städte.

Darum werden wir uns an einem solchen windigen Manöver nicht beteiligen.

(Beifall vonseiten der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Andreas Butzki, SPD: Das ist es eben, dass Sie nur für die großen Städte da sind. Die Landkreise müssen das auch haben. – Beifall Regine Lück, DIE LINKE)

Wenn das Ganze wenigstens irgendeinen Sinn ergeben würde, aber alle Anzuhörenden – auch wenn Sie hier Krawall schlagen –, alle Anzuhörenden, die sich zu diesem Punkt geäußert haben,

(Zuruf von Andreas Butzki, SPD)

auch der Städte- und Gemeindetag, haben genau diesen Punkt, den auch wir kritisieren, für überflüssig erklärt.

(Marc Reinhardt, CDU: Die Frösche haben halt nicht immer recht.)

Und weil der Gesetzentwurf auch keine logische Erklärung dafür bietet, haben sich SPD, CDU und DIE LINKE noch kurzfristig eine Entschließung überlegt, mit der die Schuleinzugsbereiche nun doch irgendwie begründet werden sollen.

(Andreas Butzki, SPD: Nee.)

Mit ihrer Hilfe soll die Entfernung zu einer örtlich zuständigen Schule bestimmt werden, damit eines fernen Tages das Schulgesetz dazu noch einmal geändert werden kann. Komplizierter, bürokratischer und überflüssiger geht es kaum.

Wir haben Ihnen vor über zwei Jahren gemeinsam mit dem Stadtelternrat der Hansestadt Rostock durch ein Rechtsgutachten nachgewiesen, dass die Schülerinnen und Schüler in Schwerin und Rostock zu Unrecht von der kostenlosen Beförderung ausgeschlossen wurden. Das hat die Koalition hier im Parlament noch geleugnet. Einen Tag später hat der Bildungsminister das dann trotzdem eingeräumt. Nach mehr als zwei Jahren kommen Sie mit einem Gesetzentwurf, der diese grundgesetzwidrige Ungleichbehandlung immer noch nicht aufhebt, sondern das Ganze mit einem angeblich ersten Schritt und einem „Wir sind auf dem Weg!“ auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verschiebt. Die beiden Städte haben längst ausreichend Zahlen geliefert, sie liegen uns allen vor.

(Marc Reinhardt, CDU: Mir nicht.)

Wenn Sie die Schülerbeförderung also wirklich gerecht gestalten wollen, dann sollten Sie es mit einer Gesetzesänderung machen können.

(Marc Reinhardt, CDU: Machen wir auch.)

Stattdessen schaffen Sie nur Bürokratie und zusätzliche Kosten und dem werden wir nicht zustimmen.

(Beifall vonseiten der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ums Wort gebeten hat noch einmal für die Fraktion DIE LINKE die Abgeordnete Frau Oldenburg.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Einiges möchte ich nicht so stehen lassen. Wir sind hier nicht bei „Wünsch dir was“. Wer das eine will, muss das andere mögen, Frau Berger. Wenn ich also vom Land die Kosten für die Schülerbeförderung erstattet bekommen möchte, dann muss ich auch Schuleinzugsbereiche bilden. Ich kann nicht verstehen, warum es so eine nicht zu ertragende Aufgabe sein soll. Das machen die Kreise alle fünf Jahre. Alle fünf Jahre sitzen die Kreise und erstellen ihre Schulentwicklungsplanung. Das ist doch wohl nicht zu viel verlangt, wenn Kreise Schulentwicklungsplanungen machen, dass das auch die Städte machen. Das ist doch ganz normal.

(Marc Reinhardt, CDU: Sehr richtig. – Andreas Butzki, SPD: Der Busfahrplan muss auch noch gemacht werden in den Kreisen.)

Ich kann nicht Äpfel mit Birnen vergleichen.

(Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

Es ist fürchterlich zu hören, ich suche mir da ein bisschen was raus, dort ein bisschen was und mache dann mein grünes Wohlfühlkonzept. Das funktioniert nicht!

(Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

Wenn ich Schülerbeförderungskosten erstattet haben möchte, dann muss ich Schuleinzugsbereiche bilden. Wir erinnern uns an die Anhörung, da hat Herr Schwarz aus dem Bildungsministerium gesagt, es müssen nicht immer straßengenaue Einzugsbereiche sein, es reichen zum Beispiel Nord, Süd, Ost, West, also dass man seine Stadt, zum Beispiel Wismar, in die Gebiete einteilt, die sie sowieso schon hat.